Mittwoch, 22. Juli 2015

Die Praxis in Hartz IV ist Faschismus ... #ein #Arbeitgeber #gibt #keine #Arbeit. #Er #nimmt #sie,...

 
Die Praxis in Hartz IV ist Faschismus
 
Von Werner Schulten
 
[via scharf-links.de]
 
 

Hier mal ein (un)schönes Beispiel für die Frage: „Was ist asozial?" aus dem Raum Braunschweig: Hartz-Betroffener (nennen wir ihn Herr S.) kriegt vom Jobcenter eine Bewerbung aufs Auge gedrückt, bekommt von der Arbeitgeberin auch einen Vorstellungstermin. Fährt fast 100 km in ein kleines Dorf auf dem platten Land. Klingelt pünktlich an der Türe. Türe wird geöffnet. „Kommen Sie in einer Stunde noch mal wieder." Türe wird wieder zugeknallt. Da ist aber nichts, wo man sich vor Schneesturm und Minusgraden schützen kann. Nach 20 Minuten hält es Herr S. nicht mehr aus und fährt wieder nach Hause.

Anschließend schickt er der Arbeitgeberin, die ihn ja zu diesem Vorstellungstermin geladen, allerdings nicht in die Räumlichkeiten gelassen hat, eine Rechnung über 27 Euro an Reisekosten. Diese weigert sich, zu zahlen, worauf Herr S. Klage beim Arbeitsgericht einreicht.

Und die Arbeitgeberin schreibt Folgendes an das Arbeitsgericht, wobei der Zusatz auf dem Briefkopf der Gartenmanufaktur „Bei uns finden Sie immer etwas Besonderes" eine ganz besondere Bedeutung erhält:

Sehr geehrter Herr Dr.…,

der Ordnung halber möchte ich Ihnen mitteilen, daß ich - Frau … - Antragsgegnerin

bin.

In Ihrer Annahme, daß es der Sache des Arbeitgeber ist, wer das Bewerbungsgespräch führt, stimme ich Ihnen voll und ganz zu; für diese gesunde Einschätzung ersteinmal vielen Dank!

 

Eigentlich wollte ich mich zu diesem "Kasperle-Theater'' von Herrn S. gar nicht äußern, da

ich als soetwas von überflüssig finde, mir von arbeitsscheuen Sozialschmarotzern die Zeit und

die N E R V E N stehlen zu lassen.

Ich muß jeden Tag für mein Geld hart arbeiten und da zählt für mich jede Minute.

Es ist gut, daß wir in einem Land mit dem besten Rechtssystem leben - ich glaube, daß wissen wir alle sehr zu schätzen !?

Was nun hier allerdings seit einem halber Jahr läuft, ist ohne Worte!!

Ich kann hier nur nochmals wie folgt Stellung nehmen:

1. wenn der Herr S. ernsthaft an einer Stelle interessiert gewesen wäre, so wäre es

für einen aufrichtig Arbeitssuchenden selbstverständlich gewesen, noch einige Minuten langer

zuwarten oder ggf!. einen Zweittermin auszumachen

2. wenn der Herr S. nur 10 % von seiner Energie in eine ernsthafte Arbeitssuche investieren

würde, würde er dem Staat nicht auf der Tasche liegen müssen und hier solchen unnötigen Zeitaufwand bei den Gerichten und bei mir verursachen

(vielleicht wäre er ja als RA Gehilfe tauglich .... aber da müsste er ja arbeiten .... !?)

3. im übrigen ist anzmerken, daß Herr S. seine geforderten 27 € jederzeit vom Arbeitsamt

erstattet bekommen worden, wenn der voraussichtliche Arbeitgeber diese Summe nicht

bezahlt (so wurde es mir vom Arbeitsamt mitgeteilt. .. )

Ich bitte doch dieses einmal zu klären, vielleicht hat Herr S. ja diese Summe schon

von der ARGE erhalten ?

Bis dahin viele Grüße vom …

(Anmerkung: Das ist der Originaltext. Nicht, dass noch jemand auf die Idee kommt, der Autor beherrsche die deutsche Sprache nicht.)

 

Ja, das ist asozial! Und leider kein Einzelfall. 10 Jahre Hartz IV haben dazu geführt, dass langzeiterwerbslose Arbeitssuchende wie Dreck behandelt werden und sich noch vor Gericht aufs Übelste beschimpfen lassen müssen. Über römische Dekadenz, Hängematte, wahnwitzige Regelsatzberechnungen einer Uni, sozialdarwinistische Thesen eines Prof. Heinsohn, Vorführung eingekaufter geistig umnachteter „Vorzeige-Hartzern" in sogenannten Talkrunden und breite Diffamierungskampagnen der meisten Medien wurde ein Klima geschaffen, dass nur als Faschismus bezeichnet werden kann. Herabwürdigung und Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen.

 

Mir ist nicht bekannt, wie hoch der Job dotiert war, aber angesichts des Verhaltens dieser Arbeitgeberin liegt es nahe, anzunehmen, dass er weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn gelegen hätte. Hat doch die Bundesregierung ein Gesetz erlassen, in dem Langzeiterwerbslose nicht nur zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden, sondern gleich aus der Gesellschaft ausgegliedert werden, indem ihnen der für jede und jeden zustehende Mindestlohn per Gesetz vorenthalten bleibt.

Ja, das ist Faschismus. Und nein, ein Arbeitgeber gibt keine Arbeit. Er nimmt sie, und bei „Arbeitgebern" wie dieser besteht der Lohn für die vom „Arbeitnehmer" gegebene Arbeit in einem Tritt in den Allerwertesten.







#Gesundheitskarte: #Massive #Datenschutz-Lücke [via Nachdenkseiten]

 
Gesundheitskarte: Massive Datenschutz-Lücke
 
[via Nachdenkseiten]
 
 
 

Effizient, modern, sicher – so wird die elektronische Gesundheitskarte (eGK) gerne dargestellt. Doch ihr Sicherheitskonzept wird durch eine massive Datenschutz-Lücke ausgehebelt. Nach Recherchen des ZDF heute-journals sind sensible Patientendaten von Millionen Deutschen nicht sicher.

Stehen Sie kurz vorm Burnout? Waren Sie mal drogenabhängig? Oder nehmen Sie Psychopharmaka?
 
Antworten auf diese Fragen sind leicht zu finden, wenn man Einblick in Ihre Patientenakte erhält.
 
Dort stehen hochsensible Daten, die zum Beispiel für Kollegen oder Vorgesetzte sehr interessant sein können. Mit krimineller Energie ist es unter Umständen sehr einfach, an solche Informationen heranzukommen.
Quelle: ZDF
 


via Nachdenkseiten --->>> Die Dressur zum Gehorsam ... wirksame "Identifikation mit dem Aggressor"

 

Das Rätsel der „freiwilligen Knechtschaft"

[via Nachdenkseiten]
 
 

Als Nachtrag zu meinem Text „Von Grillen und Ameisen" gehe ich der Frage nach, wie man es sich erklären kann, dass Massen von Menschen politischen Kräften folgen, die ihnen Schaden zufügen. Die Dressur zum Gehorsam in der frühen Kindheit und die ein Leben lang wirksame „Identifikation mit dem Aggressor" verhindern die Entwicklung der Fähigkeit zu Mitgefühl und Solidarität– mit uns und anderen.

Von Götz Eisenberg.



Das „falsche Selbst" und die Wendung gegen das (eigene und fremde) Glück

„Unserem Glück auszuweichen haben wir alles unternommen."

(Vlado Kristl)

„Früh in der Kindheit", berichtet Theodor W. Adorno in seinem Buch Minima Moralia, „sah ich die ersten Schneeschaufler in dünnen schäbigen Kleidern. Auf meine Frage wurde mir geantwortet, das seien Männer ohne Arbeit, denen man diese Beschäftigung gäbe, damit sie sich ihr Brot verdienten. Recht geschieht ihnen, dass sie Schnee schaufeln müssen, rief ich wütend aus, um sogleich fassungslos zu weinen."

Der kleine Theodor reagiert zunächst ganz im Sinne der Erwachsenenwelt, deren Urteile und Vorurteile er sich zu eigen gemacht hat. Die Schneeschaufler trifft seine mitleidlose Wut. Dann aber kriegt er die Kurve und er beginnt zu weinen – aus Scham wegen seiner Anpassung und aus Mitleid mit den frierenden Menschen. Der kleine Junge schlägt sich auf die Seite der gequälten Männer, in deren Leiden er sich wiedererkennt.

Reif und erwachsen werden bedeutet für die meisten Kinder und Jugendlichen, sich die beschädigte Existenz des durchschnittlichen Erwachsenen zu eigen zu machen. Unter dem Druck elterlicher Strafandrohungen und Strafen identifiziert sich das Kind mit den Normen und Werten der Erwachsenen. Ein Kind kann ohne das Wohlwollen und die Zuwendung der Erwachsenen nicht existieren, zu groß ist seine Angst vor Liebesverlust und Verlassenheit. Arno Gruen beschreibt diesen Vorgang in seinem neuen Buch Wider den Gehorsam so: „Wenn ein Kind von demjenigen, der es schützen sollte, körperlich und/oder seelisch überwältigt wird und das Kind zu niemandem fliehen kann, wird es von Angst überwältigt. Eine Todesangst sucht das Kind heim. Es kann nicht damit leben, dass die Eltern sich von ihm zurückziehen. Ohne Echo für seine ihm eigene Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit kann ein Kind nicht überleben. Es übernimmt, um seine Verbindung aufrechtzuerhalten, die Erwartungen der Eltern. Auf diese Weise wird das seelische Sein eines Kindes in seiner autonomen Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit geradezu ausgelöscht." Das Kind unterwirft sich den elterlichen Erwartungen und wird – brav. Es lässt die Erwachsenen in sich wachsen, statt seines eigenen Selbst. Es kann nun ein Leben lang nicht aufhören, die Gefühle seiner Eltern anstelle seiner eigenen zu haben.

