global news 2900 06-04-13:
Um die Steuerflucht der Reichen und der Unternehmen einzudämmen,
hilft nur die Wiedereinführung der bis in die 90er Jahre geltenden Kapitalverkehrskontrollen
[via jjahnke.net]
Es ist eine bodenlose Ungerechtigkeit, wenn Normalsteuerzahler, denen die Steuerlast schon an der Quelle ihres monatlichen Einkommens auferlegt wird, wesentlich mehr Steuern zahlen müssen, weil Steueroasen in aller Welt den Reichen ungeniert Zuflucht bieten. Dabei geht es längst nicht nur um ein paar Inselchen in der Karibik sondern um "ehrenwerte" Regierungen von Großbritannien und USA und einigen anderen als normalerweise "sauber" eingeordneten Ländern, die in ihren Hoheitszonen oder Treuhandgebieten und sogar noch in London und an Wallstreet seit sehr vielen Jahren in Konkurrenz miteinander Kapital zu niedrigsten oder gar keinen Steuerbedingungen anlocken. Was jetzt mit den 2,5 Millionen Kundendokumenten von nur zwei vermittelnden "Dienstleistern", die in rund 170 Länder mit etwa 120.000 Briefkastenfirmen und gut 130.000 Personen führen, bekannt wurde und die ganze Welt in Aufregung versetzt, ist trotzdem nur die Spitze eines schon jahrzehntealten Eisbergs.
Nach Schätzung des tax justice network gehen in Deutschland jährlich etwa 215 Mrd an Steuereinnahmen durch verschiedene Formen von Steuerflucht (nicht nur in Steueroasen) verloren (Abb. 15718). Das wären 6 % der jährlichen Wirtschaftsleistung oder 38 % der jährlichen Steuereinnahmen. In anderen Worten: Normale Steuerbürger müssen 38 % mehr Steuern zahlen, weil andere aus ihren Verpflichtungen flüchten und dabei nicht von den Behörden behindert werden. Das ist auch im internationalen Maßstab viel, auch wenn es von Brasilien, Italien, Rußland und Spanien noch überboten wird. Nach einer anderen Schätzung aus der gleichen Quelle waren 2012 zwischen 21 und 32 Billionen Dollar in Steueroasen gelagert, fast das Zehnfache der jährlichen deutschen Wirtschaftsleistung.
Diese gigantische Steuerflucht wurde möglich, seit die westlichen Länder unter Druck neoliberaler Kräfte und vor allem von Multis und Großbanken dazu übergingen, den bis dahin kontrollierten Kapitalverkehr über die Grenzen von allen Beschränkungen zu befreien, was in einem Prozeß bis spätestens vor etwa 20 Jahren geschah, also noch ziemlich neu ist. Der Bankensektor ist seitdem fester Bestandteil des Transfers in die Steueroasen. Die Beträge sind längst zu groß, um noch im Koffer transportiert zu werden. Diese Form der Steuerflucht zu Lasten der normalen Steuerzahler wird sich nur eindämmen lassen, wenn die globale Liberalisierung des Kapitalverkehrs wieder auf das Regulierungsniveau zurückgenommen wird, das noch in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts galt.
Wie schwer es den Steuerbehörden wird, die Steueroasen ohne Wiedereinführung von Kapitalverkehrskontrollen aufzurollen, zeigt bereits die Reaktion der Banken, die nun in ersten Reaktionen alles Mitspielen bestreiten und meinen, um die korrekte Versteuerung des Geldes müßten sich die Anleger schon selbst kümmern; man könne ja wohl schließlich nicht alles eigenhändig nachprüfen. Auch die Medien, wie die Süddeutsche Zeitung, die nun auf den neuen Leaks aus den Steueroasen sitzen, verweigern die Kooperation. Einer entsprechenden Bitte von Bundesfinanzminister Wolfgang "kann, darf und wird die Süddeutsche Zeitung nicht nachkommen", teilte die Zeitung mit. Auch der ebenfalls an der Auswertung der Daten beteiligte Norddeutsche Rundfunk (NDR) lehnte die Bitte des Ministeriums ab.
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