Mittwoch, 3. August 2011

Kinderarmes Deutschland - Armut unter Minderjährigen bleibt konstant [via ND]

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Kinderarmes Deutschland

Von Katja Herzberg

Bundesrepublik altert weiter / Armut unter Minderjährigen bleibt konstant


In Deutschland leben immer weniger Kinder. Sie wachsen überwiegend unter guten Bedingungen auf. Doch immerhin jedes sechste Kind galt auch 2010 als arm, wie das Statistische Bundesamt in einer neuen Erhebung feststellte.
Mehr als eine Generation von
Kindern und Jugendlichen ist schon im vereinten Deutschland
aufgewachsen. Doch noch immer sind die Bedingungen für sie in Ost und
West recht verschieden. Zu diesem Ergebnis kam das Statistische
Bundesamt (Destatis) in seiner jährlichen Stellungnahme zur
Lebenssituation der Kinder, die es gestern in Berlin abgab. Dabei
verwies der Präsident des Destatis, Roderich Egeler, insbesondere auf
die unterschiedlichen Familienstrukturen und die wirtschaftliche Lage im
Elternhaus.

Wie der Mikrozensus für das Jahr 2010 ergab, nimmt
der Anteil an Alleinerziehenden zu. Ihre Zahl ist seit 2000 um 3,3
Prozentpunkte auf insgesamt 16,8 Prozent angestiegen. Nur noch drei
Viertel aller unter 18-Jährigen leben bei Ehepaaren. In den neuen
Bundesländern sind es sogar nur noch 58 Prozent. Dies erklären die
Statistiker vor allem damit, dass dort mehr Kinder außerhalb der Ehe
geboren werden. Knapp ein Viertel der ostdeutschen Kinder wohnte 2010
mit nur einem Elternteil zusammen, bei den westdeutschen Kindern waren
es 15 Prozent.

Gerade die Alleinerziehenden sind oftmals auf
finanzielle Unterstützung angewiesen. Nach Erkenntnissen des Mikrozensus
war ein Drittel von ihnen hauptsächlich von Hartz IV, Sozialhilfe und
anderen Bezügen abhängig. Insgesamt zählten im vergangenen Jahr 1,96
Millionen Heranwachsende zu Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften.

Viele
von ihnen leben in Armut. Wie Egeler darstellte, seien Minderjährige
jedoch nicht stärker von Armut betroffen als Erwachsene. Der Anteil
liege nach einer europaweiten Vergleichsuntersuchung bei 15 Prozent.
Nach Zahlen des Mikrozensus für 2010 sind sogar 18,7 Prozent
»armutsgefährdet«, weil das Einkommen der Eltern unter dem statistischen
Schwellenwert von 925 Euro im Monat liegt. Davon sind vor allem Kinder
von alleinerziehenden Eltern betroffen. Mit 37,5 Prozent nahm ihr Anteil
in den letzten Jahren zu. Damit sind Kinder von Alleinerziehenden fast
drei Mal so häufig arm wie im Durchschnitt. Zum Ost-West-Unterschied
stellte Silvia Deckl, Referentin des Destatis, fest: »Wir haben in den
neuen Bundesländern eine deutlich höhere Armutsgefährdungsquote bei der
Gesamtbevölkerung und bei Kindern.«

Die elementaren
Grundbedürfnisse wie Nahrung, eine ausreichende Menge an Kleidung und
Spielsachen können die allermeisten Eltern finanzieren. Doch in 22
Prozent der Haushalte mit Kindern unter 16 Jahren musste auf eine
jährliche Urlaubsreise verzichtet werden. Sieben Prozent der Eltern
gaben an, ihren Sprösslingen aus finanziellen Gründen keine regelmäßige
Freizeitbeschäftigung wie Sport oder Musizieren ermöglichen zu können.

Auf
eine Bewertung der Zahlen danach, ob es dem deutschen Nachwuchs heute
besser oder schlechter als in den Vorjahren geht, wollte sich Egeler
nicht einlassen. Nur so viel: »Wir sehen die Tendenz, dass die
Armutsgefährdung bei Alleinerziehenden im Osten höher ist und der Zuzug
in die alten Bundesländer weiter besteht«, so Egeler.

»Dies ist
ein unverändert hoher Prozentsatz, der nicht hinnehmbar ist«,
kommentierte Michael Kruse vom Deutschen Kinderhilfswerk die
Armutsquote. Die LINKEN-Politikern Diana Golze kritisierte die Zahl
armer Kinder bei Alleinerziehenden. »Hier lauert die Gefahr einer
dramatischen Armutsverfestigung.« Sie forderte die Neuberechnung des
Hartz-IV-Satzes und einen gesetzlichen Mindestlohn. Eine »faire Ordnung
auf dem Arbeitsmarkt« verlangte der IG-Metall-Vorsitzende, Berthold
Huber.

Während die Armutsquote in den vergangenen Jahren stabil
blieb, nahm der Anteil der Kinder an der Bevölkerung Deutschlands weiter
ab. In den letzten zehn Jahren konstatierte das Destatis einen Rückgang
um 14 Prozent von 15,2 auf 13,1 Millionen. Im Osten macht sich der
Geburtenknick besonders bemerkbar. Die Zahl der Kinder nahm um 29
Prozent ab, im Westen waren es nur zehn Prozent. Damit ist Deutschland
der kinderärmste Staat Europas. Nur noch 16,5 Prozent der über 81
Millionen Einwohner sind jünger als 18 Jahre. Ein Ende dieser
Entwicklung ist nicht abzusehen.

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