Gegen Verschwörer und Interventen
18. Juli 1936: In Spanien startet der Aufstand reaktionärer Militärs.
Teil II (und Schluß):
Der Beginn der Meuterei und der Widerstand der Republik
Von Peter Rau
[via Junge Welt]
Über ganz Spanien wolkenloser Himmel« diese harmlos klingende, von Radio Ceuta verbreitete Nachricht setzte am 17. Juli 1936, beginnend in Spanisch-Marokko, die Militärmaschinerie der Meuterer in Gang. In Melilla wurde der Chef der dortigen Garnison abgesetzt.
In Tetuan wurden strategisch wichtige Punkte eingenommen und der Widerstand der dort stationierten Fliegereinheiten im Artilleriefeuer erstickt. In Ceuta brauchte der seit der Niederschlagung des Oktoberaufstandes 1934 in Asturien berüchtigte Oberstleutnant Juan de Yagüe nur wenige Stunden, um die Stadt in seine Gewalt zu bringen. General Agustín Gómez Morato, der der Republik treu gebliebene Befehlshaber der Truppen vor Ort, wurde in Melilla verhaftet. General Francisco Franco, der Militärgouverneur auf den Kanarischen Inseln, begab sich am 19. Juli an Bord einer englischen Dragon-Rapide-Maschine nach anderen Quellen soll es sich um ein »zufällig« bereitstehendes Flugzeug der deutschen Lufthansa gehandelt haben von Las Palmas aus nach Tetuan.
In seinem Auftrag wurde eine Proklamation veröffentlicht, derzufolge die Armee beschlossen habe, »die Ordnung in Spanien wiederherzustellen«. Er drohte: »Die Repressalien, die wir üben werden, werden genau dem Widerstand entsprechen, der uns entgegengesetzt werden sollte.«
Verhaftungen und Mord
Daß dies keine leeren Drohungen waren, hatte sich schon am Tag zuvor angedeutet, als sich etliche Garnisonen in Spanien selbst den Verschwörern angeschlossen hatten. Während die republikanische Regierung in Madrid in einem Kommunique zwar zugeben mußte, daß sich ein Teil der Armee in Marokko erhoben habe, aber »die Bewegung auf einige Bezirke des Protektorats beschränkt« bliebe und »sich auf der Halbinsel niemand, absolut niemand einem so sinnlosen Unternehmen angeschlossen« habe, sahen die Tatsachen vielfach anders aus. In Navarra, Burgos und Pamplona im Norden Spaniens siegten die von General Emilio Mola angeführten Aufständischen, nicht zuletzt gestützt auf die Freiwilligenverbände der monarchistischen »Requétes«. In Zaragoza im Aragon, einer Hochburg der Arbeiterbewegung, konnte der als Republikaner geltende Befehlshaber der Garnison, General Miguel Cabanellas, die mit einem Generalstreik drohenden Gewerkschaftsführer der CNT mit der Lüge beschwichtigen, daß die faschistischen Anschläge unterbunden würden.
Tatsächlich ließ er an wichtigen Punkten der Stadt am Ebro Kanonen und Maschinengewehre in Stellung bringen. Als die Polizei unter deren Schutz begann, massenhaft Verhaftungen vorzunehmen, war bereits alles zu spät; der endlich doch ausgerufene Generalstreik wurde nach rund einer Woche blutig niedergeschlagen.Im Süden, in Cádiz, Córdoba, Granada und Sevilla, erhoben sich ebenfalls die Garnisonen, hier aber oft gegen den erbitterten Widerstand von streikenden Gewerkschaftern und zum Teil auch von Angehörigen der Guardia Civil bzw. der Guardia de Asalto. Allein in Sevilla, wo General Queipo de Llano das Kommando hatte, sollen dabei rund 9000 Arbeiter regelrecht abgeschlachtet worden sein. Auch mit regierungstreuen Militärs machten die Putschisten kurzen Prozeß. Insgesamt sieben hochrangige Generäle, die ihren auf die Republik geleisteten Eid nicht brechen wollten, wurden von den Meuterern ermordet.Dennoch verlief aus der Sicht der Faschisten längst nicht alles wunschgemäß; den Plänen zufolge sollte innerhalb von zwölf Tagen ganz Spanien in ihrer Hand sein. Der überwiegende Teil der Luftwaffe stellte sich ebenso auf die Seite der rechtmäßigen Regierung wie die große Mehrheit der Angehörigen der Marine. Die Mannschaften der Kriegsschiffe setzten jene Offiziere fest, die mit der Generalsrevolte sympathisierten.
