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- Niels Kadritzke: Brief aus Athen
Noch leben viele Familien von den Rücklagen. Damit wird auch ein Großteil der Jugendarbeitslosigkeit abgefangen, die auf über 40 Prozent gestiegen ist. Aber die Reserven schmelzen rapide, hat mir eine Freundin erzählt, die bei einer großen Bank arbeitet. In spätestens zwei Jahren sind die Sparkonten leergeräumt.
Aber es wird noch schneller gehen, nachdem mit dem jüngsten Sparprogramm die Besteuerung auch der niedrigen Einkommen (ab 8 000 Euro jährlich) beschlossen wurde, befürchtet Michalis. Er sieht für Griechenland keine Hoffnung, wenn von der EU immer nur neue Sparauflagen und keine Investitionen kommen. Ohne die hält er die Hoffnung, dass die Konjunktur 2012 anspringen wird, für völlig illusorisch. Das Land brauche viel mehr Zeit, um sich selbst umzubauen. “Wir sind in einen Tunnel reingefahren”, sagt Michalis, “obwohl der Ausgang am anderen Ende noch nicht gegraben ist.” Und wenn der Durchbruch nicht gelingt? No future, jedenfalls nicht in Athen. Auch Michalis und Irini wissen nicht, ob ihre Söhne bleiben werden. Das ist die düsterste Zukunftsvision für Griechenland: die Emigration der eigenen Jugend, der Generation also, die das Land umkrempeln müsste. Ob er gar nichts Optimistisches zu bieten hat, frage ich Michalis. “Kaka ta psemata” – leider nein. Und fragt dann: “Was meinst du, wie es in Deutschland aussehen würde, wenn die Einkommen um 25 bis 30 Prozent geschrumpft wären? Wenn über 40 Prozent der Jugendlichen keine Aussicht auf Arbeit hätten? Und zugleich in den Großstädten 10 Prozent der Bevölkerung illegale Migranten wären? Wie viele Faschos hättet ihr dann?” Ich gebe die Frage an die geschätzten Leser weiter.
Quelle: Le Monde diplomatique
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