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global news 2547 25-11-11:
Warum nicht eine Zwangsanleihe von den vermögenden Best- und Besserverdienern in der Eurozone?
Derzeit passieren eigenartige Dinge an den Finanzmärkten, die nach Erklärung schreien.
Einerseits steigen die Zinsen für Staatsanleihen in der Eurozone immer mehr, und das nicht nur in den bisherigen Krisenländern. Innerhalb weniger Wochen seit Mitte September sind die Zinsen
für französische 10-Jahresanleihen um die Hälfte von 2,48 % auf 3,72 % gestiegen und für deutsche um fast ein Drittel von 1,67 % auf 2,19 %. Mit diesen sich fortsetzenden
Zinsaufschlägen würden selbst Eurobonds mit allen ihren sonstigen Nachteilen den Euro kaum noch retten können (Abb. 16613).
Dagegen ist andererseits der Zins auf britische Staatsanleihen von 2,52
% auf 2,16 % (-14 %) und damit erstmals noch unter den deutschen Zins gefallen. Und die kleine Herunterstufung der amerikanischen Staatsanleihen durch die Ratingagentur Standard und Poors hat
keinerlei Auswirkungen auf das Zinsniveau für amerikanische Staatsanleihen gehabt, die sogar noch weiter gefallen sind.
Das macht angesichts der fundamentalen Daten alles nicht den geringsten
Sinn, besonders wenn man berücksichtigt, daß Großbritannien im Unterschied zu Deutschland mit -9,4 % des BIP ein dramatisch höheres Haushaltsdefizit hat (so ziemlich das
höchste in Europa, Abb. 15468), daß die britische Auslandsverschuldung pro Kopf mehr als doppelt so hoch ist und so ziemlich die höchste der großen Industrieländer (Abb.
16608) und daß Großbritannien mit dem Ausland ein hohes Leistungsbilanzdefizit von -2,4 % des BIP hat, während Deutschland mit 5,1 % den höchsten Überschuß aller
größeren alten Industrieländer aufweist (Abb. 13664). Ebenso schleppen die USA wesentlich größere Haushalts- und Leistungsbilanzdefizite, die die britischen noch übersteigen, mit sich herum als Deutschland und
haben pro Kopf sogar höhere Auslandsschulden als Italien.
Natürlich leben Großbritannien und die USA - anders als beispielsweise das von den Ratingagenturen bedrohte und schon mal
fälschlich herabgestufte Frankreich - im Schutz dieser Agenturen aus dem angelsächsischen Raum. Seit der Subprime-Krise ist öffentlich bekannt, in welchem korrupten Verhältnis die
Agenturen mit der Wall Street und wahrscheinlich auch der Londoner City leben. Auch heizen die britische wie die amerikanische Regierung und viele Stimmen aus der Londoner City ständig die
Eurokrise an, indem sie negative Kommentare über die bisherigen Bemühungen der Euroregierungen zur Stabilisierung des Euro streuen. Und dann kommen Schlag auf Schlag in ziemlich
regelmäßigen Abständen die drei großen amerikanischen Ratingagenturen und stufen Euroländer weiter herunter. Die so orchestrierte Kampagne gegen den Euro ist natürlich
durchaus im britischen und amerikanischen Interesse, denn diese Länder kämpfen auch ihrerseits und ganz besonders um Auslandsgelder zum Stopfen ihrer verglichen mit der Eurozone wesentlich
größeren Löcher. Auch haben amerikanische und britische Banken mit Anleihen und CDS aus dem Euroraum hoch spekuliert und wollen jetzt, daß die deutschen Steuerzahler und
Verbraucher über Rettungsgelder und die inflationäre Notenpresse der EZB die Rechnung bezahlen.
Nun gibt es in der Eurozone unheimlich viel Reichtum, der seine soziale Verantwortung
scheut, blitzschnell über alle möglichen Grenzen wandert und sich teilweise schon bis Singapur abzusetzen beginnt. In ganz Europa lebten 2010 nach Berechnungen der US-Investmentbank Merrill
Lynch im Weltreichtumsbericht von 2011 mehr als 3,1 Millionen Millionäre mit einem investierbaren Vermögen von jeweils mehr als 1 Mio US$ (nicht gerechnet Wohnimmobilie, Sammlerstücke,
kurz- und langfristige Verbrauchsgüter). Der Gesamtwert dieser so definierten Vermögen belief sich auf 10,2 Billionen US$. Das ist weit mehr als das Doppelte der zusammengerechneten
Staatsschuld aller fünf Eurokrisenländer im Gegenwert von 4,2 Billionen US$. Viele der Reichen und Bestverdiener kommen zudem aus den Krisenländern selbst und entziehen sich jeder
nationalen Verantwortung.
Wenn man die Eurokrise wirklich stabilisieren will und gleichzeitig die Ratingagenturen aus dem Felde schlagen möchte, dann gibt es fast nur noch den Weg über
Zwangsanleihen auf solchen Reichtum. Mit einer derartigen "Solidaritätsanleihe" können die vermögenden Best- und Besserverdiener gezwungen werden, im Tausch gegen langjährige und
niedrig verzinste Solidaritätsanleihen über zwei bis drei Jahre einen erheblichen Anteil ihres Einkommens abzuführen. Der Anspruch auf Rückzahlung der Solidaritätsanleihe
nach fünf bis zehn Jahren darf nicht übertragbar sein, so daß er dem Handel und damit auch den Ratingagenturen entzogen ist.
Zwangsanleihen wurden nach Wikipedia bereits im
Mittelalter ab 1207 durch die Republik Venedig erhoben. Das geschah meist zur Finanzierung von Kriegen oder zur Getreideversorgung. Meistens betrugen die Anleihen 0,5 bis 2 % des beeideten
Vermögens, gemeint ist der mobile Besitz - dazu zählten Waren, Bargeld, Schmuck, aber auch Einnahmen aus Häusern und Grundbesitz. Ein kurioses Beispiel einer Zwangsanleihe wurde 1922
in Griechenland unter Finanzminister Petros Protopapadakis praktiziert. Um die Inflation zu bekämpfen, wurde angeordnet, dass die Banknoten in der Mitte zerschnitten werden sollten. Die rechte
Hälfte blieb Zahlungsmittel (zum halben Wert, womit die Geldmenge halbiert wurde) und die linke Hälfte musste zwangsweise gegen Staatsanleihen eingetauscht werden. Der US-Bundesstaat
Kalifornien erhob im November 2009 zur Bekämpfung akuten Geldmangels eine zinslose Zwangsanleihe von 10% auf alle in seinem Hoheitsgebiet erwirtschafteten Einkommen.
In Deutschland wurde nach
dem Ersten Weltkrieg 1922 eine Zwangsanleihe eingeführt, um den Reparationsforderungen nachkommen zu können. Nach dem Krieg beabsichtigte die im Herbst 1982 neugebildete Bundesregierung,
der sich verschlechternden wirtschaftlichen Entwicklung durch zusätzliche finanzielle Förderung des Wohnungsbaus zu begegnen. Eine Erhöhung von Steuern wollte sie indes vermeiden und
beschloß deshalb, die Besserverdienenden zu diesem Zweck mit einer unverzinslichen, rückzahlbaren Abgabe in Höhe von 5 % der Einkommenssteuerschuld zu belasten. Die Abgabe war von
einkommensteuerpflichtigen Personen nur zu entrichten, wenn die Bemessungsgrundlage 30.000 bzw. 15.000 DM überstieg. Doch hat das Bundesverfassungsgericht diese Abgabe später verworfen,
weil der Bund dafür keine Gesetzgebungskompetenz gehabt habe.
Also sollte man sich in der Eurozone die rechtliche Möglichkeit schaffen, für alle wohlhabenden Best- undRead more at rundbriefe.wordpress.com
Besserverdiener eine solche rückzahlbare und sehr niedrig verzinste Solidaritätsanleihe einzuführen. Dieses Instrument wäre sozial gerechtfertigt, zumal gerade die Wohlhabenden
unter der Krise bisher kaum gelitten haben und viele von ihnen die Krise durch Spekulation mit herbeigeführt haben. Die Solidaritätsanleihe könnte dann zur teilweisen Refinanzierung
der am Markt gehandelten normalen Staatsanleihen dienen und so die Zinsbelastung langfristig absenken.
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