(...)
Isabell Lorey: Gemeinsam Werden.
Prekarisierung als politische Konstituierung
Politisch-kulturelle Durchqueerungen
Im Laufe der 2000er
Jahre hat sich ein in erster Linie in Europa geführter Diskurs zu Prekarisierung
herausgebildet, in dem ein außerordentlich komplexes Verständnis von sozialer
Unsicherheit und deren Produktivität entstanden ist. Diese Diskurse wurden immer
wieder durch politischen Aktivismus und theoretische Reflexionen im Kontext der
Bewegung der europäischen Prekären, wie der EuroMayDay-Bewegung[1]
zusammengeführt und auch neu angestoßen. Diese transnationale Bewegung, die seit
dem Beginn der 2000er Jahre existiert, thematisiert prekäre Arbeits- und
Lebensverhältnisse als Ausgangpunkt für politische Kämpfe und sucht nach
politischen Handlungsmöglichkeiten in neoliberalen Verhältnissen. Das
Außergewöhnliche an dieser sozialen Bewegung ist nicht nur, auf welche Weisen
darin neue Formen politischer Kämpfe erprobt und neue Perspektiven auf
Prekarisierung vorangetrieben worden sind. Vielmehr – und das ist auffallend im
Verhältnis zu anderen sozialen Bewegungen – hat sie immer wieder die scheinbar
getrennten Felder des Kulturellen und des Politischen durchqueert und gequeert.
Im vergangenen Jahrzehnt fand der Austausch über das zum Teil subversive Wissen
der Prekären, die kommunikative Suche nach dem Gemeinsamen, um eine politische
Konstituierung zu ermöglichen, weniger in sozialen, politischen oder auch
universitären Kontexten, sondern auffallend häufig in Kunstinstitutionen statt.
2004 beispielsweise
brachte das Forschungs-, Ausstellungs- und Veranstaltungsprojekt Atelier
Europa im Kunstverein München[2]
AktivistInnen, TheoretikerInnen und KünstlerInnen zusammen, um einen Austausch
über prekäre Lebens- und Arbeitsverhältnisse und damit einhergehende
Widerspenstigkeiten zu ermöglichen. Im Fokus standen nicht nur zunehmende und
veränderte Formen von Prekarisierung in der Kulturproduktion[3],
sondern auch in anderen sozialen Bereichen, vor allem im anhaltend Frauen
zugeordneten Bereich der Pflege-, Care- und allgemein der Reproduktionsarbeit.
Die Madrider feministische Aktivistinnengruppe ‚Precarias a la deriva’ lieferte
in dieser Hinsicht sehr wichtige Impulse.[4]
Ein weiteres Beispiel
aus dem Jahr 2004: Am Vortag des 1. Mai trafen sich auf Einladung des Museums
für zeitgenössische Kunst MACBA in Barcelona AktivistInnen von Indymedia-Gruppen
aus ganz Spanien, um eine intensive Debatte über ihre medienaktivistischen
Praxen zu betreiben. Am 1. Mai beteiligten sie sich nicht nur an der
EuroMayDay-Paraden, sondern trugen die Problematisierung von prekären
Arbeitsverhältnissen kritisch an den Ort des MACBA zurück. Die Kritik an der
ambivalenten Rolle von Kunstinstitutionen wurde artikulierbar: Institutionen im
Kunstfeld waren einerseits Orte der kritischen Auseinandersetzungen über
neoliberale Transformationsprozesse und zugleich wichtige Players im Spiel des
kognitiven Kapitalismus und zunehmender Prekarisierungstendenzen.[5]
Im Januar 2005 – ein
letztes Beispiel – fand in Berlin die internationale Konferenz Klartext!
im Künstlerhaus Bethanien und der Volksbühne in Berlin zum „Status des
Politischen in aktueller Kunst und Kultur“ statt.[6]
Viele der Eingeladenen waren gleichzeitig AktivistInnen im transnationalen
EuroMayDay-Netzwerk, das sich am Vortag der Konferenz in Berlin traf. Sie
brachten die aktuellen Problematisierungen von Prekarisierung in die Konferenz
ein und konnten darüber zugleich ihre Reisekosten abrechnen. Darüber hinaus
wurden theoretische Analysen zu Prekarisierung, die sich mit aktivistischen
Praxen beispielsweise im Kontext des EuroMayDay-Netzwerks verschränkten,
verstärkt in Online-Zeitschriften geführt, die Kunst, politische Theorie und
Aktivismus verbinden, wie beispielsweise mute magazine oder
transversal[7]
– lange Jahre bevor Prekarität zum Topthema der institutionalisierten
sozialwissenschaftlichen Forschung avancierte.
Diese Einordnung
der linken aktivistisch-theoretischen Diskurse und Praktiken erscheint mir
wichtig, um auf die Durchqueerungen verschiedener gesellschaftlicher Felder zu
verweisen, die meist als separiert wahrgenommen werden. Diese Durchqueerungen,
permanenten Überschreitungen und nicht gewohnten Zusammensetzungen von Personen
und Feldern sind eine grundlegende Erfahrung und Perspektive auf die
Problematisierung von Prekarisierung als einem transnationalen wie
gesamtgesellschaftlichen Phänomen.
