Freitag, 9. Dezember 2011

In Indien #wächst das #Geschäft mit #Leihmutterschaften für #westliche #Paare. [via Junge Welt]


Gebären gegen Geld

In Indien wächst das Geschäft mit Leihmutterschaften für westliche Paare.

Gerade Alleinerziehende finanzieren

mit Honoraren häufig Schulbesuch der eigenen Kinder

Von Thomas Berger

[via Junge Welt]


Es gibt gerade in Indien viele nicht unbedingt alltägliche Wege, das eigene Überleben zu sichern. Für eine Weile sozusagen den eigenen Bauch zu vermieten, ist seit mehreren Jahren für eine steigende Zahl von Frauen eine Einkommensquelle. Seit den ersten vorsichtigen Anfängen zur Jahrtausendwende hat sich hier inzwischen eine regelrechte Industrie entwickelt.

Umgerechnet etwa 7000 US-Dollar erhält eine indische Leihmutter dafür, daß sie das Kind eines fremden Paares austrägt. Das ist für indische Verhältnisse eine Menge Geld, entspricht nicht selten dem Zehnfachen dessen, was die Frauen in einem Jahr verdienen können. Ein Betrag, der ihnen hilft, ihre Familie zu ernähren und den eigenen Kindern eine ordentliche Bildung zu ermöglichen. Häufig stellen sich gerade alleinstehende Frauen zur Verfügung. So ist das Honorar für das Austragen eines fremden Kindes für Hasu Matu, eine von der BBC befragte 29jährige Witwe, die Grundlage, ihren kleinen Sohn zur Schule schicken zu können.

Für die Auftraggeber sind 7000 Dollar dagegen ein echtes Schnäppchen, auch wenn sich die Gesamtkosten einschließlich der Ausgaben für die dazugehörigen medizinischen Prozeduren und Untersuchungen auf 15000 bis 20000 Dollar summieren. Denn das ist immer noch weitaus weniger als die rund 70000, die in den USA und anderen westlichen Ländern, in denen das heftig diskutierte Verfahren erlaubt ist, dafür berappt werden müßten.

In indischen Medienberichten ist von mittlerweile knapp einer halben Milliarde Dollar Umsatz pro Jahr die Rede, die das Geschäft mit den Babys den Betreibern bringt. Dr. Nayna Patel mit ihrer »Akanksha Infertility Clinic« in Anand ist eine »Vorreiterin« auf dem Sektor. Das Provinzstädtchen mit etwa 150000 Einwohnern liegt im westindischen Gujarat und hat durch diese Einrichtung globale Berühmtheit erlangt. Es begann damit, daß Patel eine Frau das Kind für ihre in Großbritannien lebende Tochter austragen ließ – am Ende waren es Zwillinge, die im Bauch ihrer biologischen Großmutter heranwuchsen. Der Fall machte Schlagzeilen, und in der Folge häuften sich bei Patel Anfragen von Paaren aus dem Ausland, die keine Kinder bekommen können. Inzwischen betreut allein die Akanksha-Klinik pro Jahr rund 100 dieser Schwangerschaften.

Die Rotunda Clinic, die zweite renommierte Adresse, liegt in Mumbai. »Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater – die können sich das in der Heimat leisten. Wir anderen – die Lehrer, Krankenschwestern, Sekretärinnen – müssen nach Indien gehen«, diktierte Lisa Switzer, eine 40jährige medizinisch-technische Assistentin aus den USA und Rotunda-Kundin, bereits 2008 einer Reporterin der New York Times in den Block. Nicht nur die Preise in Mumbai sind verlockend: Hier können auch schwule Paare zu einem Baby kommen. Ein weiterer Grund für die Anziehungskraft Indiens ist der weitaus geringere bürokratische Aufwand.

Die indische Gesetzgebung, seit 2002 in Kraft, kennt kaum Hürden. Der Indische Rat für Medizinische Forschung hat lediglich mitgeholfen, einige »Richtlinien« zu formulieren, um ein paar Regularien in die juristisch-ethische Grauzone zu bringen. So müssen die Leihmütter nunmehr unterschreiben, daß sie auf jedes Recht an dem in ihrem Bauch herangewachsenen Kind verzichten. Nayna Patel verteidigt die Leihmütter und ihr Geschäftsmodell: Sie täten nichts »Unmoralisches«, sondern »etwas Gutes, indem sie einem anderen Paar ein Kind geben«. Doch selbst Vertreter der Branche sind für die Schaffung weiterer Regularien. So sieht Rudy Rupak, Mitbegründer einer kalifornischen Vermittlungsagentur, die für Paare den Kontakt nach Indien herstellt, die Gefahr, daß sich skrupellose Geschäftemacher in der Branche breitmachen könnten. Die medizinische Fürsorge für die Leihmütter wäre dann das erste, was auf der Strecke bleibt.

Feministische Pro- und Contra-Argumente rund um das Thema »Borrow a Belly« sind Schwerpunkt des Oktoberhefts der Wiener Zeitschrift an.schläge (www.anschlaege.at)


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