Donnerstag, 3. März 2011

Werden die #Staatsanleihen #zurückgezahlt? [via idw]

Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Chemnitz, Katharina Thehos, 02.03.2011 09:53

Werden die Staatsanleihen zurückgezahlt?

Irland, Griechenland und Co.: Wirtschaftswissenschaftler der TU Chemnitz
nutzen den Korruptionsindex als Indikator für die Sicherheit von
Staatsanleihen - Je höher die Korruption ist, desto unwahrscheinlicher
wird die Schuldenrückzahlung

"Angesichts der Griechenlandkrise suchen viele nach Indikatoren für die
Sicherheit von Staatsanleihen. Wird Griechenland zurückzahlen? Sind
portugiesische Anleihen sicher? Was machen die USA mit ihrem riesigen
Schuldenberg? Für viele Investoren ist die Beantwortung dieser Fragen
essentiell", sagt Prof. Dr. Friedrich Thießen, Inhaber der Professur
Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der TU Chemnitz. Die Professur
hat eine Analyse erstellt, die den internationalen Korruptionsindex von
Transparency International und die Umschuldungshäufigkeit von
Staatsschulden, die beim Pariser Club erfasst werden, in Verbindung setzt.
Das Ergebnis: Je mehr Korruption in einem Land herrscht, desto größer ist
die Wahrscheinlichkeit, dass ein Staat seine Schulden nicht begleicht und
sich auf Kosten der Gläubiger saniert.

"Der Zusammenhang ist statistisch hoch signifikant", sagt
Professurmitarbeiter Johannes Weigl und ergänzt: "Wir waren vollkommen
überrascht. Das Bestimmtheitsmaß beträgt 85 Prozent. Jetzt können wir das
Umschuldungsrisiko statistisch exakt bestimmen. Das kann den Finanzmärkten
nützen, das Risiko von Staatsanleihen zu quantifizieren." Der
Korruptionsindex zeigt an, wie Geschäftsleute die Korruption in einem Land
wahrnehmen. Er nimmt Werte von 0 bis 10 ein, wobei 10 die geringste
Wahrnehmung von Korruption bedeutet.

Geringe Korruption in Irland, starke in Griechenland

Irland gehört mit einem Korruptionsindex von 8 zu den korruptionsfreiesten
Ländern der Welt. "Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich die Iren
nicht ohne Not auf Kosten der Gläubiger sanieren werden", konstatiert
Thießen. Die irische Krise sei weniger durch Staatsverschuldung, als durch
Bankenfehlverhalten verursacht worden. "Die Problemschulden sind
überwiegend keine des Staates, sondern der privaten Wirtschaft. Irland
sollte deutlich zwischen den staatlichen und den privaten Schulden
unterscheiden, um sich seinen Credit zu erhalten", rät Thießen.

Portugal zählt dagegen mit einem Korruptionsindex von 6 nicht mehr zu den
korruptionsfreien Ländern. Die Wahrscheinlichkeit, dass Portugal
Anstrengungen unternimmt, sich seine Lasten auf Kosten der Gläubiger zu
erleichtern, beträgt laut der Analyse etwa 24 Prozent. Griechenland ist
mit einem Korruptionsindex von 3,5 ein Land mit starker Korruption.


 


"Damit liegt Griechenland in einer Gruppe von Ländern, die sich in der
Vergangenheit mehrheitlich ihrer Lasten durch Umschuldung entledigt haben.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die griechischen Abgeordneten zu dem
Instrument der Umschuldung greifen und beschließen, sich auf Kosten ihrer
Gläubiger zu sanieren, beträgt 52 Prozent", sagt Thießen und fügt hinzu:
"Angesichts dieses hohen Umschuldungsrisikos müssen die Hilfen der EU-
Staaten als kritisch angesehen werden. Es muss damit gerechnet werden,
dass Griechenland die Umschuldung nur solange aufschiebt, wie frisches
Kapital zugeschossen wird."

Aber auch die hohen Defizite der USA haben Fragen hervorgerufen, wie die
Amerikaner ihre Schulden in Zukunft behandeln werden. Der Korruptionsindex
der USA beträgt 7,1, die Umschuldungswahrscheinlichkeit laut den TU-
Wirtschaftswissenschaftlern 11,8 Prozent.

Die EU ist in Bezug auf Korruption zweigeteilt

Nur wenige Industrieländer sind korruptionsfrei. "Alle die Länder, die
derzeit auf die Installierung eines europäischen Rettungsfonds drängen –
also vor allem Italien, Spanien und Griechenland – stehen im
Korruptionsindex auf bedenklich niedrigen Werten. Es muss vermutet werden,
dass der Rettungsfonds in einigen Ländern der EU auch als ein Instrument
begriffen wird, sich seiner Lasten auf einfache Weise entledigen zu
können", so Thießen. Die EU ist in Bezug auf die Korruption zweigeteilt.
"Es erstaunt, wie viele Transferleistungen in die korrupten Länder die
korruptionsfreien Länder der EU zulassen", urteilt Weigl.

Korruptionsindex als Indikator des "Wollens"

Warum gibt es eine Beziehung zwischen dem Korruptionsindex und der
Umschuldungshäufigkeit von Staatsschulden? "In Ländern mit Korruption
herrscht ein Klima, in dem man sich nicht den Zwängen der Märkte aussetzen
möchte. Man sucht marktfremde Lösungen, seine Ziele zu erreichen. Die
Wirtschaftssubjekte sind dahin erzogen, sich Ressourcen anderer
leistungslos anzueignen. Es werden tendenziell egoistische und weniger
gemeinwohlorientierte Ziele verfolgt", erklärt Thießen, "die Gruppe, die
Familie oder der Clan stehen im Vordergrund." Diesen Personen gegenüber
sei man verpflichtet, während wildfremde Gläubiger nicht zum eigenen Clan
gehörten. "Die Frage, ob man seine Schulden zurückzahlt oder nicht, ist
nicht nur eine Frage der verfügbaren Ressourcen, sondern auch eine Frage
der Einstellung zu seinen Verpflichtungen. Es ist also mehr eine Frage des
Wollens als des Könnens. Der Korruptionsindex kann als Indikator dienen,
der dieses Wollen zum Ausdruck bringt", ergänzt der
Wirtschaftswissenschaftler. Das erkläre auch, weshalb es kaum
Zusammenhänge gebe zwischen Indikatoren wie der Höhe der Staatsschuld vor
der Umschuldung, der Verschuldung pro Kopf oder der Höhe des laufenden
Haushaltsdefizits zur Wahrscheinlichkeit, ob ein Staat seine Schulden
zurückzahlen wird oder nicht.

Die vollständige Analyse:
http://www.tu-
chemnitz.de/wirtschaft/bwl4/interessantes/Korruption_Artikel.pdf

Eine Liste von 170 Ländern mit ihrem Korruptionsindex und den
Umschuldungswahrscheinlichkeiten:
http://www.tu-
chemnitz.de/wirtschaft/bwl4/interessantes/Korruption_Anhang.pdf

Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Friedrich Thießen, Telefon 0371
531-26190, E-Mail
finance@wirtschaft.tu-chemnitz.de.

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse

Sachgebiete:
Wirtschaft







Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution85























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