Montag, 21. Januar 2013

--->>> IGM: Wasser predigen - Wein saufen [via scharf-links.de] lesenswert!!!


IGM: Wasser predigen – Wein saufen

von Timo Humpert
 
[via scharf-links.de]
 
http://scharf-links.de/43.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=31966&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=5b46e88c88
 

Wenn ein sogenannter Leiharbeiter ein Kampagnen-T-Shirt der Gewerkschaft IG Metall (IGM) mit der Aufschrift "Gleiche Arbeit – Gleiches Geld" im Auftrag der selben Gewerkschaft kommissionieren und verpacken muß, so ist das wohl mehr als zynisch. Doch lesen Sie selbst, was uns ein rz-Leser dazu schrieb.

Alles fing nach Beginn meiner Arbeitslosigkeit im September 2011 an. Vielen Erwerbslosen dürfte es ähnlich ergehen. Es flatterten Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit/Jobcenter zu verschiedenen regionalen Zeitarbeitsfirmen ins Haus. Die Texte ähnelten sich.

Immer handelte es sich – auf Nachfrage – um den Logistikdienstleister Arvato Services (Bertelsmann-Konzern) am Standort Ennigerloh. Immer waren die Vermittlungsvorschläge wie folgt aufgebaut: Wir suchen für ein namhaftes Unternehmen motivierte und engagierte Mitarbeiter aus dem Raum Ennigerloh … Der Tätigkeitsschwerpunkt liegt in der Zusammenstellung von Warenpaketen nach Kundenbestellung anhand von Lieferscheinen … Sie zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität aus und sind bereit im Schichtsystem zu arbeiten? Sie sind belastbar und besitzen ein gutes Zahlenverständnis? Sie sind teamfähig und finden sich schnell in neue Aufgaben ein und beherrschen zudem die Grundlagen der EDV …
Formulierungen wie "Arbeit in Wechselschichten, Montags bis Donnerstags" und "Freitags und Samstags Schichtzeiten von 7:00 bis ca. 16.30 Uhr" weisen auf die volle Flexibilität des Arbeitnehmers hin, die hier gefragt ist.

Es sind nicht nur die großen Zeitarbeitsfirmen wie z.B. 'Randstad' involviert. Im Dezember 2012 gab es z.B. noch ein Vermittlungsvorschlag zu 'at-work'-Fachpersonal, die schon seit langem Bewerber aus dem Kreis Warendorf zu Arvato schicken. Und inzwischen ist es ja allgemein bekannt, daß die Jobcenter Hand in Hand mit den Zeitarbeitsfirmen arbeiten.

IGM - Arvato Durch gewerkschaftliche Tätigkeit, insbesondere für die Arbeitnehmer/innen in der Leiharbeitsbranche, hatte ich ein T-Shirt bei der IG Metall gewonnen. Versandt wurde dieses T-Shirt von Arvato Services in Ennigerloh, ein Unternehmen, das bis heute – insbesondere in der Weihnachts- und Osterzeit – massenhaft Leiharbeiter beschäftigt.

Bei Arvato gibt es keinen Tarifvertrag, bisherige Verhandlungen z.B. in Erfurt mit Ver.di sind gescheitert. Arvato sieht keine Notwendigkeit für einen Tarifvertrag. Ein Betriebsrat gibt es auch nicht. Ein ehemaliger Mitarbeiter im Versand berrichtete mir, daß er für einen Stundenlohn von 7,89 Euro gearbeitet hat (heute die Entgeltgruppe 8,19 Euro bei der Zeitarbeit im Westen). Von einer 15-Minuten-Pause nach vier Stunden Arbeit gehen allein fünf Minuten für den Weg zum Pausenraum drauf. Weihnachts- oder Urlaubsgeld gibt es natürlich auch nicht.

Ich hatte ebenfalls die Möglichkeit dort anzufangen. Vor Weihnachten wurden 48-Stunden-Wochen im Dreischicht-System gefahren, inklusive Sonntagsarbeit. Kurzum: Arbeiten bis zum Umfallen. Überstunden am Samstag und Sonntag sind gang und gäbe, ebenso wie an Feiertagen wie Heiligabend, und natürlich Silvesterbereitschaft.

Diese prekären Beschäftungsverhältnisse sind meiner Meinung nach alles andere als gewerkschaftskonform – und es ist eben nicht nur Amazon, wo es so läuft. Angeblich gibt es einen Geschäftskodex für alle Unternehmen, die mit der IGM in Geschäftsbeziehungen stehen, und gern brüstet man sich damit, daß Arvato nur zur Bewältigung von Auftragsspitzen einsetzt. Aktuell berichtete mir eine Mitarbeiterin jedoch, daß sie nicht auf ihre Stunden kommt, wenn nichts zu tun ist, und also auch weniger Geld bekommt.

Gleichzeitig fährt die IGM aber die Kampagne "Gleiche Arbeit – Gleiches Geld". Mein T-Shirt mit der Aufschrift "Gleiche Arbeit – Gleiches Geld" wurde u.U. also von einem Leiharbeiter kommissioniert, weil die Gewerkschaft IGM Geschäftsbeziehungen mit dem Bertelsmann-Konzern pflegt.

In einer Antwort der IGM Gütersloh-Oelde heißt es dazu lediglich:

"Lieber Kollege … ich habe Deine kritischen Anmerkungen zur Beauftragung von arvato durch die IG Metall gelesen. Sicherlich ist arvato ein Anbieter mit einem enormen Anteil an Leiharbeitnemern im Logistikbereich. Allerdings ist die Leiharbeitnehmerqoute in dieser Branche bei allen Anbietern sehr hoch. Ich behaupte mal, in dieser Branche gibt es keinen Anbieter, der unseren Ansprüchen auch nur annähernd gerecht werden könnte. Wen soll man also beauftragen?
Ich will mich vor einer Stellungnahme gar nicht drücken, aber wir vor Ort haben keinen Einfluß darauf, durch wen uns Produkte zugeschickt werden. Ich habe Deine Stellungnahme an unseren Vorstand weitergeleitet. Dort wird entschieden, welches Unternehmen Vertragspartner für den Versand ist. Ich gehe davon aus, daß Du von dort noch eine Stellungnahme erhalten wirst … mit kollegialen Grüßen … IG Metall Gütersloh"

Der IGM-Vorstand hat bis heute keine Stellung genommen.

www.randzone-online.de/?p=17218


 

VON: TIMO HUMPERT



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