Sonntag, 20. November 2011

In der Landwirtschaft, in Hotels und Gaststätten und im Bewachungsgewerbe wird ebenso #tariflich #niedrig #bezahlt wie im #Friseurhandwerk.

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Mindestlohn

Schlecht geschnitten

Für viele Friseurinnen in Ostdeutschland, die für nur wenig mehr als 5 Euro pro Stunde laut Tarifvertrag arbeiten, war der CDU-Parteitag am 14. November ein Bad Hair Day. Der Mindestlohn-Kompromiss, auf den sich die Partei der Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Tag geeinigt hat, ist wie eine schlechte Frisur: Er ist schlecht geschnitten und franst an den Rändern aus. Eine Kommission aus Tarifpartnern, also aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern, soll sich auf eine allgemein verbindliche Lohuntergrenze einigen. Gelten soll sie allerdings nur für diejenigen Branchen, in denen es bisher keine Tarifverträge gibt. Das heißt, die Friseurinnen mit einem Stundenlohn von 5 Euro und ein paar Cent werden sich auch weiterhin die Haare raufen, bis sie so viel Geld verdienen, dass sie davon auskömmlich leben können.

„Wir haben schon jetzt elf oder zwölf verschiedene Branchen-Mindestlöhne. Da kommen jetzt noch mal viele, viele drauf. Wer soll da noch den Überblick behalten?“

Frank Bsirske, ver.di-Vorsitzender

Und auch in anderen Branchen wird nicht besser bezahlt werden. In der Landwirtschaft, in Hotels und Gaststätten und im Bewachungsgewerbe wird ebenso tariflich niedrig bezahlt wie im Friseurhandwerk. Sieben Prozent der so genannten Vergütungsgruppen, die die Hans-Böckler-Stiftung in ihrem Tarifarchiv auflistet, haben Stundenlöhne von unter 7,50 Euro. Die Gewerkschaften, allen voran ver.di und die NGG (Nahrung-Genuss-Gaststätten), fordern seit langem einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro die Stunde, der zügig auf 10 Euro ansteigen muss.

Fassade ver.di-Bundesverwaltung

Die Forderung bleibt am ver.di-Haus, bis sie durchgesetzt ist


Doch nicht einmal 8,50 Euro liegen mit dem CDU-Beschluss in greifbarer Nähe. Denn auch das besagt er: Die Kommission, die die allgemein verbindliche Lohnuntergrenze festlegen soll, soll sich als Spitzmarken die bis jetzt schon bestehenden Branchenmindestlöhne nehmen. Und die liegen zwischen 6,50 Euro und 13 Euro. Auf welche Höhe die Arbeitgebervertreter die Arbeitnehmervertreter in der Kommission drücken werden, ist da absehbar. Denn ver.di und die NGG haben ja nicht deshalb Tarifverträge über 5 Euro Stundenlohn wie für die Friseurinnen abgeschlossen, weil sie das für angemessen halten. Die traurige Realität ist: Wo diese Tarifverträge nicht gelten, wird noch viel schlechter entlohnt.

Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske, der auf dem Parteitag der CDU zu Gast war, sagte anschließend: „Wenn man sich den Punkt anschaut, von dem die CDU kommt, dann ist das ein Schritt nach vorne.“ Aber eben nur ein Schritt. Und so fügte Bsirske an: „Allerdings ist mit diesem Beschluss ganz sicher noch nicht der Durchbruch zu einem gesetzlichen Mindestlohn auf dem Niveau unserer westeuropäischen Nachbarländer erreicht – so wie wir ihn meiner Ansicht nach brauchen. Dort liegt der Mindestlohn im Schnitt bei 8,50 Euro.“

Ein Schritt vor, ein Schritt zurück

Und auch an einem weiteren Punkt des Mindestlohn-Kompromisses übte der ver.di-Vorsitzende Kritik. Denn am Ende könnte es gar nicht auf einen allgemein verbindlichen Mindestlohn hinauslaufen, was die CDU da vorschlägt. Der Kompromiss lässt nämlich Differenzierungen je nach Region zu. „Wir haben schon jetzt elf oder zwölf verschiedene Branchen-Mindestlöhne. Da kommen jetzt noch mal viele, viele drauf,“ sagte Bsirske und fragte: „Wer soll da noch den Überblick behalten?“

Die CDU will ihn offensichtlich gar nicht haben. Die Kanzlerin tut ein bisschen so als ob – kommt ja bei den Wähler/innen erstmal gut an –, überlässt aber die Verhandlungsarena wieder den Tarifpartnern, die bei den jetzt schon existierenden Niedriglohnbranchen an dieselben Lohngrenzen stoßen werden wie bisher. Die Gewerkschaften werden deshalb weiterhin einen allgemein verbindlichen gesetzlichen Mindestlohn fordern, der für alle Branchen und alle Berufe gilt.

Text: Petra Welzel

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