Montag, 18. Oktober 2010

#Millionen #sagen #Non - Frankreich bleibt in Bewegung [junge welt] #genial


Millionen sagen »Non«

Von Arnold Schölzel
(junge welt)

 

Frankreich bleibt in Bewegung. Die Lohnabhängigen, Gewerkschafter, Schüler und Studenten gingen auch am Sonnabend in allen Teilen des Landes gegen die geplante Rentenreform auf die Straßen.

Erneut wurde nach Gewerkschaftsangaben auf den etwa 264 Protestversammlungen wie am Sonnabend zwei Wochen zuvor die Zahl von etwa drei Millionen Teilnehmern erreicht. Das französische Innenministerium zählte rund 825000 Menschen.

Die Gewerkschaft CGT berichtete in einer Mitteilung, die Bewegung habe sich am fünften Streik- und Demonstrationstag ausgeweitet und mehr Betriebe als bisher einbezogen. Sie rief zu einer noch stärkeren Mobilisierung am morgigen Dienstag auf und verlangte Verhandlungen mit der Regierung über ein »anderes Projekt der Rentenreform«.

Bei den größten Massenprotesten der vergangenen Wochen waren am vorigen Dienstag nach Gewerkschaftsangaben rund 3,5 Millionen Menschen auf die Straße gegangen, die Regierung sprach von 1,2 Millionen Demonstranten.

Die Kundgebungen richten sich gegen die geplante »Rentenreform« der konservativen Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy, mit der das Rentenalter von 60 auf 62 Jahre angehoben werden soll.

Außerdem ist vorgesehen, das Alter, ab dem Franzosen künftig die volle Rente unabhängig von den Beitragsjahren beziehen, schrittweise von 65 auf 67 Jahre zu erhöhen. Über das Gesetz soll am kommenden Mittwoch im Senat abgestimmt werden.

Die Regierung machte am Wochenende erneut deutlich, daß sie trotz der Proteste an der Verschlechterung festhält.

Das Gesetz sei nun »in den Händen des Senats«, und dieser könne einzelne Regelungen noch abändern, erklärte z.B. Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire am Sonntag in einem Interview mit mehreren Medien.

Es gebe in dem Gesetzestext aber auch »unantastbare Regeln und Grenzsteine, die wir nicht überschreiten«. Dabei handele es sich um die Anhebung der Altersgrenzen für den Rentenbezug und den Renteneintritt, sagte Le Maire. Zugleich räumte er ein, daß es wegen der Pläne eine »legitime Beunruhigung« in der Bevölkerung gebe.

Aus Protest gegen die Rentenkürzung wurden auch mehrere Erdölraffinerien in Frankreich bestreikt. Nach Angaben des Branchenverbands UFIP vom Samstag waren zehn der zwölf Raffinerien betroffen, laut Gewerkschaftsinformationen vom Sonntag alle zwölf Anlagen.

Befürchtungen, daß daher den Airports im Land der Treibstoff ausgehen könne, wies Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau am Sonntag zurück. Der Pariser Großflughafen Roissy-»Charles de ­Gaulle« sei »perfekt versorgt«, sagte er dem Radiosender Europe 1. Auch beim Pariser Flugplatz Orly gebe es keine Probleme.
Die Bestände in Nizza und ­Nantes seien zwar knapper, das Problem werde aber »schnell geregelt«. Die Fluggesellschaften wurden allerdings aufgefordert, vor Flügen nach Frankreich im Ausland aufzutanken. Zu Treibstoffmangel an Tankstellen sagte Bussereau, dieser sei durch Panikkäufe verursacht worden.

Die Gewerkschaft CGT kritisierte, daß die Treibstoffleitungen für die Flughäfen von völlig unqualifiziertem Personal wieder geöffnet worden seien, weil die Fachkräfte »zu 100 Prozent« streikten.

Dies sei eine »unzulässige Beeinträchtigung des Streikrechtes«, erklärte ein Gewerkschaftsvertreter aus Le Havre. Außerdem setzten die Regierung und der Erdölkonzern Total die Räumungen von bestreikten Treibstoffdepots fort, kritisierte er.

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