Montag, 31. Dezember 2012

Zur Vertiefung -->> Viele #Bürger #empfinden #Arbeitslose als #Last. Wie #gespalten ist die #deutsche #Gesellschaft?

   

 

 
Umgang mit "Anderen"Ökonomisch leben

Eine Studie zeigt:

Viele Bürger empfinden Arbeitslose als Last.

Wie gespalten ist die deutsche Gesellschaft?

(Tagesspiegel)

http://www.tagesspiegel.de/zeitung/oekonomisch-leben/1120622.html

Der Titel ist sperrig, mittlerweile aber längst zum Markenzeichen geworden: Im sechsten Jahr schürft nun schon das Team um den Bielefelder Konflikt- und Gewaltforscher Wilhelm Heitmeyer in der Gesellschaft nach Symptomen der "Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit".

Es ist ein ambitioniertes, auf insgesamt zehn Jahre angelegtes Projekt, dem der Sozialwissenschaftler den vielsagenden Titel "Deutsche Zustände" gegeben hat.

Was da an die Oberfläche kommt, das besorgt Heitmeyer regelmäßig, denn nach seinen Recherchen existiert in vielen deutschen Köpfen offenbar eine Schattenwelt aus Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit , Abwertung von Homosexuellen, Obdachlosen und Behinderten.

Die Ergebnisse der Studie in der Übersicht

Auch mit seinem jüngsten Befund will Heitmeyer nachhaltig am Selbstverständnis der Gesellschaft rütteln, neues Unheil droht: Die Bielefelder Forscher haben sich nämlich erstmals der Frage angenommen, welche Rolle das ökonomische Denken in der Bevölkerung spielt, "um Gruppen von Menschen nach Kriterien der Nützlichkeit und Effizienz zu beurteilen".

Erstes Ergebnis: Der Druck ökonomischer Verhältnisse hat beachtliche Auswirkungen auf die Einstellung gegenüber anderen Menschen – nur wer was leistet zählt, lautet das Credo vieler der Befragten. Der Rest wird als Last empfunden.

So erhielten die Wissenschaftler recht hohe Zustimmungswerte für die Aussage: "Menschen, die wenig nützlich sind, kann sich keine Gesellschaft leisten". Exakt ein Drittel der 1758 Befragten fand, dieser Satz stimme "voll und ganz" beziehungsweise treffe "eher zu".

Fast 44 Prozent waren der Ansicht "Wir können uns in dieser Gesellschaft nicht zu viel Nachsicht leisten"; immerhin fast 26 Prozent stimmten dem Satz "Moralisches Verhalten ist ein Luxus, den wir uns nicht mehr erlauben können" zu.

Heitmeyer schlussfolgert: "Das Eindringen von Kalkülen der Marktwirtschaft in die Gesellschaft, die so zur Marktgesellschaft wird, zeigt sich in diesem Denken". Bei der Vorstellung der Studie am Donnerstag in Berlin nannte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) diesen Befund "alarmierend".

Der für den Aufbau Ost zuständige Minister Wolfgang Tiefensee sagte mit Blick auf Ostdeutschland, dort sei mittlerweile "die Angst vor denen da oben der Sorge gewichen, zu denen da unten zu gehören". Tiefensee selbst sorgt sich wegen fortschreitender "Prekarisierung, Verunsicherung, Perspektivlosigkeit".

Heitmeyer beunruhigt der Befund, dass das "ökonomistische Denken" offenbar den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährde.

Langzeitarbeitslose würden zum Beispiel in breiten Teilen der Öffentlichkeit stigmatisiert, ihnen werde ein Image zugeschrieben, nach dem ihre mangelnde Arbeitsmoral der entscheidende Grund für ihre Arbeitslosigkeit ist.

Für den Satz: "Ich finde es empörend, wenn sich Langzeitarbeitslose auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben machen" erhielten die Bielefelder Forscher eine Zustimmungsquote von über 60 Prozent. Der Aussage "Wenn man Langzeitarbeitslose zu öffentlichen Arbeiten heranzieht, stellt sich bald heraus, wer arbeiten will und wer nicht" stimmt 88,5 Prozent der Befragten "ganz" oder "eher" zu.

Bei sinkender Soziallage, heißt es in der Studie, nähmen die Ressentiments gegenüber Langzeitarbeitslosen kontinuierlich zu. Das Bedürfnis wachse, "sich von Personen am unteren Rand der Sozialhierarchie abzugrenzen, indem man diesen eine negativere Arbeitshaltung zuschreibt, als sich selbst".

Wilhelm Heitmeyers erste Analyse: "Wir müssen uns davon verabschieden, dass ausschließlich politische Ideologien wie die des Rechtsextremismus die abwertenden oder feindseligen Mentalitäten erzeugen."

Es reiche eine ökonomisch erzeugte "Ungleichheit", die in eine "Ideologie der Ungleichwertigkeit" umgewandelt werde.

Kein schönes Land, in dieser Zeit? Ganz so trist ist es denn doch nicht. In Bielefeld haben sie einen zarten Silberstreif am Horizont ausgemacht.

Die Angst vor Desintegration und prekären Lebensläufen habe nach Jahren erstmals abgenommen. Und auch bei der Fremdenfeindlichkeit zeige sich erstmals seit 2002 ein signifikanter Rückgang.

3.jpg?format=format1 Download this file

Posted via email from Bilderwelten

Freitag, 28. Dezember 2012

"Es ist bequem, mit den Wölfen zu heulen (...)" [Weihnachtsansprache v. 24.12.1971 v. Bundespräsident Gustav Heinemann]

Bürgermut

 

Liebe Mitbürger!

 

Wir alle wissen es: auch an dieser Weihnacht als Fest des Friedens zwischen Gott und den Menschen wird Krieg geführt und Gewalt ausgeübt.

 

Flüchtlinge verlassen ihre Heimat; Kinder rufen nach einem Stück Brot.

 

Menschenrechte werden mißachtet.

 

(...)

 

Wir haben gelernt, das der Staat kein höheres Wesen mit Anspruch auf
unterwürfigen Gehorsam ist.

 

 

(...)

 

Wir besitzen einen großartigen Freiheitsbrief in der Gestalt unseres
Grundgesetzes, das zum erstenmal in unserer Geschichte jedem von
uns unantastbare, jeder staatlichen Gewalt vorgehende Freiheitsrechte zuspricht.

 

 

Achten wir diesen Freiheitsbrief, und schöpfen wir seine Möglichkeiten aus?

 

(...)

 

Wir alle haben die Freiheit, nach unserem Gewissen zu leben.
Wir alle haben die Freiheit, unsere Meinung zu äußern,

 

einschließlich der Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.

 

(...)

 

Auch ich weiß, daß Recht und Wirklichkeit nicht immer übereinstimmen.
Wo es an Übereinstimmung fehlt, geht es darum, sie Schritt um Schritt herbeizuführen.

 

 

Auf der anderen Seite ist es aber auch so, daß wir uns selber in unserem
Freiheitsraum einengen, wo wir nicht mutig genug sind, wo wir nicht die
Zivilcourage haben, ihn auch gegenüber unserer Umgebung wahrzunehmen.

 

Die Grundrechte können uns wohl davor schützen, daß wir - wie unter dem
nationalsozialistischen Regime - wegen freier Meinungsäußerung mit dem
Verlust der Freiheit oder gar mit dem Leben zu bezahlen.

 

Sie können uns aber nicht gewährleisten, daß wir sie untereinander gelten lassen.

 

Im Umgang mit unseren Mitbürgern müssen wir alle selber unsere
Freiheit erkämpfen.

 

Was ich meine ist dies:

 

Es ist bequem, unangenehme Wahrheiten zu verschweigen.

 

 

Es ist bequem, sich um eine Kindesmißhandlung in der Nachbarschaft
nicht zu kümmern.

 

Es ist bequem, mit den Wöfen zu heulen, wenn ein Wohngebiet sich gegen ein
neues Heim für körperlich oder für geistig behinderte Mitmenschen in seinem
Bereich wehrt, wie es auch unlängst in Bayern vorgekommen ist.

 

Bequem ist es ebenfalls, im Betrieb schweigend zuzusehen, wenn ein Gastarbeiter
wie ein minderwertiger Mensch behandelt wird.

 

In solchen und unzähligen anderen Fällen kommt es jeden Tag darauf an,
als einzelner nicht vor der Hürde stehenzubleiben, die da lautet:
Was tun die anderen, was tut man nicht?
Solidarität ist eine gute Sache, wenn sie in Hilfsbereitschaft für diejenigen

 

geübt wird, die selber nicht mithalten können.

 

Solidarität ist eine schlechte Sache, wo sie als ein gemeinsames Schweigen geübt
wird, anstatt beim Namen zu nennen, was man schlecht oder gefährlich hält.

 

 

Nur wer bekennt, findet den, der mit ihm bekennt.

 

 

Nur wer Bürgermut lebt, macht andere Bürger lebendig.

 

Sprechen wir also das, was wir denken oder meinen, auch dann aus,
wenn es unserer Umgebung nicht gefällt!

 

Wir wollen eine Gemeinschaft der Vielfalt sein.
Wo aber alle dasselbe denken, denkt wahrscheinlich niemand sehr viel.

 

Wo einer sich den Bürgermut nehemen läßt, etwas Gebotenes trotz

 

möglicher Schwierigkeiten zu tun, trägt er dazu bei, daß unsere
Freiheiten in Gefahr geraten.

 

 

(...)
Das tut auch, wer als Vorgesetzter, als Behördenvertreter oder als
Politiker seine Macht einsetzt gegen diejenigen, die Mißstände oder
Ungerechtigkeiten aufdecken.

 

Wir gefährden unsere eigene Freiheit auch dann, wenn nicht
ebenfalls jeder andere sagen kann, was ihn bewegt.

 

Jeder von uns ist  nur so lange ein freier Bürger,
als wir alle es sind.

 

(...)

 

 

[Bürgermut, Weihnachtansprache 1971 v. 24.12.1971, Gustav Heinemann,
Präsidiale Reden, edition suhrkamp, 2. Auflage, 1977, Seiten 201ff

 

Posted via email from Bilderwelten

Die #kapitalistische #Marktwirtschaft #ist #nicht #sozial, #sondern #asozial! [Unsere 95.Thesen]

   


Unsere 95. Thesen
 
 
--->>>>

2. Die kapitalistische Marktwirtschaft ist nicht sozial, sondern asozial!

Unsere 95 Thesen

 

Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

#Erziehung #zum #Klassenhass? #Waldorfschüler #verspotten ihre Chorweiler #Nachbarn [via Nachdenkseiten]

 


Erziehung zum Klassenhass?