Normalisierung und Steuerung von Differenzen
Prekarisierung
ist keineswegs ein Phänomen, das nur an den Rand imaginierte gesellschaftliche
Gruppen betrifft und von diesen Rändern her ins Zentrum überzugreifen droht –
auf die so genannte Mittelschicht, diejenigen also, die bisher gut abgesichert
in das kapitalistische Produktionsregime integriert waren und darüber ihre
gesellschaftliche Stellung untermauern und verbessern konnten. Ein solches
Modell zwischen prekärem Rand und bedrohtem Zentrum wird dem Um- und Abbau
sozialer Sicherungssysteme in Europa nicht gerecht. Es handelt sich um eine
Entwicklung, die das so genannte Zentrum längst erfasst hat: der massive
Rückgang unbefristeter Arbeitsverträge und die Zunahme befristeter, zum Teil
eine hohe Mobilität erfordernder Jobs, ohne oder mit nur minimalen sozialen
Absicherungen wie Kranken- und Urlaubsgeld oder Altersvorsorge.
Vor diesem Hintergrund
ist Prekarisierung ein neoliberales Regierungsinstrument. Neoliberale
Gesellschaften werden gegenwärtig innenpolitisch durch soziale Unsicherheit, das
heißt durch das Austarieren eines Minimums an sozialer Sicherheit regiert.
Soziale Unsicherheit ist kein Phänomen, das nur bestimmte gesellschaftliche
Gruppen betrifft. Prekarisierung befindet sich gegenwärtig vielmehr in einem
Prozess der Normalisierung und schließt damit an soziale Unsicherheiten an, die
bereits vor dem Fordismus beklagt wurden, ohne damit identisch zu sein. Der
fordistische Sozialstaat offenbart sich als historische Ausnahme und keineswegs
als Norm, von der aus prekäre Arbeitsverhältnisse als Abweichung und Anomalie
verstanden werden können.[8]
Die Kunst des Regierens
besteht gegenwärtig darin, ein wahrscheinlich nicht exakt zu kalkulierendes
Maximum an Prekarisierung, das mit einem Minimum an Absicherung
korreliert, einzuführen und an diesem Grat dafür zu sorgen, dass das Minimum
gesichert wird. Normalisierte maximale Prekarisierung bedeutet keineswegs
Gleichheit in der Unsicherheit, Ungleichheiten werden nicht abgeschafft. Die
neoliberale Logik will aus gutem Grund keine Reduktion, kein Ende der
Ungleichheit, weil sie mit diesen hierarchisierten Differenzen spielt und auf
deren Grundlage regiert. Der Fokus dieser Regierungslogik liegt nicht mehr auf
der Regulierung festgesetzter identitärer Differenzen. Sie reguliert nur noch
die ‚absolute Armut’, die die Einzelnen tendenziell daran hindern könnte, das
Spiel der Konkurrenz zu spielen.[9]
Versteht man
Prekarisierung in diesem Sinne auch als Normalisierung und Steuerung von
Differenzen in der Unsicherheit, dann ist es nicht hilfreich, in kritisch
emanzipatorischer Absicht gruppenbezogene Unterscheidungen von Prekarität zu
konstruieren. Mit feuilletonistischen Kategorisierungen in Luxus- und
Armutsprekäre wird letztlich eine neoliberale Konkurrenzdynamik zwischen
unterschiedlichen Graden von Prekarisierung reproduziert.
Wenn
Prekarisierung zu einem Regierungsinstrument der Normalisierung geworden ist und
damit als Gruppen und Schichten übergreifendes Phänomen verstanden werden muss,
dann sollten sich soziale und politische Kämpfe nicht an separierenden und
hierarchisierenden Differenzierungen beteiligen. Ohne die unterschiedlichen
Ausmaße von Prekarisierung zu negieren, sollten sie gerade nach Gemeinsamkeiten
in der Normalisierung suchen: um die Produktivität prekärer Lebens- und
Arbeitsverhältnisse zur Veränderung dieser Regierungsweisen zu nutzen, um sie
gemeinsam zu verweigern und ihnen zu entgehen.
Auseinandersetzungen um neue politische Praxen
Um die
vielfältigen Prekären nicht erneut zu individualisieren und zu separieren, haben
sich die kritischen Diskurse und widerständigen Praxen im Kontext von
Prekarisierung im vergangenen Jahrzehnt immer wieder auf das konzentriert, was
den Prekären in aller Differenz gemeinsam ist. Eine solche Suche nach
Gemeinsamkeiten geht von Differenzen aus und endet nicht in Gleichheit, sondern
ist begleitet von permanenten Auseinandersetzungen darüber, was als Gemeinsames
gilt.
