Kein anderes großes EU-Land hat die Körperschaftssteuer und damit die Belastung für Unternehmen in den vergangenen Jahren so stark gesenkt wie Deutschland. Der Steuersatz ging zwischen den Jahren 2000 und 2010 um 21,8 Punkte zurück.
Laut einer Aufstellung des europäischen Statistikamts Eurostat liegt Deutschland damit in der EU-Rangliste der Steuersenker auf dem zweiten Platz hinter Bulgarien. Unter dem Strich ist die Körperschaftssteuer in der Bundesrepublik aber mit 29,8 Prozent noch deutlich über dem EU-Schnitt von 23,2 Prozent.
Bei anderen Steuerarten fallen die Entlastungen in Deutschland deutlich geringer aus. Der Spitzensatz der Einkommensteuer ging den Angaben zufolge binnen zehn Jahren um 6,3 Prozent zurück. In diesem Bereich senkten aber sieben andere EU-Staaten den Satz um mindestens zehn Prozentpunkte.
Der höchste Spitzensatz ist derzeit mit 56,4 Prozent in Schweden zu zahlen. Auch in Belgien, Dänemark, den Niederlanden, Österreich und Großbritannien liegt der Höchstsatz der Einkommensteuer bei 50 Prozent oder darüber.
Im Gegensatz zu den Senkungen der direkten Steuern stiegen indirekte Steuern seit dem Jahr 2000 in Deutschland deutlich an. Der reguläre Satz der Mehrwertsteuer wurde in dieser Zeit um drei Punkte auf 19 Prozent angehoben. Nur Zypern und Griechenland beschlossen im selben Zeitraum mit einem Plus von jeweils fünf Prozentpunkten eine deutlichere Erhöhung.
Die Hälfte der EU-Staaten erhebt derzeit Umsatzsteuern in derselben Höhe wie zehn Jahre zuvor. Die Tschechische Republik und die Slowakei senkten ihre Sätze sogar.
Eurostat [PDF - 59 KB] http://www.eds-destatis.de/de/press/download/10_06/095-2010-06-28.pdf
Anmerkung WL: Die Autoren merken vermutlich gar nicht, dass sie mit dieser Statistik einen Beleg für den Steuersenkungswettlauf innerhalb der EU liefern. Zur gleichen Zeit redet alle Welt über eine sog. Verschuldungskrise. Da wäre einmal die "schwäbische Hausfrau" am Platze: wenn man systematisch die Einnahmen senkt, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass man sich schon bei gleichbleibenden Ausgaben verschulden muss. Wir haben keine Verschuldungskrise sondern einen Steuersenkungswahnsinn.
Unser Leser U.F. weist uns noch auf Folgendes hin: Tatsächlich werden in diesem Artikel nur die Prozentsätze der Spitzensteuer auf Einkommen aufgeführt, was von dem Autor des o.g. Artikels der ARD unkritisch übernommen hat.
In der Broschüre "Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2009″ des Bundesministerium der Finanzen [PDF - 1.1 MB] werden zudem der Geldbetrag des zu versteuernden Einkommens, ab dem der Spitzensteuersatz beginnt, genannt. Und siehe da, in unserem Lande zahlt man erst die 47,48% incl. Soli ab 250.400,- , in Frankreich, das den Spitzensteuersatz im Zeitraum 2000/2009 um 13% auf 45,8% senkte, schon bei 69.505,- . Die anderen sechs Mitglieder der EU sind Volkswirtschaften, die schwerlich mit der BRD zu vergleichen sind. Aber selbst Luxemburg versteuert ein Einkommen ab 39.885,- mit dem Spitzensteuersatz von 39%. (Ob es nicht absurd ist, den Spitzensatz schon ab 40.000 Euro zu erheben sei dahingestellt. Anmerkung RS)
Die Pressemitteilung als auch die Broschüre des BFM sind aber hiervon unabhängig interessant hinsichtlich anderer steuerlicher Entwicklungen im internationalen Vergleich. Allerdings fällt auch hier wieder die ideologische Brille, mit der in Pressemitteilung das Zahlenmaterial gewertet wird, auf: Es wird das arithmetische Mittel der Sätze der 27 Staaten gezogen statt den Median zu nennen. Da Großbritannien im Jahre 2010 den Spitzensteuersatz um 10%-, Schweden um 4,9%-, Portugal 2%- und Lettland 1%-Punkte senkte, wirke sich die Absenkungen in den anderen Volkswirtschaften auf den Durchschnitt nicht so stark aus. Und diese Absenkungen sind heftig!
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