Montag, 13. Juni 2011

#Bremerhaven: #Städtische #Beteiligung an #größter #Leiharbeitsfirma #der #Region [via junge welt]

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Leiharbeit sorgt für Zoff

Bremerhaven: Städtische Beteiligung an größter Leiharbeitsfirma der Region sorgt für Konflikte zwischen ver.di und IG Metall

IG-Metall-Aktionstag gegen Leiharbeit, vor dem Werk des Windkraf
IG-Metall-Aktionstag gegen Leiharbeit, vor dem Werk des Windkraftanlagenbauers Repower in Bremerhaven, 24. Februar
Das Thema Leiharbeit sorgt am niedergehenden Schiffbau- und
aufstrebenden Windkraftstandort Bremerhaven für Konflikte.
Teilweise nehmen dies sogar handfeste Form an: Als vor zwei Wochen
im Einkaufszentrum »Waterfront« in
Bremen-Gröpelingen die 12. Bremer Zeitarbeitsmesse –
unter dem schönen Motto »Arbeit mit Zukunft«
– stattfand, versammelten sich dort zirka 20 Aktivisten des
»Bündnisses gegen Leiharbeit«, einem
Zusammenschluß verschiedener sozialpolitischer Gruppen. Mit
Flugblättern, Redebeiträgen und Transparenten wurden die
Besucher informiert. Allerdings ließen die Veranstalter der
Messe die Demonstranten nicht lange von ihren
verfassungsmäßigen Rechten Gebrauch machen. Mehrere
Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma griffen die Aktivisten offenbar
gezielt mit Tritten und Faustschlägen an und verletzten
mehrere Demonstranten. »Wir wurden bis in den Stadtteil
hinein von den Sicherheitskräften verfolgt und haben daraufhin
eine Prüfung der Vorkommnisse durch Rechtsanwälte
veranlaßt«, berichtete Herbert Thomsen, Berater beim
Bremer Erwerbslosenverband (BEV) und einer der Organisatoren des
Protests gegenüber jungen Welt.

Ver.di opponiert


Doch nicht nur bei den privaten Wachschützern liegen die
Nerven blank. Einige Tage zuvor – am 17. Mai – hatten
sich im Bremerhavener »City-Hotel« Lobbyisten der
Zeitarbeitsfirmen der Region versammelt, um eine Werbeveranstaltung
mit dem Titel »Jobmotor Zeitarbeit« abzufeiern. Einer
der wichtigsten »Event-Partner« war die städtische
Leiharbeitsfirma »Personal aktiv«, Marktführer in
der gewerblichen »Arbeitnehmerüberlassung im
Großraum Bremerhaven/Cuxhaven. Geschäftsführer der
»Personal aktiv« ist Siegfried Breuer, Vorsitzender des
SPD-Ortsvereins Bremerhaven und gleichzeitig
Geschäftsführer der Mutterfirma
Arbeitsförderungszentrum (AFZ), die sich ebenfalls in
kommunaler Hand befindet. In der ersten Reihe bei der
Eröffnungsveranstaltung saß Sozialdezernent Klaus
Rosche. Rosche ist Aufsichtsratsvorsitzender des AFZ und war bis
Anfang März noch 2. Bevollmächtigter der örtlichen
IG Metall. Für die Forderung der Dienstleistungsgewerkschaft
ver.di, die Stadt möge ihre Beteiligung an »Personal
aktiv« aufgeben, sehe er »keinen
Handlungsbedarf«, stellte der Sozialdezernent klar. Der
ver.di-Ortsverein Bremerhaven hatte im Vorfeld der Veranstaltung
öffentlich moniert, das Geschäftsmodell von
»Personal aktiv« bestehe darin, Firmen Beihilfe zu
leisten, das Kündigungsschutzgesetz zu umgehen (siehe junge
Welt
vom 26. Mai).



Da die Veranstalter Proteste erwarteten, wurde auch zur
Veranstaltung am 17.5.2011 kurzfristig eine Security-Firma –
als Sponsor (!) – angeheuert. Die Security-Leute hatten aber
einen ruhigen Abend. Die befürchteten Proteste blieben
aus.



Der örtliche DGB-Vorsitzende und
IG-Metall-Geschäftsführer Karsten Behrenwald –
ursprünglich auch als Diskussionsteilnehmer auf der
»Jobmotor Zeitarbeit«-Veranstaltung eingeplant –
ließ sich wegen kurzfristiger Erkrankung entschuldigen. Kurz
darauf schied Behrenwald aus dem Aufsichtsrat des AFZ aus, blieb
aber Teilhaber der zum Netzwerk des AFZ gehörenden
Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG). Die
betreibt nach Auskunft ihres Geschäftsführers Heinz
Häring immerhin »Kundenbetreuung« für
»Personal Aktiv«: »Die haben große Kunden,
die immer ein wenig gestreichelt werden müssen«,
erklärte der ehemalige Betriebsratsvorsitzende der
Schichau-Unterweserwerft vor einiger Zeit gegenüber der
Nordsee-Zeitung.

Interessengeflecht


Dieses eigenartige, für Bremen typische lokale
Interessengeflecht zwischen Gewerkschaften, SPD und
öffentlicher Arbeitsförderung kontrastiert auffällig
mit den öffentlichen Erklärungen der IG-Metall-Spitze zur
Leiharbeit – gibt aber auch einen Hinweis darauf, warum die
Haltung der Gewerkschaften in dieser Frage in der Praxis oft
zweideutig ist. Erst vor einer Woche hatte der Zweite Vorsitzende
der IG Metall, Detlef Wetzel, vehement gegen die aktuelle
Werbekampagne des neuen Bundesverbands der Personaldienstleister
(BAP) Stellung bezogen. Leiharbeit sei eine »Sackgasse«
für die Beschäftigten, unterschiedliche Standards
zwischen Leiharbeitern und Stammbelegschaft – etwa bei Lohn,
Arbeitszeit und Urlaubstagen– gehörten ein für
allemal abgeschafft. »Wenn hier nicht bald eine sinnhafte
Lösung gefunden wird, dann werden wir das Thema Leiharbeit zu
einem Generalthema in den Tarifrunden mit Gesamtmetall
machen«, sagte Wetzel in Frankfurt/Main.



Herbert Thomsen vom Bremer Erwerbslosenverband kritisiert die
Haltung von IG Metall und ver.di zur Leiharbeit als halbherzig. Die
Gewerkschaften hätten das Zeitfenster Anfang 2011 zur
Erzwingung eines Branchenmindestlohns und die Aufnahme der
Leiharbeit ins Arbeitnehmerentsendegesetz verstreichen lassen.
Beide Regelungen lägen »im ureigensten Interesse«
der in der Zeitarbeitsbranche vertretenen Unternehmen. Daß
der DGB und seine größten Gewerkschaften, IG Metall und
ver.di, diese »Notsituation« der Leiharbeitsbranche
nicht ausgenutzt haben, hält Thomsen indes nicht für
Zufall: »Schon im Jahr 2003, bei der Änderung des
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und dem Unterlaufen des
Prinzips ›Gleicher Lohn für gleiche Arbeit‹
hörte man von den DGB-Gewerkschaften nur leise Kritik am
Verhalten Kanzler Schröders. Schließlich saßen
auch zwei ranghohe DGB-Gewerkschafter in der Hartz-Kommission, die
Lohn- und Sozialabbau inhaltlich vorbereitete«, so Thomsen.
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