Die theoretischen
Reflexionen wie auch die sozialen Bewegungen zu Prekarisierung bedienen sich
weitgehend dem Denken und Begriffsgefüge des Poststrukturalismus und
Post-Operaismus und suchen damit zugleich nach Praxen jenseits traditioneller
Repräsentationspolitik. Diese Politik, in der Repräsentation in erster Linie als
Stellvertretung verstanden wird, zeigt sich nicht nur in parlamentarischen
Demokratien, sondern auch in linken Politikverständnissen, die ein identitäres
kollektives Subjekt, das mit einer Stimme (stellvertretend) Forderungen
artikulieren können soll, für politische Praxen als notwendig erachten. Wenn es
aber um die Suche nach Gemeinsamkeiten in den unterschiedlichen Formen von
Prekarisierung geht, um die Möglichkeiten, sich in der Differenz zu Bündnissen
zusammenzuschließen, dann ist eine identitäre, subjektorientierte Politik
offensichtlich nicht geeignet, denn sie verhindert die Suche nach dem
Gemeinsamen in der Differenz.[10]
Gerade in der
Linken muss zudem immer wieder auch darum gestritten werden, dass
Solidarisierungen mit den meist migrantischen ‚Anderen’ nicht nur oft die
‚eigene’ Position unreflektiert lassen, sondern ‚die armen Anderen’
viktimisieren und ihnen eine eigene politische Handlungsfähigkeit absprechen. Im
Gegensatz zu festschreibenden Identitätskategorien, die in prekäre Kreative auf
der einen und ausgeschlossene Prekäre auf der anderen Seite unterscheiden, um
letztere mit weißer ‚Unterschicht’, MigrantInnen oder illegalisierten Personen
zu identifizieren, wurden im Rahmen des EuroMayDay Schicht und Status
übergreifende unterschiedliche Bündnisse konstituiert: zwischen prekären
KulturproduzentInnen, WissenarbeiterInnen, MigrantInnenorganisationen,
Arbeitsloseninitiativen, Organisierungen von illegalisierten Personen oder auch
Gewerkschaften.
Die
Auseinandersetzungen wurden also immer wieder auch darum geführt, auf welche
Weisen die Refigurierung des Subjekts und damit identitäre Logiken dekonstruiert
werden können, um eine neue Sprache der Politik zu finden, die das Feld
politischer Möglichkeiten öffnen kann.
Nicht
vollständig ökonomisierbare Produktivität
Read more at www.grundrisse.netEs existiert eine
wichtige Vorannahme für eine politische wie theoretische Perspektive auf das
Gemeinsame: Die neue Figur der auf Kommunikation, Wissen, Kreativität und Affekt
basierenden Arbeitskraft[11]
ist keineswegs ausschließlich für eine neue Phase kapitalistischer Akkumulation
produktiv. Die Ökonomisierung des Sozialen, das Ineinsfallen von Arbeit und
Leben, die Anforderungen, bei immaterieller und affektiver Arbeit die gesamte
Person einzubringen, also die Kapitalisierung von Subjektivierungsweisen – all
diese Prozesse sind keineswegs total, umfassend oder vollkommen determiniert.
Immer entstehen Überschüsse, Möglichkeiten der Artikulation und Potenzialitäten
von Widerständigkeit. Subjektivierungsweisen gehen nicht in den normativen
staatlichen und ökonomischen Anrufungen nach Flexibilität, Mobilität und
affektiver wie kreativer Arbeit auf. In unsicheren, flexibilisierten und
diskontinuierlichen Arbeits- und Lebensverhältnissen entstehen Subjektivierungen,
die nicht zur Gänze einer neoliberalen Verwertungslogik entsprechen, die sich
auch widersetzen und verweigern. „Prekarisierung steht also für ein umkämpftes
Terrain: ein Terrain, auf dem die Ansätze, einen neuen Ausbeutungszyklus in Gang
zu setzen, auf die Wünsche und subjektiven Verhaltensweisen treffen, in denen
das Aufbegehren gegen das ‚alte’, fordistisch genannte Arbeitsregime und die
Suche nach einem anderen, freien, ja auch ‚flexiblen’ Leben sich äußert.“[12]
Die Prozesse der Prekarisierung sind ein umkämpftes soziales Terrain, in dem
sich die Kämpfe der Arbeitenden und die Wünsche nach anderen Formen des Lebens
und Arbeitens artikulieren. Die Prozesse der Prekarisierung sind nicht nur im
ökonomisch verwertbaren Sinne produktiv. In postfordistischen prekären
Produktionsverhältnissen werden immer wieder neue Lebensformen, neue soziale
Beziehungen entwickelt und erfunden.[13]
Auch in diesem Sinne sind die Prozesse der Prekarisierung produktiv.Jene Arbeitsformen, die
in erster Linie auf Kommunikation und Affekten, auf Austausch mit anderen
basieren, sind nicht zur Gänze berechenbar. Der messbare Charakter der
Produktion wird überschritten, Produktion wird so im Vergleich zur fordistischen
Industriearbeit tendenziell unkalkulierbar.[14]
In den Prozessen der Prekarisierung entsteht in vielen Momenten
Unvorhergesehenes, Kontingentes und auch in diesem Sinne Prekäres. Dieser Aspekt
von Prekarisierung birgt die Potenzialität von Verweigerung und produziert
zugleich eine Neuzusammensetzung von Arbeit und Leben, von Sozialität, die nicht
so, nicht sofort, nicht so schnell und vielleicht gar nicht ökonomisierbar ist.
