Samstag, 17. November 2012

Google, #Starbucks & Co. #Milliardengewinne fast steuerfrei mehr um 20:15 Uhr in #MONITOR auf #tagesschau24 am 16.11.

Google, Starbucks & Co.:
Milliardengewinne fast steuerfrei
 
Monitor Nr. 641 vom 15.11.2012
 
Wiederholung am 16.11.2012 um 20:15 Uhr auf tagesschau24
 
[via wdr.de]
 
http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2012/1115/steuer.php5
 

Bericht: Jochen Leufgens, Kim Otto

Ge

org Restle: "Trinken Sie manchmal einen Cappuccino bei Starbucks? Nutzen Sie Google oder Facebook, wenn Sie im Internet unterwegs sind? Oder besitzen Sie ein Smartphone von Apple? Dann sind Sie Kunden von Unternehmen, die zu den reichsten der Welt gehören. Und die auf ihre Milliardengewinne fast keine Steuern zahlen - jedenfalls nicht in Deutschland. Viele große multinationale Konzerne haben Wege gefunden, ihre Gewinne am Fiskus vorbeizulenken; Wege, die für Normalverdiener verschlossen bleiben. Und die Politik läuft hilflos hinterher beim globalen Wettrennen um die günstigsten Steueroasen. Jochen Leufgens und Kim Otto zeigen Ihnen die ganz legalen Steuertricks von Google, Starbucks & Co."

Giganten in einer neuen Welt: Weltumspannende Marken. Wir kennen, nutzen sie alle immer, überall. Globale Konzerne mit globaler Verantwortung. So jedenfalls präsentieren sie sich.

eBay im Werbespot (Übersetzung MONITOR): "Wir glaubten, dass Menschen gut sind. Ihr habt es bewiesen."

Starbucks lässt sagen (Übersetzung MONITOR): "Wir arbeiten eng mit Regierungen zusammen, etwa bei sozialen Arbeitsbedingungen. Wir bewegen uns innerhalb der Gesetze und versuchen, Positives zu bewegen."

Werbewelt und Realität: Starbucks, der Kaffeegigant: Über 150 Filialen in Deutschland, 2.000 Mitarbeiter, über 110 Millionen Euro Umsatz allein im vergangenen Jahr. Und jetzt die Buchführung des Giganten. Starbucks schafft es seit 2005 trotz hunderter Millionen Euro Umsatz keinen Gewinn in Deutschland zu machen. Bedeutet vor allem, in den letzten sieben Jahren hat Starbucks in Deutschland keine Gewinnsteuern gezahlt. Nicht einen Cent. Das hier ist nicht Starbucks. Das ist ein kleines Café in Köln. Umzingelt nahezu vom Giganten, 300, 400 und 900 Meter von den nächstgelegenen Starbucks-Filialen entfernt. Sieben Mitarbeiter arbeiten hier, und jeder Euro Gewinn wird mit knapp 30 % versteuert.

Claudio Karter, Espresso Perfetto: "Das ist natürlich ein sehr großer Wettbewerbsvorteil für Starbucks, das benachteiligt uns. Wir versteuern alle Gewinne hier in Deutschland, finanzieren das Gesamtsystem mit, die Infrastruktur, Straßen und so weiter, wo Starbucks sich dann in der Form nicht dran beteiligt."

Die Steuerbelastung minimieren. Beispiel: Google, Internetgigant. Nutzen wir alle, kostenlos. Google macht Riesengewinne mit Onlinewerbung. 2010 waren es - außerhalb der USA - 5,8 Milliarden Dollar. Steuern darauf? Schlappe drei Prozent. Und so funktioniert ein gängiger Steuertrick: In Deutschland anfallende Umsätze werden etwa bei der Muttergesellschaft in Irland - verbucht, mit niedrigerem Steuersatz. Und weiter, der Gewinn wird verringert. Zu einer Tochter in Niederlanden fließen Milliarden Euro als Lizenzgebühren. Und der größte Teil dieser Lizenzgebühren wandert - natürlich - weiter zu einer nächsten Gesellschaft, die ihren Verwaltungssitz etwa auf den Bermuda-Inseln hat. Und dort fallen am Ende einer globalen Kette gar keine Steuern mehr an.

Prof. Joachim Wieland, Steuerrechtsexperte, Universität Speyer: "Diese Steuertricks oder Steuergestaltung, wie es höflicherweise genannt wird, sind tatsächlich nach dem Steuerrecht legal. Ich halte sie aber nicht für legitim, weil die Unternehmen tatsächlich die gesamte deutsche Infrastruktur nutzen, Verkehrswege und sonstige Einrichtungen. Und deshalb wäre es auch nur gerecht, dass sie auch ihren Beitrag über Steuern zu den Kosten leisten, die für diese Infrastruktur benötigt werden."

Die Steuer gestalten, ganz legal. Und vor allem für die neuen, oft digitalen Giganten besonders einfach. Und die Moral? Fragen wir danach, ob die, die wir täglich nutzen uns ausnutzen? Es sind die großen Märkte wie Deutschland, England, Frankreich, wo viel Geld gemacht werden kann. Und genau hier werden mit am wenigsten Steuern bezahlt. Und wir? Konsumieren erst mal fleißig weiter Starbucks, Google oder Apple. Kaum ein Konzern verkörpert Kreativität so wie die Kultmarke Apple. iPad, iPhone, iTunes - der iGigant. Und kreativ ist bei Apple nicht nur das Design, auch die Steuererklärung. Gut 36 Milliarden Dollar Gewinn außerhalb der USA im zurückliegenden Geschäftsjahr. Die Steuer: 1,9 %. Gigantisch, gigantisch niedrig. Das Internetportal kalaydo. eCommerce in Deutschland. Joachim Vranken ist der Gründer und heute Chef von 60 Mitarbeitern. Auf den Gewinn, den sie erzielen, zahlen sie fast 20 % Steuern.

Joachim Vranken, Kalaydo GmbH & Co. KG: "Wir zahlen in Deutschland Steuern, wir haben in Deutschland unsere Mitarbeiter. Wir haben auch leider, oder nicht leider, sondern wir haben die Möglichkeit nicht, solche Modelle zu realisieren. Und das führt eben dazu, dass auch international die digitalen Supermächte wie Amazon, Google, Apple, eBay immer stärker werden, weil sie natürlich immer mehr Kapital generieren können, um auch in einzelnen Märkten eine sehr dominante Marktstellung dann sich zu erkaufen."

Eigentlich bekannte Probleme und erst jetzt, unter öffentlichem Druck, ist das Thema auf der politischen Agenda. G20 Mexiko, vergangene Woche. Der Bundesfinanzminister als Kämpfer gegen die Steuerkünstler.

Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister (05.11.2012): "Wir sind uns ganz einig, dass wir gerade auch wegen der Veränderungen durch das Internet, durch ganz neue Formen von eCommerce, durch ganz neue Formen von Internetfirmen, die ein viel größeres Maß an Volatilität und Mobilität haben, gemeinsame Anstrengungen stärker voranbringen müssen, um die Erosion der Steuerbasis zu verhindern."

Weniger Erosion, mehr Steuergerechtigkeit. Klingt doch gut. Und der Praxistest? Tatsächlich hat das EU-Parlament mit kaum erlebter Einigkeit eine Richtlinienänderung vorgeschlagen. Steuern zahlen statt verschieben. Das Aber: Im Ministerrat müssen alle 27 EU-Länder zustimmen. Dass ausgerechnet die Niederlande, Luxemburg oder Irland dazu bereit sind, ist nahezu ausgeschlossen. Unsere Anfrage blieb in diesen Ländern übrigens unbeantwortet. In Europa wird es also wohl bei Worten bleiben. Und national? Da könnten Konzerne immerhin zur Transparenz gezwungen werden. Steuerzahlungen offen legen. Wir fragen im Finanzministerium nach, warum das nicht passiert. Und siehe da, man verweist wieder einmal auf Europa. Da, wo wohl wenig passieren wird. Deutschland ...

Zitat: " (...) engagiert sich auch im Hinblick auf den Aspekt der Offenlegungspflichten, insbesondere im Rahmen der Arbeiten auf EU-Ebene (...)"

Prof. Joachim Wieland, Steuerrechtsexperte, Uni Speyer: "Herr Schäuble könnte im nationalen Alleingang die deutschen Steuergesetze so ändern, dass internationale Unternehmen, die in Deutschland tätig sind, offen legen müssten, welche Umsätze in Deutschland sie machen und wie viel Steuern sie zahlen. Dann würde deutlich werden, dass da ein erhebliches Missverhältnis besteht und es würde ein öffentlicher Druck der Bürgerinnen und Bürger entstehen, dieses Missverhältnis zu beseitigen. Weil im Ergebnis wir alle mehr Steuern zahlen müssen, wenn die großen Unternehmen ihren Beitrag nicht leisten."

Kindergärten, Schulen, Straßen. Das alles wird aus unseren Steuern bezahlt. Die Giganten drücken sich vor dieser Verantwortung, und man lässt sie gewähren. Und Starbucks, Google und Co. sind nur einige von vielen.

Georg Restle: "Vielleicht denken Sie ja mal daran, wenn Sie demnächst einen Kaffee trinken oder ein Handy kaufen, wen sie da eigentlich mitfinanzieren."



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