Sein Körper wird ihm zum Fremd-Körper, die eigenen Impulse werden ihm fremd, bis es sie schließlich als bedrohlich erlebt und abwehrt. Es entwickelt notgedrungen das, was der englische Psychoanalytiker D. W. Winnicott und nach ihm Alice Miller als „falsches Selbst" bezeichnet haben. Zu viele Bestandteile des Ich erweisen sich als Nicht-Ich, als fremd-entfremdende Introjekte, so dass der auf diese Weise herangewachsene Mensch zu keinem gelassenen Umgang mit dem Anderen finden kann und sich die Einfühlung in fremdes Elend versagt. Er verschließt sein Herz gegen Mitleid und andere weiche Regungen und macht sich zum Anwalt seiner Zerstörung. Der Konformismus, der sich auf der Basis einer „Identifikation mit dem Aggressor" entwickelt, ist mit Feindseligkeit und Bösartigkeit kontaminiert. Wo Ich-Einschränkung und Wunschvernichtung in früher Kindheit, in Schule und Beruf Verletzungen zufügten und Narben hinterließen, entwickelt sich panikartige Angst vor dem Anspruch auf Glück, auf Formen von Unabhängigkeit, den man in sich selbst unter Schmerzen begraben musste. Alles, was in der Außenwelt und bei anderen an aufgegebene eigene Glücksansprüche und Hoffnungen erinnert, wird abgelehnt, im Extremfall gehasst und verfolgt. No Pity for he Poor nennt der erwachsen gewordene Theodor W. Adorno die dem „autoritären Charakter" eigene Verhärtung gegen die Leiden der Armen und Erfolglosen, der auch er in der oben geschilderten Kindheitsepisode einen Augenblick lang Raum gegeben hatte.

Für einen Moment ist es in der Schwebe, auf welche Seite sich ein Mensch in seiner Entwicklung schlägt. Der privilegiert aufwachsende Adorno entscheidet sich für die eigenen Glücksansprüche und das Lebendige, die meisten anderen wählen unter äußerem Druck den Weg der Anpassung und der Assimilation ans Tote. "Der Weg des Faschismus ist der Weg des Maschinellen, Toten, Erstarrten, Hoffnungslosen. Der Weg des Lebendigen ist grundsätzlich anders, schwieriger, gefährlicher, ehrlicher und hoffnungsvoller", schrieb Wilhelm Reich in seiner Massenpsychologie des Faschismus. Schon Mitte des 16. Jahrhunderts hatte der eng mit Montaigne befreundete französische Jurist und Autor Etienne de la Boétie sich über die Tyrannenverehrung seiner Mitmenschen gewundert und sie „Freiwillige Knechtschaft" genannt: „Diesmal möchte ich nur erklären, wie es geschehen kann, dass so viele Menschen, so viele Dörfer, Städte und Völker manchesmal einen einzigen Tyrannen erdulden, der nicht mehr Macht hat, als sie ihm verleihen, der ihnen nur insoweit zu schaden vermag, als sie es zu dulden bereit sind, der ihnen nichts Übles zufügen könnte, wenn sie es nicht lieber erlitten, als sich ihm zu widersetzen."

Auch der junge Max Horkheimer macht in den 20er und frühen 30er Jahren des 20. Jahrhunderts die traurige Erfahrung, dass die Masse der Menschen sich mit ihren Unterdrückern identifiziert, statt sich mit denen zu solidarisieren, die sich gegen sie auflehnen. In seinem Buch Dämmerung schreibt er: „Auch dass die beherrschten Klassen, von den fortgeschrittensten Gruppen abgesehen, der Verlogenheit ihrer Vorbilder folgen, ist zwar schwer verständlich, aber doch hinreichend allgemein bekannt. Besteht doch die Abhängigkeit dieser Klassen nicht allein darin, dass man ihnen zu wenig zu essen gibt, sondern dass man sie in einem erbärmlichen geistigen und seelischen Zustand hält. Sie sind die Affen ihrer Gefängniswärter, beten die Symbole ihres Gefängnisses an und sind bereit, nicht etwa diese ihre Wärter zu überfallen, sondern den in Stücke zu reißen, der sie von ihnen befreien will." Genau das können wir im Moment erneut beobachten: Statt sich im Schicksal der Griechen wiederzuerkennen und zu rufen: „Wir sind alle Griechen!", identifiziert sich die Masse der Menschen in Nordeuropa mit denen, die den Griechen das Fell über die Ohren ziehen und sie ihrem Diktat unterwerfen wollen.

Lawrence Le Shan, der Pionier der psychologischen Krebsforschung, hat eine Methode entwickelt, um seine Patienten mit den abgewiesenen Teilen ihres Selbst in Berührung zu bringen. In ihrer ständigen Selbstzurückweisung und Selbstbestrafung erblickt er einen wesentlichen karzinogenen Faktor. Ständig hallen die Entwertungen und Verurteilungen der Eltern in den seelischen Innenräumen der Patienten nach, die sie häufig nicht nur akzeptiert, sondern sogar gutgeheißen haben. Gehorsam und loyal halten sie ihren Peinigern die Treue und geben sich selbst die Schuld.

Le Sahn schildert in seinem Buch Psychotherapie gegen den Krebs (Stuttgart 1982) eine Sequenz aus der Therapie mit Arlene.

„Ich bat sie, sich an einer Vorfall in ihrer Kindheit zu erinnern, bei dem sie ihrer Meinung nach höchst ungerecht behandelt worden und sehr gekränkt gewesen war. Sie erinnerte sich an ein solches Geschehen und konnte es sich in allen Einzelheiten ins Gedächtnis zurückrufen. Am Ende hatte sie allein in ihrem immer gelegen und geweint. Arlene konnte diese Szene ganz deutlich vor sich sehen und wusste sogar noch, welches Kleid sie an jenem Tag angehabt hatte. Nun bat ich sie, sich vorzustellen, dass wir hier im Sprechzimmer eine Zeitmaschine hätten. Sie sollte sich hineinbegeben und – die erwachsene Frau, die sie heute war – in jenes Zimmer und in jenen Augenblick ihrer Kindheit zurückreisen.

Le Shan: Jetzt betreten Sie – so wie Sie heute sind – das Zimmer, in dem die kleine Arlene weinend auf ihrem Bett liegt. Sie gehen hinein, und das Kind sieht zu Ihnen auf. Was tun Sie?

Arlene: Ich würde ihr eins draufgeben!!"

Das Erschrecken Arlenes über diese spontane Reaktion bildete den ersten Schritt in Richtung einer neuen Einstellung zu den zurückgewiesenen Teilen ihres Selbst.
Sozialpsychologisch gewendet bedeutet die Le Shan'sche Methode der Zeitmaschine: Der Weg zur Solidarität mit anderen führt über die Wiederentdeckung der Leiden des Kindes, das wir einmal waren und das wir auf dem Weg zum Erwachsenwerden zum Verschwinden und Verstummen bringen mussten. Die Dressur zum Gehorsam in der frühen Kindheit und die ein Leben lang wirksame Identifikation mit dem Aggressor verhindern die Entwicklung der Fähigkeit zu Erbarmen und Mitgefühl – mit uns und anderen.

Der Neoliberalismus fördert die zwischenmenschliche Verfeindung

„Zwei Jungen begegnen irgendwo in den amerikanischen Wäldern einem aggressiven Grizzlybären. Während der eine in Panik gerät, setzt sich der andere seelenruhig hin und zieht sich seine Turnschuhe an. Da sagt der in Panik Geratene: ‚Bist du verrückt? Niemals werden wir schneller laufen können als der Grizzlybär.' Und sein Freund entgegnet ihm: ‚Du hast Recht. Aber ich muss nur schneller laufen können als du.'"

(Robert Stern)

Es gibt gesellschaftliche Großwetterlagen, die im Sinne eines öffentlichen Klimas Haltungen wie die eben beschriebene treibhausmäßig fördern. Es macht einen nicht zu unterschätzenden Unterschied, ob man in einer Gesellschaft aufwächst und lebt, in der Schwachen und weniger Leistungsfähigen solidarisch beigesprungen und unter die Arme gegriffen wird, oder in einer, in der sie der Verelendung preisgegeben und als sogenannte Loser zu Objekten von Hohn und Spott werden. Unter günstigen lebensgeschichtlichen Bedingungen erworbene Fähigkeiten wie die, sich in andere einfühlen zu können und sich von ihrem Leid berühren zu lassen, bedürfen dauerhafter äußerer Stützung, sonst bilden sie sich zurück und zerfallen schließlich. Die Eigenschaften und Haltungen, die einen in der Konkurrenz weiterbringen: kalte Schonungs- und Skrupellosigkeit, Anpassungsbereitschaft, Wendigkeit, eine gewisse Gewieftheit etc. überwuchern diejenigen, die dem im Wege stehen und die man bislang als die eigentlich menschlichen angesehen hat. Der Andere, der Mitmensch, wird unter solchen Bedingungen zum feindlichen Konkurrenten, zum Überzähligen, schließlich zum Gegen- oder Nicht-Menschen, dem jede Einfühlung verweigert und Unterstützung aufgekündigt wird. Man gewöhnt sich daran, dass das Glück der einen mit dem Leid der anderen zusammen existiert: Glück ist, wenn der Pfeil den Nebenmann trifft. Jede Gesellschaft produziert ihr gemäße Charaktere, lebt von ihnen und reproduziert sich durch sie. Erich Fromm hat für die gemeinsame Charakter-Matrix einer Gruppe den Begriff „Gesellschafts-Charakter" geprägt.