Waldorfschüler verspotten ihre Chorweiler Nachbarn

[via Nachdenkseiten]


"Waldorfschüler verspotten ihre Chorweiler Nachbarn" – so lautete eine Schlagzeile des "Kölner Stadtanzeigers" vom 20. Dezember 2012. In dem Artikel wird berichtet, wie Kölner Waldorfschüler den Stadtteil Chorweiler sehen, in dem sich ihre Schule befindet. "Das Viertel färbt ab" – so lautete das Thema eines Mottotages der Abiturienten der Waldorfschule. Teilergebnisse davon sind in der Abi-Zeitung der Schüler veröffentlicht worden, darauf abgebildet: eine junge Schwangere mit Zigarette, Großfamilien mit "10 Kusäängs und 19 Kusinään", gewaltbereite Jugendliche, posende Mädchen in Jogginghosen.

Die Abi-Zeitung hat im Stadtteil Chorweiler für viel Aufregung gesorgt, da sie auf einem Adventsbasar verkauft wurde. Für die Bezirksbürgermeisterin ist unverständlich, "dass die beteiligten Lehrer augenscheinlich nicht im Vorfeld der Mottotage über die diskriminierenden Aspekte und das mögliche Konfliktpotenzial des Mottotags gesprochen haben." Ein ganzes Stadtviertel und seine Bewohner seien abgewertet, Hohn und Spott über Gleichaltrige ausgeschüttet worden. Die Abiturienten hätten ein "Unreifezeugnis" verdient.

Von Joke und Petra Frerichs

Chorweiler zählt zu den sozialen Brennpunkten der Stadt: mit einem Migrantenanteil von über 40 % und hoher Jugend-Arbeitslosigkeit. Jugendliche, die aus Chorweiler kommen, sind bei der Suche nach Ausbildungsplätzen stark benachteiligt, berichtet die Bezirksbürgermeisterin.

Die Reaktionen in der Öffentlichkeit haben die Schulleitung zu einer Stellungnahme veranlasst. Die Schüler hätten sich zwischenzeitlich entschuldigt; auch habe an der Schule eine Debatte darüber begonnen, "wie man neue Verbindungen in den Stadtteil schaffen kann. Wir sind stärker gefordert, als wir das vermutet hatten. Wir sind vor 15 Jahren mit der Schule nach Chorweiler gegangen mit der festen Absicht, uns dem Viertel gegenüber zu öffnen und mit ihm zusammenzuleben." Auch nach 15 Jahren kämen zwar Schüler aus der ganzen Region in die Waldorfschule nach Chorweiler – "nur aus Chorweiler selbst ist nach Angaben der Schule so gut wie nie jemand dabei." Immerhin wird die Privatschule zu rund 90 Prozent mit jährlich 2,6 Millionen Euro aus Steuermitteln finanziert; wohingegen – gar nicht weit entfernt – der Jugendclub "Escher Straße", der viel für die Integration junger Leute geleistet hat, geschlossen wird.

Wir wissen nicht, welche Intentionen die Lehrer der privaten Waldorfschule mit ihrer Aufgabenstellung verfolgt haben. Man könnte achselzuckend zur Tagesordnung übergehen, wenn es sich lediglich um ein singuläres Ereignis handeln würde. Aber der "Fall Chorweiler" ist nur ein Beispiel für die sich verstärkende gesellschaftliche Tendenz, sozial Benachteiligte zu diskriminieren. Man denke nur an die Kampagnen der Bildzeitung (Stichwort:

"Karibik-Klaus" oder "Florida-Rolf" ) und einiger Privatsender, die regelrechte Hetzjagden auf sozial Benachteiligte wie Sozialhilfe- oder Hartz IV-Bezieher veranstalteten. Publizistisch begleitet wurden derartige Kampagnen z.B. durch Thesen Götz Alys, der 2004 auf dem Höhepunkt der Anti-Hartz IV-Proteste davon sprach, es sei die historische Aufgabe der Politik, den langen Abschied von der "Volksgemeinschaft" zu vollziehen. Mit "Volksgemeinschaft" meinte er die sozialen Sicherungssysteme als angebliches Erbe des NS-Staates. Oder denken wir an neo-konservative "Vordenker" wie Paul Nolte oder Heinz Bude, die die Errungenschaften des Sozialstaats dafür verantwortlich machten, dass Arbeitslose sich in der sozialen Hängematte ausruhten und ihnen daher die Motivation fehlte, sich um Arbeit zu bemühen. Zu nennen sind auch die "Propagandisten der sozialen Ungleichheit" (A. v. Lucke) wie Thilo Sarrazin und Peter Sloterdijk, die den Sinn von Transferleistungen für die Unterschicht insgesamt infrage stellen; hierin einer Meinung mit Gunnar Heinsohn, der u.a. eine Reduzierung der "Unterschichtengeburten" forderte und kritisierte, dass Arbeitslose Elterngeld erhalten. Derartigen Thesen wurde höchste öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt; sie wurden gewissermaßen zur Legitimationsfassade der Agenda-Politik. Erinnert sei in diesem Zusammenhang ebenfalls an den medial-inszenierten Aufruhr, als der damalige SPD-Vorsitzende Beck eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, in der vom "abgehängten Prekariat" die Rede war, mit der Formulierung kommentierte: "Manche nennen es ein Unterschichten-Problem." Der damalige SPD-Generalsekretärs Hubertus Heil bemühte sich klarzustellen, dass seine Partei sich einen solchen Begriff nicht zu eigen mache. Franz Müntefering ließ verlauten, es gäbe keine Schichten in Deutschland (Glück auf!, möchte man ausrufen). Wer die Gesellschaft in Kategorien und Schichten aufzuteilen versuche, stigmatisiere die Menschen. Die das tun, seien weltfremde Soziologen. Wohl gemerkt: Nicht die Tatsache, dass die Pole der Gesellschaft immer weiter auseinanderdriften, wurde von ihm skandalisiert, sondern der Begriff Unterschicht. Frei nach dem Motto: schaffen wir die Begriffe ab, dann beseitigen sich die Probleme ganz von selbst. Während Magret Thatcher seinerzeit behauptete, es gäbe keine Gesellschaft, sondern nur Individuen, gibt es für Franz Müntefering nur Gesellschaft, aber keine Schichten. Beiden sei ins Stammbuch geschrieben, was Marx schon vor 150 Jahren kritisierte:

"Die Bevölkerung ist eine Abstraktion, wenn ich z.B. die Klassen, aus denen sie besteht, weglasse. Diese Klassen sind wieder ein leeres Wort, wenn ich die Elemente nicht kenne, auf denen sie beruhn. Z.B. Lohnarbeit, Kapital etc."

Auch der jetzige Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, meldete sich in der Debatte zu Wort. In einem

Interview mit der ZEIT vom 13.11.2003 definierte er, was er unter einer sozial gerechten Politik versteht. Das sei eine Politik für jene, "die etwas für die Zukunft unseres Landes tun: die lernen und sich qualifizieren, die arbeiten, die Kinder bekommen und erziehen, die etwas unternehmen und Arbeitsplätze schaffen, kurzum, die Leistung für sich und unsere Gesellschaft erbringen. Um sie – und nur um sie, muss sich Politik kümmern."

Da fragt sich nur, was eigentlich mit dem Rest der Gesellschaft geschehen soll, wenn sich die Politik für sie nicht mehr zuständig fühlt. Derartige Formulierungen verraten eine sozialdarwinistische Denkweise, die einer "Biologisierung des Sozialen" (Christoph Butterwegge) Vorschub leisten. In diesem Zusammenhang weist der Bielefelder Sozialforscher Wilhelm Heitmeyer mit Bezug auf eigene Untersuchungen zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auf den Umstand hin, dass Menschen zunehmend nach ihrer wirtschaftlichen Nützlichkeit bewertet würden. Dies führe insbesondere zu einer Abwertung von Arbeitslosen. In einem

Interview mit dem SPIEGEL v. 3.4.2010 führt er aus:

"Wir können belegen, dass die Mittelschicht seit Einführung von Hartz IV massive Angst hat. Das führt dazu, dass Mitmenschen vor allem nach ihrer Nützlichkeit bewertet und damit auch abgewertet werden. Der autoritäre Kapitalismus hat es geschafft, seine Verwertungskriterien ohne Widerstand der ganzen Gesellschaft überzustülpen."

Michael Hartmann

resümiert seine Forschungsergebnisse zu den Einstellungen von Angehörigen der Elite dahingehend, dass eine in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie dagewesene Radikalisierung der Eliten stattgefunden habe und diese den Kontakt mit anderen Lebenswirklichkeiten weitgehend verloren hätten.
Zu ähnlichen Ergebnissen für die englische Gesellschaft kommt der Sozialhistoriker Owen Jones. In seinem Buch:
Prolls. Die Dämonisierung der Arbeiterklasse diagnostiziert er einen um sich greifenden Klassenhass in der britischen Gesellschaft – nur sind es nicht die Linken und die Gewerkschaften, die den Klassenkampf predigen, sondern Konservative, distinguierte Herren in Maßanzügen, wie Jones erklärt. Sie sind es, die den Prolls die Fresse polieren möchten und ihre sozialrassistischen Thesen ungeniert in aller Öffentlichkeit verbreiten. Jones weist nach, dass auf die einst so stolze Arbeiterklasse nur noch mit Verachtung herabgeschaut wird. Das sei das Ergebnis einer gigantischen Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums und einer gezielten De-Industrialisierungspolitik Thatchers, in deren Folge nicht nur viele Traditionsbetriebe und Institutionen, sondern auch Werte der Arbeiterklasse wie Zusammenhalt und Solidarität zerschlagen wurden.

