Tories polarisieren
Parteitag der britischen Konservativen in Manchester
macht Spaltung im Land deutlich
Von Christian Bunke, Manchester
[via Junge Welt]
Am vergangenen Sonntag haben die Tories von Großbritanniens Premierminister David Cameron in Manchester ihren Parteikongreß begonnen. Die Anwesenheit der Regierungspartei mit ihrem millionenschweren Anhang ist so ziemlich das letzte, was die Stadt gerade braucht. Die Tories wissen, daß sie unerwünscht sind. Deshalb sind sie hier.
Das offizielle Motto ist »eine starke Führung für eine bessere Zukunft«. Man präsentiert sich als die Kraft, die notwendige, aber unpopuläre Maßnahmen durchdrückt.Die Konservativen tagen in einem Kongreßzentrum, das auf dem Boden des Peterloo-Massakers errichtet wurde. 1819 massakrierte eine Unternehmermiliz eine Arbeiterdemonstration, mit der das allgemeine Wahlrecht gefordert wurde.
Am Sonntag demonstrierten 40000 Gewerkschafter, Erwerbslose und Jugendliche an jenem Ort vorbei, um gegen das Kahlschlagprogramm der Regierung zu protestieren.
Bereits am Samstag hatte es in Glasgow eine ähnliche Aktion mit 15000 Teilnehmern gegeben. Parteivorsitzender Cameron erklärte danach, die Demonstranten hätte einfach Unrecht, Punkt. Die Regierung werde zum Wohle der Nation das Sparprogramm durchdrücken.Der Veranstaltungsort des Parteitags ist von Metallzäunen umgeben. Damit es schöner aussieht, hat das Marketingdepartment der Stadtverwaltung Transparente mit den Schriftzügen »Willkommen in Manchester« und »I love Manchester« aufgehängt. Das ist die Antwort der Stadtverwaltung auf die Unruhen im August, während sie gleichzeitig mithilft, den Sozialabbau umzusetzen. Neben Liverpool ist Manchester die am meisten von Kürzungen betroffene Stadt in England. Gerüchten zufolge wollen die Tories nächstes Jahr in Liverpool tagen.Die Demonstration in Manchester machte die Klassenpolarisierung im Land deutlich. Auf der einen Seite fürchten Feuerwehrleute, Zugbegleiter, Beschäftigte im Gesundheitswesen, Fabrikarbeiter und viele mehr um ihre Zukunft. Auf der anderen Seite provozierten konservative Delegierte am Straßenrand, winkten mit Geldscheinen und zeigten den Mittelfinger. Soviel zum oft proklamierten Respekt für »hart arbeitende Menschen« dieser Partei. Auch die Demonstranten teilten kräftig aus. So wünschte man der einstigen Premierministerin Margaret Thatcher ein baldiges Ableben und forderte Parteitagsdelegierte zum Fenstersprung auf. Auf Transparenten und in Sprechchören war eine simple Botschaft zu vernehmen: »Wir werden euer Sparprogramm bis zum letzten bekämpfen.« Auf vielen mitgebrachten Plakaten war die Forderung nach einem Generalstreik zu lesen.Auf der Kundgebung am Sonntagrief der Gewerkschaftssekretär Len McCluskey zum wiederholten Mal zu massenhaftem zivilen Ungehorsam gegen die Sparmaßnahmen auf. Er wies auch auf die geplanten Arbeitsniederlegungen am 30. November hin: »Koordinierte Streiks sind absolut notwendig, um zu gewinnen. Und wenn das dann als Generalstreik bezeichnet wird, soll es so sein.«Während die Gewerkschaften den größten Ausstand seit 1926 vorbereiten, zeigen sich die Konservativen unbeeindruckt. Sozialminister Ian Duncan Smith erklärte am Tag nach der Demonstration: »Wenn hier irgendwer glaubt, er könne irgendwelche Sozialleistungen in Anspruch nehmen ohne hart dafür zu arbeiten, dann sage ich ihm: Nein! Nein! Nein!«Somit ist die Bühne bereitet. Die nächste große Aktion zivilen Ungehorsams ist bereits für kommenden Sonntag angekündigt, an dem eine große Londoner Brücke blockiert werden soll. Der Protest wird sich gegen die Privatisierung des öffentlichen Gesundheitssystems richten, die in den nächsten Tagen im House of Lords zur Debatte steht.
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