Dabei geht er davon aus, dass der grundlegende Faktor bei der Bildung des „Gesellschafts-Charakters" die Lebenspraxis ist, wie sie durch die Produktionsweise und die sich daraus ergebende gesellschaftliche Schichtung zustande kommt. „Der Gesellschafts-Charakter ist jene besondere Struktur der psychischen Energie, die durch die jeweilige Gesellschaft so geformt wird, dass sie deren reibungslosem Funktionieren dient." Der seit den 1980er Jahren hegemonial gewordene Neoliberalismus hat den Sozialstaat geplündert und planiert. Er hat einen sozialen und moralischen Darwinismus etabliert, der den Kampf eines jeden gegen jeden ins Recht setzt, den Werten eines absolut asozialen Individualismus zum Durchbruch verholfen hat und das Gros der Bevölkerung dazu verurteilt, in einem Universum permanenter Verteidigung und Aggression zu leben. Wer Mitgefühl zeigt, droht aus dem Markt geworfen zu werden und einen sozialen Tod zu sterben. Insofern dürfen wir uns nicht wundern, dass die vom Sozialstaat propagierte Kultur des menschlichen Entgegenkommens und der Solidarität von einer Kultur der wechselseitigen Verfeindung und des Hasses abgelöst wird. Empathie und Mitgefühl befinden sich in den Gesellschaften des losgelassenen Marktes im freien Fall, weil sie von außen keine Stützung mehr erfahren, sondern mehr und mehr als Störfaktoren und Hindernisse im individuellen Fortkommen betrachtet werden.

Eine solidarische, egalitäre Gesellschaft – mit Freundlichkeit als vorherrschendem Kommunikationsstil – würde den Menschen nicht mehr so viel Bosheit einpressen, sondern Raum und Zeit für eigene Entwicklungen einräumen. Ihr Hauptaugenmerk gälte der Schaffung neuer verlässlicher Räume, in denen es Kindern möglich wäre, unter Bedingungen raum-zeitlicher Konstanz und leiblicher Anwesenheit ihrer Bezugspersonen ihre psychische Geburt zu vollenden und sich zu Menschen in einer menschlichen Gesellschaft zu entwickeln.

Eine Gesellschaft, die ihre soziale Integration und den zwischenmenschlichen Verkehr auf Formen solidarischer Kooperation gründet, statt auf der letztlich a-sozialen Vergesellschaftung durch Markt und Geld, wird auch andere psychische Strukturen und andere Formen der Vermittlung von Psychischem und Gesellschaftlichem hervorbringen, für die uns Heutigen die richtigen Begriffe fehlen. Allenfalls wird man sagen können, dass der individuelle Selbstwert einen ausgeprägten Bezug zur Gemeinschaft aufweisen würde, in der der Einzelne in echter Solidarität aufgehoben wäre. Unter solch utopischen Bedingungen aufgewachsenen Menschen würde weniger Bosheit eingepresst, so dass sie nicht mehr genötigt wären, diese im sozialen Vorurteil gegen Minderheiten zu richten. Sie könnten sich diesen einfühlsam und solidarisch zuwenden.




Freitag, 17. Juli 2015

Es gibt in Deutschland weder jetzt noch in naher Zukunft einen Fachkräftemangel! [Unsere 95. Thesen]

 
 
 
 
 

 
 

Unsere 95 Thesen
 
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52. Es gibt in Deutschland weder jetzt noch in naher Zukunft einen Fachkräftemangel!

Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 



--->>> ..... #wie #weit #sich #der #Staat #inzwischen #vom #Grundgesetz #entfernt #hat

 
Gelungener Auftakt zwischen Adlon und Brandenburger Tor
 
Von Diana Aman
 
[via scharf-links.de]
 
 

Am 15. Juli war Ralph Boes nach bereits 2 Wochen Hungern erstmals öffentlich am Pariser Platz anzutreffen. Im Geiste einer Kunstperformance sitzt Ralph Boes nun jeden Abend zwischen 19 – 22 Uhr an einem Tisch mit zwei Stühlen – bereit zum Gespräch. Der erste Tag war ein großer Erfolg. Viele Passanten  haben die Gelegenheit genutzt und ihre Fragen gestellt.

Das Adlon im Blick, das Brandenburger Tor im Rücken und rechts die Akademie der Künste, umringt von Schaulustigen, Unterstützern und Medien, auf dem Tisch eine stilvolle Wasserkaraffe, zwei Gläser und Ralph Boes mit seinem markanten roten Schal.

In diesem Ambiente kam es zu zahlreichen Gesprächen mit interessierten Bürgern, die von Ralph Boes erfahren konnten, warum er schon über zwei Wochen im Sanktionshunger ist und was das bedeutet.
Da das Jobcenter dem bewusst widerständigen Ralph Boes seit über 3 Jahren die Leistungen verweigert, zieht er die Konsequenzen. Das, was tausendfach hinter verschlossenen Türen geschieht, macht Ralph Boes öffentlich.

Er prangert die Kürzungspolitik des Sozialsystems an und hat nur durch Darlehen von Unterstützern überleben können. Nachdem das Sozialgericht Gotha, die durch Boes in Auftrag gegebene Richtervorlage, welche die Verfassungswidrigkeit der Sanktionen in SGBII belegt,  nach Karlsruhe weitergereicht hat, um den Sachverhalt durch das Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen, sieht Boes keine Legitimation mehr, Darlehen anzunehmen.


Er ist bereit sein Leben einzusetzen, um aufzuzeigen, wie weit sich der Staat inzwischen vom Grundgesetz entfernt hat.


Im Zuge der Aktion sollen auch verantwortliche Politiker und der ehemalige Geschäftsführer der Arbeitsagentur, Heinrich Alt, zum Gespräch an Ralph Boes' Tisch geladen werden.




Warum schweigen die Lämmer? - Demokratie, Psychologie und Empörungsmanagement. [via Nachdenkseiten]

 

Warum schweigen die Lämmer? – Demokratie, Psychologie und Empörungsmanagement.

 
[via Nachdenkseiten]
 
 

Hinter diesem Titel verbirgt sich der bemerkenswerte Vortrag des Kieler Psychologieprofessors Dr. Rainer Mausfeld. Es lohnt sich, diesen Vortrag anzuhören/anzuschauen, und es empfiehlt sich, Freunde, Nachbarn und Familie zur Diskussion einzuladen. Mausfeld nimmt uns, soweit noch vorhanden, die letzten Illusionen zum Zustand der Demokratie, zum Missbrauch unserer Sympathie für Demokratie und zur Gewalttätigkeit unserer westlichen „Werte"gemeinschaft. Desillusionierung schadet nicht. Außerdem: Der Vortrag ist aktuell – wegen Griechenland, wegen der spürbaren Bereitschaft zu militärischen Auseinandersetzungen, wegen der alltäglichen Gewalt. Wir bieten Ihnen nicht nur die Links zum Vortrag, auf die anschließende Diskussion und auf ein Interview mit Professor Mausfeld bei Phoenix – zum leichteren und nachhaltigen Umgang mit dem Vortrag bieten wir hier [PDF – 352 KB] http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/150715-zusammenfassung-warum-schweigen-die-laemmer-1_.pdf auch noch eine Zusammenfassung und Handreichung, die die NachDenkSeiten-Leserin S.H. dankenswerter Weise zusammengestellt hat. Albrecht Müller.

Legen Sie diesen Text neben den Bildschirm, wenn Sie sich den Vortrag anschauen, dann können Sie gleich anstreichen, was Ihnen als besonders wichtig erscheint. Und Sie können Fehlendes ergänzen. Deshalb ist am Ende dieser Einführung die Handreichung auch noch in Word angehängt. Hier finden Sie übrigens auch noch eine Datei mit Quellen [PDF – 385 KB] http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/150715-quellen-aus-zum-vortrag%E2%80%93warum-schweigen-die-laemmer-1.pdf aus und zu dem Vortrag, ebenfalls zusammengestellt von unserer NachDenkSeiten-Leserin.

Professor Mausfeld benutzt viele Fremdwörter. Das sollte Sie nicht allzu sehr schrecken. Sie werden im Gesamtkontext verständlich. Das Verständnis wird dadurch erleichtert, dass immer wieder Belege, Zitate, Erläuterungen eingeblendet werden.

Der Vortragende bringt nicht nur Neues. Vielen Leserinnen und Lesern der NachDenkSeiten ist vieles geläufig. Es geht bei ihm zum Beispiel auch um Methoden der Meinungsmache, denen bei uns eine Serie von Beiträgen gewidmet ist. Als Autor des Buches „Meinungsmache. Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wollen" traf ich beim Hören des Vortrages ohnehin auf viel Bekanntes. Aber das muss nicht stören.

Diskussion im kleinen Kreis

Der Vortrag dauert über 1 Stunde. Sie müssen sich also ein bisschen Zeit nehmen. Aber es lohnt sich. Und nutzen Sie, wie oben schon erwähnt, diesen Vortrag zur Einladung an Ihren Freundeskreis. Eine andere Leserin der NachDenkSeiten machte gestern gerade drastisch darauf aufmerksam, wie angepasst und unkritisch das deutsche Bildungsbürgertum mit den aktuellen Ereignissen und der täglichen Manipulation umgeht, so zumindest ihre Erfahrung, der ich nicht widersprechen konnte.

Sie können mit Ihrer Einladung an Ihren Freundeskreis neben her auch noch für die Nutzung der NachDenkSeiten werben. Wie Sie wissen, sind die NachDenkSeiten auf dieses Weitersagen angewiesen.

Kurze Inhaltsangabe

Zum Inhalt des Vortrags zitiere ich aus der Zusammenfassung von Maskenfall: http://www.maskenfall.de/?p=9017#more-9017

„Seit der Antike wird betont, daß Demokratie nur in dem Maße funktionieren könne, wie es gelinge, der Bevölkerung die politische Rolle eines bloßen Zuschauers zuzuweisen. Da die Masse ‚irrational' sei, bedürfe die Demokratie einer Lenkung durch eine Elite ‚verantwortlicher Führer'. Dieser Elite komme die Aufgabe zu, die ‚irrationale Herde' zu leiten, ihr Schweigen zu deuten und im Sinne eines Erhalts der jeweils herrschenden Ordnung zu lenken. Folglich sei ‚Stabilität' in einer Demokratie nur mit Hilfe geeigneter Techniken zur Lenkung der öffentlichen Meinung zu gewährleisten. 

