Mittwoch, 20. Oktober 2010

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Haben wir eine christliche Leitkultur?

 

Nachdenkseiten

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Dass der Limburger Bischof den höchsten Repräsentanten der Bundesrepublik, den zweiten katholischen Bundespräsidenten nach Heinrich Lübke, wissen lässt, die "entscheidende Passage" der Rede zum 3. Oktober habe "zu Recht Widerspruch ausgelöst", hat großes Gewicht.

Der "Focus" hat den Artikel förmlich als Replik ausgewiesen. Schlagzeile: "Es gibt eine christliche Leitkultur, Herr Bundespräsident".

Das wichtigste Beweisstück für die These von der Verbindlichkeit christlicher Verhaltenslehren auch für nichtchristliche Bürger sollen "unsere Rechtsstaatlichkeit und Rechtsauffassung" sein, die sich "einem christlichen Menschenbild" verdankten.

Dass islamische Neubürger in den Quellen ihres Glaubens analoge anthropologische Gründe für ein positives Verhältnis zu unserem Recht finden könnten, zieht Tebartz-van Elst in Zweifel. "Nach wie vor ist die Frage nach dem Verhältnis des Islam zu den universalen Menschenrechten und zu unserem Rechtsstaat weithin ungeklärt."

Das hält dem Islam der Funktionär einer Kirche vor, die fast zweitausend Jahre alt ist und ihr eigenes Verhalten zu den universalen Menschenrechten vor genau fünfundvierzig Jahren geklärt hat.

Der evangelische Theologe Friedrich Wilhelm Graf hat vorgestern in der "Süddeutschen Zeitung" daran erinnert, dass man die Menschenrechte auch im Protestantismus bis weit in die fünfziger Jahre hinein als "liberalistische Verirrung des modernen Menschen" ansah. Ist es schon so weit, dass die Kirchenvertreter als säkulare Musterschüler auftreten können?

Man mag die moderne Freiheitsidee dem Christentum als Beitrag und Leistung aufs Konto schreiben. Einen Leistungsvertrag hätte man darüber nicht abschließen können, auch nicht mit Luther. Christoph Möllers stellte auf dem Juristentag nüchtern fest, der Anspruch der Kirchen, die Gesellschaft zu repräsentieren, verliere ständig an Plausibilität. Verlockend, dass Bischöfen in dieser Lage die Schirmherrschaft über den Wertewandel angetragen wird!

Aber was die neuen Freunde, die ungläubigen Wiederentdecker des Abendlandes, unter christlicher Leitkultur verstehen, das ist im Kern die Säkularität, die Trennung von Staat und Kirche.

Dann wäre auch die aus unserer Rechtsauffassung konsequent folgende Abtreibungsfreiheit eine christliche Errungenschaft – nur in kultureller Betrachtung, natürlich.

Quelle:
FAZ
http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456BAC0CF17E0C7E9105/Doc~E073DE5D66A5B4E2DA7F0330CF3702628~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Anmerkung WL:

Es ist beängstigend, wie christliche Fundamentalisten die Integrationsdebatte benutzen, um an die Stelle der grundgesetzlichen Säkularität und der Trennung von Kirche und Staat ihr christliches, ja sogar konfessionelles Dogma zu setzen. Stehen wir vor einem neuen "Kulturkampf" wie vor 140 Jahren. Leider gibt es in der Politik zu wenig Preußen, die sich als liberale und Verfechter des säkularisierten Staates diesem Kampf stellen würden.

Unsere Kanzlerin ist in diesem Punkte offenbar
leider kein Bismarck

Siehe dazu:

Unser Kulturkampf: Die Rede von der christlich-jüdischen Tradition ist ein Skandal
Teile des politischen Spitzenpersonals schrecken nicht einmal mehr davor zurück, sich beim Judentum in missbräuchlicher Hinsicht, nämlich im Sinne des Kulturkampfes, zu bedienen. Eine tückischere Umarmung lässt sich kaum denken.
Die Zeit

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