Albrecht Müller und Wolfgang Lieb haben in den "Hinweisen des Tages" der NachDenkSeiten vom

18.9. und 20.9. 2012, auf ausführliche Rezensionen des Buches von Owen Jones hingewiesen. Man sollte sich überhaupt ihre Empfehlung zu eigen machen, öfter einmal auf ältere Beiträge der NachDenkSeiten zurückzugreifen. Neben den hier genannten Texten wären (nur beispielhaft) zu nennen: NDS v. 10. Okt. 2008)
  • Götz Eisenberg: Schulen: Verlässliche Orte oder Zulieferbetriebe für Markt und Industrie (
  • NDS v. 26.4.2012)
  • Götz Eisenberg: Die große Wut der Überzähligen (
  • NDS v. 2.9.2011)
  • Christoph Butterwegge: Über die ideologische Entsorgung des Armutsproblems (
  • NDS v. 18.12.2006)

    Liest man die genannten Beiträge nach, wundert man sich gar nicht mehr so sehr, dass Waldorfschüler ihre Altersgenossen in Chorweiler verhöhnen und verspotten. Sie liegen ganz im gesellschaftlichen Trend; einem Trend, dem energisch entgegenzutreten ist: im eigenen Alltag und wo immer sich Tendenzen zur Diskriminierung anderer zeigen. So darf man gespannt sein, welche Schritte die Schulleitung in Chorweiler unternimmt, um einen Beitrag zum besseren Zusammenleben im Viertel zu leisten.

    Gerade hinsichtlich der sozialen Integration haben Schulen und Lehrkräfte einen immens wichtigen pädagogisch-sozialen und schulpolitischen Auftrag zu erfüllen und jeder Form von Sozialrassismus mit geeigneten und möglichst phantasievollen pädagogischen Konzepten entgegenzuwirken. Wenn Schüler der Waldorfschule mit Verachtung auf ihre Altersgenossen herabblicken, ist zu fragen, woraus derartige Ressentiments resultieren. Sind es lediglich Vorurteile oder beruhen sie auf Alltagserfahrungen? Beides müsste zum Unterrichtsgegenstand erhoben werden, zumal sich die Freie Waldorfschule in einem sozial unterprivilegierten Stadtteil befindet, in dem soziale Spannungen unvermeidlich sind. Im Rahmen von Unterrichts-Projekten wären die Ursachen sozialer Ungleichheit aufzuarbeiten, und zwar so konkret wie möglich; vielleicht anhand von Fallbeispielen benachteiligter Jugendlicher. Auf diese Weise könnten vergleichsweise privilegierte Waldorfschüler erfahren, was es heißt, wenig oder keine sozialen Chancen zu haben. Eine ähnliche Intention verfolgt der Film

    "Leben in Chorweiler. Eine Untergrundreportage", der am Beispiel eines jungen Mannes die prekäre Lage in der Unterschicht konkret aufzeigt. Der Film könnte – wenn es denn erwünscht wäre – zur sozialen Sensibilisierung der Waldorfschüler beitragen und möglicherweise einen Bewusstseins- und Gesinnungswandel unter ihnen einleiten. Statt "Ein Viertel färbt ab" sollte es dann heißen: "Du bist Chorweiler"!



    Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

    vertiefend -> #Heitmeyer-Studie zunehmende »gruppenbezogene #Menschenfeindlichkeit« im #deutschen #Durchschnittsbewusstsein. [genau]

     

    Eure Armut kotzt sie an

    (Nachdenkseiten)

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=7813#h13

    Seit 2002 belegt die sogenannte Heitmeyer-Studie auf empirischer Grundlage eine zunehmende »gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« im deutschen Durchschnittsbewusstsein.

    Der neuesten Studie zufolge macht sich nun auch in der sogenannten bürgerlichen beziehungsweise post-bürgerlichen Mitte die Menschenfeindlichkeit auffällig bemerkbar: als ein diffuses Konglomerat aus Ressentiments und dem Wunsch nach Revolte, das sich im Sozialneid von oben ebenso niederschlägt wie im pöbelnden Angriff auf sozial oder als individuell schwächer wahrgenommene Menschen.

     

    Diffus ist dies, insofern »Bürgerlichkeit« im Sinne von Liberalität oder Aufklärung verroht, ihre Konsistenz verliert und sich auf die Zufälligkeit individualisierter Meinung zusammenzieht.

    Zu diskutieren ist, ob sich eine herrschende Schicht ideologisch neu ausrichtet und ob sich damit ein neuer Begriff des Politischen etabliert, der nicht länger an die alten Formen der Rechtstaatlichkeit und Zivilgesellschaft gekoppelt ist.

    Der ohnehin kursierende Vergleich zur Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre drängt sich anhand der Ergebnisse der Studie auf. Wie die Jahre 1924 bis 1928 bedeuteten auch die Jahre 2003 bis 2008 eine Rückkehr zur »Normalität«.

     

    Dazu gehörte die Restituierung der »bereits erschütterten Kontinuitätsannahme in der Bevölkerung«, nämlich die »Hoffnung, dass endlich einmal alles so bleiben möge, wie es ist, ein Bedürfnis nach Ruhe, nach stationären Zuständen«, wie es Peter Brückner für den Sozialcharakter der Weimarer Republik formulierte.

     

    Waren es aber damals vor allem die Subalternen und eine im sozialen Aufstieg sich wähnende Angestelltenschicht, deren Sozialcharakter derart geprägt war, so ist es heute ein in seiner ökonomischen Klassenposition völlig verunsichertes Bürgertum.

     

    Dieses Bürgertum kann sich für die Bestimmung seines sozialen Status, also seiner repräsentativen Herrschaftsposition, nur noch auf vage Formen des symbolischen oder kulturellen Kapitals verlassen ; und auch dieses Kapital unterliegt Distinktionsverlusten statt Distinktionsgewinnen, zumal das Risiko des materiellen Abstiegs weiter besteht: Mit der Verrohung der Bürgerlichkeit verlieren auch die Reste der bürgerlichen Kultur ihre normative Verbindlichkeit; dasselbe gilt für »Bildung«, »Anstand« und »Manieren«. Derzeit machen also die besserverdienenden Angestellten mobil.

    Quelle: Jungle World

     

    http://jungle-world.com/artikel/2010/50/42287.html

    Anmerkung Orlando Pascheit:

    Leider sind die Ergebnisse der Studie "Deutsche Zustände" ziemlich schnell in der Versenkung verschwunden, aber wir haben ja Winter. Wen interessiert da, dass unser Gesellschaftsgefüge auseinanderzubrechen droht.

    Ob das Sparpaket, die "Gesundheitsreform", Hartz-IV oder die Lex Schlecker, man kann die Politik der letzten Jahre ganz gut vor dem Hintergrund dieser Studie begreifen. Ob das nun als "Hass der Reichen" bezeichnet werden muss, Tatsache ist, dass die niederen Stände geopfert werden dürfen. "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!", lang ist es her.



    Posted via email from Bilderwelten

    Freitag, 21. Dezember 2012

    --->>> Von der freien Universität #zur #unternehmerisch #gefesselten #Hochschule [via Nachdenkseiten]


    Von der freien Universität zur unternehmerisch gefesselten Hochschule

    [via Nachdenkseiten]

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=15541#h14
     


    So könnnte man die Entwicklung seit Beginn des Bologna-Prozesses überschreiben. Die Umwandlung des demokratischen, sozialen Rechtsstaates des Grundgesetzes in einen sogenannten "neoliberalen bürgergesellschaftlichen modernen Staat" hat sich nicht nur im Hochschulbereich inzwischen durchgesetzt. In einem neoliberalen Staat tritt der Markt als Regelungsmechanismus an die Stelle demokratisch erlassener Gesetze. Nicht mehr die Gesetzesbindung der Verwaltung steht im Vordergrund staatlichen Handelns und die parlamentarische Kontrolle der Regierung, sondern die Privatisierung klassischer öffentlicher Kernaufgaben durch die Politik und die Funktionseliten wird durch die Regierenden und deren Funktionseliten (Berater/Lobbyisten) realisiert.

    Diese Umwandlung unseres Staates, die besonders nach der Wiedervereinigung im Jahre 1990 an Durchsetzungskraft gewann, hat sich nicht nur im Hochschulbereich seit Gründung des CHE 1994 und der Propagierung der "entfesselten Hochschule" im Jahr 2000 (Rotary-Magazin Nr. 8/2007, S. 40-43) durch Prof. Dr. Müller-Bölling vom CHE durch den Bologna-Prozess realisiert. Die Verwirklichung des Bolagna-Prozesses mit der Einführung des Bachelor- und Master-Abschlusses sowie die Ersetzung der Rechts- und Fachaufsicht über die Universitäten der Kultusministerien durch private Akkreditierungsagenturen haben tatsächlich zur Beseitigung des humboldschen Bildungsideals an den öffentlich-rechtlichen Universitäten in Deutschland geführt.

    Das Verwaltungsgericht in Arnsberg hat deshalb die im Nordrhein-Westfälischen Hochschulgesetz unzureichende gesetzliche Regelung der Akkreditierung von Studiengängen durch sogenannte private Akkreditierungsagenturen für verfassungswidrig gehalten.

    Quelle:
    Anders Verlag http://www.anders-verlag.de/page17.php?post=20

    Posted via email from Dresden und Umgebung

    "Wir haben Armut wirklich auf Rekordniveau" (lesenswert!!!) [via Nachdenkseiten]


    "Armut auf Rekordniveau"

    [via Nachdenkseiten]

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=15541#h01
     


    Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert ein milliardenschweres Sofortprogramm gegen Armut in Deutschland. "Wir haben Armut wirklich auf Rekordniveau", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider im ARD-Morgenmagazin. Er forderte, einen Mindestlohn einzuführen und die Hartz-IV-Regelsätze zu erhöhen. Auch eine Reform des Wohngeldgesetzes sei nötig. Diese Maßnahmen würden "erst mal" zwischen zehn und 20 Milliarden Euro kosten, sagte Schneider. Das sei zwar viel Geld, aber "wir haben das Geld", betonte Schneider. In Deutschland lägen "4,8 Billionen Euro bei den Privathaushalten auf den Konten. Wir sind das fünftreichste Land der Welt. Wenn wir es nicht schaffen, wer dann?" Zudem wies Schneider auf mögliche Einnahmequellen hin, er verlangte, die Vermögensteuer wieder einzuführen, die Erbschaftsteuer zu erhöhen und neu über die Spitzensätze bei der Einkommensteuer nachzudenken. Auf die Frage, ob er die Reichen zur Kasse bitten wolle, antwortete er: "Wen sonst, wenn nicht die Reichen?"

