Meinungsmache bestimmt das politische Leben.
Hier der Blick auf einige markante Manipulationen der letzten Tage Nr. 3
Heute zu Meldungen über die Gefahr des Chemiewaffeneinsatzes in Syrien (1) und zu Angela Merkel, zum vergangenen CDU-Parteitag, zur ARD Sendung "Was macht Merkel?" und anderen image-prägenden Bemerkungen in den Medien (2)
Albrecht Müller.
USA haben Hinweise auf möglichen Chemiewaffen-Einsatz in Syrien
meldete Zeit online am 4. Dezember mit Berufung auf die New York Times und Geheimdiensterkenntnisse der US-Regierung. Im Text heißt es:
US-Präsident Obama hat das syrische Regime erneut vor dem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. Anlass sind Hinweise auf die Herstellung des Nervengases Sarin.
Das syrische Regime bereitet möglicherweise den Einsatz von Chemiewaffen vor. Die US-Regierung habe entsprechende Geheimdienst-Hinweise,
berichteten die New York Times sowie die Nachrichtenagentur AFP. Die syrische Armee soll demnach möglicherweise mit der Mischung von Chemikalien begonnen haben, die für das Nervengas Sarin benötigt würden. Die Aktivitäten gingen über die bloße Bewegung von Lagerbeständen hinaus, zitierte die New York Times einen Mitarbeiter der US-Regierung. Man sei besorgt über die Möglichkeit einer solchen Verzweiflungstat, hieß es in Washington .Anmerkung dazu:
Wir kennen derartige Meldungen aus der Zeit vor der Intervention im Irak 2002. Damals ging es um angebliche Geheimdienst-Erkenntnisse über die Produktion von Massenvernichtungsmitteln durch Sadam Hussein.
Wie die Faktenlage auch im einzelnen sein mag, solche Meldungen dienen der Vorbereitung von Entscheidungen wie der Verlegung von Patriot Einheiten der Bundeswehr an die türkisch-syrische Grenze. Selbst die SPD und die Grünen wollen diesem Militäreinsatz zustimmen. Er ist in mehrerer Hinsicht lächerlich. Aber es macht nichts. Das alles dient der Gewöhnung an Versuche zur Lösung politischer Probleme mithilfe des Militärs. Diese Art von Politik wird spätestens seit dem Einsatz der Bundeswehr im so genannten Kosovo Krieg durch Propaganda vorbereitet begleitet.
Angela Merkel hat mit ihrer Behauptung, sie führe
Sie konnten den Effekt und auch die Aufnahme anderer Elemente der Meinungsmache von Angela Merkel und Union in vielen Medien beobachten. Mir fiel zum Beispiel im Deutschlandfunk vom 8. Dezember der Kommentar von Brigitte Fehrle von der Berliner Zeitung auf.
Dort hieß es unter anderem: "Sie ist weiblich, sie ist sozial, sie ist liberal, sie ist ergrünt, sie ist modern."Angela Merkels wichtige Botschaft zur Eroberung vieler sozial denkender Wählerinnen und Wähler, die Union und sie selbst seien sozial oder gar sozialdemokratisiert, wird unabhängig von der unsozialen Politik der Bundesregierung den Menschen und den Journalisten immer wieder eingetrichtert, so zum Beispiel auch im Presseclub vom vergangenen Sonntag, als es eigentlich um den SPD-Kandidaten Steinbrück ging.
Das sind einzelne Beispiele, die zusammengesetzt die Kampagne von Union und Angela Merkel im Blick auf den nächsten Wahltermin stützen. Ich erwähne diese Beispiele, um Sie zu ermuntern, die Szene aufmerksam zu beobachten.
Die Reportage in der ARD "Was macht Merkel?"
Ein Nachdenkseitenleser aus Berlin hat die Reportage in der ARD "Was macht Merkel?" verfolgt und uns seine Analyse geschickt. Wir geben sie im Folgenden wieder, verbunden mit einem großen Dank für die Übernahme der Beobachtungsarbeit. Am Ende komme ich auf die Einbettung dieser Sendung in die Strategie der Meinungsmache der Union zurück. Hier zunächst die Analyse des NachDenkSeiten-Lesers:
11.12.12.:
Was macht Merkel?" ist ein Lehrstück moderner Propaganda. Es streut klare Botschaften im Sinne der neoliberalen Politik, behält aber gleichzeitig den Anstrich der Objektivität, da auch Kritik geäußert wird."Liebes Nachdenkseiten-Team,
Diese Kritik befasst sich ausschließlich mit dem taktischen und kommunikationspolitischen Verhalten Merkels. Timing und Symbolik wird in den Vordergrund gestellt und ersetzt inhaltliche Kritik. Auf der Zeitachse der letzten zwei Jahre werden dabei die schwierigen Entscheidungen von Zeitzeugen und Mitstreitern kommentiert.
