Ver.di bleibt gemäßigt
Bundeskongreß: Die meisten linken Anträge wurden verwässert oder abgelehnt.
Keine konkrete Forderung zur Arbeitszeitverkürzung
Von Daniel Behruzi
[Junge Welt]
Große Kontroversen und Eklats sind beim am Sonnabend in Leipzig zu Ende gegangenen dritten Bundeskongreß der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di weitgehend ausgeblieben. Linke Anträge lösten zwar teilweise lebhafte Debatten aus, wurden jedoch zumeist verwässert oder abgelehnt. Neben den Themen Mindestlohn und Vergesellschaftung der Schlüsselbranchen (siehe jW vom Donnerstag) ging es dabei beispielsweise um das Recht auf politischen Streik und die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung.»Wir haben uns für das politische Streikrecht entschieden«, stellte Gewerkschaftsvize Andrea Kocsis in der Debatte über einen Antrag klar, der die Aufnahme des Rechts auf politischen Streik sowohl ins Grundgesetz als auch in die ver.di-Satzung vorschlug. Kocsis sprach sich indes gegen eine Satzungsänderung aus, da diese zur Organisation von Aktionen während der Arbeitszeit nicht nötig sei. Volker Mörbe vom Klinikum Stuttgart argumentierte hingegen für die Satzungsänderung, warnte aber davor, eine entsprechende Reform des Grundgesetzes zu fordern. »Gewerkschaften haben ihr Streikrecht immer erkämpft, nicht in den Parlamenten erbettelt«, betonte er. Es sei nicht zu erwarten, daß der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit ein politisches Streikrecht im Sinne der Gewerkschaften beschließen würde. Nach längerer Diskussion unterstützten die Delegierten den Vorschlag der Antragskommission, die Entschließung »als Arbeitsmaterial« an den Bundesvorstand weiterzuleiten.In der Frage der Arbeitszeitverkürzung herrschte oberflächlich betrachtet große Einigkeit. Der Kongreß sprach sich dafür aus, den Trend zur Verlängerung der Arbeitszeiten zu stoppen und statt dessen »die Tür für Arbeitszeitverkürzung zu öffnen«. Innerhalb von ver.di soll eine intensive Diskussion zum Thema begonnen werden. Sämtliche Anträge, die die Festlegung auf ein konkretes Ziel erreichen wollten die Vorschläge variierten zwischen 35 und 24 Wochenstunden , wurden allerdings lediglich »als Arbeitsmaterial« verabschiedet. Die Gewerkschaft müsse »eine breite Kampagne fahren, wie das bei der letzten Auseinandersetzung um die 35-Stunden-Woche auch passiert ist«, hatte der Kölner Delegierte Liermann zuvor gefordert. »Dafür brauchen wir ein konkretes Ziel, mit dem wir rausgehen.«Ver.di-Vize Frank Werneke nannte die Frage der Arbeitszeit mit Verweis auf die kürzlich beendete Auseinandersetzung um die 35-Stunden-Woche in der Druckindustrie »hoch politisch und auch absolut motivierungsfähig«. Dennoch gebe es »keine einfachen Antworten«. Er verwies darauf, daß per Tarifvertrag durchgesetzte Arbeitszeitverkürzung nicht tarifgebundenen Betrieben Wettbewerbsvorteile verschaffe. Zudem müsse verhindert werden, daß eine Reduzierung der Arbeitszeiten mit weiterer Leistungsverdichtung einhergehe. Der Düsseldorfer Betriebsrat Helmut Born meinte hierzu, die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung müsse mit der nach vollem Personalausgleich verbunden werden. Die Gewerkschaft brauche »schnellstmöglich eine Gegenstrategie« gegen die fortgesetzten Versuche der Unternehmen, die Arbeitszeiten zu verlängern, forderte Born. Seiner Argumentation für konkrete Zielsetzungen folgte die Mehrheit der Delegierten allerdings nicht.www.bundeskongress.verdi.de
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