    Quelle: Tagesschau

    http://www.tagesschau.de/inland/armutsbericht114.html

    dazu auch: "Wenn es das fünftreichste Land der Welt nicht schafft, wer dann?"
    Der jüngste Armutsbericht wagt sich mit Forderungen nach höheren Steuern, besseren Löhnen und mehr Sozialleistungen auf ein Terrain, vor dem Politiker mit Regierungsambitionen seit Jahren zurückschrecken
    Die Armut in Deutschland ist auf Rekordniveau, stellt der aktuelle Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands fest. Und er rüttelt laut an der Alarmglocke: "Die Armutsentwicklung hat sich, so zeigen die Daten, endgültig von der Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt." Selbst Personen, die in Lohn und Arbeit stehen, verarmen. Dafür zieht der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Ulrich Schneider, auch die Politik zur Verantwortung und fordert, wogegen sich diese Regierung mit Händen und Füßen stemmt: ein Sofortprogramm, das Löhne, das Arbeitslosengeld und Sozialleistungen erhöht.


    Quelle:

    Telepolis

    http://www.heise.de/tp/druck/mb/artikel/38/38249/1.html

    Von der Leyen sieht keinen Grund zur Besorgnis

    Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat mit Gelassenheit auf die Vorstellung des Armutsbricht reagiert. "Armut ist in einem reichen Land wie Deutschland relativ", so von der Leyen.

    Quelle:
    Focus

    http://www.focus.de/politik/deutschland/armut-in-deutschland-von-der-leyen-sieht-keinen-grund-zur-besorgnis-_aid_886029.html?drucken=1

    Anmerkung MB: Ministerin von der Leyen, der

    nach einschlägiger "Experten"-Meinung vor allem daran gelegen ist, sich als soziales Gewissen der Union zu profilieren, wird dies mit ihrer gelassenen Relativitätstheorie nicht unbedingt gelingen. Aber vielleicht kann sie in Sachen Realivitätsverdrängung und Zahlenmanipulation noch etwas Nachhilfe bei der FDP nehmen; dafür sind sie da ausnahmsweise wirklich zu gebrauchen.

    siehe dazu: Altersarmut? Selber schuld!


    Der Wissenschaftliche Beirat bei Röslers Wirtschaftsministerium betreibt Klassenkampf von oben.
    Dass Altersarmut prinzipiell ein Problem ist, mit dem es sich zu beschäftigen gilt, ist mittlerweile auch in der Bundesregierung angekommen. Oder zumindest in Teilen davon. Denn während die Arbeitsministerin von der Leyen immerhin mit einer für die Betroffenen kaum erreichbaren Lebensleistungsrente die Lösung der Probleme simuliert, scheint die FDP selbst diese Alibi-Lösung zu Fall bringen zu wollen. Nun schaltete sich der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium in die Debatte ein – mit einem Gutachten, das Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gefallen dürfte.


    Quelle:

    Telepolis

    http://www.heise.de/tp/druck/mb/artikel/38/38234/1.html

    Gemachte Armut

    Lange Zeit galt Armut in Westeuropa als überwunden; etwas, das aus den Industrieländern ein für allemal verbannt schien. Doch nun kehrt sie mit Schärfe zurück, als Folge der Umbrüche und Umstürze in der Wirtschaftswelt und dem "Umbau" des Sozialstaates. Die neoliberalen Reformen, die größere ökonomische Effektivität und größeren Wohlstand bringen sollten, haben viele Menschen in eine existenzielle Sackgasse geführt. Und das nicht nur in sogenannten Problemländern wie zum Beispiel Spanien. Dort ist die Lage besonders bedenklich. Ein Viertel der Bevölkerung ist arbeitslos, Millionen Kinder leben in Armut oder drohen dahin abzusteigen. Aber auch im reichen Deutschland, dem europäischen Wirtschaftswunderland, nimmt die Zahl der Armen zu, ebenso wie in Frankreich. Und nichts deutet darauf hin, dass diese Situation sich in absehbarer Zukunft zum Besseren wenden wird. Ganze Bevölkerungsgruppen fühlen sich zunehmend ausgegrenzt. Und die Armut wird "vererbt". Das stellt auch die Gesamtgesellschaft vor ernste Herausforderungen: Denn die Kinder sollten eigentlich die Zukunft sein. Wenn diese aber in den Kreislauf von sozialer Abhängigkeit, Mutlosigkeit und Perspektivlosigkeit geraten, werden sie nicht in der Lage sein, an der Zukunft mitzuwirken. Lourdes Picareta beschreibt und analysiert in ihrem Film die Situation in Spanien, Deutschland und Frankreich. Und lässt darin unter anderem Sozialforscher und Politikwissenschaftler zu Wort kommen, die von der "gemachten Armut" sprechen, von einer Entwicklung, die keineswegs natürlich entstanden ist und vermeidbar gewesen wäre.

    Quelle:
    arte (über YouTube)

    Posted via email from Dresden und Umgebung

    Unter dem Mantel der Nächstenliebe - Zur Spendenkampagne einer großen Tageszeitung in diesen Weihnachtswochen [via NDS]


    Unter dem Mantel der Nächstenliebe

     

    [via Nachdenkseiten]


     

    Zur Spendenkampagne einer großen Tageszeitung in diesen Weihnachtswochen
    Ganz großartig, könnte man sagen: in vielen Tageszeitungen der Bundesrepublik laufen derzeit Hilfsaktionen für Arme und Arbeitslose, für alte und erkrankte Menschen. Weihnachtszeit, das bedeutet: Deutschland hilft, auch durch ganze Artikelserien in ihren Regionalblättern. Tatsächlich nur dieses: großartig?

    Ein Gastartikel von Holdger Platta[*]

    Ich habe mir während der letzten drei Wochen in unserer örtlichen Tageszeitung diese Berichte über hilfsbedürftige Menschen in der Bundesrepublik einmal etwas genauer angesehen, und zwar die Artikel in der Northeimer Ausgabe der "Hessisch-Niedersächsischen Allgemeine" (HNA). Es handelt sich um Beiträge zu einer großangelegten Spendenkampagne mit dem Titel "Aktion Advent".

    Eine Hilfsaktion mit menschlichem Antlitz…

    Zuallererst ist festzustellen: die betreffende Redakteurin schreibt aus spürbarem Mitleid heraus, auch Töne der Herablassung fehlen, sogar das sonst nicht selten anzutreffende Verkitschungsvokabular gibt es in diesen Berichten nicht. Nein, gegen diese Art freiwilliger Caritas ist in menschlicher Hinsicht nichts einzuwenden. Und außerdem gilt: tatsächlich ist in Deutschland zur Adventszeit die Spendenfreude sehr groß. Was da gespendet wird, an Geldbeträgen oder Gegenständen, an Kinderspielzeug und Kleidung, an Esswaren und Süßigkeiten, das kommt bei den Hilfsbedürftigen zumeist auch an – im doppelten Wortsinn (lassen wir mal die Frage beiseite- nicht ganz unwichtig! -, wer den Kreis der Menschen ausgewählt hat, die Hilfe erhalten, nach welchen Kriterien das geschah, welche Zufälligkeiten also im Spiel sind und welche Willkür da regiert!).

    …und was dahinter steckt

    Mich beschäftigt bei diesen Aktionen und Berichten etwas ganz anderes, und um dieses erläutern zu können, muß ich einen kleinen Umweg machen.

    Feststellung eins: wieder und wieder schimmert in diesen Berichten eine böse Wahrheit durch. Diese Menschen, denen da geholfen werden soll, sind hilfsbedürftig und arm, diese Menschen sind auf Mitleid und – leider einmalige oder kurzzeitige – Adventsalmosen angewiesen, weil ihnen im übrigen, übers ganze sonstige Jahr hinweg, systematisch nicht geholfen wird! Diese Weihnachtshilfen gleichen Eintagsfliegen, diese Hilfen sind erforderlich, nicht, weil diese hilfsbedürftigen Menschen versagt hätten (wer kann was für seinen Klumpfuß, für seine schwere Erkrankung, für seine Arbeitslosigkeit, in die ihn beispielsweise eine Unternehmenspleite – siehe Schlecker! – gebracht hat), nein, diese Hilfen sind erforderlich, weil der Sozialstaat ihnen gegenüber versagt. Mitleidsvolle Menschen helfen, in diesem Fall sporadisch jedenfalls, weil unser Staat diesen Bedürftigen gegenüber alltäglich Unbarmherzigkeit exekutiert. Und dieses, diese Eisekälte eines kaputtreglementierten Sozialstaates, wird nicht beseitigt von der humanen Wärme einiger weniger Wochen vor dem Weihnachtsfest! Eine Wahrheit, ein Zusammenhang, der allerdings nirgendwo in diesen menschenfreundlichen Zeitungsberichten ausgesprochen wird.

    Und Feststellung Nummer zwei, eng im Zusammenhang mit der ersten Feststellung zu verstehen: trotz der Tatsache, dass hin und wieder in diesen HNA-Berichten das Wort "Hartz-IV" auftaucht und damit doch eigentlich eine unverkennbar gesellschaftliche Verursachung dieses Elends und Unglücks beim Namen genannt wird, trotz dieser Tatsache wird aus diesen politischen Signalbegriffen wie "Hartz-IV", "Rente", "staatliche Hilfe" ein Undeutlichkeits- und Nebelwortgewabere mit dem Aussagecharakter "Schicksalsschlag". Was politisch verursacht ist, wird irgendwo im Jenseits der Gesellschaft plaziert; die menschengemachte Kausalität, die für diese Notsituationen verantwortlich ist, bleibt irgendwie im Dunkeln. Das Unglück der Menschen, das da geschildert wird, ruft eher die Reaktion "Die haben halt Pech gehabt" hervor, nicht aber Kritik an der staatlich-verursachten Verelendungspolitik, es wird umgeschrieben zu einem Lebensrisiko schlechthin, für das niemand und nichts etwas kann. Kurz: so ist es halt, derlei Elend gehört eben zum menschlichen Leben dazu!

    Und wie stellen die erwähnten ehrenwert-mitleidsvollen Berichte diesen Eindruck her? Wie sorgen diese Zeitungsartikel dafür, daß all das geschilderte Elend im Begriffsnetz vorpolitischer Schicksalbegriffe hängenbleibt und nirgendwo ernsthaft-ernstnehmend die politisch-verursachte Dimenion dieses furchbaren Elends zur Sprache kommt?