In den Rollen zu sehen sind:
- Peer Steinbrück (ganz Staatsmann, der es genau so auch, aber anders gemacht hätte)
- Wolfgang Schäuble (als Technokrat, der das System versteht und uns eine Nachhilfestunde in neoliberaler Mathematik gibt)
- Rolf-Dieter Krause (ARD Korrespondent Brüssel kommentiert die Fernsehauftritte Merkels und wirkt mehr wie ihr Kommunikationsberater als wie ein Journalist)
- Jörg Asmussen (der Finanzmarktderegulator kritisiert höchstens die zu geringe Dosis der Krisenmedizin)
- Josef Ackermann (plaudert sympathisch aus dem "Bankernähkästchen")
- Andrew Bosomworth (das Märktemedium darf nicht fehlen, um uns die DAX-Botschaften marktkonformer Demokratie ins Deutsche zu übersetzen)
- Michael Fuchs (treuer Parteisoldat Merkels übt schonmal Durchhalteparolen)
- Martin Schulz (SPD-Juniorpartner mit Euroflair)
- Nikos Dimou (griechisches Pendant zu Rolf-Dieter Krause, das die Kommunikationspolitik "durchleuchtet")
- Jens Weidmann (in der Rolle des seriösen Ökonomen, ein Schäuble+)
- Geogios Papandreou (berichtet aus dem Ruhestand, wie hart es war, als er eine Volksbefragung ankündigte, die nie stattfand)
- Peter Gauweiler (CSU)
- Jean-Claude Junker
Wie ihr seht ist es eine ausgewogene Runde, die man auch von Günther Jauch und Anne Will gewohnt ist. Aber weit gefehlt! Zum Ende hin wird der Spannungsbogen geladen, denn wir nähern uns der Gegenwart:
Bilder von europäischen Demonstranten, die Merkel mit Hakenkreuzen und Hitlerbärtchen verunglimpfen. Die sind aber undankbar, wir wollen doch helfen, denkt sich hier der aufmerksame Zuschauer. Jetzt darf auch der "linksextreme Politiker" aus Griechenland was sagen. Schließlich passt das Timing mit den Nazivergleichen um den Kommunisten Alexis Tsipras EINEN Satz über soziale Kälte sagen zu lassen. Jetzt hat die Reportage auch das Gütesiegel für Meinungsvielfalt verdient, oder nicht? Zum Glück springt Peer in die Presche und sagt Ressentiments gäbe es auf beiden Seiten. Na dann ist ja gut. Und so endet die Sache auch: Zukunft ungewiss, aber Merkel hat uns bisher gut durch die Untiefen von Schuld und Sühne manövriert.
Gute Nacht,
Emil"
Soweit die Beobachtungen unseres Lesers. Ich habe mir die Sendung auch noch angesehen und kann die Analyse von Emil nur bestätigen.
Eines will ich ergänzen: Offensichtlich haben die Strategen der Union und Angela Merkels festgestellt, dass es bei der Beurteilung ihrer Rolle zur Bewältigung der Finanzkrise ein Einfallstor für harte Kritik geben könnte: Durch ihr Zögern seit Offenbarung der Schwierigkeiten in Griechenland im Jahre 2010 habe Merkel die Rettung durch ihre Neins und ihr Zögern immer schwieriger und teurer gemacht.
Dieser fundamentalen und weiter zu erwartenden Kritik wird in der Reportage der ARD zentral entgegen gearbeitet. Die Hauptbotschaft des Films: Merkel fährt auf Sicht. Und das ist gut so.
Ich gehe davon aus, dass diese Sendung der ARD in Zusammenarbeit mit dem Bundespresseamt und der CDU Zentrale entstanden ist.
Übrigens: Nachdenkseitenleser Emil hat im Telefongespräch angemerkt, er habe eine solche kritische Beobachtung und Analyse nur machen können, weil er seit einigen Jahren NachDenkSeiten liest und deshalb die Welt mit anderen Augen sieht. Das freut uns.
It's Official: Austerity Economics Doesn't Work
Noch eine Ergänzung für englisch lesende NachDenkSeiten-Nutzerinnen und Nutzer: Wie falsch die Grundlinie der Politik der deutschen Bundeskanzlerin zur Bewältigung der Probleme in der Eurozone ist, wie verheerend die Wirkungen der so genannten Sparpolitik sind, beschreibt der "New Yorker" am 7. Dezember 2012 in einem Blick auf Großbritannien, wo man offiziell festgestellt hat, dass die Austeritäts-Ökonomie nicht erfolgreich arbeitet. Hier der Hinweis auf die Quelle:
It's Official: Austerity Economics Doesn't Work, Posted by John CassidyPosted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken
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