Staaten können mit Billigung und Unterstützung der Mehrzahl ihrer Bürger schlimmste Greueltaten – wie Folter, gezielte Tötungen und Völkermord – begehen. Daher stellt sich die Frage, warum dies in Demokratien nicht zu Empörungsreaktionen mit politischen Konsequenzen führt. Denn wir verfügen über ein natürliches moralisches Empfinden, so daß sich ein ‚Schweigen der Mehrheit' nur in dem Maße erreichen läßt, wie sich derartige Verbrechen moralisch unsichtbar machen lassen. Am Beispiel einiger unstrittiger und gut dokumentierter Fakten werden Techniken und Strategien aufgezeigt, wie sich schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen für die Bevölkerung moralisch unsichtbar machen lassen und wie sich die aus Sicht der jeweils herrschenden Eliten gewünschte politische und moralische Apathie der Bevölkerung erreichen läßt."

Anhang:

Zusammenfassung und Handreichung des Vortrags von Professor Mausfeld durch eine Leserin der NachDenkSeiten:

Warum schweigen die Lämmer? – Demokratie, Psychologie und Empörungsmanagement.
Techniken des Meinungs- und Empörungsmanagements
Vortrag an der Christian Albrechts Universität Kiel, am 22.06.2015:
Prof. Dr. Rainer Mausfeld

Worum es geht bei diesem Thema:

Wie identifiziert man stillschweigende Prämissen in der Begrifflichkeit, mit der man ein Phänomenbereich konzeptualisiert?

Wir wollen versuchen, stillschweigende Prämissen in der Art von Begrifflichkeit zu identifizieren, mit der wir politische Phänomene konzeptualisieren.

Wie kann man Sinn- bzw. Bedeutungszusammenhänge durch Fragmentierung unsichtbar machen?

  • Wer will Sachverhalte unsichtbar machen?
  • Wer macht Sachverhalte für wen unsichtbar?

Menschenbild und Regierungsform

  • Thukydides (454-399 v.u.Z.)

Das Paradoxon der Demokratie

  • Aristoteles (384-322 v.u.Z.)
  • James Madison (1751-1836; von 1809-1817 vierter Präsident der USA, einer der Gründerväter der US-amerikanischen Verfassung)
    • gleicher Grundgedanke: Die Minorität der Reichen muss vor der Majorität der Armen geschützt werden
    • Lösungsvorschlag von Madison: „repräsentative Demokratie", durch die sich geeignete oligarchische Strukturen zur Sicherung der Eigeninteressen der „minority of the opulent" etablieren lassen

‚Demokratie' als „notwendige Illusion"

Westliche Demokratien sind tatsächlich Oligarchien

  • USA (Samuel Huntington/1975, Washington Times/2014, Arndt Oetker/2002, Süddeutsche Zeitung/2015, Martin Gilens u. Benjamin I. Page/2014)
  • Europa => Das neoliberale Programm ist nicht mehr demokratisch abwählbar(The Wall Street Journal/2013)

Neoliberalismus und Demokratie sind miteinander unverträglich (Milton Friedman/1990, Demokratie als Geschäftsrisiko für multinationale Konzerne)

Ideal einer „spectator democracy" (Zuschauer-Demokratie/Illusion von Demokratie => Trilaterale Kommission/1975)

  • notwendige Voraussetzung: eine weitgehend entpolitisierte und von Apathie und Zynismus befallene Bevölkerung
  • geeignete Techniken: Apathie-Induktion (durch Sorgen um finanziellen Lebensunterhalt, Ängste/‚fear-mongering', Konsumismus, Techniken des Meinungsmanagements, Techniken des Empörungsmanagements)

„It is therefore, on opinion only that government is founded." David Hume
Demokratie und Meinungsmanagement

  • Harold D. Lasswell (1902-1978)
  • Edward L. Bernays (1891-1995), Propaganda/1928, (1949 von der American Psychologial Association für seine Beiträge zur Entwicklung von Techniken der Meinungsmanipulation geehrt)
  • Meinungsmanagement durch Herstellen einer Illusion der Informiertheit => Paul F. Lazarsfeld (1901-1976) => Massenmedien als soziale Narkotika
  • affektive Techniken des Meinungsmanagements ‚narcotics'
  • affektive Techniken des Meinungsmanagements ‚fear-mongering' => Fearmongering has played an importand role in U.S. foreign policy over the past seventy years" => John J. Mearsheimer => laut Mausfeld einer der renommiertesten US-amerikanischen Politologen
  • kognitive Techniken des Meinungsmanagements: wichtiger als die affektive Steuerung sind natürlich Meinungen => Meinungen sind stabiler als Affekte, also hat man Techniken entwickelt, wie man Meinungen in geeigneter Weise Steuern kann:
    • deklariere Fakten als Meinungen
    • fragmentiere die Darstellung eigentlich zusammenhängender Fakten dergestalt, dass der Sinnzusammenhang (z.B. geschichtliche Kontinuität) verlorengeht
    • dekontextualisiere Fakten: dadurch werden Fakten aus dem Zusammenhang gerissen, der allein ihr Verständnis erlaubt und werden zu isolierten „Einzelfällen" ohne moralische und politische Implikationen
    • rekontextualisiere Fakten: dadurch werden Fakten in einen fremden Sinnzusammenhang eingebettet, der sie als etwas anderes erscheinen lässt, als das, was sie tatsächlich sind, so dass z.B. Folter und schwere Menschenrechtsverletzungen ihre natürliche Empörungsfunktion verlieren
  • Meinungsmanagement „Psychologik" sozialer Urteilsbildung
    • eine ganze Reihe von psychologischen Studien zeigen: je öfter eine Aussage wiederholt wird, umso höher ist der gefühlte Wahrheitsgehalt, selbst dann, wenn sie vorher vom Experimentator als falsch deklariert wurde! Beispiele: „die reformunfähigen und -unwilligen Griechen" bis hin in Zusammenhang mit der Krim die Bezeichnung „Annexion".
    • je weniger wir uns in einem Bereich auskennen, um so stärker neigen wir dazu, alle angetroffenen Meinungen als gleichberechtigt anzusehen (Wahrheit liege irgendwo in der Mitte, wir meiden das als „extrem" Bewertete => ganz wichtige Technik im politischen Geschäft, das zulässige, verantwortbare Spektrum zu definieren)

Selbsteinschätzung-Verhaltens-Paradox

  • Nationen können mit Billigung und Unterstützung der Mehrzahl ihrer Bürger schlimmste Greueltaten – wie Folter, Massenmorde und Völkermord – begehen und dennoch davon überzeugt sein, dass ihre Taten moralisch nicht verwerflich seien

Wie lassen sich „politisch nachteilige" Fakten moralisch unsichtbar machen?

  • kleine Fakten unsichtbar machen
    • strukturelle Gewalt durch westliche Finanzorganisationen ist weitgehend „kognitiv unsichtbar" (Beispiel: Weltbank verletzt Menschrechte weltweit)
    • Schwere Menschenrechtsverletzungen lassen sich „kognitiv unsichtbar" machen. Deutschland duldet Folter, wenn dies politisch opportun ist
  • große Fakten unsichtbar machen: Wie viel Zivilisten sind seit dem Zweiten Weltkrieg von den USA getötet worden?
    • US-Interventionen: Bombardierungen von Ländern seit 1945, verdeckte Umsturzaktionen (Listen aus Wikipedia) => Fakten „unsichtbar" machen durch eine Re-Kontextualisierung wie Behauptung „humanitäre Interventionen", „Kampf für Demokratie und Freiheit" => alles gut dokumentiert => allein 4 Millionen tote Muslime seit 1990 => Quellenangaben
    • Zivile Opfer durch US-Angriffe auf andere Staaten, „the worlds greatest force for peace and freedom, for democracy and security and prosperity":
      • 10 bis15 Millionen tote Zivilisten direkt durch die USA während der Kriege in Korea, Vietnam und der beiden Irak-Kriege
      • 9 bis14 Millionen tote Zivilisten durch Erfüllungsgehilfen der USA in Afghanistan, Angola, Kongo, Ost-Timor, Guatemala, Indonesien, Pakistan, Sudan => insgesamt: 20 bis 30 Millionen Menschen!
  • Wie kann es eigentlich gelingen, solche monströsen Dimensionen für die Bevölkerung praktisch vollständig unsichtbar zu machen?
    • Wessen Leben zählt? Elimination „unserer" Verbrechen aus dem öffentlichen Gedächtnis
    • Martin Luther King, New York, April1967: The United States is „the greatest purveyor of violence in the world today"
    • Nelson Mandela, Johannisburg 2003: „If there is a country that has committed unspeakable atrocities in the world, it is the United States of America. They don't care for human beings."
    • Die Fakten sind bekannt, sie sind aber nicht sichtbar! Wenn sie nicht sichtbar sind, können sie auch nicht das natürliche moralische Empörungsvermögen der Bevölkerung aktivieren! => Zu diesem Zweck wurden Kontrolltechniken entwickelt.
    • „Der gefährlichste Feind der Regierung ist die öffentliche Meinung": Nicht die Anzahl der Toten ist das Schreckliche, sondern die Wahrnehmung dieser Toten in der Bevölkerung, das ist das Gefährliche. => Beispiel Vietnamkrieg

„Taking the risk out of democracy" => Meinungs- und Empörungsmanagement

  • Meinungsmanagement:
    • Selektion, Distraktion und Aufmerksamkeitsmanagement
    • Fakten als Meinung deklarieren
    • De- Kontextualisierung und Fragmentierung von Fakten
    • Re-Kontextualisierung von Fakten
    • = „normale" Funktionsweise der Massenmedien
  • Empörungsmanagement:
    • Empörungsreaktionen gegen eigene oder befreundete Regierungen: => eindämmen => „Aufstandsbekämpfung"
    • Empörungsreaktion gegen unerwünschte Regierungen, wo ein Regime Change angestrebt wird: => anfachen => Aufstandsorganisation

      Empörungsmanagement „Aufstandsbekämpfung":

