Extremist der Mitte
Nach den Anschlägen von Norwegen
Nicht die Tat, aber das dahinterstehende Gedanken-Wirrwarr ist in etlichen Gesellschaften des »Abendlandes« heutzutage durchaus salonfähig: Die Halluzination einer »schleichenden Islamisierung« und des Verlustes »nationaler Identität«.
Je stärker die kapitalistischen Staaten die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten vorantreiben, desto stärker wird »der Moslem« zum Sündenbock. Wie sehr antimuslimische Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, zeigt sich nicht nur in Bürgerinitiativen gegen Moscheebauten. Es zeigt sich auch darin, daß die SPD ihren Rassetheoretiker Thilo Sarrazin weiterhin in ihren Reihen duldet, obwohl – oder weil? – er die pauschale Diffamierung »des Orientalen« (Sarrazin) betreibt.
Während der norwegische Ministerpräsident kurz nach dem Anschlag verkündete, die Antwort Norwegens sei »mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Humanität«, flüchten sich deutsche Sicherheitspolitiker in ihre Standardantwort: Mehr Überwachung und mehr Repression. Der Bundesinnenminister fordert einmal mehr die Vorratsdatenspeicherung, als hätte die etwas helfen können.
Totalüberwachung als Suggestion totaler Sicherheit: Sollen Sarrazin und die über eine Million Leser seines Buches vom Verfassungsschutz beobachtet werden? Völlig unnötig, denn sie agieren ganz offen, wie auch Internetseiten vom Schlage »Politically Incorrect«. Wer dort das Glossar zum Islam öffnet, dem wird die Mohammed-Karikatur mit der Bombe unterm Turban präsentiert, nur daß sie hier keineswegs als schlechter Witz verstanden wird.
Breivik hat einen mörderischen Brand entfacht, aber das Öl kommt aus einer Vielzahl von Quellen, aus der Mitte der Gesellschaft. Hier kann und hier muß man ansetzen: Wer pauschal gegen Minderheiten hetzt, muß geächtet werden.
Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken
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