Mittwoch, 22. Juni 2011

Kein Regenbogen über Magdeburger Rathaus? [via queer.de]

(...)

Amplify’d from www.queer.de

Kein Regenbogen über Magdeburger Rathaus?

Bislang regenbogenfrei: Im vergangenen Jahr stimmten nur 15 von 41 anwesenden Stadträten für eine Beflaggung des Magdeburger Rathauses zum CSD - Quelle: Matthew Black / flickr / cc by-sa 2.0
Bislang regenbogenfrei: Im vergangenen Jahr stimmten nur 15 von 41 anwesenden Stadträten für eine Beflaggung des Magdeburger Rathauses zum CSD
Bild: Matthew Black / flickr / cc by-sa 2.0
Die aktuelle Schelte an Oberbürgermeister Trümper ist vorgeschoben. Das eigentliche Problem ist die fehlende Mehrheit im Magdeburger Stadtrat für die Unterstützung lesbisch-schwuler Belange.



Von Oliver Müller



Mit Entsetzen und ehrlichem Befremden habe ich bereits im letzten Jahr die Diskussion um das Hissen der Regenbogenfahne und der vom Stadtrat mehrheitlich leider nicht gewollten Unterstützung der Christopher-Street-Day-Festwoche zur Kenntnis genommen, die einmal mehr provinzpossenhaft erscheinen muss: Magdeburg als Land hinterm Regenbogen? Nein: Wohl eher hinterm Mond!
Dabei erscheint mir die aktuelle Schelte an Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) zur Ablehnung der Schirmherrschaft etwas unehrlich und vorgeschoben. Sie soll wohl eher vom eigentlichen Problem ablenken: Darf man doch nicht vergessen, dass es nämlich im gesamten Stadtrat offenbar leider keine Mehrheit für die Unterstützung der Belange von Lesben, Schwulen und Transgender gibt - von der Bereitschaft, eine bunte Regenbogenfahne vor dem Rathaus zu hissen, ganz zu schweigen.



Magdeburg will weltoffene Stadt sein und benimmt sich dabei jedoch bei fast allem was irgendwie, neu, fremd und anders daherkommt wie eine "Zicke". Es muss auch verwundern, dass, was in anderen Städten problemlos möglich ist - so wie in Halle oder Berlin, wo die Rathäuser bspw. bereits seit Jahren zu CSD-Zeiten regenbogenbeflaggt sind - allein in Magdeburg partout nicht möglich sein soll. Doch diese Einstellung erscheint fast virulent und systemisch: Ob Bürgerentscheid, Sozialticket: Magdeburg hinkt lieber hinterher und träumt von neuen Tunneln und alten Kirchen.

Wird dieses Jahr wirklich alles anders?

Oliver Müller ist stellvertretender Fraktionsvorsitzende von DIE LINKE im Magdeburger Stadtrat - Quelle: privat
Oliver Müller ist stellvertretender Fraktionsvorsitzende von DIE LINKE im Magdeburger Stadtrat
Bild: privat

Zudem muss es bezeichnend für den Zustand einer Partei/Fraktion sein, wenn, wie bereits im letzten Jahr geschehen, der sachsen-anhaltische Landesvorsitzende des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), Martin Pfarr (SPD) in einem gesonderten Schreiben an die Magdeburger Stadtratsfraktionen um Unterstützung des CSD bittet und als symbolisches Zeichen dafür auch die Rathausbeflaggung vorschlägt und dazu gar SPD, B90/Die Grünen und DIE LINKE zu einem interfraktionellen Antrag ermutigt, jedoch die eigenen SPD-Genossen weder Antrag noch die Sache selbst mit parlamentarisch zu unterstützen bereit sind.



Nun, wenn man den dieser Tage in den Medien veröffentlichten Reaktionen von SPD und Jusos, FDP, sowie den CDU-Youngsters der Jungen Union Glauben schenken darf, wird zumindest dieses Jahr alles anders: Eint sie doch offenbar auf einmal alle der Wunsch nach Unterstützung des CSD und einem regenbogenbeflaggten Rathaus.



Pikanterweise hatten gerade die Fraktionen vorgenannter Parteien genau dieses Begehren und unserem zugrunde liegenden Antrag von DIE LINKE und B90/Grünen unisono noch 2010 abgelehnt. Und zwar mit recht zweifelhaften Begründungsmustern: So sagte der Vorsitzende der FDP-Fraktion, H.-J. Schuster, in seiner persönlichen Erklärung: "Ich lehne es ab, auf einem öffentlichen Gebäude eine Flagge, die keine institutionelle Flagge ist, aufziehen zu lassen."


SPD-Fraktionschef: "Diskriminierung ist aus Sicht unserer Fraktion vordergründig nicht erkennbar"

Der Vorsitzende der SPD-Tierschutzpartei-future!-Fraktion, H.-D. Bromberg, wusste gar zu berichten: "Wer die öffentliche Situation in der BRD, im besonderen in Magdeburg, mit offenen Augen wahrnimmt, muss feststellen, dass Schwule und Lesben anerkannte Persönlichkeiten im politischen oder kulturellen Leben sind, wie auch auf anderen gesellschaftlichen Ebenen. Diskriminierung ist aus Sicht unserer Fraktion vordergründig nicht erkennbar, so d
ass es der beantragten besonderen Unterstützung nicht bedarf. Zum Hissen der Regenbogenflagge schließe ich mich der Beurteilung der FDP-Fraktion an."
Kreativer Protest: Mit bunten T-Shirts will die Facebook-Initiative "Let´s make Magdeburg support the CSD" auf der Stadtratssitzung am Donnerstag die Regenbogenflagge nachbilden - Quelle:
Kreativer Protest: Mit bunten T-Shirts will die Facebook-Initiative "Let´s make Magdeburg support the CSD" auf der Stadtratssitzung am Donnerstag die Regenbogenflagge nachbilden
So gaben denn im Jahr 2010 lediglich 15 von 41 anwesenden Stadträten ihre Ja-Stimmen. Dies widerspiegelt deutlich die Situation und das landläufige Meinungsbild zu diesem Thema im Magdeburger Stadtrat. Insofern gewinnt die aktuell geführte Diskussion zum Verhalten des Oberbürgermeisters eher Alibi-Charakter und hinterfragt bedauerlicherweise nicht wirklich das eigene Verhalten der Mehrheit des Stadtrates.



Genau das jedoch möchte die Fraktion DIE LINKE gern tun und hat deshalb erneut zur Stadtratssitzung am Donnerstag einen Eil-Antrag zur Beflaggung des Rathauses mit der Regenbogenfahne gestellt. Es bleibt also spannend!



Oliver Müller ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender sowie jugend-, familien- und gleichstellungspolitischer Sprecher von DIE LINKE im Magdeburger Stadtrat.
Read more at www.queer.de
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen