Auch Grüne lassen räumen
Von Peter Wolter
[via Junge Welt]
Wie gehabt: Die Bahn AG baut weiter am Stuttgarter Hauptbahnhof, Demonstranten blockieren die Baustelle und die Polizei räumt. Allerdings wird Baden-Württemberg seit dem 27. März nicht mehr vom CDU-Mann Stefan Mappus regiert, sondern vom Grünen Winfried Kretschmann, der im Wahlkampf mit seiner Ablehnung des Projekts »S 21« jede Menge Punkte gesammelt hatte.Nach zehnwöchiger Unterbrechung hatten Baufirmen am gestrigen Dienstag im Auftrag der Bahn AG ihre Arbeiten am »Grundwassermanagement« sowie an der Decke eines unterirdischen Technikgebäudes wieder aufnehmen wollen. Nach Angaben der Polizei versperrten rund 300 Demonstranten die Zufahrt zur Baustelle. Etwa 120 von ihnen hätten sich an zwei Sitzblockaden beteiligt und seien dann von Beamten weggetragen worden.Die Stuttgarter »Parkschützer«, die am energischsten gegen den Bahnhofsumbau protestieren, kündigten weitere Proteste an. »Wenn Bundesverkehrsminister Ramsauer nicht bald beherzt gegen Stuttgart 21 einschreitet, werden wir wie letztes Jahr einen weiteren Protestsommer erleben mit Großdemos und Aktionen des zivilen Ungehorsams«, erklärte Matthias von Herrmann, Pressesprecher der »Parkschützer«.Ein Bahn-Sprecher erklärte zur Wiederaufnahme der Bautätigkeit, es handele sich zunächst um »Vorbereitungsarbeiten«. Unumkehrbare Arbeiten werde es bis zur Auswertung des »Streßtests« zur Leistungsfähigkeit des projektierten Tiefbahnhofs nicht geben. Das Ergebnis des Tests soll am 15. Juli vorgelegt werden.Erst vergangene Woche hatte die Landesregierung im »Lenkungsausschuß« des Bauprojekts darauf verzichtet, einen Baustopp bis zum 15. Juli zu beantragen, weil sie dann nach eigener Darstellung zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 50 bis 60 Millionen Euro verpflichtet gewesen wäre. Für einen Baustopp bis zu der im Oktober vorgesehenen Volksbefragung hatte die Bahn AG sogar eine Schadenersatzforderung von etwa 410 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Eine Woche zuvor waren Beobachter noch davon ausgegangen, daß sich beide Seiten die Kosten der Verzögerung teilen könnten. Die Bahn AG will nach eigener Darstellung am heutigen Mittwoch über ihre weiteren Schritte informieren.Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bedauerte es gestern, daß die Bahn die Arbeiten wieder aufgenommen hat. Sie habe »leider das getan, wovor wir sie gewarnt haben. Sie sollte nicht weiterbauen wenigstens bis zum Ende des Streßtests«, erklärte der Politiker in Stuttgart. Darüber hinaus bezweifle er, »daß der Streßtest auf hoher Qualität stattfindet«.Unterdessen droht der Bahn eine weitere Bauverzögerung, weil nach Ansicht des Stuttgarter Umweltministeriums ein neues Planfeststellungsverfahren zu dem Milliardenprojekt eingeleitet werden muß. Grund dafür sei, daß die Bahn AG nach jetzigem Stand während der siebenjährigen Bauzeit 6,8 Millionen Kubikmeter Grundwasser entnehmen wolle es seien aber nur drei Millionen genehmigt worden.Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Ulrich Maurer, kritisierte die Zurückhaltung der Landesregierung. »Es ist doch verwunderlich, wie schnell man durch Amt und Pöstchen seine Meinung drehen kann«, erklärte er in Berlin. »Daß nun Innenminister Gall unter dem grünen Ministerpräsidenten Kretschmann Sitzblockaden räumen läßt, zeigt das Ausmaß des grünen Wahlbetrugs.«
Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen