Sonntag, 28. August 2011

Kampf um die Köpfe (...) Propaganda und #Manipulationen sollen die #Realität #zurechtbiegen [via Junge Welt]

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Kampf um die Köpfe

»Das erste Opfer des Krieges« ist auch in Libyen die Wahrheit. Propaganda und Manipulationen sollen die Realität zurechtbiegen

Devote Propagandisten: Reporter knien am Samstag in Kairo vor de
Devote Propagandisten: Reporter knien am Samstag in Kairo vor dem Chef des libyschen »Nationalen Übergangsrats«, Mahmud Dschibril
Foto: reuters
Der Grat zwischen einem Fehler, der in der Hektik schnell einmal passieren kann, und der gezielten Manipulation von Informationen ist schmal. Am vergangenen Mittwoch berichtete die britische BBC »live« über die Siegesfeiern der libyschen Aufständischen in Tripolis. Doch mancher Zuschauer wird sich gewundert haben, warum die Menschenmenge indische Fahnen schwenkte. Tatsächlich stammten die Aufnahmen aus Neu-Delhi und hatten mit dem Krieg in Libyen nichts zu tun. Nicht besser erging es dem US-Nachrichtenkanal CNN, der ein Interview mit seiner Korrespondentin Sara Sidner über die Suche nach Muammar Al-Ghaddafi mit einer Landkarte vom Libanon unterlegte. Dort gibt es zwar ebenfalls eine Stadt namens Tripoli, aber selbst die libyschen Rebellen haben bislang nicht behauptet, daß sich der langjährige Staatschef dort aufhält.
Die im Februar und März als Begründung für den Krieg herangezogenen Bombenangriffe der libyschen Luftwaffe auf friedliche Demonstranten haben sich längst als Propagandalügen herausgestellt. Und wenn auch in Deutschland die meisten Medien immer wieder behaupten, die Vereinten Nationen hätten die Intervention der NATO durch die Sicherheitsratsresolution 1973 legitimiert, so ist die Grenze zur Manipulation überschritten – denn in der Entschließung ist von einer Flugverbotszone »zum Schutz der Zivilbevölkerung« die Rede, nicht aber von einem Sturz der Regierung. Mittlerweile haben aber London, Paris und Washington eingeräumt, daß ihre Spezialeinheiten direkt mit den Aufständischen zusammen gegen Ghaddafi und seine Anhänger kämpfen. Das von der UNO verhängte Waffenembargo wurde eifrig ignoriert, wenn es darum ging, die Rebellen auszurüsten. Die mehreren tausend zivilen Todesopfer, die die NATO-Bombenangriffe in dem monatelangen Luftkrieg forderten, waren den westlichen Redaktionen kaum eine Notiz wert
Die staatliche marokkanische Nachrichtenagentur MAP verbreitete am vergangenen Donnerstag, »nicht weniger als 556 Polisario-Söldner, die für Ghaddafi gekämpft haben«, seien von den Rebellen inhaftiert worden. Die Befreiungsbewegung der Westsahara wies dies umgehend als »systematische Lügen- und Verleumdungskampagne« der Regierung in Rabat zurück. »Die Kämpfer der Sahrauischen Volksbefreiungsarmee waren niemals an einem Konflikt außerhalb der Grenzen der Sahrauischen Republik beteiligt und werden dies auch niemals sein«, erklärte deren Informationsministerium am Wochenende. Zudem habe Ghaddafi seine Unterstützung für den Freiheitskampf in dem von Marokko annektierten Land bereits im Juli 1982 aufgegeben und seither gemeinsam mit Rabat am Aufbau einer »arabisch-afrikanischen Union« gearbeitet. Dazu habe über Jahrzehnte hinweg auch eine direkte finanzielle und militärische Unterstützung für Marokko aus Libyen gehört.
Doch was ist mit dem siegreichen Einmarsch der Rebellen in der libyschen Hauptstadt Tripolis am Sonntag vor einer Woche, von dem Fernsehbilder in alle Welt verbreitet wurden? Nach dem monatelangen Patt zwischen den Regierungstruppen und den Aufständischen kam die Offensive überraschend, auch wenn es in den Tagen zuvor häufiger Meldungen über Geländegewinne der Rebellen gegeben hatte. Während westliche Medien bereits euphorisch über die »Befreiung« der Hauptstadt berichteten, waren die staatlichen libyschen Fernsehprogramme weiter auf Sendung und verbreiteten ein völlig anderes Bild der Lage. Sie wurden erst durch NATO-Bombenangriffe zum Schweigen gebracht. Am vergangenen Montag meldeten die Aufständischen dann die Festnahme von Ghaddafis Sohn Saif Al-Islam und ließen sich diesen Erfolg sogar vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bestätigen. Dumm nur, daß eben dieser Saif Al-Islam wenige Stunden später, in der Nacht zum Dienstag, mitten im Stadtzentrum von Tripolis auftauchte und sich von zahlreichen Anhängern feiern ließ.
Schon am 21. August erschien im Internet ein Video, daß als Beweis dafür dienen sollte, daß die internationalen Medien einer Inszenierung aufgesessen waren. Die in dem Mitschnitt des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira zu sehenden Bilder stammten demnach nicht vom »Grünen Platz« in Tripolis, sondern seien in Kulissen gedreht worden, die in Qatar errichtet worden seien, meldeten zuerst arabische und dann auch europäische und lateinamerikanische Internetportale. Als Beweis wurden Bilder aus dem Video Fotos vom Platz im Zentrum der libyschen Hauptstadt gegenübergestellt. Es fehlten Verzierungen an den Mauern, hieß es. Bei all diesen Berichten gab es jedoch keinen Link zu dem Video selbst, das auf einem privaten Kanal im Internetportal Youtube eingestellt worden war (youtu.be/VVzld5C_BrY). Bei genauer Betrachtung läßt sich darauf erkennen, daß offenbar das Video selbst manipuliert worden ist. Das angeblich verschwundene Wappen ist herausretuschiert worden, und das nicht einmal vollständig. Als Beweis für eine an die Hollywood-Satire »Wag the Dog« erinnernde Fälschung kann dieses Video somit kaum dienen.
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