      • militärische Einsätze unterhalb der Kriegsschwelle => ist mittlerweile der größte und wichtigste Bereich von Interventionen, der die klassische Kriegsführung bei weitem übertroffen hat. Techniken: Drohnen, Kill/Capture, Show of Force Operations, Tötung von Führungspersonen, Abschreckung, Information Operations => Jeremy Scahill, Dirty Wars: The World Is a Battlefield (2013)
    • Was ist Terrorismus? Laut einer offiziellen militärischen Definition: nicht legitimierte Gewalt, um die Bevölkerung in Schrecken zu versetzen, um ideologische und politische Ziele zu erreichen. => die oben genannten Techniken/Aktionen erfüllen also die offizielle Definition von Terrorismus, heißen aber „Counterterrorism" = Antiterrorismus => Der einzige Unterschied ist, ob wir oder unsere „Feinde" sie einsetzen. WICHTIG: Hier müssen die impliziten Prämissen unserer Begrifflichkeiten untersucht werden, um zu fragen, welche Art von Vorannahmen stecken dahinter?
    • Was ist Aufstandsbekämpfung? Was sind Aufständische? => Welche impliziten Prämissen bzw. Vorannahmen stecken in diesen Begriffen? => Aufständische sind immer diejenigen, die aus Sicht der Regierung bzw. einer befreundeten Regierung gegen etwas kämpfen.
    • Was sind Freiheitskämpfer? Diejenigen, die gegen eine verfeindete Regierung kämpfen. = implizite Prämisse bzw. Vorannahme
  • Das Wort „Aufstandsbekämpfung" ist ähnlich wie das Wort „Terrorismus" ein zutiefst ideologisch getränkter Begriff!
  • Die Erforschung von Möglichkeiten der Aufstandsbekämpfung ist also ein ideologisches Unterfangen, vor allen Dingen wenn es im Kontext von Intention und Erfolg der Sicherung hegemonialer Interessen, etwa der NATO, dient!
  • blutigere Formen der Aufstandsbekämpfung werden von speziellen Einheiten übernommen, unterliegen keiner politischen Kontrolle: u.a. durch CIA, JSOC (Joint Special Operations Command) => Bericht über diese Aufstandsbekämpfung in der NYT, 7. Juni 2015: Schlachtfest an Zivilisten
    „SEAL Team 6: A Secret History of Quiet Killings and Blurred Lines. The unit best known for killing Osama bin Laden has been converted into a global manhunting machine with limited outside oversight."
  • Unsichtbarmachen von geschichtlicher Kontinuität:
    • lange Tradition: auch im Vietnamkrieg gab es solche Spezialeinheiten, die ausschließlich dazu dienten, Zivilisten zu metzeln => Tiger Force => Übersetzung eines 4-teiligen US-Reports in Spiegel-Online, 16.04.2004, Wikipedia-Artikel => wird dort alles beschrieben => niemand ist bisher zur Rechenschaft gezogen worden
  • Wichtig: Keine Einzelfälle!, auch wenn sie immer wieder so dargestellt worden sind. (Fragmentierung) => Wir wissen heute aus freigegebenen Dokumenten, dass der damalige General William Westmoreland (= Oberbefehlshaber der US-Truppen im Vietnamkrieg 1964-1968) seine Einheit explizit dazu ermuntert hat, solche Schlachtfeste zu betreiben.

Empörungsmanagement „extern" => Aufstandsorganisation:

=> in feindlichen Staaten nennen wir das „democracy promotion" => finanzielle Unterstützung durch NGO's für „Demokratie" und „Menschenrechte", z.B.:

  • National Endowment for Democracy
  • Freedom House
  • National Democratic Institute
  • Soros Foundation (= George Soros)
  • Open Society Institute (= George Soros)
  • Organisation „sanfter Revolutionen/Farbrevolutionen" durch NGO's im Dienste eines „Systemwechsels"
  • ehemalige verdeckte Aufgaben der CIA wurden hierdurch privatisiert
  • Artikel in Spiegel-Online, bezogen auf die Ukraine, über „Robert Helvey: Der Umsturzhelfer", 21.11.2005 (Helvey, ehemaliger CIA-Agent, der Handbücher für bunte Revolutionen geschrieben hat).
  • Artikel in Spiegel 46+47/2005, Spiegel-Online: Die Revolutions GmbH (I+II): „Der Mann vom US-Militärgeheimdienst bittet die Revolutionäre zum Lehrgang ins Hilton." „In Kiew wird kofferweise Bargeld aus den USA angeliefert – Hilfe für die Opposition."

    => Diese Informationen bleiben durch Fragmentierung für uns unsichtbar!

  • Privatisierung des Empörungsmanagements. „Wir verkaufen Realität"
    • große Konzerne: Hill & Knowlton, Burson & Marsteller; Artikel in Spiegel-Online: „‚Wir unterstützen Journalisten'. PR-Altmeister Harold Burson, 85, über Propaganda und die Arbeit seiner Agentur für Diktaturen", 31.7.2006, „mindestens 40 Prozent der Informationen einer Tageszeitung stammen bereits von PR-Agenturen"
    • Astroturfing" => Vortäuschung einer spontanen Graswurzelbewegung vieler verschiedener geographisch getrennter Einzelpersonen, die zentral gesteuert wird => die Bevölkerung hat immer den Eindruck, es handelt sich um eine Bewegung, die von unten getragen ist. (Artikel in Wikipedia)

      => Bursen-Marsteller => wirbt damit, dass sie die führende Graswurzelbewegung der Welt sind => man kann eine Graswurzelbewegung kaufen!

    Wie kann man die Bevölkerung täuschen? => The Science of Deception American Psychological Association (APA) im Dienste der CIA

    • The Official C.I.A. Manual of Trickery and Deception
    • APA Works with CIA and RAND to Hold Science of Deception Workshop => wie kann die neueste Forschung der Psychologie nutzbar gemacht werden, um die Bevölkerung zu täuschen?
    • The Art of Deception => Manual des britischen Geheimdienstes GCHQ (Government Communications Headquarters) => Sammlung von Techniken mit dem Ziel, Menschen so zu täuschen, dass sie es gar nicht mitkriegen, dass sie getäuscht werden.
    • Artikel darüber in The Intercept, von Glenn Greenwald: How Covert Agents Infiltrate the Internet to Manipulate, Deceive, and Destroy Reputations, 25.2.2014
    • Wie lassen sich Fakten kognitiv und affektiv „unsichtbar" machen? => Beiträge der Psychologie => Hochkarätige psychologische Forschung, die hier genutzt wird. => Wichtig: Selbst wenn wir wissen, wie diese Techniken funktionieren, sind wir nicht gegen sie gefeit! Diese Dinge laufen unbewusst, unsichtbar für uns selbst ab, wir schaffen es nicht, ihnen zu entgehen. => Wir dürfen uns also nicht einbilden, dass wir, nur weil wir diese Dinge jetzt wissen, dagegen gewappnet sind.
    • Aber wir können uns schützen! Wie? => Wir müssen die Mechanismen aufdecken. Nur wenn wir uns bewusst sind, dass wir in einem Manipulationskontext sind und diesen Kontext aktiv vermeiden, haben wir eine Chance, uns zu schützen. Nur wenn wir bereit sind, Dinge zu hinterfragen: SAPERE AUDE! => Wage es, zu erkennen! => Das ist keine leichte Aufgabe, aber eine andere Wahl haben wir nicht. Die Entscheidung liegt bei uns.




Dienstag, 14. Juli 2015

"Über die Gewinne der Kapitaleigner wird nie diskutiert, die Erträge der Vermögenden sind tabu." [Ulrike Herrmann]

 
 
 

 
 
 
 
 
 

"Über die Gewinne der Kapitaleigner wird nie diskutiert, die Erträge der Vermögenden sind tabu. (...)" (S. 96)
 
[Ulrike Herrmann - Hurra, wir dürfen zahlen (2010)]
 
 

14. #Armut #entsteht #durch #Ausbeutung - damit #Reiche #reich sein können, #müssen #Arme #arm #bleiben!

 

 
 

Unsere 95 Thesen
 
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14. Armut entsteht durch Ausbeutung – damit Reiche reich sein können, müssen Arme arm bleiben!
 

Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 
 



vertiefend -->> Die #Irreführung über #Wirtschaftspolitik #fängt schon in den #Schulen #an [nennt man genial innovativ medial...]

 

 

 

 
global news 2798 15-11-12:
 
Die Irreführung über Wirtschaftspolitik fängt schon in den Schulen an
 
[via jjahnke.net]
 
 

Das Infoportal hat eine Menge von Lehrern unter seinen Besuchern. Einige haben mir gegenüber beklagt, daß das Unterrichtsmaterial für den Sozialkundeunterricht nicht besonders geeignet ist. Da hat nun der Bundeswirtschaftsminister die Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT gegründet. Eine Jury, bestehend aus Vertretern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, aus Schule und Wirtschaft sowie dem Verband Bildungsmedien, ermittelte die Preisträger. Wahrscheinlich haben hier der Bundeswirtschaftsminister mit seinen Mitarbeitern und die Vertreter der Wirtschaft das Sagen. Arbeitnehmervertreter scheinen jedenfalls unerwünscht zu sein. Dagegen hat die Arbeitsgemeinschaft so qualifizierte Partner, wie Bertelsmann Stiftung, Deutsche Kreditbank AG, McDonald's, Stiftung der Deutschen Wirtschaft und Siemens. Heute wurden nun erstmals Verlage und Schulbuchautoren mit dem Preis "Schulbuch des Jahres - ökonomische Bildung" ausgezeichnet. In der Kategorie "Sekundarstufe II Allgemeinbildende Schule" gewann der C.C. Buchners Verlag mit dem Titel "Grundlagen der Volkswirtschaft" den Preis.

Ich habe in dem gepriesenen Schulbuch nachgeschlagen, soweit es über die Internetseite des Verlags zugänglich ist. Erschreckend ist vor allem, wie schwarz-weiß die Wirtschaftsordnung dargestellt wird:

"Eine Gesellschaft, in der die Produktionsmittel Privaten gehören, bezeichnet man als kapitalistisches Wirtschaftssystem. Eine Gesellschaft, in der die Produktionsmittel Gemeineigentum sind, nennt man ein sozialistisches Wirtschaftssystem."

Da gibt es dann nur die Gegensatzpaare: Privateigentum oder Staatseigentum (zur Eigentumsform), Gewinnprinzip oder Planerfüllungsprinzip (zur Unternehmensform), Preisbildung auf Märkten oder Preisbildung durch staatliche Preisfestsetzung, Planungs- und Lenkungsform durch zentrale Herrschaft oder dezentrale Selbstkoordination. Sollen die Schüler wirklich glauben, daß dies heute noch die Alternativen auch unserer Wirtschaftsordnung sind? Hier taucht nicht einmal die Soziale Marktwirtschaft mit der sozialen Bindung des Eigentums auf (siehe Abb.).

Beim Thema Währungspolitik und EZB wird es brisant. Da sollen die Schüler nachdenken:

"Kann sie (die EZB) mit ihrer klassischen Geldpolitik einen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten, oder sind die Währungshüter zu einer strategischen Neuausrichtung gezwungen, ohne daß sie vom heiligen Prinzip ihrer Unabhängigkeit von politischer Einflußnahme abrücken?".

Hier wird also suggeriert, die EZB könne für die Eurorettung zu einer neuen strategischen Ausrichtung finden, ohne ihre Unabhängigkeit zu verlieren, obwohl sie die längst verloren hat. Unter den Aufgaben des Unterrichts heißt es dann angeblich ergebnisoffen:

"Befürworten Sie eine Rückkehr zur DM? Begründen Sie Ihre Meinung; erstellen Sie in Ihrem Kurs ein Meinungsbild zur Abschaffung des Euro. Halten Sie das Ergebnis fest und überprüfen Sie es am Ende der Unterrichtseinheit zur Geld- und Währungspolitik."

Doch das erwartete Ergebnis der Überprüfung kann man sich leicht vorstellen.

Zur Staatsverschuldung kommt die Financial Times Deutschland zu Wort:

"Eine höchst profitable Investition in die Zukunft nicht zu tätigen, bloß weil man dafür (billigen) Kredit aufnehmen müsste, ist betriebswirtschaftlich wie volkswirtschaftlich Unfug. In den USA haben sogar die Bürger diese Logik verinnerlicht. Dort ist es ganz normal, für das Hochschulstudium hohe Kredite aufzunehmen - weil sich die Bildung später auszahlt."

Sollen die deutschen Schüler darauf vorbereitet werden, wie in USA ihr Hochschulstudium qua Kredit zu finanzieren?



#Tafelfraß ist Fraß vom #Schweinetrog, deshalb stellen wir uns #gegen die #Vertafelung #der #Gesellschaft! [95.Thesen]

 
 
 
 
Unsere 95 Thesen
 
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23. Tafelfraß ist Fraß vom Schweinetrog,
deshalb stellen wir uns gegen die Vertafelung der Gesellschaft!

Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 

Donnerstag, 9. Juli 2015

Die #Verachtung für die #Unterschicht wachse sogar, je stärker der eigene ökonomische Status bedroht werde.

 
 
 

 

Die Verachtung für die Unterschicht wachse sogar, je stärker der eigene ökonomische Status bedroht werde.

 
 
[Ulrike Herrmann - Hurra, wir dürfen zahlen - DER SELBSTBETRUG DER MITTELSCHICHT (2010)]
 


#Mobbing, #Sabotage, #Kündigung - #Betriebsräte im #Visier der #Arbeitgeber am 20.07. um 22:50 Uhr im #Ersten

 

TV-Tipp: Mobbing, Sabotage, Kündigung

| die story ARD

von redaktion01
 
[via arbeitsunrecht.de]
 
 
http://arbeitsunrecht.de/tv-tipp-mobbing-sabotage-kuendigung_betriebsraete-im-visier/
 
 

Betriebsräte im Visier der Arbeitgeber: UPS, Götz-Brot, Haticon

Am Montag, 20. Juli 2015 um 22:50 läuft im Ersten ein Film, den Frank Gutermuth und Wolfgang Schoen für den WDR produziert haben.
 

An drei eklatanten Beispielen von Betriebsratsverhinderung zeigt das TV-Feature eine Systematik auf, die in Deutschland inzwischen flächendeckend nachweisbar ist. Unternehmer gehen mit Hilfe von Union Busting-Anwälten und deren schmutzigen Zermürbungstaktiken gegen Betriebsräte vor.

Es stellt sich die Frage, warum Staatsanwaltschaften und Gesetzgeber nichts unternehmen, um Betriebsratsgremien und deren Mitglieder vor gezielten Rechtsbrüchen zu schützen. Sind illegale Handlungen von Unternehmern gegen Beschäftigte in Deutschland bloß Kavaliersdelikte?

Wir dokumentieren den offiziellen Pressetext:

Das Erste, Montag, 20. Juli 2015, 22.50 – 23.35 Uhr

Die Story im Ersten
Mobbing, Sabotage, Kündigung –
Betriebsräte im Visier der Arbeitgeber


Ein Film von Frank Gutermuth und Wolfgang Schoen. Fachliche Beratung: Elmar Wigand

Pinnow in der Uckermark. Heike B., ehemals Sicherheitsingenieurin bei Haticon, einem Unternehmen für Solartechnik, ist auf dem Weg zu einem Privatdetektiv. Der hatte sie ausspioniert im Auftrag ihres ehemaligen Arbeitgebers. Warum? Weil sie sich als Betriebsrätin bei Haticon engagieren wollte. Nun will sie wissen, welche Daten er über sie gesammelt hat. Ob er Fotos von ihren Kindern gemacht hat. Wie tief er in ihr Privatleben eingedrungen ist. Heike Becker ist nur ein Beispiel für das, was Menschen drohen kann, die Betriebsräte sind oder werden wollen.

 „Die Unternehmer haben sich einen Raum geschaffen, in dem sie sanktions- und straflos agieren können", konstatiert Werner Rügemer, Autor einer jüngst veröffentlichten Studie zum Thema. Und diese Studie zeigt: Angriffe auf Betriebsräte sind keine Einzelfälle, sondern ein längst praktiziertes System. Eine ganze Branche professioneller Dienstleister aus PR-Agenturen, Wirtschaftsdetekteien und Anwaltskanzleien ist entstanden, um gegen Betriebsräte vorzugehen, oder sie aus dem Unternehmen zu drängen.

Das Betriebsverfassungsgesetz gibt es seit 1952. Exakt wird hier festgelegt, wann und wie das Recht auf einen frei gewählten Betriebsrat besteht. Doch das Gesetz ist häufig nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt ist. „Also nach unserer Erfahrung ist es so, dass dieser Straftatbestand der Be- und Verhinderung von Betriebsräten der Straftatbestand in der Bundesrepublik Deutschland ist, der am allerwenigsten überhaupt verfolgt wird" so Werner Rügemer.

Das hat auch Torben A. am eigenen Leib erfahren. Er gründet mithilfe der Gewerkschaft NGG im mittelständischen Unternehmen Götz Brot eine eigene Liste zur Betriebsratswahl. Aber in Waldbüttelbrunn bei Würzburg sind Gewerkschaftsvertreter im Betriebsrat nicht willkommen. Das wird Ackermann am eigenen Leib erfahren und am Ende gehen müssen.

Die Justiz, so zeigen die Recherchen, verfolgt diese Straftatbestände oft nur halbherzig. Meist werden Ermittlungen nach Zahlung geringer Geldbeträge eingestellt. Auch die Gewerkschaften haben darauf bislang keine angemessene Antwort: „Man hat natürlich eine Politik des Ausgleichs, der Nicht-Konfrontation, der Verständigung mit der Arbeitgeberseite. In vieler Hinsicht ist die Gewerkschaft eine Lobbyorganisation geworden", sagt der Arbeitsrechtsexperte Prof. Wolfgang Däubler. Und die Politik? Sieht keinen Handlungsbedarf.

Für die betroffenen Betriebsräte allerdings steht häufig ihre Existenz auf dem Spiel, viele werden krank unter diesem Druck. Denn zimperlich sind die Methoden nicht, die zur Verhinderung von Betriebsräten dienen: Mobbing, Rufmord, Ausspähung des Privatlebens, Verleumdungen, Lügen, falsche Abmahnungen, erfundene Kündigungsgründe, unrechtmäßige Kündigungen.

 Heike B. ist an ihrer Betriebsratstätigkeit fast zerbrochen. Sie verlor ihren Job, ihre Reputation und zeitweise auch ihre Gesundheit. „Die Gedankenschleifen sind nicht mehr weg gegangen, ich habe die ganze Zeit nachdenken müssen über das, was die mir antun." Dabei musste die Alleinerziehende mit ihrem Job ihre Eltern und ihre beiden Kinder ernähren. Ihre Söhne sagen heute, der Einsatz ihrer Mutter für andere Menschen wurde bestraft.

Mobbing, Sabotage und Kündigung von drei Betriebsräten werden in der Dokumentation „Die Story im Ersten" stellvertretend für viele erzählt. Die Politik hat das mit zu verantworten. Denn flexiblere Arbeitsverhältnisse erschweren die betriebliche Mitbestimmung. Diese aber ist ein hohes Gut. Solange sich diese Missstände nicht ändern, werden Unternehmen auch in Zukunft gegen Betriebsräte vorgehen. Mit allen Mitteln.




#Griechenland: Auch hier eine #Politik #auf dem #Rücken #der #Armen und #kleinen #Leute [via jjahnke.net]

 
global news 3331 08-07-15:
 
Griechenland: Auch hier eine Politik auf dem Rücken der Armen und kleinen Leute
 
[via jjahnke.net]
 
 

Es war immer schon so, zuletzt in der Weltkreditkrise im globalen Rahmen und nun in Griechenland: Es sind die Armen und ohnehin Benachteiligten, die am Meisten leiden müssen. In Griechenland haben sie schon vor der Krise gelitten und leiden nun umso mehr. 1995 vor Euro-Eintritt lag die Armutsquote bei hohen 22 %, zwischen 2000 und 2010 bei durchschnittlich 20,1 % und jetzt wieder bei 23,1 %. Fast immer war Griechenland mit seiner Armut in Europa führend (Abb. 18843).

