Donnerstag, 12. Mai 2011

Jahresbericht der Arbeitsschutzbehörden vorgestellt - #Leiharbeiter #besonders #gefährdet [via Neues Deutschland]


Leiharbeiter besonders gefährdet

Jahresbericht der Arbeitsschutzbehörden vorgestellt /

Steigende Zahl von Unfällen erwartet

Von Sonja Vogel
[Neues Deutschland]
http://www.neues-deutschland.de/artikel/196864.leiharbeiter-besonders-gefaehrdet.html
 

Von 1,6 Millionen Berliner Erwerbtätigen starben 2010 acht bei Unfällen am Arbeitsplatz – die Hälfte von ihnen auf Baustellen. In diesem Jahr haben bereits zwei Arbeiter ihr Leben verloren.

Im Jahr 2009 war die Zahl der Arbeitsunfälle im Vergleich zum Vorjahr von 31 595 auf 30 918 gesunken.

Das geht aus dem Jahresbericht der Berliner Arbeitsschutzbehören hervor, den Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher gestern im Sitz der Berliner Stadtreinigung (BSR) vorstellte.

Für das vergangene Jahr liegen noch keine gesicherten Zahlen zu Arbeitsunfällen vor. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung geht jedoch von einem signifikanten Anstieg aus. Ursache hierfür sind die höheren Beschäftigungszahlen genauso wie die steigende Zahl der Leiharbeiter – diese sind besonders oft Unfallopfer.

Der häufige Arbeitsplatzwechsel berge für die ungeübten Arbeiter ein großes Risiko. »Leiharbeiter haben das Problem der Neulinge – sie kennen die Gefahren noch nicht«, sagte Rainer Gensch vom Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit. Darüber hinaus nehme man es mit deren Arbeitsschutz nicht so genau.

In den Räumen der BSR ließ sich die Senatorin zeigen, wie das Entsorgungsunternehmen die täglichen Arbeitsabläufe sichert. »Arbeitssicherheit ist für uns wichtig«, erklärte Andreas Scholz-Fleischmann vom Vorstand der BSR. »Wir leben davon, dass die Kolleginnen und Kollegen gesund ihre Arbeit verrichten können.« In den vergangenen Jahren engagierte sich das Unternehmen mit Aufklärungsfilmen und Plakataktionen für den Arbeitsschutz. Hauptthema dort: das sichere Manövrieren der Entsorgungsfahrzeuge.

Gegen die tonnenschweren Fahrzeuge haben weder Fußgänger, Radfahrer noch Mitarbeiter eine Chance. In den vergangenen Jahren rüstete die BSR darum den Fuhrpark um. Fast alle orangefarbenen Sammelfahrzeuge sind nun mit Kamerasystemen ausgestattet, die dem Fahrer via Monitor einen Blick in den toten Winkel erlauben.

In einem Umkreis von 1,5 Metern kann so der Bereich um die Hebearme für die Müllcontainer überwacht werden. »97 Prozent der Fahrzeuge haben wir umgerüstet«, bestätigte Pressesprecher Bernd Müller.

Obgleich solche Nachrüstungen zur Verbesserung der Rundumsicht bei Arbeitsfahrzeugen vorgeschrieben sind, gehören Kamerasysteme noch nicht zum Standard. »Auch heute bekommt man Maschinen ohne diese Ausstattung«, sagte Rainer Gensch. Im Verhältnis zum Preis der Maschinen seien die Sicherheitssysteme »Peanuts«. Die Umrüstung des BSR-Fuhrparks bildet sich auch in den Unfallstatistiken ab: an den wenigsten ist technisches Gerät beteiligt.

Senatorin Lompscher bemängelte, dass Arbeitsschutz in der Öffentlichkeit meist auf die Vermeidung von Unfällen reduziert werde. »Gesundheitliche Beschwerden und psychische Belastungen bleiben da außen vor«, so Lompscher. Im Arbeitsschutzbericht wird darum dem Thema Berufskrankheiten und psychische Belastungen durch Arbeit viel Raum gegeben.

Immerhin führen Stress und Arbeitsdruck zu den längsten Ausfällen – und die Zahl der Betroffenen steigt kontinuierlich. In den Unfallstatistiken haben sie keinen Platz, ebenso wenig wie Erkrankungen, die kein Versicherungsfall sind. »Die Schlaflosigkeit des Schichtarbeiters kommt nicht vor«, merkte Gensch kritisch an.


Arbeitsunfälle und Arbeitsschutz

  • 1 668 000 Menschen waren in Berlin 2009 erwerbstätig.
  • 2009 ereigneten sich 30 918 Arbeitsunfälle, im Jahr zuvor waren es 31 594 gewesen. Für 2010 wird wegen höherer Beschäftigungszahlen und der Ausweitung der Leiharbeit ein Anstieg erwartet.
  • Im Jahr 2010 starben acht Menschen bei Arbeitsunfällen, 2009 waren es elf gewesen. Tödliche Unfälle gehen zumeist auf herab fallende Gegenstände und Bauteile zurück.


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