Aus der Nachrichtenzentrale der Marine hatten die Matrosen auf dem Kreuzer »Jaime I.« erfahren, daß ihr Schiff nach Ceuta beordert werden sollte, um Truppenverstärkungen von Marokko nach Spanien zu bringen. Sie übernahmen selbst das Kommando, zuvor hatten sie ihre Offiziere entwaffnet und überwältigt. Nachdem das Torpedoboot »Churruca« bereits eine Einheit der maurischen »Regulares«, der für ihre Grausamkeit berüchtigten marokkanischen Söldner, nach Cádiz übergesetzt hatte, meuterte am 20. Juli auch dessen Besatzung und entledigte sich ihrer Offiziere.
Matrosen anderer Schiffe folgten diesem Beispiel. Damit war ein wesentliches Vorhaben der Verschwörer, den Truppentransport von Marokko nach Spanien betreffend, über den Haufen geworfen. Der Geschäftsträger Hitlerdeutschlands in Spanien, Botschaftsrat Hans-Hermann Völckers, kabelte nach Berlin, daß der »Abfall der Marine« »den ersten Strich durch die Rechnung Francos gemacht« habe. »Dies war ein verhängnisvoller organisatorischer Mißerfolg, der den ganzen Plan ins Wanken brachte, die Garnisonen in den großen Städten, die mit Gewehr bei Fuß umsonst auf Order warteten, nutzlos opferte und vor allen Dingen wertvolle Zeit kostete.«Hinzu kam, daß General José Sanjurjo y Sacanell, das designierte Oberhaupt der Revolte, der schon 1932 erfolglos gegen die Republik geputscht hatte, am 20. Juli mit seinem Flugzeug auf dem Weg aus dem portugiesischen Exil nach Burgos unter mysteriösen Begleitumständen tödlich verunglückte. Diese Umstände, unter denen er ums Leben kam, könnten im Milieu der Geheimdienste ihre Wurzeln gehabt haben; immerhin hatte sich Sanjurjo bei Gesprächen in Berlin, in denen es um gewisse Bergbaukonzessionen für deutsche Konzerne gegangen war, als überaus störrischer Verhandlungspartner erwiesen ...Nutznießer seines Flugzeugabsturzes war letztlich der einstige Armeechef Franco, dem enge Verbindungen zu der von Admiral Wilhelm Canaris geführten deutschen Abwehr nachgesagt wurden, und der nun anstelle von Sanjurjo faktisch die Leitung des Militärputsches übernahm.
Volksfront organisiert Widerstand
Schließlich nahmen auch in Madrid und Barcelona und vielen anderen Städten die Ereignisse nicht den von den Aufständischen erhofften Verlauf. In der Hauptstadt hatte das Kabinett von Casares Quiroga bereits am 19. Juli seinen Rücktritt erklärt, nachdem man am Vortag noch verkünden ließ, daß »die Niederschlagung der Meuterei nur mehr eine Frage von Stunden« sei. Wider besseres Wissen wurde gar behauptet: »Außer an einigen Punkten, wo die von loyalen Truppen eingekreisten Rebellen dabei sind, sich zu ergeben, steht der Sieg der Regierung überall fest.«
Der Republikaner Martinez Barrio, der den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten und sich als erstes um eine Verständigung mit den Putschisten bemüht hatte, wurde von den empörten Volksmassen, die eine sofortige Organisation des Widerstandes verlangten, postwendend zum Abdanken gezwungen. An seiner Statt übernahm José Giral, der Führer der republikanischen Linken, am 20. Juli die Amtsgeschäfte; noch am selben Abend ordnete er die allgemeine Bewaffnung des Volkes an. Über den Rundfunk entband er alle Armeeangehörigen von ihrer Gehorsamspflicht gegenüber den Vorgesetzten. Um hier einmal auf die damals von allen Regierungsgegnern gefürchtete »kommunistische Gefahr« einzugehen, sei erwähnt, daß erst Girals Amtsnachfolger, PSOE-Chef Largo Caballero, am 5. September 1936 in sein Kabinett auch zwei KP-Minister aufnahm.In der Montana-Kaserne