In Griechenland ist die soziale Verteilung besonders obszön. Bei der Einkommensverteilung zwischen dem obersten und dem untersten Fünftel lag das Land fast immer an oder in der Nähe der europäischen Spitze (Abb. 18868).
Entgegen von interessierter Seite gern verbreiteter Ansicht ist Griechenland also nicht erst seit den Rettungsprogrammen das Armenhaus Europas. Doch richtig schlimm für die Armen ist es erst jetzt geworden und droht es noch zu werden. Die Renten und selbst kleinen Ersparnisse werden nicht mehr voll ausgezahlt und selbst die medizinische Betreuung leidet Not. Mehr als ein Viertel aller Griechen hat keine Krankenversicherung.

Dagegen konnten die Vermögenden Tag für Tag viele Wochen lang ihr Geld unbehindert und in voller Höhe außer Landes (und auch jenseits des Steuerzugriffs) oder ins Schließfach tragen. Seit der Ankündigung der Neuwahlen im November letzten Jahres sind allein bis Mai 2015 rund 40 Mrd. Euro von den Konten abgezogen worden, seit 2010 schon 100 Mrd. Euro (die erheblichen Beträge für Juni 2015 sind noch unbekannt, Abb. 18867). Bis heute dürfte das fast so viel sein, wie alle griechischen Haushalte in einem Jahr ausgeben (124 Mrd. Euro).

Die auch von der EZB bereits seit einiger Zeit angemahnten Kapitalverkehrskontrollen wurden von Tsipras bewußt verschleppt und erst eingeführt, als für die Rentner und kleinen Sparer kaum noch Geld in den Banken war. Im Kampf um das Referendum wurde von Syriza nicht einmal die Verantwortung für diese längst überfällige und seinerzeit in Zypern sofort durchgezogene Maßnahme akzeptiert sondern den Europartnern in die Schuhe geschoben.

Da die Banken schon seit längerer Zeit nicht mehr von wohlhabenden privaten Anlegern mit Geld versorgt wurden, kann man diese - anders als in Zypern - nun nicht an unvermeidbaren Bankpleiten beteiligen. Deswegen kursieren, wenn auch amtlich bestrittene Gerüchte, daß man bei der Abwicklung von Pleitebanken selbst an die Kundenkonten der kleinen Leute gehen müsse, vielleicht schon ab 8.000 Euro, wobei der Schutzfonds für die Sparer viel zu klein ist, um die Verluste aufzufangen.

Andererseits scheint auch unter Syriza in Griechenland der Klientelismus anzuhalten. Bei der MwSt. traut man sich nicht an die Hotelbesitzer auf den teuren Inseln, und an die Restaurantbesitzer heran, und erst recht traut man sich nicht ausreichend an die vom rechtspopulistischen Partner geschützten Ausgaben für das Militär oder an eine Verfassungsänderung, um endlich die superreichen Reeder besteuern zu können (schließlich ist die Ehefrau des Chefs der Rechtspopulisten selbst eine sehr vermögende Reederin). Dabei besitzen griechische Reedereien mit 4.707 Schiffen die größte Schiffsflotte weltweit, vor Japan, China und Deutschland. Zudem wurden die Steuern auf Immobilienbesitz auch und gerade der Wohlhabenden gesenkt und die Steuerflüchtigen mit ihren schweizer Konten (ca. 15 Mrd. Euro) bisher nicht weiter verfolgt.

Noch schlimmer für die Armen und sozial Benachteiligten würde es bei einem Grexit kommen, der immer wahrscheinlicher wird und für den Tsipras durch das Nein im Referendum notfalls ein Mandat hätte. In diesem Fall droht Griechenland eine mächtige Welle an Inflation, weil alle Importe, auch bei Nahrungsmitteln, Arzneimitteln und vieles mehr, auf die das Land angewiesen ist und die nicht so schnell durch Produktion im Lande ersetzt werden könnten, erheblich teurer würden. Für die Wohlhabenden mit den Euros im sicheren Ausland oder im Schießfach wäre das kein Problem. Sie könnten bei einer stark abgewerteten Drachma zu Hause sehr viel aufkaufen. Syriza würde das kaum verhindern können.

Was hier schon seit längerer Zeit und nun verstärkt läuft, ist einer der schlimmsten sozialen Skandale.

"In times of universal deceit, speaking the truth is a revolutionary act." "If liberty means anything at all, it means the right to tell people what they do not want to hear" George Orwell



--->>> Claus Kleber enthüllt. sich selbst [via Nachdenkseiten]

 

Claus Kleber enthüllt… sich selbst

Verantwortlich:

[via Nachdenkseiten]

http://www.nachdenkseiten.de/?p=26707

Am 2. Juni 2015 hielt der heute-journal Moderator Dr. Claus Kleber seine Antrittsvorlesung als Honorarprofessor an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. Auf die Frage im Titel der Vorlesung „Rettet den Journalismus! Wozu?" blieb Kleber eine klare Antwort schuldig, ebenso auf die Frage des Wie. Während er mit einer zum großen Teil altertümlich anmutenden Power-Point-Präsentation, die vor allem Zwischentitel einblendete, einige Knackpunkte moderner Medientechnik problematisierte und sich damit seinem jungen Studierendenpublikum als Ansprechpartner anbot, ließ er Aussagen zu seinem eigentlichen Kerngeschäft – journalistische Recherche und Aufbereitung fürs Fernsehen – vermissen.

Dabei ist es genau seine Praxiserfahrung im journalistischen Handwerk, wovon sich die Universität am meisten verspricht. Vermutlich wird auch sein Zugriff auf die Archive des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geschätzt, denn diese sind dem normalsterblichen Wissenschaftler nicht ohne Weiteres zugänglich. Auf welch dünnem Eis sich „Professor" Kleber allerdings sowohl in Sachen Recherche als auch Neue Medien bewegt, wird an einigen Stellen in der Vorlesung deutlich, auf die im Folgenden besonders eingegangen wird.

Von Sabine Schiffer.

Der ehemalige Radiojournalist Claus Kleber, der zum Einstieg Einblicke ins Arbeiten am früheren Newsticker gibt und auf die damit verbundene und verflossene „Medienmacht" hinweist, ist inzwischen der Vertreter des „Erfolgsprodukts heute journal". An mehreren Stellen in seiner Antrittsvorlesung redet er den Medien als „Markt" das Wort. Das Publikum nennt er in dieser Logik „Kunden". Das ZDF wäre demnach Klebers Kunde, denn er ist dort nicht angestellt, sondern firmiert als freier Mitarbeiter. Konsequent stellt das Gesicht des heute journals nicht infrage, dass Information – ein genuines Interesse in einer Demokratie – als Ware gehandelt wird und Konkurrenz unter den Anbietern dieser Dienstleistung ein Teil des Geschäfts zu sein hat, an dem sich auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) mit dem ungnädigen Quotenblick beteiligt. Die Themen „Grundversorgung", „Medien als öffentliches Gut" und „Rundfunkstaatsverträge" kommen in dieser Wahrnehmung des Medien-Geschäfts gar nicht erst vor. Das Ideal einer Befähigung aller Bürger zur Meinungsbildung durch umfassende Berichterstattung steht also nicht im Zentrum von Klebers Darstellung.

Druck auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR)

Anhand von Statistiken zur Charlie Hebdo-Berichterstattung Anfang des Jahres 2015 zeigt Kleber auf, dass bei allem „Erfolg" des ÖRR in Sachen Einschaltquote die Altersstruktur des Publikums auf ein aussterbendes Publikum hindeutet. Das gewünschte Publikum tummle sich hingegen in den sogenannten Sozialen Medien und sehe nicht unbedingt „eine anständige Nachrichtensendung". Dabei sagt die Nutzung dieser Netzwerke zunächst noch wenig über die betrachteten Inhalt aus – über Twitter, Facebook und andere Dienste werden natürlich auch klassische Formate verbreitet, Magazinsendungen etwa und das teilweise sogar vor deren Ausstrahlungszeitpunkt im Abendprogramm des Fernsehens. Es handelt sich also nicht lediglich um eine Marktfrage – und die Marktfrage dürfte zudem auf keinen Fall jene nach Qualität und Vertrauen verdrängen, wo etablierte und damit lange bekannte Medien immer noch gewisse Vorzüge in deren Einschätzbarkeit vor neu zu bewertenden neuen Medien haben. Fehlende Selbstkritik und journalistische Fehlleistungen – etwa in der Ukraineberichterstattung – spielen in Klebers Vorlesung jedoch kaum eine Rolle, stattdessen geht es um die Filterfunktion von Google, Facebook & Co.

Zunächst trifft Kleber eine richtige Feststellung, dass nämlich allein der Weg ins Internet für die bisherigen „Marktführer" im Analogen kein Heilsbringer ist. Die Gesetzmäßigkeiten des Netzes müssen verstanden werden. Und Medienkonvergenz ist eigentlich ein Thema für ein ganzes Semester.

Während man in der Tat – und das tut Kleber im Folgenden ausführlich – auf die Folgen von Algorithmen und der sogenannten Filter Bubble bei Angeboten im Internet aufmerksam machen muss, sind dennoch Internetriesen wie die Suchmaschine Google und deren spezifische Funktionsweisen nicht für den Niedergang des ÖRR verantwortlich zu machen, und zwar trotz der durchaus stattfindenden Gleichordnung bzw. Nachordnung bestimmter Internetangebote durch Suchmaschinen, so dass Beiträge eher singulär und nicht im Verbund von Dossiers und zusammengefasstem Wissen erscheinen. Der Aspekt der Bevorzugung von Blogs in Suchmaschinen-Rankings wird von Kleber garnicht erwähnt.

Dass die Angebote der klassischen Medien für Kontextualisierung und Hintergrundeinbettung stehen würden, ist jedoch eine idealtypische Naivität, die etwa die Kritik am Ausblenden von Zusammenhängen durch Nachrichtenformate eines Journalisten wie Walter van Rossum sträflich ignoriert. Nun stimmt es durchaus, dass man als ÖRR im Internet einiges kompensieren kann, indem man mehrere Beiträge zum Thema zusammengruppiert anbietet. Aber ausgerechnet das Beispiel des Fußball-Funktionärs Blatter und die Verdienste der FIFA als Beleg anzuführen, um Pluralität und Differenziertheit zu belegen, klingt angesichts heiß diskutierter Themen um NSU und NSA, den Ukrainekonflikt, TTIP und die Griechenlandberichterstattung wirklich schönfärberisch.

