Mittwoch, 29. August 2012

Die Baukastenklinik: 15 Prozent Profit als Zielmarge: Wie »Helios« seine Beschäftigten auspresst


Die Baukastenklinik

15 Prozent Profit als Zielmarge: Wie »Helios« seine Beschäftigten auspresst

Von Velten Schäfer

[via Neues Deutschland]

http://www.neues-deutschland.de/artikel/236376.die-baukastenklinik.html
 

Die Fresenius-Tochter Helios gilt als der profitabelste Klinikkonzern der Republik. Zum Erfolgsgeheimnis zählt vor allem Lohndrückerei durch die Gründung immer neuer Teilgesellschaften. In Schwerin und Leezen streikt nun das nicht-medizinische Personal unbefristet.

Helios, die Kliniktochter des Fresenius-Konzerns, wurde von der »Wirtschaftswoche« jüngst als die »wirtschaftlich erfolgreichste Klinik-Kette« abgefeiert. Auf die selbstgestellte Frage »wie machen die das«, gab das Wirtschaftsblatt dabei eine unverblümte Antwort: »Mit Kapital, straffem Management, Spardruck und harten Bandagen.«

In der Praxis, jubelte die Zeitung, zeige sich das durch eine Beschränkung der »Verweildauer« der (Kassen-)Patienten »auf das Nötigste«, wofür es ein »hauseigenes Helios-Benchmarking« gebe: »Sprich: Mehr Patienten in kürzerer Zeit bei gleichem Personal versorgen.« Und während die Kassenpatienten möglichst schnell wieder raus sollen aus dem Krankenbett, wirbt Helios mit teurer Premuim-Medizin in »Hotelambiente« um zahlungskräftige Klientel aus dem In- und Ausland.

Als operatives Profitziel nennt das Blatt eine Marge von 15 Prozent (EBITDA) - das sind Größenordnungen, die man noch vor wenigen Jahren allenfalls in der Finanzwirtschaft hegte: »Frei nach der Prämisse: Luft nach oben gibt es überall«, so die »Wirtschaftswoche«. Eine Google-Suche nach »Helios« und »harte Bandagen« liefert rund 14 000 Treffer.

Viel mehr muss nicht wissen, wer sich fragt, warum bei dem Gesundheitskonzern seit Dienstag früh unbefristet gestreikt wird. Die Streikenden fordern einen Haustarifvertrag, der Konzern zeigt bisher keinerlei Verhandlungsbereitschaft. In Schwerin und im schleswig-holsteinischen Leezen bei Bad Segeberg haben die Mitarbeiter der »Helios Nord Servicegesellschaft« (HSN) die Arbeit niedergelegt, sich Streikwesten übergezogen und sich ab 5 Uhr früh vor den Kliniken aufgebaut. Bis 23.30 wollen sie ausharren. Sie kämpfen um einen Haustarifvertrag für die 650 HSN-Beschäftigten, die im nicht-medizinischen Bereich der Kliniken arbeiten - und um den Erhalt dieser Servicegesellschaft.

Um die Kosten nachhaltig zu drücken, will Helios seine Servicetochter HSN nämlich zerschlagen. Nachdem die HSN-Beschäftigten es Ende Juli gewagt hatten, mit einem Warnstreik ihrer Forderung nach einem Ende des Niedriglohns von nach Gewerkschaftsangaben zwischen 6,40 und 6,90 Euro Euro Nachdruck zu verleihen, kündigte die HSN-Geschäftsführung kurzerhand an, die Gesellschaft in kürzester Zeit in fünf verschiedene kleinere umwandeln zu wollen - um, wie der Helios-Konzernbetriebsrat in einem Schreiben an die Geschäftsführung feststellt, »den Arbeitskampf zu unterlaufen«.

Nach Auffassung der Konzernbetriebsräte Rainer Stein und Elke Lunkeit wurde dabei das »Recht des Betriebsrats, zuerst Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen zu führen«, missachtet. In dem Schreiben wird das Baukastensystem »ständiger Umstrukturierungen und Zergliederungen« angeprangert, das dazu diene, die Löhne zu senken.

Derart aggressive Praktiken sind bei Helios kein Einzelfall. Ende Juni hatte der Konflikt um die gerade übernommenen Damp-Kliniken für Aufsehen gesorgt. Auch dort wollte der Konzern die Servicegesellschaft zerschlagen - und als sich die Beschäftigten dagegen mit Streikaktionen wehrten, sprach Helios 1000 fristlose Kündigungen aus. Erst durch massiven Druck auf der Straße konnte Helios gezwungen werden, die skandalösen Rausschmisse zurückzunehmen - die Zerschlagung der Damp-Servicegesellschaft konnte allerdings nicht verhindert werden.

Schon während der letzten HSN-Warnstreiks vor einigen Tagen hatten sich unter anderem Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD), Oppositionsführer Helmut Holter (LINKE) und die Grünen-Politikerin Silke Gajek mit den Beschäftigten solidarisiert. Letztere erklärt, es sei »nicht zu hoffen, dass diese Firmenphilosophie Schule macht«. Insofern bleibt abzuwarten, ob Helios nun nicht doch allmählich den Bogen überspannt.



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