zu Madrid hatten sich indes die von General Joaquin Fanjul geführten Meuterer verschanzt, nachdem sie die Mannschaften in ihre Stuben oder in die Keller eingesperrt hatten. Als sich vor der Kaserne immer mehr Menschen versammelten, ließ Fanjul am 19. Juli abends in die Menge schießen. Die Lage eskalierte, und am nächsten Tag wurde die Garnison gestürmt. Die eingesperrten Soldaten konnten sich befreien und verbrüderten sich mit den nur schlecht bewaffneten Angreifern. Die putschenden Offiziere, unter ihnen auch der General, wurden gefangengenommen. Ähnlich erging es den Verrätern in den anderen drei Kasernen der Hauptstadt.Wie in Madrid wurde auch in der katalanischen Metropole Barcelona der Generalstreik ausgerufen. Zudem konnte sich die Generalitat, also die Autonomieregierung, hier auf die Guardia de Asalto, die Guardia Civil und viele loyal gebliebene Militärs stützen. Die Sturmgarde verteilte aus ihren Depots Waffen an die Bevölkerung. In den großen Magistralen der Hafenstadt wurden Barrikaden errichtet, und bewaffnete Arbeiter patrouillierten durch die Straßen. Vor dem Ansturm der Massen mußten die Aufständischen, die sich vorübergehend des Fernsprechamtes auf der Plaza de Cataluna bemächtigt hatten, zurückweichen. Vielfach begannen die Soldaten, sich ihren republikfeindlichen Offizieren zu widersetzen. Das Hauptquartier der Verschwörer, die Capitaneria General, wurde erobert; ihr Anführer, General Manuel Goded, mußte sich ergeben.Malaga im Süden, wegen der Verbindung nach Marokko ein wichtiger Stützpunkt der Konterrevolution, wurde von der Provinzregierung in den Verteidigungszustand versetzt, nachdem am 18. Juli meuternde Einheiten durch die Stadt gezogen waren. Deren Erhebung brach umgehend in sich zusammen. In Valencia setzten die Volksfrontparteien einen Revolutionsausschuß ein; das Kasernenviertel wurde abgeriegelt, bevor sich die dortige Garnison erheben konnte.In den baskischen Provinzen kamen die Putschisten ebensowenig voran. Die Garnison von Bilbao rührte sich gleich gar nicht, und in San Sebastian hatte zwar die Loyola-Kaserne gemeutert, mußte jedoch nach massiven Angriffen kapitulieren. Die Garnison im kantabrischen Santander ließ sich vom Widerstand der Bevölkerung überraschen und einschließen.Von Spanisch-Marokko aus, wo nebst der 7000 Mann zählenden Fremdenlegion auch die 50000 »Regulares« infolge des weitgehenden Boykotts der Luftwaffe wie der Marine nach wie vor festsaßen, schickte Franco indes einen arg verfrühten Siegesbericht an seinen Mitverschwörer Queipo de Llano in Sevilla: »Spanien ist gerettet: Die Provinzen Andalusien, Valencia, Valladolid, Burgos und Aragon, die Kanarischen Inseln und die Balearen haben sich uns angeschlossen.« In Wirklichkeit, so mußten selbst bürgerliche Historiker später einräumen, hatte die Generalsclique ihre Ziele weitgehend verfehlt. In mehr als zwei Dritteln des Landes, darunter in fast allen wichtigen Industriegebieten, blieb die Volksfront die dominierende Kraft.
Willkommene Verstärkung
Fast überall in den großen Städten und Industriezentren des Landes hatten Parteien und Gewerkschaften im Verlauf der ersten Kämpfe bewaffnete Milizen gebildet, die unter ihrer Kontrolle standen und agierten. Zum Teil wurden diese Milizeinheiten von Berufssoldaten geführt, die zur Regierung standen, zum anderen Teil aber auch von Arbeiterfunktionären. In Madrid formierte sich noch im Juli das von der Kommunistischen Partei, die inzwischen über 100000 Mitglieder vereinte, aufgestellte »Quinto Regimento«.
Dieses »Fünfte Regiment« leitete seinen Namen daraus ab, daß vor dem Putsch in Madrid vier reguläre Regimenter stationiert waren. Noch im Gründungsmonat zählte es 7900 Mann, im August bereits 14800, und im Dezember war es auf 70000 Kämpfer angewachsen. In Barcelona war zu gleicher Zeit als eine weitere namhafte Gruppierung die Miliz der Gewerkschaft UGT »Carlos Marx« entstanden. In Katalonien wie im benachbarten Aragon kämpften die anarchistische »Columna Durruti« und die von der Vereinigten Sozialistischen Partei Kataloniens (PSUC) aufgestellte »Columna del Barrio«. Die PSUC (Partido Socialista Unificado de Cataluna) war gerade erst aus dem Zusammenschluß von Sozialisten und Kommunisten in der autonomen Region hervorgegangen.Unterstützung erhielt die Volksfront von ersten ausländischen Freiwilligen, die sich insbesondere in Katalonien den diversen Milizen zur Verfügung gestellt hatten. Das waren in erster Linie Hunderte politische Emigranten aus den bereits vom Faschismus beherrschten Ländern Italien und Deutschland sowie weitere Antifaschisten, die zur geplanten Arbeiterolympiade nach Barcelona gekommen waren. Deren Wettkämpfe waren als Gegenstück zu den olympischen Sommerspielen in Berlin gedacht, sie sollte am 22. Juli eröffnet werden. Schon an diesem Tag bildeten zwölf deutsche, vor allem jüdische Antifaschisten die »Grupo Thälmann«, die sich den Arbeitermilizen anschloß.
Einen Monat später wurde daraus die »Centuria Thälmann«, die als 13. Hundertschaft der »Columna 19 de Julio« der »Carlos Marx«-Miliz an die Aragon-Front ging. Italienische Antifaschisten schlossen sich u. a. in der Einheit »Giustizia e Libertá« und danach in der nach einem Opfer des Mussolini-Regimes benannten »Centuria Gastone Sozzi« zusammen. Die Überlebenden jener ersten Kämpfe verstärkten im Herbst 1936 die entstehenden Internationalen Brigaden, zu denen sich Tausende Freiwillige aus rund 50 Ländern nach entsprechenden Aufrufen der in der Kommunistischen Internationale vereinten Parteien sowie diverser ausländischer Hilfskomitees nach Spanien auf den Weg gemacht hatten. Sie sollten, worüber zu gegebener Zeit noch zu berichten sein wird, als Antwort auf die noch im Juli einsetzende Unterstützung der Putschisten insbesondere aus dem faschistischen Italien wie aus Hitlerdeutschland ein besonderes Kapitel der internationalen Solidarität schreiben.
Faschistische Intervention
In Rom und Berlin und auch in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon, die schon in die Vorbereitung der Generalsrevolte aktiv involviert waren, wurde nun die direkte militärische Einmischung in den bis dahin weitgehend innerspanischen Konflikt beschlossen, um eine drohende Niederlage der Meuterer abzuwenden. Dazu hatten bereits im Vorfeld geheime Verhandlungen stattgefunden. »Italien und Deutschland hatten guten Grund, sich für die Zukunft Spaniens zu interessieren«, schrieb Arthur G. London in seinem 1966 bei Artia Prag veröffentlichten Buch »Prolog für ein neues Spanien«. »Mussolini wollte aus dem Mittelmeer das mare nostrum machen. Hitler wünschte eine wirtschaftliche Kolonialisierung der Iberischen Halbinsel, auf deren Eisen, Kupfer und Quecksilber er es abgesehen hatte. Beiden ging es auch um die freie Benutzung spanischer Marinestützpunkte im Mittelmeer und Atlantik.«Bereits im Frühjahr 1934 hatten sich Antonio Goicoechea, der Parteichef der auf die Restauration der Monarchie orientierten »Renovatión Espanola«, General Emilio Barrera, einer der Mitverschwörer des mißglückten Putsches vom August 1932, sowie zwei Vertreter der Bewegung »Comunión Traditionalista« in Rom mit Benito Mussolini zu streng geheimen Verhandlungen getroffen. In deren Verlauf hatte der italienische Faschistenführer erklärt, daß er, wie aus dem Protokoll hervorgeht, »bereit sei, in jeder erforderlichen Weise den beiden gegen das augenblickliche Regime kämpfenden Parteien zu helfen, um dieses zu stürzen und durch eine Regentschaft ersetzen zu können, die eine völlige Wiederherstellung der Monarchie vorbereiten würde (
