Montag, 23. Mai 2011

"Und morgen die ganze Eurozone"?: #Deutschland #trumpft mit #Vorurteilen auf, #hier #die #Fakten [via jjahnke.net]


global news 2383 19-05-11:

"Und morgen die ganze Eurozone"?:

Deutschland trumpft mit Vorurteilen auf, hier die Fakten

[jjahnke.net]

Ob das wohl gut gehen kann? Nun will Deutschland überall in der Eurozone Pensionsalter und Urlaubszeiten vorschreiben, so jedenfalls Frau Merkel nach dpa:

"Es geht auch darum, dass man in Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland, sondern dass alle sich auch ein wenig gleich anstrengen - das ist wichtig. Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig. Das geht auf Dauer auch nicht zusammen. Wir können nicht einfach solidarisch sein, und sagen, diese Länder sollen mal einfach so weitermachen wie bisher. Ja, Deutschland hilft, aber Deutschland hilft nur dann, wenn sich die anderen anstrengen. Und das muss nachgewiesen werden."

Weiß die Bundeskanzlerin eigentlich wovon sie redet, kennt sie die Fakten bei Rentenalter und Urlaub in der Eurozone? Wir wollen ihr und den anderen Populisten hier ein bißchen nachhelfen.

Beim Renteneintrittsalter zählt nicht nur das Alter selbst, sondern ist finanziell mitzuberücksichtigen, wie hoch die Renten sind und welche Belastungen auf die Rentenversicherungen wegen der demographischen Entwicklung zukommen. Denn wer sich mit einer geringeren Rente zufrieden gibt, sollte auch etwas früher aussteigen können, ohne daß ihm von Deutschland in die Suppe gespuckt wird. Und wenn ein Land für Nachwuchs sorgt, anders als das demographisch ziemlich impotente Deutschland, hat es weit weniger Sorgen mit der Finanzierung der Renten in der Zukunft, weil viel mehr neue Beitrittszahler hinzustoßen und auch dann ist ein früheres Renteneintrittsalter als in Deutschland berechtigt. Und wenn der Familienzusammenhalt noch einigermaßen intakt ist, wie in Südeuropa anders als in Deutschland, brauchen Menschen auch nicht mehr so lange gegen die Altersschwäche anzuarbeiten.

Beim legalen Renteneintrittsalter, einschließlich der schon beschlossenen Erhöhungen, sind nicht die von Merkel in die Ecke gestellten Südländer die frühesten, sondern Frankreich, Finnland und Belgien. Griechenland und Portugal liegen bei 65 und Spanien hat die Anhebung auf 67 beschlossen und zieht damit mit Deutschland gleich (Abb. 12420).
Doch das legale Renteneintrittsalter sagt wenig aus über die tatsächlichen Verhältnisse. So liegt das reale Renteneintrittsalter in Deutschland bei 61,3 Jahren und damit früher als Griechenland (61,7), Portugal (63,1) und Spanien (62,4). Auch nach der neueren OECD-Statistik über den Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2009 gehen deutsche Männer mit 61,9 Jahren effektiv früher in Rente als ihre Partner in Portugal (67,0), Griechenland (61,9) und genauso früh wie in Spanien (Abb. 15327).
Im deutschen Arbeitswahn kann die Eurozone kaum genesen, denn seine immer wieder verschwiegenen Kosten sind sehr hoch. Schon jetzt ist die Erwartung gesunder Lebensjahre im Alter von 65 Jahren für Deutschland mit gerade einmal 6,2 weiteren Jahren (Männer) besonders niedrig (Abb. 13789).
Sollte, wie nun von den Wirtschaftsweisen jetzt empfohlen, das deutsche Renteneintrittsalter auf 69 Jahre angehoben werden, so blieben deutschen Männern im Durchschnitt noch 2,2 gesunde Lebensjahre, um ihre Rente zu genießen. Danach ist chronische Krankheit und für sehr viele ein früher Tod angesagt. Dazu gehört auch, daß diejenigen mit den niedrigeren Einkommen eine geringe Lebenserwartung haben. Bei Männern mit einem Monatseinkommen bis 1.500 Euro sind es gerade einmal 71,1 Jahre, dagegen bei über 4.500 Euro 80 Jahre (Abb. 14978). Die mit den niedrigen Einkommen hätten also bei Renteneintritt mit 69 Jahren durchschnittlich dann gerade noch 2,1 Jahre als Rentner zu leben und würden mit ihrem früheren Tod die Renten der langlebigeren Gutverdiener subventionieren (sehr sozial ist, was sich unsere Wirtschaftsweisen da in ihrem Elfenbeinturm mit von der Lebenswirklichkeit abstrahierenden Rechnungen haben einfallen lassen).

Auch bei den Arbeitstagen sollte die Kanzlerin mit Steinewerfen vorsichtig sein. Deutschland hat besonders viele Feiertage und relativ günstige Urlaubsregelungen. Bei der jährlichen Arbeitszeit arbeiten 6 Länder, vor allem skandinavische, kürzer und 12 länger, darunter die von Merkel als faul gescholtenen Südländer (Abb. 13696). Die bezahlten Ferien- und Feiertage vergleichen sich für Deutschland ebenfalls günstig (Abb. 13699). Nur Portugal hat einen Tag mehr, dagegen Griechenland acht und Italien einen weniger sowie Spanien die gleiche Zahl.

Da wird also mit deutschen Steinen und populistischen Vorurteilen im BILD-Stil aus dem Glashaus geworfen. Und will Deutschland wirklich zum Arbeitszuchtmeister der Eurozone werden und einige unserer Partner provozieren, an die weiland über deutschen Konzentrationslagern angebrachten arbeitsheischenden Inschriften zu erinnern? Und soll das am Ende geschehen, um den deutschen Banken die Kastanien aus dem Feuer zu holen, die sie in den Krisenländern riskant und unvernünftig angelegt haben? Das wird ein schönes Europa werden, das da von deutscher Seite in Gang gesetzt wird!


Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

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