    Alles nur Schicksal…

    Nach meinem Eindruck kann man zwei Varianten dieser Entpolitisierungsschreibe unterscheiden: die eine Variante hat mit dem erzählerischen Charakter dieser Berichte zu tun, die andere mit diesem schicksalshaften Gegebenheitston – ja, oft muß man sogar sagen, mit diesem schicksalshaften Ergebenheitston. Zunächst zur Variante eins und damit zu einer kleinen Auswahl von Textbeispielen:

    "Auch im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung gibt es Menschen, die unverschuldet, oft aus Krankheitsgründen, in große existentielle Not geraten."

    So beginnt die Northeimer HNA-Ausgabe am 8. Dezember ihren Bericht über "behinderte und einsame" Menschen, und die Autorin fährt fort:

    "So geht es auch Klaus A. Der 45-jährige leidet unter Verfolgungswahn und einer Schizophrenie. Er ist arbeitsunfähig, erhält eine kleine Rente und ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt. Er würde sich von seinem wenigen Geld gern in einem Second-Hand-Laden einkleiden. Da er jedoch sehr groß und kräftig ist und zudem auch große Füße hat, bekommt er weder gebrauchte Winterkleidung noch vernünftige Schuhe."

    Wir lesen mithin: Verfolgungswahn und kleine Rente, Schizophrenie und ergänzende Hilfe, dazu Übergröße und Arbeitsunfähigkeit haben den Betreffenden in eine Notsituation gebracht. Angeborene Leiden und Übergröße sowie das Versagen des Staates – hier als "Rente und ergänzende Hilfe" tituliert – verursachen jene Hilfsbedürftigkeit, der die HNA mit ein wenig Adventshilfe abhelfen will (vergegenwärtigen wir uns: mehr als Kurzzeitentlastung wäre dieses natürlich nicht). Meine Frage nun:

    …und wie man diesen Eindruck vermittelt

    Täuscht mein Eindruck, daß in dieser Aneinanderreihung der Fakten auch das Staatsversagen (= die "kleine Rente", die "ergänzende Hilfe"!) gleichen Realitätscharakter zugesprochen bekommt wie die angeborenen Behinderungen? Täuscht mein Eindruck, daß dank dieser erzählerischen Reihung alles zur selben Sorte von Unglücksfaktoren wird, zur selben Art von unabwendbaren, gleichsam naturverursachten, Schicksalsverkettungen? Stehen wir nicht vor einer Einebnungstendenz aller Unglücksursachen gegenüber? Und hört sich das bei der Darstellung des "Falles" Konrad F. nicht ganz genauso an?

    "Konrad F. hat mehrere Selbstmordversuche hinter sich <…> Durch die lange Krankheit und mangelnde Anstellungsmöglichkeiten muss er mit einer kleinen Rente auskommen. Es fehlt oft am Nötigsten."

    Werden nicht auch mithilfe dieser Aufzählung von Selbstmordversuchen und langer Krankheit, von mangelnden Anstellungsmöglichkeiten und kleiner Rente die beiden letztgenannten Elendsursachen gleichsam "mitnaturalisiert"? Die Verknüpfung dieser völlig verschiedenen Faktoren macht aus allem im Grunde dieselbe Verursachungskategorie: es ist das manchmal halt bös zuschlagende Leben schlechthin. Weil die "kleine Rente" unkritisiert bleibt, bekommt sie denselben Status zuerkannt wie die "lange Krankheit": man kann halt nix dagegen machen…

    Am 15. Dezember sind es in der HNA dann ein Hausbrand und ein Klumpfuß, die in schicksalshafter Addition mit unzureichender Lebenshilfe durch den Staat die betreffenden Menschen ins Unglück gestürzt haben und im Unglück belassen. Und am 13. Dezember werden auf diese Weise die "Schwerstbehinderung" eines Kindes, die "psychische Erkrankung" einer Hedda D. sowie posttraumatische Belastungsstörungen einer Emigrantenfamilie aus dem Kosovo mit fehlender Unterstützung seitens des Staates (letzteres, diese klaren Worte, finden sich so 'selbstverständlich' in diesem Artikel nicht!) auf einen Nenner gebracht. Der Hinweis darauf, daß die betroffenen Hilfsbedürftigen ein dringend benötigtes Auto nicht reparieren lassen können und auch der Austausch des alten Herdes gegen einen neuen Herd nicht möglich ist, das verdankt sich halt der Kette dieser bösen Lebensumstände, die alle irgendwie gleich schicksalshaft sind. Und dies, obwohl in demselben HNA-Artikel zur Erforderlichkeit des neuen Herdes zu lesen ist:

    "Ein Antrag auf ein Darlehen <…> beim Jobcenter würde monatliche Rückzahlungen bedeuten, die die Familie derzeit absolut nicht leisten können…"

    Die Schlussfolgerung der Zeitung daraus? – Nein, nicht Kritik an staatlicher Hilfe, die wirkliche Hilfe nicht ist, sondern – wir wissen es bereits – Willkürhilfe durch die AKTION ADVENT bzw. eine dementsprechende Almosenbitte an alle LeserInnen der HNA. Der Ausweg aus diesen Notsituationen gleicht einem Lotteriegewinn und verdankt sich dem Zufall, daß die liebenswürdige Redakteurin irgendwie und irgendwann auf diese Menschen aufmerksam geworden ist. Auf andere allerdings nicht…

    Das bedeutet: die Beschreibung der Hilfsbedürftigkeit mit all ihren Einzelheiten stellt sich vor die politisch-gesellschaftlichen Gründe dieser Hilfsbedürftigkeit. Diese Hilfsbedürftigkeit scheint so etwas wie ein Wetterphänomen zu sein: man kann halt nichts dafür, man kann halt nichts dagegen machen, egal, ob es regnet oder stürmt, hagelt oder schneit. Man könnte es – in der Adventszeit so unpassend nicht – die "Verjenseitigung" der Elendsursachen nennen. Auf der Welt selber hat keiner was mit der Not dieser Menschen zu tun, keine Partei, keine Regierung, keine "Agenda 2010". Zwischenfazit also:

    Die Aneinanderreihung von Unglücksgründen, die keinen Unterschied macht zwischen naturverursachten und politikverursachten Problemen, führt zu einer Art Gleichmacherei all dieser Gründe, und dieses ist deswegen so, weil die politikverursachten Gründe als ebenso gegeben aufgezählt werden wie die naturverursachten Gründe. Erstens. Und zweitens: dieser Eindruck entsteht, weil die politikverursachten Gründe völlig unkritisiert bleiben, ganz so, als ob es ebenfalls Naturursachen wären. Es gibt insofern keinen Unterschied zwischen kleiner Rente und Klumpfuß, zwischen Schizophrenie und Hartz-IV, es gibt diesen Unterscheid nicht, weil diese Art der Lebensdarstellungen zwischen beiden keinen Unterschied macht. Beides wird auf dieselbe Weise widerspruchslos hingenommen.

    Alles Unglück stellt sich selber her…

    Und die zweite Variante dieser entpolitisierenden "Verjenseitigungssprache" bringt sogar ganz ausdrücklich diesen Sachverhalt auf den Punkt bzw. macht endgültig aus politisch-gesellschaftlich verursachtem Leid ein Irgendetwas, das sich der Einflussnahme der Menschen entzieht und mit konkretem Versagen von Politik und Gesellschaft nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Ich spreche von der Überschrift zum Adventshilfe-Artikel vom 8. Dezember. Da heißt es in großem Fettdruck: "Vom Leben gebeutelt". Bedeutet: es ist "das Leben" selbst, das Ursache all der geschilderten Elendsverhältnisse ist, es ist das Leben, das sich selber beutelt. Ein klassisches Beispiel für einen Zirkelschluß. Und ich gebe zu: es hat mich an Onkel Bräsigs Ausspruch aus Fritz Reuters "Ut min Stromtid" erinnert: "Die Armut kommt von der poverte." (= aus frz. "poverté"= Armut). All das Elend ist also Schicksal – siehe oben! – oder hat sich im Grunde selber erzeugt. Mit gleichem Recht könnte man sagen (die 'Logik' wäre von derselben Art): der Hausbrand, über den am 15. Dezember die HNA berichtet, in seinem Artikel über das Schicksal der beiden Familien Claudio U. und Ramona J., dieser Hausbrand war vom Feuer verursacht worden, und der Schneefall, der in diesen Minuten draußen vorm Fenster herniedergeht, kommt von den Flocken. Wiederum also:

    Irgendeine politisch-gesellschaftliche Verursachung existiert bei all den geschilderten Notfällen nicht. Weshalb es dann auch am 1. Dezember in der HNA heißen kann, dort auffindbar als Unterzeile zur Überschrift "Viertes Kind kommt": "Geburtstage im Advent belasten das Budget". Ergo: es sind die Geburtstage zweier Kinder in der Weihnachtszeit, die für Existenznot sorgen, nicht aber die Hartz-IV-Gesetze, in deren Regelsätze kein einziger Euro oder Cent für Geschenke eingeplant worden ist. Die Tatsache, geboren worden zu sein – eine Kausalattrappe also! -, ist Elendsursache, nicht die Tatsache, daß der sogenannte "Sozialstaat" den Kindern aus Hartz-IV-Familien nichtmal mehr Geburtstagsgeschenke gönnt. Kurz:

    …und schickt die wahren Unglücksursachen ins Nirgendwo

    Die 'Kausalangaben' "Leben" und "Geburtstage" schicken die politisch-gesellschaftlichen Ursachen ins Nirgendwo, in die Anonymität, und diese Anonymisierung der Unglücksgründe leistet dasselbe wie der oben beschriebene Existenzialisierungstrick (= "…ist halt naturgegebenes Schicksal!"). Irgendeine Unbekannte ist Schuld an dem Unglück der betroffenen Menschen, nicht aber eine ganz bestimmte Politik, nämlich die Politik der systematischen Sozialstaatsvernichtung. In dieser Art von mitleidsvoller Berichterstattung über die Not und das Elend der betroffenen Menschen existiert nur das Verursachte noch – das erbarmungswürdige Leid -, ein Verursacher dieses Unglücks wird nicht benannt. Die politische Untat, die hinter allem steckt, kennt diesen Berichten zufolge keinen Täter. Tatsächlich, es ist, als konstatiere man ein Verbrechen, aber stellte dabei gleichzeitig fest: es gibt keinen Verbrecher. Werden wir auf diese Weise also konfrontiert mit der Feigheit einer Zeitungsredaktion?