In solchen Neu-Zusammensetzungen geschehen Unterbrechungen im Prozess der
Normalisierung, das heißt der Kontinuität von Verwertbarkeit. In diesem Sinne
ist das Bedeutungsgefüge von Prekarisierung in den Diskursen um die
EuroMayDay-Bewegung nicht ausschließlich negativ konnotiert, sondern beinhaltet
immer auch die Potenzialität gemeinsamer Verweigerungen, die Potenzialität des
Exodus und der Konstituierung.[15]Das Wissen
der Prekären und die Praxis des DurchqueerensProduktive
Unterbrechungen, das heißt die Faltungen des Prekären in die Potenzialität von
gemeinsamer Konstituierung, können freilich nicht einfach theoretisch
konstatiert, sondern müssen in den sozialen und politischen Auseinandersetzungen
gefunden und erfunden werden. Dazu brauchte es am Beginn der 2000er Jahre (und
bis heute noch) ein Wissen über unterschiedliche Formen von Prekarisierung und
die darin neu entstehenden Praktiken der Verweigerung und der Subversion. Um
dieses unterschiedliche Wissen der Prekären zusammenzutragen, wurden viele
militante Untersuchungen – etwa in kulturellen und künstlerischen (wie von
kpD[16])
oder in unterschiedlichen sozialen Kontexten (wie von Precarias a la deriva)
– durchgeführt. Die Praxis der militanten Untersuchung oder auch Mituntersuchung
schließt an die ArbeiterInnen(selbst)befragungen an, wie sie vor allem in den
1970er Jahren im Rahmen des italienischen Operaismus durchgeführt wurden.
Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse sollen durch die davon Betroffenen,
also die ExpertInnen selbst untersucht und deren spezifisches Erfahrungs-Wissen
inklusive subversiver Praktiken und Widerspenstigkeiten artikulierbar gemacht
werden. Solche gegenseitigen Befragungen der ArbeiterInnen gelten „als
Voraussetzung für eine politische Intervention“[17],
so Marta Malo von Precarias a la deriva. Die Praxis der militanten
Untersuchung hat das Interesse, Emanzipation, Auseinandersetzungen, soziale
Kämpfe zu initiieren und Suchbewegungen nach besseren Weisen des Lebens und
Arbeitens zu potenzieren. Es geht darum, „den unterirdischen und häufig
unsichtbaren Faden des Unbehagens und der täglichen Aufstände zu erforschen“[18],
damit sich das Vermögen, die potentia der Prekären zu einer
konstituierenden Macht zusammensetzen kann.[19]
Prekäre haben keine gemeinsame Identität,
aber gemeinsame Erfahrungen. Prekarisierung, so kpD, lässt sich über die
ökonomische Dimension hinausgehend als vielfältige Erfahrung verstehen, die mit
„einer nicht funktionierenden identitären Zuschreibung oder Anrufung und den
damit verbundenen Vereindeutigungen zu tun hat, die sich dennoch auf bestimmte
Weisen in Subjetivierungsverhältnissen materialisieren. […] Häufig müssen
verschiedene berufliche, statusbezogene, geschlechtliche, sexuelle und
ethnisierende Positionen, die sozial sehr widersprüchlich sind, gleichzeitig
oder nacheinander eingenommen werden.“[20]
Prekarisierung bezieht sich auf die sehr anstrengende Praxis, mehrere
Positionierungen und Anrufungen gleichzeitig und nacheinander zu durchqueeren.[21]In diesem
Verständnis verweist Prekarisierung also auch auf die Unmöglichkeit der
Vereindeutigung, die Unmöglichkeit eines identitären Stillstands. Prekarisierung
meint hier auch die Erfahrung, mit der simultanen Vielfältigkeit, mit der
Heterogenität von Zuschreibungen und Anrufungen umzugehen. Differente
Singularitäten sind nicht durch Individualität, also Unteilbarkeit konstituiert,
sondern viel eher durch das, was sie mit anderen teilen, woran sie Teil haben,
zu welchem Teil und wie sie mit anderen gemeinsam werden, zu einer
konstituierenden Macht.Prozess der
Konstituierung statt ontologische Konstitution des GemeinsamenUm dieses
Gemeinsam-Werden als politische Handlungsfähigkeit denken zu können, möchte ich
anstelle des Begriffs des Gemeinsamen als sozialer ontologischer Konstitution
(wie es Michael Hardt und Antonio Negri noch einmal jüngst in Common Wealth
angeboten haben[22])
einen anderen, mittlerweile etwas aus dem Blickfeld verschwundenen Begriff von
Negri, nämlich den der
konstituierenden Macht[23],
in den Vordergrund rücken. Für Forderungen nach politischen und sozialen Rechten
kann es durchaus notwendig sein, sich (strategisch) auf ein ontologisch
begründetes Gemeinsames zu beziehen, eines, das die Gleichheit im Sinne von
Gleichstellung in der Differenz anstrebt. Um aber überhaupt mit anderen zusammen
