Sonntag, 10. Juli 2011

15000 #Demonstranten gg. s21 #glauben #nicht #an #Streßtest oder #Volksabstimmung. Sie #glauben #an d. #eigene #Kraft. [via JW]


Entmutigung gescheitert

Von Daniel Behruzi, Stuttgart

[Junge Welt - Ausgabe vom 11.07.2011 - Seite 1]
http://www.jungewelt.de/2011/07-11/056.php
 
 

Einschüchterungsversuche und Verwirrspiele um den »Streßtest« können das Wiederaufleben der Massenbewegung gegen »Stuttgart 21« (»S21«) nicht stoppen. Am Samstag sind erneut rund 15000 Menschen gegen die Realisierung des Tiefbahnhofs in der baden-württembergischen Landeshauptstadt auf die Straße gegangen. Unter dem Motto »Baustopp für immer« versammelten sie sich mit einer Vielzahl selbstgestalteter Plakate, Transparente und Fahnen zur Kundgebung vor dem alten Kopfbahnhof. Und sie werden wiederkommen.

»Wir können in eine neue Dimension des Protests vorstoßen, wenn wir massenweise auf die Straße gehen und uns dem Bauvorhaben entgegenstellen«, sagte Volker Lösch. »Wir dürfen nicht auf den Streßtest hoffen und uns nicht auf eine Volksabstimmung verlassen – wir müssen uns auf uns selbst verlassen«, appelliert der Theaterregisseur unter dem Applaus der Demonstranten.

»In den Streßtest habe ich absolut kein Vertrauen«, erklärte Hilde Heidler. Die 49jährige aus dem benachbarten Renningen trägt ein Plakat um den Hals. »Vorsätzliche Falschangaben, arglistige Täuschung, bandenmäßiger Betrug« steht darauf. Gemeint ist die Bahn AG, der die Gegner des Prestigeprojekts beim »Streßtest« Trickserei vorwerfen. Die Berechnungsgrundlage sei falsch, meinte Heidler. Denn die Kapazität des jetzigen Bahnhofs liege erwiesenermaßen bei 54 Zügen pro Stunde. Per Computersimulation »nachweisen« muß die Bahn aber nur, daß mit »S21« stündlich 49 Züge abgefertigt werden können. »54 plus 30 Prozent gleich 49?« fragte Harald Seiz auf einem selbstgemalten Plakat rhetorisch. »Die Vorstellung des Testergebnisses wird eine reine Showveranstaltung für die Medien«, ist der 62jährige überzeugt. »So oder so muß der Protest auf der Straße dieses Wahnsinnsprojekt wegfegen.«

Einen Teilerfolg konnten die Gegner des Tiefbahnhofs in der vergangenen Woche verbuchen. Da die mit der Simulation betraute Schweizer Firma SMA nicht rechtzeitig fertig wird, muß die Bahn die ursprünglich für den 14. Juli geplante Präsentation des Resultats auf Ende Juli verschieben. Zuvor hatte das Unternehmen stets behauptet, spätestens am 15. Juli müßten Tunnelbauten für bis zu 750 Millionen Euro vergeben werden, sonst drohten erhebliche Kostensteigerungen. »Die Verschiebung zeigt: Es gibt gar keinen Zeitdruck, außer die Bahn selbst macht ihn«, erklärte Brigitte Dahlbender vom »Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21«. Zudem gehe es nicht nur um den »Streßtest«. Neben der Kapazitätsfrage gebe es viele weitere stichhaltige Argumente gegen »S21«. Die Landesvorsitzende der Umweltorganisation BUND nennt u.a. die eingeschränkte Frischluftzufuhr im Stuttgarter Talkessel, den gefährdeten Grundwasserpegel und vor allem die immensen Kosten des Bahnhofsbaus.

Hoch über dem Kundgebungsplatz machte ein großes Transparent auf die Hausdurchsuchungen in der vergangenen Woche bei den »Parkschützern« aufmerksam: »Kriminalisierung? Einschüchterung? Ihr kriegt uns nicht klein!« Dahlbender erklärte dazu unter Applaus: »Wir lassen uns nicht provozieren – auch nicht durch die überzogenen Maßnahmen der Polizei.«

Eine landesweite Volksabstimmung über »S21« wird von den Demonstranten einhellig abgelehnt. »In Stuttgart wäre das Ergebnis ganz klar, aber nicht, wenn in ganz Baden-Württemberg abgestimmt wird«, meinte Morell. »Warum sollte es die Leute in Mannheim oder Karlsruhe interessieren, wie der Stuttgarter Hauptbahnhof aussieht?«



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