Arm in einer reichen Stadt
[via Nachdenkseiten]
Wo jeder reich ist, geht Armut unter Luxuskaufhäuser, Autokonzerne und Werbeplakate sind perfekte Scheuklappen. Betroffene sehen die Stadt mit anderen Augen. Auch, weil sie selbst oft übersehen werden. In Stuttgart sind mehr als 90 000 Menschen armutsgefährdet.
Alexandra Mahnke ist arm, und schuld ist ihre große Liebe die Kunst. Die 35-Jährige mit dem roten Bubikopf nippt in einer Szenekneipe an einem Milchkaffee und saugt mit ihren braunen Augen förmlich die Atmosphäre auf. Hier fällt sie nicht auf in ihrem langen schwarzen Mantel und den grauen Schlupfstiefeln aus weichem Leder. Ob die Leute ahnen, dass die Tasse Kaffee für sie ein Luxus ist?
Dass sie einen Lagerraum als Wohnung nutzt, um Geld zu sparen? Dass ihre Mutter alte Kleidung umnäht, wenn sie Lust auf etwas Neues hat, aber das Geld mal wieder fehlt? Dass sie ein Abonnement kündigen musste, weil sogar die Monatszeitschrift zu teuer ist?
Für Alexandra Mahnke ist das alles seit acht Jahren ganz normal. "Wenn ich den Menschen von meiner Situation erzähle, sind sie meist total überrascht", sagt die Choreografin. Ihre Situation, das ist ein Einkommen von 700 Euro im Monat. Oft weniger. Trotz Diplom, Fleiß und Talent.
Quelle: Kontext Wochenzeitung
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