agieren zu können, muss dieses Gemeinsame etwas anderes bedeuten, als eine
grundlegende ontologische Kategorie. Denn dieses „common“ ist etwas, das erst
entstehen muss, das sich zu allererst zu etwas zusammen-setzt, was es noch nicht
gibt. Keine Gemeinschaft entsteht hier, keine Vereinigung oder Vereindeutigung,
sondern eine Gemeinschaftsvorstellungen fliehende Zusammensetzung.Eine solche
Neu-Zusammensetzung, eine solche Konstituierung[24]
ist wie ein Mosaik zu verstehen, das sich aus vielen einzelnen, bereits
bestehenden Teilchen, aus Singularitäten zusammenfügt und in der Weise des
Arrangements Neues entstehen lässt. Nicht das Arrangement selbst ist innovativ,
sondern die Auseinandersetzungen, die in den unterschiedlichen Zusammensetzungen
entstehen. Konstituierung, die Entfaltung einer konstituierenden Macht ist nicht
ohne Konflikte, deshalb ist sie politisch im Grund legenden Sinne. Der Grund ist
nicht das Gemeinsame, und damit nicht der Konsens, sondern der Konflikt.
Konflikte und Auseinandersetzungen sind aber nicht allein die Grundlage dessen,
was sich zusammen-setzt. Auseinander-Setzungen sind auch Ausdruck von
Verweigerungen und Widerständigkeiten, auf Grund derer sich eine konstituierende
Macht überhaupt entfalten kann. Ohne Konflikte, ohne soziale Kämpfe bleibt die
konstituierende Macht, die es braucht um einen Prozess der Konstituierung in
Gang zu setzen, lediglich vereinzeltes Vermögen in der Latenz.
Precariousness und PrecarityKommen wir vor diesem
Hintergrund zurück zum Thema Prekarisierung und verbinden wir das bisher Gesagte
mit den diesbezüglichen Überlegungen von Judith Butler. Sie hat nämlich einen
ontologischen Begriff von precariousness angeboten, von existienzieller
Gefährdetheit[25],
der mit dem ontologischen Begriff des Gemeinsamen von Negri und Hardt produktiv
zusammengedacht werden kann. Im Anschluss daran wird deutlich, dass das
ontologisch Gemeinsame von Gefährdetheit nicht ausreicht, um ein politisches
Verständnis von precarity zu entwickeln.[26]Butler konzipiert die
allgemeine Gefährdetheit des Lebens, die Verletzlichkeit des Körpers nicht
einfach als Bedrohung oder als Gefahr, vor der unbedingt geschützt werden muss.
Precariousness bezeichnet das, was Leben im Allgemeinen – menschliches
wie nicht-menschliches – ausmacht. Butler formuliert eine Ontologie, die nicht
losgelöst von sozialen und politischen Verhältnissen verstanden werden kann.
Verletzbarkeit wird mit der Geburt extensiv, denn das erste Überleben hängt
bereits von sozialen Netzwerken ab, von Sozialität und Arbeit.[27]Zu sagen, dass das Leben
prekär ist, bedeutet also, darauf zu verweisen, dass es nicht unabhängig und
autonom besteht und mit keinen daraus abgeleiteten Identitäten begriffen werden
kann. Vielmehr erfordert das Leben soziale Unterstützung und politische und
ökonomische Bedingungen, die seine Fortdauer ermöglichen, um ein lebbares Leben
zu sein. Eine „ontology of individualism“[28]
sei nicht in der Lage, die precariousness des Lebens zu erkennen. Butler
zufolge stellt eine soziale Ontologie der Gefährdetheit genau diesen
Individualismus in Frage. „[W]e are […] social beings
from the start, dependent on what is outside ourselves, on others, on
institutions, and on sustained und sustainable environments, and so are, in this
sense, precarious“.[29]
Die Bedingungen, die
das Leben ermöglichen, sind zugleich genau jene, die es als prekäres bewahren.
Deshalb gilt es, so Butler, die politischen Entscheidungen und sozialen Praxen
zu fokussieren, unter denen manche Leben geschützt werden und andere nicht. Die
sozialen und materiellen Unsicherheiten, die aus solchen Entscheidungen und
Praxen entstehen, nennt Butler precarity.Diese
precarity lässt sich als ein funktionaler Effekt aus jenen politischen und
rechtlichen Regulierungen verstehen, welche gerade vor der allgemeinen
precariousness schützen sollten. Precarity entsteht durch bestimmte
Herrschaftsverhältnisse, die sich seit Thomas Hobbes im hegemonialen
okzidentalen politischen Denken über den Schutz vor precariousness
legitimieren und zugleich auf der precarity all jener, die als anders und
fremd konstruiert werden, basieren. Precarity als funktionaler Effekt
spezifischer Sicherungssysteme ist nicht beschränkt auf ein nationales
politisches Phänomen, sondern stellt eines von globalem Ausmaß dar.
Precarity
– so Butler mit Verweis auf Achille Mbembe – „is at once a material and a
perceptual issue, since those whose lives are not ‚regarded’ as potentially
grievable, and hence valuable, are made to bear the burden of starvation,
underemployment, legal disenfranchisement, and differential exposure to violence
and death”[30].Precarity
– oder in meiner Begrifflichkeit: Prekarisierung – als Effekt spezifischer
Herrschaftsverhältnisse heißt zum einen – das macht Butler deutlich –, dass es
sich hier nicht um den ontologischen Begriff der precariousness, sondern
um einen politischen Begriff handelt. Precarity ist damit allerdings
nicht als determinierend zu verstehen, sondern im Gegenteil – das wird bei
Butler nicht deutlich genug – als ausgesprochen produktiv: in seiner
Produktivität als Regierungsinstrument und ökonomisches Ausbeutungsverhältnis
auf der einen wie auch als produktive, immer auch unkalkulierbare und potenziell
ermächtigende Subjektivierung auf der anderen Seite.[31]Auch wenn sie im
Kontext von precarity keine politische Handlungsfähigkeit von
Singularitäten denkt, liefert Butler ein ausgesprochen wichtiges Argument, wie
precariousness und precarity verwoben sind: Die Tatsache, dass
sich precarity ausweitet statt minimiert, heißt – das ist Butlers
politischer Fokus –, dass die allgemein geteilte Verletzbarkeit des Lebens, dass
precariousness nicht anerkannt wird und damit keinen affirmativen
Ausgangspunkt von Politik darstellt.Butler ruft deshalb vor
allem linke Politik dazu auf, die (gemeinsam) geteilte precariousness
anzuerkennen und daran normative Verbindlichkeiten von Gleichheit und
universellen Rechten auszurichten.[32]
Anders als precariousness auf einer ontologischen Ebene, kreuzt auf einer
politischen Ebene auch der Begriff der precarity alle
Identitätskategorien und lässt sich nicht mit solchen bändigen und ordnen.Die europäischen
Bewegungen der Prekären sowie die damit verwobenen theoretischen Diskurse haben
Gemeinsamkeiten durch Prekarisierung – die Zumutungen wie die Chancen –
herausstellen können und Identitätspolitiken hinter sich gelassen. Auch wenn es
gegenwärtig so aussieht, als habe zumindest die EuroMayDay-Bewegung ihren Zenit
mittlerweile überschritten, ist es wichtig daran zu erinnern, dass in diesem
Kontext nicht nur neue Formen des Politischen entstanden, sondern wichtige
Mosaiksteinchen zusammengesetzt worden sind, die einen Prozess gemeinsamer
politischer Ermächtigung in Gang gesetzt haben. Auch wenn diese
Zusammensetzungen sich wieder auflösen, bleiben die Erfahrungen und das Wissen.
Auch wenn heute wieder eine Bewegung ihre Kraft zu verlieren scheint, dann gilt
es das nicht zu betrauern. Viel interessanter erscheint es mir, den Prozess der
Konstituierung zu verstehen, der sich woanders fortsetzen und weitere
Unterbrechungen sowie unvorhersehbare Brüche hervorbringen wird.E-Mail: lorey@niatu.net
[1]
Seit Beginn der 2000er Jahre finden in über 20
europäischen Städten am 1. Mai EuroMayDay-Paraden mit bis zu 150.000
TeilnehmerInnen statt, um am traditionellen Tag der Arbeit die
Prekarisierung von Lebens- und Arbeitsverhältnissen zu problematisieren.
Die AktivistInnen setzen sich aus den unterschiedlichsten
gesellschaftlichen Positionierungen zusammen. Die Paraden des
transnationalen Netzwerks EuroMayDay sind allerdings nur ein Ereignis
neben ganzjährlichen Veranstaltungen, Befragungen und Publikationen. Es
geht bei EuroMayDay sowohl um neue Formen der Organisierung als auch um
die Selbstverständigung über unterschiedliche Prekarisierungsweisen und
kollektive Wissensproduktionen (siehe u.a. http://www.euromayday.org;
sowie die Online-Zeitschriften: transversal: „Precariat“ (2004),
http://eipcp.net/transversal/0704 (31.08.2010); transversal:
„Militante Untersuchung“ (2006),
http://eipcp.net/transversal/0406 (31.08.2010); mute magazine –
culture and politics after the net (2005),
http://metamute.org/en/Precarious-Reader
(31.08.2010); Gerald Raunig: Tausend Maschinen. Eine kleine
Philosophie der Maschine als sozialer Bewegung, Wien 2008.
[2]
Vom 13. März bis 13. Juni 2004, siehe
http://www.ateliereuropa.com (31.08.2010).
[3]
Besonders einflussreich waren die Praktiken und Diskurse der
Intermittents du Spectacle in Frankreich. Vgl. Global
Project/Coordination des Intermittents et Précaires d’Ile de France:
„Spektakel diesseits und jenseits des Staates. Soziale Rechte und
Aneignung öffentlicher Räume: die Kämpfe der französischen Intermittents“,
übers. v. Michael Sander, in: transversal: „Precariat“ (2004),
http://eipcp.net/transversal/0704/intermittents/de; Antonella Corsani,
Maurizio Lazzarato: Intermittents et Précaires, Paris 2008.
[4]
Vgl. Precarias a la deriva: „Streifzüge durch die Kreisläufe
feministischer prekärer Arbeit”, übers. v. Therese Kaufmann, in:
transversal: „Precariat“ (2004), http://eipcp.net/transversal/0704/precarias1/de
(31.08.2010).
[5]
Vgl. Raunig: Tausend Maschinen, a.a.O.
[6]
Organisiert von Marina Sorbello und Antje Weitzel, siehe http://klartext.uqbar-ev.de.
Vgl. auch „Another Relationality (second part): On Poetry in Incurable
Times”, organisiert von Marcelo Expósito und Jorge Ribalta in
Kooperation mit dem eipcp im MACBA in Barcelona (17./18.
März 2006),
http://marceloexposito.net/pdf/exposito_otrarelacionalidad_en.pdf;
„WORK TO DO!
Self-organisation in Precarious Working Conditions: An Exhibition
Project in 3 Chapters”, organisiert von Sønke Gau und Katharina
Schlieben, Shedhalle Zürich (2007/2008). Im Kontext von Bildung siehe
zum Beispiel Universidad Nómada in Spanien, http://www.universidadnomada.net/;
„Radical Education Collective” in Ljubljana, http://radical.temp.si/;
Chto Delat,
http://www.chtodelat.org; Street University in Saint Petersburg,
http://www.streetuniver.narod.ru/index_e.htm; Free/Slow University
of Warsaw, http://www.wuw2009.pl/wuw.php?lang=eng;
Edu-Factory, http://www.edu-factory.org/edu15/.
[7]
Sieh Fußnote 1.
[8]
Mitropoulos, Angela: „Precari-Us?”,
in: transversal: „Precariat”
(2004),
http://eipcp.net/transversal/0704/mitropoulos/en
(31.08.2010); Brett Neilson, Ned Rossiter: „Precarity
as a Political Concept, or, Fordism as Exception”, in: Theory,
Culture & Society 7-8 (2008), S. 51-72.
[9]
Maurizio Lazzarato: Le gouvernement des inégalités. Critique de
l’insécurité néolibérale, Paris 2008.
[10]
Vgl. auch Antonio Negri: „Logik
und Theorie der Befragung. Die militante Praxis als Subjekt und als
Episteme” [2003], übers.
v. Klaus Neundlinger, in: transversal:
„Militante Untersuchung” (2006),
http://eipcp.net/transversal/0406/negri/de
(31.08.2010)
[11]
Vgl. Maurizio Lazzarato:
„Immaterielle Arbeit. Gesellschaftliche Tätigkeiten unter den
Bedingungen des Postfordismus“, in: Toni Negri,
Maurizio Lazzarato, Paolo Virno: Umherschweifende Produzenten.
Immaterielle Arbeit und Subversion,
hrsg. v. Thomas Atzert, Berlin 1998, S. 39-52;
Michael Hardt, Antonio Negri: Empire. Die neue Weltordnung, übers.
v. Thomas Atzert, Frankfurt/M., New York 2002.
Die Begriffe der immateriellen oder affektiven Arbeit wurden vor allem
von feministischer Seite immer wieder kritisiert, weil sie Arbeit erneut
aus der Perspektive kapitalistischer Akkumulation beschreiben und
Nicht-Arbeit, care-Arbeit, die Produktion des Sozialen etc. nicht
genug reflektieren (vgl. unter anderem das Heft zur Ausstellung
Atelier Europa: Beilage der Drucksache. Zeitschrift des
Kunstvereins München 4 (2004); Precarias a la deriva: „Streifzüge
durch die Kreisläufe feministisch prekärer Arbeit”, in: transversal,
a.a.O.; Susanne Schultz: „Biopolitik und affektive Arbeit bei
Hardt/Negri“, in: Das Argument 248 (2002), S. 696-708; George
Caffentzis, Silvia Federici: „Anmerkungen zur edu-factory und zum
kognitiven Kapitalismus“, übers. v. Klaus Neundlinger, in:
transversal: „knowledge production and its discontents“ (2009),
http://eipcp.net/transversal/0809/caffentzisfederici/de
(31.08.2010).
[12]
Frassanito-Network: „Prekär, Prekarisierung,
Prekariat. Bedeutungen, Fallen und Herausforderungen eines komplexen
Begriffs, und was das mit Migration zu tun hat…“ [2005],
http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/prekaer/frassanito.html
(31.08.2010)
[13]
Vgl. Michael Hardt, Antonio Negri: Common Wealth.
Das Ende des Eigentums
[2009], übers. v. Thomas Atzert u. Andreas Wirthensohn, Frankfurt/M.,
New York 2010.
[14]
Ebd.
[15]
Zu Exodus und Konstituierung siehe Paolo Virno: „Virtuosität und
Revolution“ [1994], in: Paolo Virno: Exodus, übers. u. eingel. v.
Klaus Neundlinger u. Gerald Raunig, Wien 2010; Isabell Lorey: „Versuch,
das Plebejische zu denken. Exodus und Konstituierung als Kritik“, in:
transversal: „the art of critique“ (2008),
http://eipcp.net/transversal/0808/lorey/de);
Isabell Lorey: „Konstituierende Kritik. Die Kunst, den Kategorien zu
entgehen“, in: Birgit Mennel, Stefan Nowotny, Gerald Raunig (Hg.):
Kunst der Kritik, Wien 2010, S. 47-65; Isabell Lorey: Figuren des
Immunen, Zürich, Berlin 2011 (im Erscheinen).
[16]
„kpD“ ist die Abkürzung für die feministische
Forschungs- und Aktivistinnengruppe „kleines postfordistisches Drama“.
kpD sind Brigitta Kuster, Katja Reichard, Marion von Osten und die
Autorin.
[17]
Marta Malo de Molina: „Gemeinbegriffe, Teil 1: ArbeiterInnenbefragung
und ArbeiterInnen-Mituntersuchung, Selbsterfahrung“, übers. v. Birgit
Mennel, in: transversal:
„Militante Untersuchung“
(2004),
http://eipcp.net/transversal/0406/malo/de
(31.08.2010)
[18]
Ebd.
[19]
Vgl. Antonio Negri, Michael Hardt: Die Arbeit des Dionysos.
Materialistische Staatskritik in der Postmoderne [1994], übers. v.
Thomas Atzert u. Sabine Grimm, Berlin 1997; Antonio Negri:
Insurgencies. Constituent Power and the
Modern State, übers. v. Maurizia Boscagli,
Minneapolis, London 1999.
[20]
kpD: „Prekarisierung von KulturproduzentInnen und das ausbleibende ‘gute
Leben’“ [2005], in: transversal: „Militante Untersuchung“ (2004),
http://eipcp.net/transversal/0406/kpd/de (31.08.2010).
[21]
Siehe auch Renate Lorenz und Brigitta Kuster:
Sexuell arbeiten. Eine queere Perspektive auf Arbeit und prekäres Leben,
Berlin 2007.
[22]
Vgl. Hardt/Negri: Common Wealth, a.a.O.; Negri: „Logik und
Theorie der Befragung“, in: transversal, a.a.O.
[23]
Siehe Anm. 18.
[24]
Von dem lateinischen Wort constituo für ‚zusammensetzen’.
[25]
Judith Butler: Gefährdetes Leben. Politische Essays, übers. v.
Karin Wördemann, Frankfurt/M. 2005; siehe auch Isabell Lorey: „Prekarisierung
als Verunsicherung und Entsetzen. Immunisierung, Normalisierung und neue
Furcht erregende Subjektivierungsweisen“, in: Alexandra Manske,
Katharina Pühl (Hg.): Prekarisierung zwischen Anomie und
Normalisierung? Geschlechtertheoretische Bestimmungsversuche,
Münster 2010, S. 48-81.
[26]
Ich behalte hier die englischen Begrifflichkeiten aus zwei Gründen bei:
Zum einen geht in der deutschen Übersetzung der Bezug zur
Prekarisierungsdiskussion verloren, zum anderen gibt es für Butlers
Begriff der precariousness in der deutschsprachigen Debatte noch
keinen Begriff, der auf ‚prekär’ verweist. Butlers Verwendung des
englischen Neologismus precarity, der seit einigen Jahren vor
allem in den politisch-theoretischen und aktivistischen Diskursen zu
Prekarisierung benutzt wird, entspricht auch meiner Verwendung von ‚Prekarisierung’
(siehe ausführlich Lorey: „Prekarisierung als Verunsicherung und
Entsetzen“, in: Prekarisierung zwischen Anomie und Normalisierung?,
a.a.O.).
[27]
Judith Butler: Frames of War. When
is Life Grievable?, London, New York 2009,
S. 1-32. Diese Überlegungen Butlers verweisen
nicht nur auf die existentielle Bedeutung von reproduktiver Arbeit,
precariousness unterstreicht auch die radikale Ersetzbarkeit jeden
Lebens.
[28]
Ebd., S. 19.
[29]
Ebd., S. 23.
[30]
Ebd., S. 25.
[31]
Diese vielfältige Produktivität habe ich an anderer Stelle als „gouvernementale
Prekarisierung“ bezeichnet (Lorey: „Prekarisierung als Verunsicherung
und Entsetzen“, in: Prekarisierung zwischen Anomie und
Normalisierung?, a.a.O.).
[32]
Vgl. Butler: Frames of War, a.a.O., S. 28f.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen