Das Statistische Bundesamt (Destatis) berichtete heute Morgen erneut von schwachen deutschen Einzelhandelsumsätzen auch für den Monat November 2012. Die nominalen Einzelhandelsumsätze bei den unbereinigten Originaldaten stiegen zwar um +1,6% zum Vorjahresmonat, aber die unbereinigten realen Umsätze sanken um -0,9% zum Vorjahresmonat. Der November 2012 hatte wie der November 2011 26 Verkaufstage. Berücksichtigt man die Saison- und Kalendereffekte (Census X-12-ARIMA Verfahren) stiegen im Vergleich zum Vormonat die Einzelhandelsumsätze nominal um +1,6% und real um +1,2% zum Vormonat! Weiterhin dokumentieren diese Daten für Deutschland eine langanhaltende Konsumschwäche der privaten Haushalte, denn immer noch liegen die saisonbereinigten und realen Einzelhandelsumsätze um -2,8% unter dem Niveau von 2000 und um -3,0% unter dem Jahr 1994, dem Beginn der langen Datenreihe!
Die Entwicklung der Saison- und kalenderbereinigten realen Einzelhandelsumsätze (ohne KFZ-Handel) seit Januar 1994 bis November 2012 im Chart. Die bereinigten realen Einzelhandelsumsätze stiegen im November 2012 um +1,2% zum Vormonat, auf 97,6 Indexpunkte. Der Langfristchart seit Datenerhebung im Januar 1994 zeigt, auch im November 2012, lange 19 Jahre nach dem Beginn der Datenreihe, liegen die realen saisonbereinigten Umsätze noch um -3,0% unter dem durchschnittlichen monatlichen Niveau von 1994!
Der postulierte deutsche Konsumboom war und ist ein Konstrukt des Wunschdenkens. Monat für Monat wird diese Propaganda von den harten belastbaren Daten zu den Einzelhandelsumsätzen, von den monatlichen Umsatzsteuereinnahmen des Staates und den vierteljährlichen VGR-Daten zu den Konsumausgaben der privaten Haushalte als Lüge entlarvt. Das schiefe deutsche Wirtschaftsmodell, die einseitige Exportorientiertheit und auf der anderen Seite die viel zu schwache Binnennachfrage werden in der öffentlichen Wahrnehmung meist verdrängt bzw. dieser Irrweg (Ungleichgewicht) wird als Zeichen des Erfolges umstilisiert!
Die Indizes zu den Einzelhandelsumsätzen zeichnen die Umsatzentwicklung nach. Da der Einzelhandelsumsatz starken saisonalen Schwankungen unterliegt, werden mit Hilfe des Census-X12-Arima Verfahrens Saison- und Kalendereffekte bereinigt, so dass man eine aussagefähige Datenreihe zur Trendbeurteilung erhält. Dies ist in Anbetracht der Schwankungsbreite bei den Originaldaten sicher auch grundsätzlich nützlich:
Die Indizes mit den unbereinigten Originalwerten bei den nominalen (blau) und realen (rot) Einzelhandelsumsätzen in Deutschland seit Januar 1994 im Chart. Grob lässt sich aber auch an den Originaldaten ableiten, dass es de facto unter starken monatlichen Schwankungen seit 1994 seitwärts bis leicht abwärts geht. Im November 2012 ging es nominal um +1,6% aufwärts und real um -0,9% abwärts, jeweils gegenüber dem Vorjahresmonat. Auch der November ist bei den unbereinigten Originaldaten jeweils ein saisonal starker Monat.
Seit Jahren zu beobachtende kräftige Revisionen und natürlich die Bereinigung der realen Einzelhandelsumsätze, nur um die geschönte offizielle Zahl des Verbraucherpreisanstieges gilt es zu berücksichtigen, wenn man die Daten zur Beurteilung der wirklichen Lage im Einzelhandel heranzieht. Unterm Strich gibt es selbst laut den offiziellen Daten seit 19 Jahren kein Wachstum bei den realen Einzelhandelsumsätzen und dies selbst bei nicht wirklich adäquater Preisbereinigung.
Die Einzelhandelsstatistik ist eine Stichprobenstatistik. 26'000 Unternehmen von rund 423'000 Einzelhandelsunternehmen in Deutschland berichten ihre monatlichen Umsätze an die Statistischen Ämter der Bundesländer und 700 Großunternehmen berichten direkt an das Statistische Bundesamt. Die berichteten Länderergebnisse und die der Großunternehmen werden zusammengefasst und von Destatis veröffentlicht.
Die Einzelhandelsumsätze (ohne KFZ-Handel) inklusive dem Versand- und Internet-Einzelhandel machen knapp 30% der privaten Konsumausgaben aus und zeichnen am verlässlichsten das aktuelle Konsumverhalten der privaten Haushalte nach. Mit knapp über 20% der privaten Konsumausgaben folgen die Ausgaben für Mieten von Wohnungen und Häusern inkl. dem Miet-Äquivalent von Eigentümern, diese Ausgaben sind aber relativ unelastisch und nicht aussagefähig in Punkto Konsumverhalten. Der KFZ-Handel, Instandhaltung, Reparatur und die Ausgaben an den Tankstellen tragen zu knapp 10% der Konsumausgaben der privaten Haushalte bei.
Die Entwicklung der Umsatzsteuereinnahmen (Mehrwertsteuer), um den offiziellen VPI bereinigt (2005=100), seit Januar 1999 bis November 2012 im Chart. Im November 2012 sanken die realen Umsatzsteuereinnahmen um -0,72% zum Vorjahresmonat auf preisbereinigte 11,307 Mrd. Euro. Erschreckend, selbst mit der Mehrwertsteuererhöhung um satte 3 Prozentpunkte zum 1. Januar 2007 lagen im November 2012 die realen Umsatzsteuereinnahmen ganz in der Nähe des Niveaus von November 1999 (11,032 Mrd. Euro).
Nominal stiegen die Mehrwertsteuereinnahmen des Staates im November 2012 auf 12,800 Mrd. Euro, ein Anstieg von nur +1,15% zum Vorjahresmonat!
Noch ein kurzer Blick auf die VGR-Daten zum privaten Konsum:
Die realen saison- und kalenderbereinigten Konsumausgaben der privaten Haushalte seit Q1 2000 bis Q3 2012 (2005=100) im Chart. In Q3 2012 stiegen die realen saisonbereinigten Konsumausgaben um +0,34% zum Vorquartal.
Auch diese Daten dokumentieren letztlich eine Schwäche der privaten Nachfrage, denn seit dem Jahr 2000 bis Q3 2012 sind die realen saisonbereinigten Konsumausgaben der privaten Haushalte nur um +7,1% gestiegen. (Anteil der Einzelhandelsumsätze an den privaten Konsumausgaben knapp 30%). Angesichts dessen, dass diese offiziellen Daten zum realen BIP und damit auch zum realen privaten Konsum nicht adäquat preisbereinigt werden, ist der laue Anstieg auch noch latent überzeichnet.
Die Entwicklung der realen Arbeitnehmerentgelte (grün), des realen Exportvolumens (rot) und der realen privaten Konsumausgaben der privaten Haushalte (blau) von Q1 2000 bis Q2 2012, alle Daten saisonbereinigt als Index (Jahr 2000=100). Während die realen Exporte seit 2000 bis Q3 2012 um +92,82% stiegen, gab es bei den realen privaten Konsumausgaben einen Anstieg von +7,10% und die realen Arbeitnehmerentgelte erzielten einem Minianstieg von +1,62% seit 2000.
Destatis.de/Pressemitteilung Nr. 004 vom 04.01.2013, Genesis.destatis.de/Datenbank, info.querschuss@yahoo.de Querschuesse.de: Fakten, Daten und Analysen
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