Tötet die Boten!
Den Überbringern schlechter Nachrichten geht es zunehmend schlechter. Wenn die
Hans-Böckler-Stiftung (PDF) http://www.boeckler.de/impuls_2012 oder die Friedrich-Ebert-Stiftung (PDF) http://library.fes.de/pdf-files/wiso/09180.pdf wieder einmal Studien vorlegen, die nachweisen, dass die Spaltung der Gesellschaft in immer mehr Arme sogar solche mit Arbeitsplätzen und wenige Superreiche ungemindert fortschreitet, dann wird das zunehmend stärker als politisch einseitige Propaganda kommentiert und nur am Rande oder gar nicht öffentlich erwähnt.Seit Jahrzehnten wird die langsam aber stetig voranschreitende Spaltung der Gesellschaft untersucht und dokumentiert. Doch wie ein Spielfilm, den man schon unzählige Male gesehen hat, werden die diesbezüglichen neuen Erkenntnisse als langweilig und uninteressant wahrgenommen. Die Reaktionen im Internet (häufig in den Kommentarspalten) sind zunehmend gegen die Boten gerichtet.
Das Gift des Kapitalismus hat unsere Wahrnehmung bereits derart eingeschränkt, dass wir die stetig voranschreitenden Verschlechterungen als "normal" einstufen und die Überbringer der Tatsachen als notorische Nörgler.
Die Ergebnisse der Studien zur Armuts- und Reichtumsentwicklung sind im Grunde leicht erklärt.
Man stelle sich einen großen Eintopf vor, den alle Bürgerinnen und Bürger im Laufe des Jahres füreinander gekocht haben. Nennen wir ihn "Bohnensuppe" oder kurz "BSP".
Beim Verzehr dürfen alle, die dem "Kopf" (lat.: caput, Ursprung von "Kapital") des Staates angehören zuerst zugreifen. Ihr Anteil richtet sich nicht nach einer bestimmten Leistung, die sie für die Zubereitung des Eintopfes erbracht haben, sondern nach einem mathematischen Schlüssel, der sich auf das Geldvermögen bezieht, das sie aufgehäuft haben.
Den danach verbleibenden Rest des Eintopfes dürfen die anderen, nennen wir sie "POOR" ("Personen ohne ordentliche Rechte") unter sich aufteilen.
Durch diese Art der Verteilung sind alle gezwungen, ihren Teil dazu beizutragen, dass der Eintopf jedes Jahr mehr wird, denn die "Köpfe" verlangen jedes Jahr mehr, da ihr Anspruch aufgrund des nicht hinterfragten Berechnungssystems mit mathematischer Genauigkeit zunimmt.
Obwohl es gelingt, jedes Jahr mehr Eintopf herzustellen, reicht diese Steigerung nicht, den zusätzlichen Anspruch der "Köpfe" zu bedienen. Der unter den POORS verteilte Rest wird also immer kleiner. Das führt zu immer weitergehenden Einschränkungen bei den POORS. Wer bisher für seine Leistung noch 10 Löffel Eintopf pro Stunde bekommen hat, muss sich jetzt teilweise mit Rationen von 2,5 Löffeln zufrieden geben. Mengen, die irgendwo zwischen "zum Sterben zuviel" und "zum Leben zu wenig" liegen.
Zur mikroskopischen Beleuchtung der Veränderungen innerhalb des System der Eintopf-Produktion und seinen Folgen, beispielsweise hinsichtlich den sich verändernden Lebensbedingungen, werden viele teuer bezahlte Studien erstellt. Doch in keiner ist mir bisher ein Hinterfragen des Systems begegnet, das es den Geldvermögenden erlaubt, im Erstzugriff seinen Mitmenschen immer mehr von deren Leistung wegzunehmen.
Vielleicht wäre das eine neue Qualität innerhalb dieser Studien, die Ruf der Boten wieder verbessern könnte.
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