    Weihnachten, dieses Fest der Liebe mit seiner frohgestimmten Vorbereitungszeit des Advents, deckt also in dieser Berichterstattung und mithilfe dieser Hilfskampagne jedwede politische Verursachung – buchstäblich! – mit dem Mantel der Nächstenliebe zu, eine Politik, die Tag für Tag gegen die Gebote der Nächstenliebe verstößt.

    Fazit: zwielichtiger Weihnachtsglanz

    Unsere Gesellschaft benötigt die geschilderte Almoserei und Caritas, weil die Bundesrepublik kein wirklicher Sozialstaat mehr ist. Was als Hilfe und Hilfsbereitschaft imponiert, weist zurück auf eine mittlerweile rundum verrohte Politik. Bestenfalls um Symptomlinderungen geht es hier, nicht um Kausaltherapie. In all diesen Mitleidssätzen wurde die politische Duldungsstarre gleich mitformuliert, diese caritative Hilfsbereitschaft ist gleichzeitig Ausdruck eines politischen Hilfeboykotts.

    Ein Staat, der Menschen dafür büßen lässt, daß sie einen Klumpfuß haben oder Opfer eines Wohnungsbrands wurden, ist kein Sozialstaat mehr. Und eine Zeitung, die das nicht kritisiert, stellt sich nicht – wie es scheint! – auf die Seite der Opfer, sondern vor den Staat, der diese Menschen zu Opfern macht. Natürlich: viel Hingabe, Einfühlung und Mitleid mag in diese Artikel und Hilfsaktionen mit eingegangen sein, nicht zu verkennen ist die christliche Tradition der Nächstenliebe, die solche Aktionen in Gang gebracht haben könnte, nicht zu unterschätzen die individuelle Wohltätigkeit vieler Menschen, die bei AKTION ADVENT sich realisieren dürfte, aber das poltisch-humane Versagen dieser Art von Hilfsaktionen ist ebenso deutlich. Es handelt sich um Adventsbeschwichtigung, nicht um gelebte Solidarität.

    Mich erinnert diese zwielichtige Zwiegesichtigkeit an den Schlußdialog in Brechts Theaterstück "Galileo Galilei", hier leicht abgewandelt für unser 'weihnachtliches' Problem:

    Großartig das Land, das solche Hilfsbereitschaft kennt! Schande über ein Land, das solche Hilfsbereitschaft braucht!

    «*] Holdger Platta (68), Wissenschaftsjournalist, veröffentlicht seit 2005 Analysen zu "Hartz IV" im Internet. In diesem Frühjahr brachte er mit Rudolph Bauer/Uni Bremen das Buch heraus: "Kaltes Land. Gegen die Verrohung der Bundesrepublik. Für eine humane Demokratie", mit Beiträgen unter anderem von Stéphane Hessel, Friedhelm Hengsbach und Christoph Butterwegge.


    src=http://vgo7.met.vgwort.de/na/4264b4d2815648039deefb4b4bea588" width="1" height="1"alt="" />



    Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

    Die #schönste #Lüge zu #den #Sozialreformen: "die alternde Gesellschaft" Die Armut wächst - und die Ideologien werden brutaler

       

     


    Die schönste Lüge zu den Sozialreformen: "die alternde Gesellschaft"

     ein unwidersprechlich natürlicher Grund für die wachsende Armut von jung und alt

    [via argudiss.de]
    http://doku.argudiss.de/?Kategorie=MuI#67
     
     
    Veranstalung vom 12.02.2004 in Nürnberg
    Referent:Dr. Peter Decker
     

    Teil1: Die Armut wächst - und die Ideologien werden brutaler

     

    Teil2: Armut kommt nicht vom Alter, sondern ist Produkt des Kapitals und vom Staat bezweckt als Mittel der Konkurrenz

     

    Teil3: "Zu wenig Kinder": Die Betrachtung des Volkes als Ressource von Staat und Kapital -

    Diskussion: Woher Arbeitslosigkeit kommt, wofür sie gut ist und warum der Staat gerne mehr Beschäftigung hätte

     

    Teil4: Demographie: Eine biologische Ideologie sozialer Nöte

     

    Posted via email from Bilderwelten

    --->> 45 namhafte Künstler unterstützen #Aufruf für #Besteuerung #von #Reichtum (sehr schön) [via scharf-links.de]


    45 namhafte Künstler unterstützen Aufruf für Besteuerung von Reichtum

     

    von Bündnis Umfairteilen

     

    [via scharf-links.de]

     

    http://scharf-links.de/47.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=31302&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=00712ad456
     

    Bündnis Umfairteilen kündigt weitere Aktionen für 2013 an

    Einen Aufruf für eine steuerpolitische Kehrtwende hat das Bündnis Umfairteilen am heutigen Donnerstag mit prominenter Unterstützung von 45 namhaften Künstlerinnen und Künstlern gestartet [1] .

    In dem Appell warnt das Bündnis vor einer weiteren Öffnung der Schere zwischen Arm und Reich und fordert eine stärkere Besteuerung von Reichtum zur Finanzierung notwendiger Reformen und einer nachhaltigen Armutsbekämpfung.

    Als erneuten Beleg für die Dringlichkeit und Richtigkeit seiner Forderungen wertet das Bündnis den heute veröffentlichten Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes:
    www.der-paritaetische.de/armutsbericht2012

    Darüber hinaus kündigte das Bündnis weitere Aktionen für 2013 an, unter anderem einen erneuten dezentralen Aktionstag am 13. April. "Der Armutsbericht zeigt, wie stark sich die Ungleichverteilung zugespitzt hat", sagte Jutta Sundermann vom Bündnis Umfairteilen. "Wir werden das kommende Jahr nutzen, die Besteuerung großer Vermögen zu einem zentralen gesellschaftlichen Thema zu machen, das keine politische Kraft links liegen lassen kann."

    Dem öffentlichen Aufruf unter dem Motto "Höchste Zeit zum Umfairteilen" haben sich 45 namhafte Künstlerinnen und Künstler angeschlossen wie die Musiker Bela B., Jan Delay, Rocko Schamoni und Hannes Wader; die Sängerin Ulla Meinecke; die Band Brings; die Schauspieler Michael Fitz, Jan Georg Schütte und Peter Sodann; der Präsident des deutschen PEN-Clubs, Johano Strasser; die Schriftstellerinnen Marlene Streeruwitz und Daniela Dahn; die Autoren Navid Kermani und Raul Zelik, der Fernsehmoderator Tobias Schlegl und die Kabarettisten Volker Pispers und Ingo Appelt. Auch mehr als 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehören zu den Unterzeichnern. Gefordert wird die Einführung einer dauerhaften Vermögensteuer und einer einmaligen Vermögensabgabe sowie wirksame Maßnahmen gegen Steuerflucht.

    Dem parteipolitisch unabhängigen Bündnis "Umfairteilen – Reichtum besteuern!" gehören bisher auf Bundesebene über 20 zivilgesellschaftliche Organisationen an: Vom globalisierungskritischen Attac und dem Online-Netzwerk Campact, Gewerkschaften wie Verdi und GEW, Sozialverbänden wie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, SoVD und dem Sozialverband VdK über die Katholische Arbeitnehmerbewegung, Migrantenverbände, Jugend- und Studierendenorganisationen bis hin zu den Naturfreunden Deutschlands und der Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe. Weitere 30 bundesweit aktive sowie rund 300 regionale Organisationen und Initiativen unterstützen das Bündnis. In mehr als 50 Städten arbeiten lokale Umfairteilen-Bündnisse.

    Beim Umfairteilen-Aktionstag am 29. September demonstrierten landesweit mehr als 40.000 Menschen in über 40 Städten für mehr Gerechtigkeit und die Zukunft des Sozialstaats. Derzeit arbeiten in mehr als 50 Städten lokale Umfairteilen-Bündnisse.

    Weitere Informationen:

    [1] Aufruf "Höchste Zeit zum Umfairteilen" und Liste der Unterstützer:
    umfairteilen.de/start/unterstuetzen

    Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes:
    www.der-paritaetische.de/armutsbericht2012



    VON: BÜNDNIS UMFAIRTEILEN


    Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

    --->>> Zum Freitagsbusiness --->>> #Karriereleiter #statt #Mutterglück -> #Geburtenrate #sinkt [via Remscheider General-Anzeiger]


    Karriereleiter statt Mutterglück: Geburtenrate sinkt
    [Remscheider General-Anzeiger - Ausgabe vom  18.12.2012 - Seite 1]
    Geburtenrate_sinkt_remscheider

    Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

    Zur Vertiefung zum Freitagsbusiness -->> # Kauflaune durch Eurokrise #getrübt [via Niederelbe-Zeitung]


    Kauflaune durch Eurokrise getrübt
    [Niederelbe-Zeitung - Ausgabe vom 27.11.2012 - Seite 5]
    Kauflaune_niederelbe-zeitung_-

    Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

    Zur Vertiefung!! -->> #Einbußen im Einzelhandel . Ihr #Umsatz #sank im Oktober so #stark wie seit fast vier Jahren nicht mehr.

     

    Einbußen im Einzelhandel

    [Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 01.12.2012 - Seite 15]

    Einzelhandel_hannoversche_allg

    Posted via email from Bilderwelten

    Mittwoch, 19. Dezember 2012

    -->> #Sellering beklagt #Vorurteile des #Westens Viele #Ostdeutsche halten "Wessis" für #arrogant und #gierig [Märkische Oderzeitung]


    Sellering beklagt Vorurteile des Westens

    [Märkische Oderzeitung - Ausgabe vom 17.12.2012 - Seite 1]

    Vorurteile_des_westens_maerkis


    Posted via email from Dresden und Umgebung

    Zur Vertiefung!! -->> #Einbußen im Einzelhandel . Ihr #Umsatz #sank im Oktober so #stark wie seit fast vier Jahren nicht mehr.

     

    Einbußen im Einzelhandel

    [Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 01.12.2012 - Seite 15]

    Einzelhandel_hannoversche_allg

    Posted via email from Dresden und Umgebung

    -->> #Stichwort #EEG-Umlage - #Ausnahmen für 2023 Unternehmen [via Bietigheimer Zeitung]


    Ausnahmen für 2023 Unternehmen

    [Bietigheimer Zeitung - Ausgabe vom12.10.2012 - Seite 2]

    Ausnahmen_2023_unternehmen_bie

    Posted via email from Bilderwelten

    "Armut ist politisch gewollt" - oder: Es kann nicht sein, was nicht sein darf (sehr sehr lesenswert!!!) [via Nachdenkseiten]


    "Armut ist politisch gewollt" – oder: Es kann nicht sein, was nicht sein darf
     
    [via Nachdenkseiten]
     
     
    http://www.nachdenkseiten.de/?p=15505

    Zeitgleich zu den Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Gewerkschaften legte der "Wissenschaftliche Beirat" des Wirtschaftsministeriums ein Gegengutachten vor. Wie schon beim Armutsbericht der Bundesregierung versucht das "Rösler"-Ministerium erneut, die Wirklichkeit zu verfälschen.

    Der "Schattenbericht" der Nationalen Armutskonferenz (nak)[PDF - 2 MB] stellt noch einmal die allseits bekannte traurige Realität dar und resümiert, dass "Armut politisch gewollt sei".

    Das eigentlich zur Verharmlosung und zur Ablenkung von der Wirklichkeit gedachte "Gegen"-Gutachten zum Thema
    "Altersarmut" des "Wissenschaftlichen Beirats" [PDF - 110 KB] bestätigt dieses Urteil der nak einer politisch gewollten Armut unfreiwillig nur ein weiteres Mal, indem es die Armut einfach wegdefiniert.

    Von Wolfgang Lieb

    Die Nationale Armutskonferenz (nak) stellt fest:
    • dass die Armutsquote seit Jahren auf dem "skandalös hohen Niveau" zwischen 14 und 16 Prozent liege, also die deutsche Politik zwischen 11,5 und 13 Millionen Menschen in Armut belasse,

    Armutsquote seit Jahren auf dem skandalös hohen Niveau

    Quelle:

    FOCUS Online
    • dass jeder Vierte im Niedriglohnsektor arbeite,

    Jeder Vierte arbeitet im Niedriglohnsektor

    Quelle:

    Sozialpolitik aktuell in Deutschland [PDF - 90 KB]
    • dass 7,6 Millionen Mensch oder 9,3 Prozent der Bevölkerung staatliche Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums benötigten.
    • dass eine "dramatische Zunahme" der Einkommensarmut im Alter absehbar sei.
    • dass die Chancen aus der Armut herauszukommen sich "entscheidend verschlechtert" hätten. Wer einmal arm sei, habe immer weniger Chancen habe der Armut zu entkommen. Auch nach den jüngsten, vom Bundesverfassungsgericht erzwungen Änderungen bei den Hartz-Regelsätzen von Kindern und durch das sog. Bildungs- und Teilhabepaket hätten diese Kinder aus von Armut betroffenen Familien "keine Chance" aus dem Armutskreislauf aufzusteigen.

    Der Zusammenschluss von Sozial- und Wohlfahrtsverbänden wie der Arbeiterwohlfahrt, dem Paritätischen Gesamtverband, Caritas und Diakonie sowie Gewerkschaften wie dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) fordert als Gegenmittel unter anderem gesetzliche Mindestlöhne, höhere Regelsätze oder Förderprogramme gegen Wohnungsnot. Die nak ist "schockiert" über die durch das Wirtschaftsministerium geschönte Fassung des

    regierungsamtlichen "Armuts- und Reichtumsbericht" [PDF - 5 MB] (hier auch noch einmal in der Fassung des Sozialministeriums [PDF - 12 MB]).

    Es seien doch die Gesetze, die zu einer Ausweitung der Niedriglöhne geführt hätten und es sei doch der Hartz-IV-Regelsatz von derzeit 374 Euro, "der arm macht und nicht aus der Armut heraushilft",

    sagte die nak-Sprecherin Michaela Hofmann.

    Soviel zu den keineswegs neuen, traurigen Tatsachen, die immer wieder beiseitegeschoben werden.

    Wirtschaftsminister Rösler bringt dagegen seine bezahlten Wissenschaftler in Stellung

    Es war sicherlich kein Zufall, dass am gleichen Tag an dem die Nationale Armutskonferenz ihren "Schattenbericht" vorstellte, das Bundeswirtschaftsministerium mit einem schon am 30. November verabschiedeten Gutachten des von seinem Hause finanzierten "Wissenschaftlichen Beirats" an die Öffentlichkeit trat.

    Der federführende Betreuer dieses "wissenschaftlichen" Gutachtens, Axel Börsch-Supan – inzwischen zum geschäftsführenden Direktor eines Max-Planck-Instituts "geadelt"- sieht in der Altersarmut derzeit kein großes Problem.

    Das hat allerdings für die gegenwärtige Situation auch niemand, auch nicht die nak behauptet. Aber natürlich wurden in den meisten Medien beide Veröffentlichungen in einem Aufwasch behandelt und gegenübergestellt. Das Ablenkungsmanöver vom Grundproblem der zunehmenden Armut insgesamt ist also wieder einmal weitgehend gelungen.

    Man muss wissen, dass Börsch-Supan zu den "wissenschaftlichen" Lobbyisten der privaten Altersvorsorge gehört. Er war neben Bernd Raffelhüschen und Bert Rürup einer der lautstärksten professoralen Mietmäuler für eine Zerstörung der gesetzlichen Rente, damit die Versicherungswirtschaft höhere Anteile an einer privaten Altersvorsorge

    gewinnen konnte. Dementsprechend war er natürlich auch ein vehementer Verfechter der Rente mit 67.

    Es ist deshalb nicht weiter erstaunlich, dass der von Börsch-Supan betreute "wissenschaftliche Beirat" des Wirtschaftsministers behauptet, dass "die Ursachen der Altersarmut nicht primär in den Rentenreformen der Jahre 2001-2007, sondern in unzureichenden Erwerbsbiographien zu suchen sind". Und für seine Biografie ist schließlich jeder selbst verantwortlich – wird dabei unter der Hand suggeriert.

    Gegen von der Leyen und gegen das Rentenkonzept der SPD

    In seinem neuesten "Gutachten" spricht sich dieser "wissenschaftliche Beirat" z.B. sowohl gegen die "Lebensleistungsrente" von der Leyens als auch gegen die "Solidarrente" der SPD aus. Diese Formen der Absicherung von Altersarmut würden "die ohnehin bestehenden negativen Anreizeffekte auf das Arbeitsangebot verstärken."

    Will sagen, ohne die Drohung mit Altersarmut wären nach Meinung dieses Beirats die Menschen noch weniger bereit Arbeit zu jedem Preis anzunehmen.

    Altersarmut wird bekämpft, indem man sie einfach wegdefiniert

    Im Übrigen sei der Begriff "altersarm" sehr "emotionsbesetzt". Eigentlich bestehe die Gefahr einer zunehmenden Altersarmut gar nicht. Denn: "Altersarmut im Sinne eines Einkommens, das unter dem Existenzminimum liegt (gemessen am Bedarf eines Rentnerhaushalts in Analogie zu den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für Grundsicherungsempfänger) kann es in Deutschland wegen der "Grundsicherung im Alter" eigentlich nicht geben, da diese ja gerade nach dem Bedarf eines Rentnerhaushalts bemessen ist."

    Dass die bedarfsorientierte und bedürftigkeitsgeprüfte Mindestsicherung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts – also 374 Euro im Monat für Alleinstehende und 674 Euro für (Ehe-) Paare (nebst Zuschüsse für das Wohnen) – nicht als "arm" betrachtet wird, ist eine ziemlich eigenwillige Definition von Armut, die allen internationalen Definitionen der Armut widerspricht.

    Und wenn man Altersarmut erst am Grundsicherungsniveau misst, dann sind halt ´nur` 2,6 Prozent der über 65-Jährigen derzeit altersarm. Der "wissenschaftliche Beirat" betrachtet es sogar als Erfolgsmeldung, dass der Anteil der über 65-Jährigen die unter 60% des Medianeinkommens liegen ´nur` bei 15,3 Prozent liegt, während die durchschnittliche Armutsgefährdung 2011 bei 20,0 Prozent lag.

    Doch so ganz können selbst diese Experten das Armutsproblem nicht schönschreiben: Es liege aber eben derzeit "eher bei den Jungen: 22,4% der 18-25jährigen sind armutsgefährdet, 37,1% der alleinerzogenen Kinder leben in armutsgefährdeten Haushalten. Noch ernster ist die Situation bei Menschen mit Migrationshintergrund. Hier sind 28,5% der Jugendlichen und 49,3% der alleinerzogenen Kinder armutsgefährdet."

    Trotz ihres parteilichen Eintretens für die Renten-"Reformen" kommen die "Rösler"-Berater nicht um das Eingeständnis herum: "In der Zukunft wird sich das Risiko der Altersarmut erhöhen, wenn im Zuge der Bevölkerungsalterung das Nettorentenniveau vor Steuern bis 2030 voraussichtlich von 51% im Jahr 2005 auf etwa 43% im Jahr 2030 sinken wird."

    Aber das ist für die Experten kein Problem. Sie unterstellen einfach mal, dass bis zum Jahre 2030 die mittlere Lebensarbeitszeit um vier Jahre ansteigen wird und die damit zusätzlich erworbenen Entgeltpunkte bei der gesetzlichen Rentenversicherung knapp zwei Drittel der Absenkung des Netto-Rentenniveaus kompensieren werde. Und um der traurigen Wirklichkeit im Hinblick auf die Beschäftigung älterer Menschen noch eine weitere blauäugige Hypothese hinzuzufügen, führt dieser "Beirat" seine Luftbuchung fort: "Addiert man eine vollumfängliche Riester- oder gleich hohe Betriebsrente, wird das übrige Drittel ab einer jährlichen Rendite von 1,5% und einer Einzahlungsdauer von etwas über 25 Jahren kompensiert. Eine erhöhte Altersarmut entsteht daher nicht per se aus den rentenpolitischen Maßnahmenpaket der letzten Jahre, sondern nur dann, wenn die Kompensationsmaßnahmen für die Absenkung des Rentenniveaus nicht ergriffen werden oder nicht greifen können."

    Mit solchen Hirngespinsten kann man natürlich eine drohende Altersarmut schlicht und einfach wegdefinieren. Das ist Wissenschaft nach dem Motto, umso schlimmer für die Wirklichkeit, wenn sie unseren Annahmen nicht entspricht. Die Leute sind schließlich selbst schuld, wenn sie nicht länger arbeiten oder wenn nur 45 Prozent der Berechtigten eine Riester-Rente abschließen und wenn es bei den armutsbedrohten Einkommensschichten gar nur 25 Prozent sind.

