Schuldenbremse quietscht
Sachsen-Anhalt: CDU-SPD-Koalition kürzt Landeszahlungen
an ohnehin unterfinanzierte Gemeinden.
Linke: Verschuldung wird auf Kommunen verlagert
Von Susan Bonath
[via Junge Welt]
Im Herbst will die CDU-SPD-Landesregierung von Sachsen-Anhalt das Finanzausgleichsgesetz ändern. Unter dem Motto »Wünsche sind nicht erfüllbar« legte SPD-Finanzminister Jens Bullerjahn den Gesetzentwurf vergangene Woche dem Kabinett vor und hat damit heftige Diskussionen ausgelöst. Die Landkreise, Städte und Gemeinden erwartet 2012 und 2013 erneut ein deutliches Minus gegenüber den beiden Vorjahren. Der Minister betrachtet die Mittel als ausreichend für die Erfüllung der erforderlichen Aufgaben.Die kommunale Investitionspauschale in Höhe von in diesem Jahr 1289 Millionen soll 2012 um 26 Millionen Euro gekürzt werden, 2013 soll sie sich dann auf 76 Millionen belaufen. Außerdem will die Regierung die sogenannten Bedarfszuweisungen von 40 auf 20 Millionen Euro halbieren. Bullerjahn erklärte, daß die Kürzungen im wesentlichen durch Mehreinnahmen der Kommunen von über 350 Millionen Euro in den Jahren 2008 bis 2010 gedeckt seien.
Er verwies weiterhin darauf, daß das Teilentschuldungsprogramm »STARK II«, das beim Finanzbedarf nicht mit berücksichtigt worden sei, die Kommunen zusätzlich entlaste. Insgesamt sei die Situation besser, als die Gemeinden es darstellten. Man dürfe nicht so tun, als stünde man vor dem Abgrund.Dem Städte- und Gemeindebund zufolge können jedoch 85 Prozent der Gemeinden im Land ihren Haushalt nicht mehr ausgeglichen gestalten. Sie hätten ihre Reserven längst aufgebraucht und keine Möglichkeiten mehr, die Kürzung zu kompensieren außer durch neue Schulden.Kommunalpolitiker kritisieren, Mehreinnahmen und erzielte Überschüsse würden durch die Zuweisungskürzung sofort aufgezehrt. »Wie sollen wir denn konsolidieren, wenn wir nur noch Schulden verwalten können?« heißt es beispielsweise aus der Stadt Dessau-Roßlau.
Eine Stadträtin der Kreisstadt Haldensleben, die derzeit noch über einen positiven Haushalt verfügt, erklärte auf jW-Nachfrage: »Die mangelnden Zuweisungen bei immer höheren Belastungen, wozu beispielsweise die Ausgaben für ALG II gehören, werden auch uns iauf die Füße fallen.
Wir haben es ja schon in den letzten beiden Jahren gemerkt. Um den Haushalt nicht ins Minus rutschen zu lassen, haben wir im vergangenen Jahr bereits die Rücklagen unserer Stadtwerke zum großen Teil aufgebraucht.«Auch die Dörfer haben zu kämpfen. Ein SPD-Bürgermeister einer 750-Einwohner-Gemeinde, der nicht genannt werden möchte, erklärte gegenüber jW: »So geht das nicht weiter. Die machen alles kaputt.« Vieles, was schon geplant gewesen sei, werde hinfällig. Und an dier Adresse der Regierung in Magdeburg: »Sollen die mal Personal abbauen.
Nach der Wahl gab es ja auf Landesebene wieder ein unglaubliches Hin- und Hergeschachere mit Posten. Einer wechselte dahin, der andere dorthin. Es wurden sogar neue Stellen geschaffen, nur damit alle unterkommen.«Die Linksfraktion im Landtag verweist darauf, daß es nach der Gebietsreform nur noch sehr wenige Gemeinden gibt, die ihre Rücklagen nicht bereits vollständig ausgegeben haben. Seit Ende 2009 habe die Landesregierung die Finanzmittel bereits um 319 Millionen Euro gekürzt, heißt es. »Die Investitionsquote liegt mittlerweile bei unter zehn Prozent. Damit droht die Kreditwürdigkeit wegzubrechen«, so der kommunalpolitische Sprecher der Fraktion, Gerald Grünert.
Daß der Bedarf der Kommunen höher sei, könne der Finanzminister zwei Gutachten und einer detaillierten Aufrechnung der kommunalen Spitzenverbände entnehmen. Seit Jahren litten die Landkreise unter chronischer Unterfinanzierung, vor allem weil immer mehr Aufgaben aus dem ministeriellen Bereich auf sie umgelegt wurden. Letztlich bedeute Bullerjahns Gesetzentwurf eine Verlagerung der Neuverschuldung vom Land auf die Landkreise, Städte und Gemeinden.
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