Hans-Böckler-Stiftung, Rainer Jung, 20.04.2011 11:54
Tendenz steigend
Rund sieben Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland zählen zu den
Working Poor, etwa so viele wie im europäischen Durchschnitt.
Einkommens- und Lebensbedingungen (EU-SILC).
Ob Arbeitnehmer in Armut leben müssen oder nicht, hängt von ihrem
Verdienst ab - aber nicht nur. Entscheidend ist außerdem, wie viele
Personen sie miternähren müssen beziehungsweise wie viel finanzielle
Unterstützung sie selbst von anderen Haushaltsmitgliedern bekommen. Zudem
kommt es auf die staatlichen Umverteilungssysteme an.
unterscheiden sich die Länder Europas erheblich.
Lohmann und Andreß betrachten die Armutsquoten von Personen im
erwerbsfähigen Alter, die im zurückliegenden Jahr wenigstens sechs Monate
gearbeitet haben. Als arm gilt, wer ein nach Haushaltsbedarf gewichtetes
Nettoeinkommen hat, das unter 60 Prozent des mittleren Werts im jeweiligen
Land liegt. So ergeben sich in den betrachteten Staaten - EU-27 plus
Norwegen und Island - für 2008 Working-Poor-Quoten zwischen 3,9 und 16,9
Prozent.
Die Berechnungen der Wissenschaftler zeigen darüber hinaus, in welchem
Maße unterschiedliche Faktoren für die Armut von Beschäftigten
verantwortlich sind. Lohmann und Andreß zerlegen den Prozess der
Einkommensverteilung dazu in mehrere Schritte. Beispiel Deutschland:
Schaut man nur auf die Erwerbseinkommen, waren 2006 knapp 18 Prozent der
Arbeitnehmer arm. Berücksichtigt man Bedarf und Einkommen anderer
Haushaltsmitglieder, sinkt die Armutsquote jedoch auf weniger als 11
Prozent. Nach Abzug von Steuern und Hinzurechnung von Sozialleistungen
halbiert sich die Quote fast noch einmal.
In Deutschland dämpft die Zusammensetzung der Haushalte die Armutsquote.
Weil viele - oft weibliche - Geringverdiener mit besser verdienenden
Partnern zusammenleben, führen niedrige Verdienste nicht zwangsläufig zu
Armut. In den meisten Ländern ist dieser Effekt schwächer, in einigen
sogar das genaue Gegenteil zu beobachten: Für Spanien, Tschechien und
Polen beispielsweise ergibt sich durch die Einbeziehung des
Haushaltskontextes ein höherer Anteil arbeitender Armer.
Deutliche Unterschiede zwischen den Ländern zeigen sich zudem bei den
Wirkungen der staatlichen Umverteilungssysteme. Beispielsweise haben
sowohl Irland als auch Spanien vor Steuern und Sozialleistungen Working-
Poor-Quoten von rund 14 Prozent.
trotz Transferleistungen 10 Prozent der Beschäftigten arm bleiben.
Die Entwicklung der Armutsquoten Erwerbstätiger lässt keinen
gesamteuropäischen Trend erkennen, so die Forscher.
Sozio-oekonomischen Panel (SOEP), das zeitliche Entwicklungen präziser
widerspiegelt. Laut SOEP waren 1997 gut 10 Prozent der Niedriglohnbezieher
arm, 2008 schon fast 18 Prozent. Ein wichtiger Grund dafür sei, dass
Geringverdiener immer öfter Alleinverdiener sind, schreiben Lohmann und
Andreß. Angesichts eines insgesamt ohnehin wachsenden Niedriglohnsektors
sehen die Wissenschaftler in diesem Trend ein Anzeichen für zunehmende
soziale Probleme.
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