    Zauberformel Bildung

    Immer wenn die Beschönigungs-Ideologen selbst eingestehen müssen, dass ihre Ideologie an der Wirklichkeit scheitert, fällt das Zauberwort Bildung: "Das grundsätzlichste Mittel zur Bekämpfung der Altersarmut besteht folglich darin, möglichst viele Menschen durch angemessene Bildung davor zu bewahren, dass sie in die Gruppe der Geringverdiener geraten." Nach der herrschenden Ideologie "jeder ist seines Glückes Schmied" ist deshalb eine bessere Qualifizierung eines der geeignetsten Mittel "das Übel Altersarmut an der Wurzel zu packen".

    Sicherlich ist Bildung nach wie vor die beste Absicherung vor Arbeitslosigkeit, denn der Arbeitsmarkt wird immer die jeweils Bestqualifiziertesten aufnehmen, aber die Beschöniger tun so, als ob allein durch Bildung Arbeitsplätze geschaffen würden. Ein hohes Bildungsniveau schützt beileibe

    nicht mehr vor Arbeitslosigkeit und schon gar nicht vor Niedriglöhnen, unbezahlten Praktika oder befristeten Stellen.

    Es kann nicht sein, was nicht sein darf

    Besonders grotesk ist die Begründung dieses "wissenschaftlichen Beirats" für die Ablehnung eines Mindestlohns. Weil diese Zirkelargumentation so verbreitet ist, hier das ganze Zitat:

    "Der Vorschlag, Altersarmut durch einen allgemein gültigen gesetzlichen Mindestlohn zu vermeiden, erweist sich aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive als nicht tragfähig. Um eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu erhalten, braucht man in den alten Bundesländern 23,2 und in den neuen Bundesländern 26,1 Entgeltpunkte. Dies entspricht während eines 40jährigen Erwerbslebens einem sozialversicherungspflichtigen Bruttoentgelt von jährlich 18.500 Euro in Westdeutschland und 20.800 Euro in Ostdeutschland. Bei einer durchschnittlichen Jahresarbeitszeit von 1667 Stunden entspricht dies einem Bruttostundenlohn von 11,10 Euro in West- und 12,50 Euro in Ostdeutschland. Ein Mindestlohn, der eine Rente von 850 Euro im Monat sichert, läge dementsprechend bei 14,40 Euro je Stunde in den alten bzw. 16,20 Euro in den neuen Bundesländern. Es ist unvorstellbar, dass so hohe Mindestlöhne keine negativen Beschäftigungseffekte auf dem Arbeitsmarkt hervorrufen würden, welche die Sicherung der Lohnhöhe durch eine höhere Arbeitslosigkeit wieder konterkarieren."

    Da wird also selbst der Mindestlohn – dessen Höhe im politischen Raum nur zwischen 8.50 und 10 Euro diskutiert wird – abgelehnt, weil er nicht für die von der Arbeitsministerin und von der SPD geforderte Mindestrente von 850 Euro zur Vermeidung von Altersarmut ausreiche, aber im gleichen Atemzug wird die Ausweitung und die Verlängerung der Erwerbstätigkeit als wichtigstes Element zur Bekämpfung von Armut im Alter hervorgehoben. Das aber dann offenbar zu Löhnen, die noch unterhalb des Existenzminimums selbst in jungen Jahren liegen.

    Eine Logik ergibt sich daraus nur, wenn man das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum als ausreichende Alterssicherung nach einem lebenslangen Erwerbsleben betrachtet. Und wenn man das so sieht, dann gibt es eben keine Altersarmut mehr.

    Wie reimte doch schon Christian Morgenstern:

    Und er kommt zu dem Ergebnis:
    "Nur ein Traum war das Erlebnis.
    Weil", so schließt er messerscharf,
    "nicht sein k a n n, was nicht sein d a r f."


    Posted via email from Dresden und Umgebung

    --->>> #Alle #Stolpersteine #online [via Wormser Zeitung]


    Alle Stolpersteine online

    [Wormser Zeitung - Ausgabe vom 03.12.2012 - Seite 9]

    Stoplpersteine_online_wormser_

    Posted via email from Dresden und Umgebung

    Dienstag, 18. Dezember 2012

    --->>> Angela Merkel ungeschminkt [via Nachdenkseiten]


    Angela Merkel ungeschminkt

    [via Nachdenkseiten]

     

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=15497#more-15497


     

    Angela Merkel ist beim Volk beliebt. Die Medien haben ihr das realitätsferne Image der "Mutti" verliehen, die sich treusorgend aber stets auch mit der gebotenen Strenge um ihre Familie kümmert.

    So etwas kommt bei den Wählern offensichtlich an und Merkel gibt sich auch redlich Mühe, dieses Image nicht dadurch zu zerstören, dass sie auch einmal sagt, was sie denkt. Ausnahmen von dieser Regel sind rar. Eine solche Ausnahme stellt das Interview dar, dass Merkel zu Beginn der Woche der britischen Financial Times gegeben hat.

    Von Jens Berger.

    "Wenn Europa heute sieben Prozent der Weltbevölkerung ausmacht, etwa 25 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet und damit 50 Prozent der weltweiten Sozialkosten finanzieren muss, dann ist es offensichtlich, dass es künftig sehr hart arbeiten muss, um seinen Wohlstand und Lebensstil zu erhalten. Wir alle müssen aufhören, jedes Jahr mehr auszugeben als wir einnehmen."

    Angela Merkel in der

    Financial Times

    Wie definiert die Kanzlerin eigentlich "Wohlstand"? Der Duden definiert "Wohlstand" als "Maß an Wohlhabenheit, die jemandem wirtschaftliche Sicherheit gibt" und trifft damit den Kern. Nimmt man Frau Merkel wörtlich, gefährdet demnach das Sozialsystem die soziökonomische Sicherheit der Bevölkerung. Das ist freilich absurd, doch Angela Merkels ökonomisches Weltbild war auch in der Vergangenheit stets von Absurditäten durchzogen – man muss hier nur an die "

    schwäbische Hausfrau" als volkswirtschaftliches Leitbild denken. Angela Merkel begeht hier gleich zwei Denkfehler.

    Denkfehler Nummer Eins: Die Tortenanalogie

    Offenbar versteht die Physikerin Merkel nicht den Unterschied zwischen absoluten und relativen Größen. Für den Wohlstand des Individuums ist es vollkommen irrelevant, ob andere Volkswirtschaften schneller wachsen als die heimische. Wenn ein deutscher Bürger kaufkraftbereinigt jedes Jahr einen Einkommenszuwachs verbuchen könnte, spielt es in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rolle, ob die chinesische, die indische oder die brasilianische Volkswirtschaft schrumpft, stagniert oder wächst. Vom relativen Anteil der deutschen Volkswirtschaft am globalen Bruttoinlandsprodukt kann sich niemand etwas kaufen. Wäre es anders, müssten wir Care-Pakete nach Dänemark, Luxemburg oder in die Schweiz schicken, deren Anteil am globalen Bruttosozialprodukt merklich kleiner als der deutsche ist. Das reichste deutsche Bundesland ist ja auch nicht Nordrhein-Westfahlen, sondern Angela Merkels Geburtsort, die Hansestadt Hamburg.

    Für Angela Merkel ist die zu verteilende Torte immer gleich groß, es geht lediglich darum, wie groß das eigene Tortenstück im Vergleich zu den anderen Tortenstücken ist. Als Physikerin würde sie wahrscheinlich sagen, dass es ihr ausschließlich um das Bogenmaß des eigenen Tortenstücks geht. Doch so funktioniert Volkswirtschaft nicht. 1950 hatte Westeuropa einen Anteil von 26,3% des globalen Bruttoinlandsprodukts, heute sind es weniger als zwanzig Prozent – dennoch würde niemand, der klaren Verstandes ist, daraus schließen, dass es uns heute schlechter geht als 1950. Wenn man sich einmal den Aufholbedarf von rückständigeren Volkswirtschaften wie China oder Indien vor Augen hält, wäre es auch mehr als bemerkenswert, wenn diese Volkswirtschaften langsamer wachsen würden als das hochentwickelte Westeuropa. Das weiß freilich auch Frau Merkel. Was bezweckt sie also mit ihrem schiefen Vergleich?

    Denkfehler Nummer Zwei: Der Sozialstaat gefährdet den Wohlstand

    Auch wenn Angela Merkel hohe Zustimmungswerte genießt, hält die Bevölkerung nicht viel von einem Abbau des Sozialstaats. Wer die Axt an den Sozialstaat legen will, ohne politischen Selbstmord zu begehen, muss daher eine Notwendigkeit konstruieren, die so nicht vorhanden ist. Und Angela Merkel ist bekanntlich die Großmeisterin der Alternativlosigkeiten. Was käme da gelegener, als ein Wettbewerb, den Deutschland und Europa gar nicht gewinnen können? Natürlich werden die europäischen Volkswirtschaften auch auf mittlere und lange Sicht langsamer wachsen als die der Schwellenländer. Wer den Sozialstaat abbauen will, muss diese – an sich vollkommen unproblematische – Entwicklung nur als Problem darstellen. Und genau das ist Merkels Ziel.

    Merkels These, der Sozialstaat gefährde den Wohlstand und wir könnten ihn uns wegen der aufholenden Volkswirtschaften in den Schwellenländern nicht mehr leisten, entbehrt freilich jeglicher Grundlage. Der Sozialstaat ist nicht der Feind unseres Wohlstands, sondern dessen Basis. Um wessen Wohlstand geht es der Kanzlerin? Um den Wohlstand der oberen Zehntausend? Oder um den Wohlstand der Bevölkerung? Sollte es ihr um den Wohlstand der Bevölkerung gehen, sind ihre Aussagen schlicht abstrus.

    Will man der Kanzlerin nicht Dummheit unterstellen, muss man also davon ausgehen, dass es ihr eben nicht um den Wohlstand der Bevölkerung, sondern um den Wohlstand der oberen Zehntausend geht. Ob "Mutti" immer noch so beliebt wäre, wenn ihre ungeschminkten Ansichten einer breiten Masse bekannt wären?



    578497ad3bec464bafdce78ac004738e Download this file

    Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken