Niedriglohnsektor ist Sprungbrett in die Armut
Zu den Thesen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft über den Niedriglohnsektor sagte Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, am Dienstag in Berlin:
"Die Versuche der deutschen Wirtschaft, den Niedriglohnsektor zu rechtfertigen, nehmen inzwischen groteske Züge an.
Die 'Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft' hat sich mit der Behauptung, der Niedriglohnsektor sei ein Sprungbrett für gute Arbeit, endgültig selbst als neoliberale PR-Abteilung der Arbeitgeberverbände diskreditiert.
Der Niedriglohnsektor ist kein Sprungbrett, sondern für Millionen von Beschäftigten eher eine Armutsfalle.
Der Niedriglohnsektor ist in den letzten Jahren auf über 22 Prozent der Beschäftigten gewachsen.
Gleichzeitig sind die Löhne gerade hier in den Keller gegangen. 40% der Niedrigverdiener haben nach unabhängigen Untersuchungen nur ein Einkommen unter der Armutslohngrenze (50% des Medianlohnes). 2,1 Millionen Menschen bekommen für ihre Arbeit pro Stunde weniger als sechs Euro, davon die Hälfte sogar weniger als 5 Euro.
Von Niedriglöhnen sind keinesfalls nur Geringqualifizierte betroffen. 70% der Niedriglohnverdiener haben eine abgeschlossene Berufsausbildung, 7% sogar einen Hochschulabschluss.
Selbst nach dem 'Gutachten' der INSM haben 75 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Chance, der Armutsfalle zu entkommen. Darin sind auch Berufsanfänger sowie ehemalige Studenten enthalten, sodass die tatsächliche Aufstiegschance von Geringverdiener deutlich niedriger ist.
Zur Ausbreitung von Armutslöhnen haben vor allem der fehlende gesetzliche Mindestlohn und prekäre Arbeitsformen wie z.B. die Minijobs und Leiharbeit beigetragen. Bei den Minijobbern beziehen über 80% niedrige Löhne, bei Leiharbeitern sind es 77%.
Der Staat subventioniert Armutslöhne und leistet damit einen erheblichen Beitrag zur Ausweitung des Niedriglohnsektors. 1,3 Mio. Erwerbstätige verdienen so wenig, dass ihr Einkommen durch Leistungen der Grundsicherung aufgestockt werden muss. Davon arbeiten 350.000 in Vollzeit, weitere 230.000 in sozialversicherter Teilzeit.
Das 'Aufstocker-Modell' ist nichts anderes als ein staatlich gefördertes Kombilohn-Modell, das den Staat jährlich Milliarden kostet.
Zusätzlich zu diesen Kosten für die Aufstockung niedriger Löhne subventioniert der Steuerzahler Minijobs mit fast 4 Milliarden Euro."
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