Für den Druck auf den ÖRR im Internet gibt es jedoch noch einen sehr wichtigen Faktor, den man bei der Problematisierung der Thematik nicht außen vor lassen darf: die EU-Gesetzgebung, die wiederum Medien als Markt definiert und ausschließlich im Sinne einer „Marktgerechtigkeit" argumentiert. Demnach müssen die von den Beitragszahlenden finanzierten Inhalte des ÖRR wieder von den Websites gelöscht werden, da selbige sonst einen unzulässigen „Wettbewerbsvorteil" gegenüber den privaten Anbietern hätten.

Überschätzung statt Recherche: Social Media

Social Media darf auch zum Recherchieren benutzt werden und nicht nur für den Vertrieb eigener Botschaften. Claus Kleber erwähnt das sogar, erweckt aber den Eindruck, als habe er eine gewisse Ehrfurcht, ja sogar Furcht, vor den sogenannten Sozialen Medien. Angst ist jedoch niemals ein guter Ratgeber. Stattdessen wäre es angebracht, dieselben ebenso zu nutzen wie die Etablierten und dabei Recherchen und Quellen auf Herz und Nieren zu prüfen. Dann würde man etwa hinterfragen, ob es wirklich ein Nachbar von Osama bin Laden in Pakistan war, der die Twitter-Botschaften zu seiner angeblichen Tötung in Abbottabad verbreitete – angesichts der Tatsache, dass jegliche Beweisfotos von der Aktion fehlen und pakistanische Medien bereits Ende 2001 von bin Ladens Tod berichteten. Und auch das Thema Völkerrecht klammert der unkritische Nachrichtensprecher in diesem Kontext vollkommen aus.

Bei kritischer Quellenprüfung wäre ihm auch die peinliche Lobhudelei auf den Internetdienst Bellingcat als „großartige Leistung" nicht passiert. Diese Plattform zeichnet verantwortlich für die Anfang Juni 2015 verbreitete Botschaft, dass Russland Satellitenbilder zum MH17-Absturz gefälscht habe. Diese Nachricht, die es in fast alle großen Medien schaffte und heute noch auf der Website der tagesschau abrufbar ist, musste jedoch schon wenig später wieder korrigiert werden, weil die Unseriosität der Plattforum aufflog. Dies wurde zwar erst kurz nach der Antrittsvorlesung in den großen Medien berichtet, allerdings war den aufmerksamen Nutzern von Twitter am Tag vor dieser Vorlesung bereits klar, dass an der Sache etwas faul sein musste. Denn der Verantwortliche für den von Bellingcat genutzten online-Erkennungsdienst Fotoforensics, Dr. Neal Krawetz (@hackerfactor), hatte sich bereits am 1. Juli auf Twitter von dem angeblichen Untersuchungsergebnis der selbsternannten Investigativrechercheure distanziert – nachdem er von einem Nutzer nach der Validität der angeblichen Enthüllung gefragt worden war. Und man hätte auch auf den Blog von Gabriele Wolff stoßen können, die bereits vor Wochen ein Dossier zu den merkwürdigen Untersuchungsmethoden von Bellingcat angelegt hatte. Siehe dazu auch unseren Newsletter vom 2. Juni 2015.

Von Feinden, Freunden und Fehleinschätzungen

Dass die russische Regierung wiederholt NATO und USA mit Blick auf AWACS-Überwachungsaufnahmen aufgefordert hat, doch die eigenen Satellitenbilder vom Absturzort der MH17 zu veröffentlichen sowie die Funkmitschnitte, dürfte Herrn Kleber aber eigentlich nicht entgangen sein – zumindest wäre diese Information auch analog erhältlich gewesen. Sie hätte grundsätzlich zu einem vorsichtigeren Umgang mit einem solch vermeintlichen Internetwunder führen müssen.

In der Logik des Ignorierens bestimmter Ressourcen im Internet auf der einen und der Überschätzung der dort gefundenen Hinweise, die ins eigene Erwartungsbild passen, auf der anderen Seite lobt Kleber dann noch die neuen Medien als diejenigen, die die Revolution auf dem Tahrir-Platz möglich gemacht hätten – ja, die revolutionäre Kraft wäre gar aus dem Netz gekommen und würde auch nur wieder aus dem Netz kommen können. Auch hier fehlt offensichtlich die konterkarierende Recherche, da nicht wenige Wissenschaftler immer wieder betonen, dass die sogenannten Revolutionen eben nicht mit der Nutzung neuer Medien zu erklären sind – und dass unter anderem das Zusammenspiel neuer und etablierter Medien mit anderen Faktoren für den großen Auftrieb in Ägypten verantwortlich war. Damit sind aber dann schon gar nicht mehr die Entwicklungen in Tunesien, Libyen oder Syrien zu erklären. Drei Fachleute seien hier exemplarisch genannt und auf ihre Expertisen zum Thema verwiesen: Prof. Carola Richter, Dr. Atef Botros und Ivesa Lübben.

Klebers Fehleinschätzung in Sachen Massenmedien unter dem Stichwort „Gutenberg-Parenthese" gegen Ende seines Vortrags, worin er den Schritt über die „Dorfgrenze" hinaus sieht, der Nachdenken und Meinungsbildung erst möglich gemacht hätte, ignoriert historische Tatsachen. In dieser Logik hätte es weder die Entwicklung der griechischen Demokratie, die Hochkultur der Antike, die großen Denker im Nahen Osten, noch andere kulturelle Meisterleistungen in der Geschichte der Menschheit geben dürfen – die Kommunikationswege sind unergründlich und die Erkenntnismöglichkeiten innerhalb der jeweils gegebenen Rahmen offensichtlich auch.

Auch im Netz gibt's nichts umsonst, man bezahlt mit seinen Daten

Diese Binsenweisheit, die sich inzwischen auch außerhalb des Chaos Computer Club und diverser Net-Communities herumgesprochen haben dürfte, füllt eine weitere Passage des Kleber-Vortrags, die man vielleicht lieber mit der Unterüberschrift „Ich kenne Prominente" versehen möchte.

Natürlich ist es ansprechend, wenn ein prominenter Professor bei der Geburtsstunde von Amazon persönlich anwesend war und deshalb das Geschäftsmodell à la „Sag mir, was Du liest, und ich sage Dir, was Du sonst noch kaufen wirst" sofort durchschaut hat. Manch gewählte Metapher zur Verdeutlichung des Denkens dieser Internet-Innovatoren mag jedoch mehr über den, der sie äußert, sagen, als über den Geschäftssinn von Bezos, Zuckerberg oder Eric Schmidt. So meint Kleber etwa: „Präzisionsgeschosse bringen nun mal mehr als Streuung" oder „Blickfeldverengung ist besser als Horizonterweiterung" – aus ökonomischer Sicht, zielgerichtet im Sinne der Werbewirtschaft. Eine Problematisierung von Big Data im Sinne etwa Zygmunt Baumans bleibt Kleber seinen Studierenden hingegen schuldig und man darf wohl von Glück reden, dass der ÖRR, der aufgrund seines Haushaltsüberschusses ja nicht auf jeden Cent gucken muss, nicht geschäftstüchtig noch mehr „Horizonteinschränkung" und Bellizismus als bisher befördern soll. Die Kriegsmetaphorik in Klebers gesamter Vorlesungssprache spricht hingegen Bände.

Beim Wording möchte man sich insgesamt mehr Sensibilität von „Professor" Kleber wünschen. Neben der bereits erwähnten marktgerechten Sprache, die die Unterwerfung des Mediensystems unter Marktgesetze, nicht infrage stellt („Marktplatz der Ideen"), kolportiert auch noch anderer Sprachgebrauch die Sicht der Herrschenden: „Gnadenfrist", „Feinde", „Nigger" (wenn auch in kritischem Kontext), „Finsterlinge" etc. Macht etwa das ZDF keinen Gebrauch vom EBU Diversity Toolkit [PDF – 134 KB]? Diese Sprache passt jedenfalls nicht zum Selbstbild einer Vierten Gewalt, die wie Kleber meint, den „Mächtigen auf die Finger schaut" und Sachverhalte in politische Zusammenhänge einordnet. Man sollte beispielsweise vom „sogenannten Islamischen Staat" sprechen und nicht irgendwelchen Interessierten zuarbeiten, indem man so eine geschickte und suggestive Bezeichnung einfach übernimmt.

Eine Nutzerin unserer Facebook-Seite meinte zum Posting der Antrittsvorlesung, zunächst den Redner wie folgt zitierend: „Auf Dauer könne nur qualitativ hochwertiger und transparenter Journalismus überleben." – „Der Mann hält also seine berufliche Grabrede."

Soweit will ich nicht gehen. Das Nachrichtengucken als Ritual, wie Kleber es mit einem Nachtgebet vergleicht, wird dennoch sicherlich nicht ausreichen, um ein Publikum zu halten oder gar (zurück) zu gewinnen, das sich aufgefordert fühlt, auch selbst mitzudenken. Beim beruflichen Überleben als Professor könnte der Knackpunkt anders gelagert sein, weil die Studierenden kaum Möglichkeiten der Beeinflussung bei der Entscheidung für oder gegen Universitätspersonal haben – und von Anekdoten und Eindrücken aus der Berufspraxis des langjährigen Auslandskorrespondenten dürfte durchaus Interessantes zu erwarten sein. Mit Blick auf die Lehr-Aufgaben am Institut für Medienwissenschaft der Universität Tübingen ist die Ankündigung Klebers am Schluss seiner Rede auf jeden Fall ermutigend und sympathisch. Er will gemeinsam mit den Studierenden lernen. Hoffen wir, dass er den guten Vorsatz auch umsetzt. Nötig wäre es.

Dr. phil. Sabine Schiffer hat zur Islamdarstellung in den Medien promoviert. 2005 gründete sie das Institut für Medienverantwortung, das sie seither leitet. Sie doziert und publiziert zu den Themen: „Vierte contra Fünfte Gewalt", Kriegsmarketing, Stereotype im Mediendiskurs sowie Medienbildung.