Dienstag, 4. Oktober 2011

Wall Street #bleibt #besetzt (via Junge Welt) [In Deutschland herrscht dagegen Corporate Identity im Sinne des Tagesbusiness]

 

Wall Street bleibt besetzt

Von Philipp Schläger, New York
[via Junge Welt]


Der Protest gegen die wachsende Kluft zwischen arm und reich, die hohe Arbeitslosigkeit und die Profiteure der Krise in den USA wächst. In New York solidarisierten sich am Wochenende mehrere Gewerkschaften der Stadt sowie Tausende Bürger mit den Aktivisten von »Occupy Wall Street« (Besetzt Wall Street), die seit mehr als zwei Wochen erfolgreich Regen und fallenden Temperaturen trotzen und einen Platz im Finanzdistrikt Manhattans, den Zuccotti-Park, besetzt halten.

Nach mehreren Demonstrationen mit Tausenden Teilnehmern Ende der vergangenen Woche kam es am Samstag erneut zu Massenverhaftungen. Bei einem Marsch auf der Brooklyn Bridge setzte die Polizei zeitweise bis zu 700 Menschen fest.

Unter diesen war auch eine Reporterin der New York Times. Nachdem die Demonstranten im Süden vom Rathaus Richtung Brooklyn Bridge gelaufen seien, habe die Polizei einen Teil der Demonstranten anstatt auf den Fußweg regelrecht auf die Straße der Brücke dirigiert, berichtete Andrew Flinchbaugh, der bereits seit mehr als einer Woche an dem Protest im Zuccotti-Park teilnimmt.

Grundsätzlich müssen in New York Demonstrationsteilnehmer auf dem Bürgersteig bleiben, eine Regel, die die Polizei im Zusammenhang mit den Protesten von »Occupy Wall Street« bislang rigoros durchgesetzt hat. Mit Verweis auf die Behinderung des Verkehrs riskiert jeder, der auf die Straße ausweicht, eine Festnahme. Die Polizei habe den Zug von rund 1800 Menschen zunächst rund 30 Minuten lang etwa bis zur Mitte der Brücke laufen lassen, sagte Flinchbaugh. Erst dann habe sie begonnen, den Demonstranten den Weg zu versperren und orange Netze auszurollen, die sie auch bei Verhaftungen in der Vorwoche verwendet hatte, so der Arbeitslose aus New Jersey.

Die Polizisten hätten dann begonnen, einzelne ziehen zu lassen und andere festzunehmen, um am Ende insgesamt rund 700 Menschen zu verhaften. »Es war nach meiner Einschätzung eine Falle. Anders kann ich dieses Vorgehen nicht beschreiben«, erläutert Flinchbaugh.

Die Polizei begründete die Festnahmen mit der Behinderung des Verkehrs auf der Brücke. Demonstranten mußten mit auf den Rücken gefesselten Händen stundenlang entlang der Brücke sitzen, um am Ende zum Polizeirevier abtransportiert zu werden.

Alles deutet darauf hin, daß das aggressive Vorgehen der Polizei die Aufmerksamkeit und die Sympathien für die Besetzung nur weiter erhöht. Einen Tag nach den Verhaftungen kamen mehr als tausend Menschen zum Zuccotti-Park, wo normalerweise rund 100 bis 200 Aktivisten in Schlafsäcken und unter Planen übernachten. Außerdem kam es in mindestens 20 weiteren US-Städten, unter anderem in Chicago und Los Angeles, ebenfalls zu Protestaktionen. In Boston versammelten sich Demonstranten vor einer Niederlassung der Bank of America, um gegen Zwangsversteigerungen zu protestieren.

Inzwischen haben sich zudem zahlreiche Gewerkschaften mit den Demonstranten vom Zuccotti-Park zusammengeschlossen. Darunter ist etwa die United Federation of Teachers, die Transport Workers Union und die Communications Workers of America, die derzeit angespannte Verhandlungen für 45000 Beschäftigte des Telekommunikationskonzerns Verizon führt, deren Forderungen von »Occupy Wall Street« unterstützt werden. Ein Ende der Aktion ist damit weiterhin nicht absehbar. Für Mittwoch haben die Aktivisten zusammen mit den Gewerkschaften und linken Organisationen wie moveon.org zu einer gemeinsamen Demonstration in New York aufgerufen.



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