). Er schlug die sofortige Lieferung von 20000 Gewehren, 20000 Handgranaten, 200 Maschinengewehren und einer Barsumme von 1500000 Peseten vor«. Dieser Beitrag sollte dabei »nur ein Anfang sein« und »zu gegebener Zeit durch gewichtigere Maßnahmen ergänzt« werden.Gut zwei Jahre später, am 15. Juli 1936 und damit zwei Tage vor dem eigentlichen Aufstandsbeginn, hatten italienische Fliegeroffiziere ihren Marschbefehl nach Spanisch-Marokko erhalten, um Francos nordafrikanische Truppen nach Spanien zu befördern. Im Verlauf des gesamten Krieges wurden aus Italien Presseberichten zufolge 1930 Geschütze, rund 250000 Gewehre 10135 Maschinenpistolen, 324 Millionen Patronen, 950 Panzer und Schützenpanzerwagen an die Truppen der Aufrührer geliefert; 91 italienische Kampfschiffe, darunter auch U-Boote, verstärkten deren Kriegsflotte, und neben 763 zur Verfügung gestellten Militärflugzeugen griffen 5700 Piloten des Mussolini-Regimes in die Kampfhandlungen ein. Darüber hinaus hatten zwischen 100000 und 150000 Soldaten des Heeres sowie sogenannte Schwarzhemden, Mitglieder der faschistischen Kampfbünde, den Putschisten zur Seite gestanden.Dagegen nahmen sich die 15000 Mann der »Legion de Viriathe« geradezu bescheiden aus, die Portugals Diktator Antonio Salazar an die Seite Francos beorderte; noch im Juli 1936 hatte er diesem seine Flugplätze und zwei moderne Rüstungsbetriebe zur Verfügung gestellt. Und die Deutschen? Sie hielten es nach außen hin zunächst mit der französischen Volksfrontregierung des Sozialisten Léon Blum, die unter massivem innenpolitischen Druck am 26. Juli 1936 früher vereinbarte Waffenlieferungen an die spanische Republik storniert und die Grenze zum Nachbarland weitgehend abgeriegelt hatte. Hitler schloß sich am 8. August großspurig dem Waffenembargo an und tönte: »Kein Kriegsmaterial nach Spanien!« Doch die Tatsachen sprachen eine andere Sprache.Nachdem am 22. Juli 1936 in Berlin ein Ersuchen Francos um die Bereitstellung von zehn Transportflugzeugen eingegangen war, sagte Hitler drei Tage später seine Unterstützung zu. Das geschah nach einer Unterredung im kleinsten Kreis während der Bayreuther Festspiele; anwesend waren neben dem »Führer« Kriegsminister Werner von Blomberg, Generaloberst Hermann Göring als Chef der Luftwaffe und Abwehrchef Wilhelm Canaris. Kurz darauf nahmen ein Panzerschiff, Kreuzer und Torpedoboote Kurs auf die Iberische Halbinsel wie es hieß, zur »Wahrung deutscher Interessen« und zum »Schutz deutscher Staatsangehöriger in Spanien«.
Am 27. Juli wurde ein »Sonderstab W«, benannt nach dem General der Flieger Helmut Wilberg, eingerichtet, der umgehend die Verlegung von 20 Transportmaschinen Ju 52 insgesamt sollten es 88 Flugzeuge dieses Typs werden in die Wege leitete. Zur wirtschaftlichen Abwicklung dieser »Unternehmen Feuerzauber« genannten Operation wurde in Spanien eine »Compania Hispano- Marroqui de Transportes Limitada« (HISMA Ltd.) gegründet, deren Geschäftsführer mit dem 39jährigen Johannes Bernhardt ein bewährter Reichswehrmann war.Beginnend mit dem 28. Juli, wurden im Rahmen des »Unternehmens Feuerzauber« bis Ende September bei mehr als 800 Flügen etwa 14000 Fremdenlegionäre bzw. Söldner sowie 500 Tonnen Material von Marokko nach Spanien befördert. Parallel dazu wurden, getarnt als »Reisegesellschaft Union«, die ersten Angehörigen der Luftwaffe sowie Kampfbomber und Fliegerabwehrgeschütze Richtung Spanien verschifft.
Am 31. Juli verließ der Frachter »Usaromo« mit 28 modernen Bombenflugzeugen an Bord den Hamburger Hafen und nahm Kurs auf Lissabon. Eine Woche später folgte die »Montesarmiento« mit 40 Flugzeugen sowie 150 Piloten, Mechanikern und Technikern. Am 12. August trafen 20 Maschinen aus Deutschland und die dazugehörigen Besatzungen in Sevilla ein. Unter Decknamen wie »Übung Rügen« folgten weitere Transporte und Truppenverlegungen. Auch wenn sich die daraus entstehende »Legion Condor« erst am 6. November 1936 offiziell mit einem vorläufigen Kontingent von 6500 Mann unter dem Kommando von General Hugo Sperrle in Sevilla einsatzbereit meldete, so darf nicht übersehen werden, daß Minister Blomberg bereits am 28. August Kampfeinsätze deutscher Piloten in Spanien genehmigt und in spanischen Küstengewässern operierenden Kriegsschiffen Schießbefehl erteilt hatte.
Noch vor Ende des Monats hatten sich Flieger der Wehrmacht an ersten Bombeneinsätzen gegen die spanische Hauptstadt beteiligt. (Mit ihren im Kriegsverlauf alles in allem über 25000 Mann hatte die »Legion« übrigens nahezu zehnmal soviel Personal im Einsatz wie die deutschen Antifaschisten in den Internationalen Brigaden.)
Farce der »Nichteinmischung«
Während sich noch im Juli in Burgos eine »Junta der nationalen Verteidigung« unter General Cabanellas konstituiert hatte nach etlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Verschwörerclique konnte Franco sich erst Anfang Oktober zum »Caudillo« (Führer) und Generalissimo küren lassen , schlug der Ministerpräsident Frankreichs nach Absprache mit der konservativen britischen Regierung Anfang August allen europäischen Ländern eine Politik der »Nichteinmischung« in Spanien vor.
Das daraufhin gebildete »Non-Intervention Committee« mit Vertretern aus 27 Staaten Europas einschließlich der Sowjetunion, Deutschlands und Italiens trat am 9. September in London zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die USA gehörten nicht dazu, erklärten sich aber ebenfalls für neutral. Diese »Neutralität« ging so weit, daß Reisende nach Europa in ihre Pässe den Vermerk »Nicht gültig für Spanien« gestempelt bekamen, aber nicht so weit, daß amerikanischen Konzernen Geschäfte mit den Putschisten untersagt worden wären. So konnten diese im Kriegsverlauf u.a. rund zwei Millionen Tonnen Erdöl und 12000 Lkw nach Spanien liefern.Folge dieser sogenannten Politik der Nichteinmischung waren nicht nur das in den meisten Ländern erlassene Verbot selbst von humanitären Hilfslieferungen für die Bevölkerung der spanischen Republik, sondern vor allem die Einbeziehung der beiden wichtigsten faschistischen Interventionsmächte in die erforderlichen Kontrollmaßnahmen. Das führte etwa dazu, daß deutsche und italienische Kriegsschiffe im Mittelmeer und im Atlantik patrouillieren und eventuelle »Blockadebrecher« selbstredend nicht ihre eigenen aufbringen und sogar versenken durften.
Angesichts dieser Praxis und der oben beschriebenen fortlaufenden deutsch-italienischen Waffenhilfe für Franco erklärte die UdSSR Mitte Oktober 1936, sich nicht mehr an die Prinzipien der Non-Intervention gebunden zu fühlen. Sie stellte in den folgenden Monaten und Jahren der Volksfrontregierung insgesamt 806 Flugzeuge, 362 Panzer und 120 gepanzerte Fahrzeuge, 1550 Artilleriegeschütze, 15100 MG und 500000 Gewehre sowie rund 2000 Militärspezialisten, Techniker und sonstige Berater zur Verfügung, wobei ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser Lieferungen die Iberische Halbinsel Stichwort Blockade nicht oder viel zu spät erreichte. Zum Vergleich dazu seien summarisch noch einmal einige Zahlen aus der deutschen und italienischen Schützenhilfe für das franquistische Regime aufgeführt: 1650 Flugzeuge, 1150 Panzer und Panzerspähwagen sowie 2600 Artilleriegeschütze. Hinzu kamen bis Dezember des ersten Kriegsjahres rund 40000 Mann, die sich bis März 1937 bereits auf 80000 verdoppelt hatten; Anfang 1938 zählte die faschistische Interventionsstreitmacht ohne Marokkaner, Portugiesen und Fremdenlegionäre sage und schreibe 180000 Mann.Wenn es also beim rein innerspanischen Bürgerkrieg geblieben wäre und wie das Kräfteverhältnis ohne Interventen und auch ohne Interbrigaden ausgesehen hätte, läßt sich relativ leicht ausrechnen. Geht man davon aus, daß die sich ab Oktober 1936 formierende spanische Volksarmee insgesamt bis zum Kriegsende im März 1939 etwa 1,2 Millionen Angehörige erfaßt hatte, während die Putschisten nicht einmal die Hälfte davon aufbieten konnten, so fällt die Antwort klar und eindeutig aus.
Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen