Im Club 2 des ORF gab es in der vergangenen Woche eine Diskussion zum Thema "Schwarzgeld-Paradies Schweiz?
Milliarden auf anonymen Konten: Wird das Bankgeheimnis auf Dauer zu halten sein?" (Ankündigung und Teilnehmer siehe unten in der Anlage 1). Die Sendung war in mehrerer Hinsicht spannend: Die Taktik der Schweizer Banken wurde sichtbar, Kritiker wie Jean Ziegler und der Whistleblower" und frühere Bankmanager Rudolf Elmer werden mit Gegenattacken niedergemacht. Besonders interessant: der vom Wiener Professor für Finanzrecht Werner Doralt eindringlich vorgetragene Hinweis, dass bei den in der Diskussion stehenden Steuerabkommen Österreichs und Deutschlands mit der Schweiz wie in der gesamten Debatte immer nur über die hinterzogenen Steuern auf die Zinserträge gesprochen wird, während tatsächlich sehr viel höhere Einkommen hinterzogen werden, die dann als Schwarzgelder die Basis der Zinserträge sind.
Auf den NachDenkSeiten haben wir darauf im Zusammenhang mit dem Fall Zumwinkel schon mehrmals hingewiesen (siehe Anlage 2).
Albrecht Müller.
In Fall Zumwinkel wie auch bei tausenden anderer Fälle hätte ja nicht nur die Hinterziehung der Steuern auf die Zinsen interessieren müssen, sondern auch die Höhe der Schwarzgelder, die die Basis der Zinseinkommen waren, und die Herkunft der Schwarzgelder. Die vorliegenden und zur Entscheidung anstehenden Steuerabkommen regeln dieses Problem nicht. Es wird einfach übergangen. Das war auch in der Diskussion im Club 2 so und wird vermutlich genauso weiter gehandhabt.
Zu einigen Höhepunkten der Diskussion, meist mit Angabe von Minuten bei der Sendung:
- Ab Minute 22 äußert sich Professor Werner Doralt zum Abkommen zwischen Österreich und der Schweiz. Dort findet sich die zitierte Äußerung darüber, dass die Zinsen ein Bruchteil der um vieles höheren Einkommen darstellen, die als Schwarzgeld in der Schweiz und anderen Steueroasen lagern.
- Der Professor fährt in dieser Passage einen Angriff auf die Schweiz, der an Deutlichkeit nichts vermissen lässt: Die Schweiz habe sich jahrzehntelang am Steueraufkommen fremder Volkswirtschaften vergriffen. Sie habe eine blühende Volkswirtschaft auf Kosten anderer Volkswirtschaften aufgebaut.
- Ab Stunde 1 Minute 5 prognostiziert Doralt, dass trotz Abkommen die Schwarzgeldtransfers weitergehen werden. Es führe deshalb kein Weg an dem automatischen Informationsaustausch vorbei.
- An den Äußerungen des Vertreters des Schweizer Bankenverbandes Hans-Peter Portmann wurde die Taktik der Schweizer Banken sichtbar: Man gibt zu, dass man Fehler gemacht hat, dass es zu kritisierende Zustände gab. Aber jetzt sind wir prima. Wir wandeln uns. So die Botschaft.
Anlage 1:
Die Ankündigung von Club 2 und die Diskussionsteilnehmer:
Die amerikanischen Behörden ermitteln derzeit gegen 11 Schweizer Banken wegen mutmaßlicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Und SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft den Banken gar vor, "bandenmäßig" Steuern zu hinterziehen. Der Kampf um die Versteuerung der Schwarzgeld-Milliarden, die bei Schweizer Banken und in anderen Steueroasen geparkt sind, wird in Krisenzeiten immer härter. Hilft das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz, die Reichen zur Kasse zu bitten? Wo sind Europas Schwarzgeld-Milliarden wirklich und wird das Bankgeheimnis auf Dauer zu halten sein? Darüber diskutieren bei Rudolf Nagiller:
- Jean Ziegler
Globalisierungskritiker, Autor - Rudolf Elmer
"Whistleblower", früherer Bankmanager - Herta Vanas
Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin - Esther Mitterstieler
Chefredakteurin WirtschaftsBlatt - Werner Doralt
Inst. f. Finanzrecht, Universität Wien - Hans-Peter Portmann
Zürcher Bankenverband
Anlage 2
Hinweise auf bisherige Texte zum Thema in den NachDenkSeiten
Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch an die Affäre Zumwinkel. Damals hat die deutsche Öffentlichkeit sich vor allem bei der Steuerhinterziehung aufgehalten. Uns hat auf den NachDenkSeiten damals schon auch interessiert, woher die großen Finanzen kommen, die zu einem Zinsgewinn geführt haben, der wiederum eine Steuerhinterziehung von knapp 1 Million ausgelöst hat. Hier wie in ähnlichen Fällen müssten sich die Öffentlichkeit beziehungsweise engagierte Journalisten mindestens gleichwertig um die Frage kümmern, woher die Gelder kommen, mit denen man so viel Zinsen verdient, dass man 1 Million an Steuern hinterziehen kann.
Politische Korruption ist brisanter als die Steuerhinterziehung
Der "Stern" hat verdienstvoller Weise den versteckten Datendieb interviewt, der für die Aufdeckung der Gelder des ehemaligen Postchefs Klaus Zumwinkel gesorgt hat. Im Bericht zum Interview erfährt man, dass der Datendieb Daten von 3929 Stiftungen, Gesellschaften und Trusts und von 5828 natürlichen Personen gesammelt und weitergegeben hat. Darunter sind 46 sogenannte PEPs, das heißt "politisch exponierte Personen". Nur einer wurde öffentlich: Zumwinkel. Das Opferlamm. Die Sache ist nicht nur brisant wegen der Steuerhinterziehung, sondern wegen der mit hoher Wahrscheinlichkeit in vielen Fällen dahinter steckenden Korruption und der Verschiebung von Schwarzgeld. Albrecht Müller
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