Mittwoch, 24. Februar 2010

Musikfahndung im Rauschen des Internet - Mathematische Verfahren helfen ... [idw]

Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung


Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., Barbara

Abrell, 23.02.2010 16:59


Musikfahndung im Rauschen des Internet


Mathematische Verfahren helfen, Audiodateien und Musikstücke im
Internet zu finden, mit Partituren zu vergleichen und zu analysieren

Das Internet ist ein gigantischer Datenspeicher. Viele Informationen
aber bleiben ungenutzt, weil sie mit modernen Suchwerkzeugen nicht
auffindbar sind. Forscher vom Max-Planck-Institut für Informatik in
Saarbrücken haben Verfahren entwickelt, um Musikstücke aufzuspüren und
miteinander vergleichbar zu machen. Das ist nicht nur ein Gimmick für
Musikliebhaber, sondern könnte sogar die Ausbildung von Musikern
revolutionieren.

Knapp 300 Milliarden Gigabyte. So groß war die Datenmenge, die im Jahr
2007 im Internet kreiste, zumindest nach Schätzungen des US-
Marktanalysten International Data Corporation. Und die
Informationsflut wächst täglich. Sie fließt als MP3-Musikdatei, Text
und Tabelle, als Video oder als Foto um die Welt. Doch ein großer Teil
des elektronischen Datenschatzes lässt sich bislang gar nicht heben,
weil es keine Technik gibt, die die Information aufspüren kann. So
sind viele digitale Datenbestände heute zu einem großen Teil nichts
anderes als ein gigantischer Datenfriedhof. Meinard Müller,
Informatiker am Saarbrücker Max-Planck-Institut für Informatik,
arbeitet daran, das verschüttete Wissen nutzbar zu machen. Seine
Spezialität ist die gezielte Suche nach Musik in Ton, Text und
Notenschrift. Während der Cebit in Hannover wird der Forscher vom 2.
bis zum 6. März zeigen, wie seine Suchwerkzeuge arbeiten (Halle 9,
Stand B 43).

Dazu gehört unter anderem der Multimodal Music Player, eine Software,
die auf verschiedenen Wegen nach Musik fahnden kann. Es genügt, dem
Player einige Takte vorzuspielen, und schon erspürt er in Datenbanken
die Partitur des ganzen dazugehörigen Musikstücks oder eine Reihe
verschiedener Tonaufnahmen - eine Interpretation von Barenboim oder
Bernstein etwa. Ein Klick in die Partitur und die entsprechende Stelle
des Klavierkonzerts oder Oratoriums erklingt. Während die Musik
abgespielt wird, kann der Nutzer zwischen den Interpretationen der
verschiedenen Dirigenten hin- und herwechseln. So wird ein direkter
Vergleich der Aufnahmen möglich. "Der Player ist nur der sichtbare
Teil unserer Grundlagenforschung", betont Müller. "Wir befassen uns ja
noch viel umfassender mit der automatisierten Verarbeitung und Analyse
von Musik- und Audiodaten." Und das hat es in sich, denn für einen
Computer ist das Erkennen von Musik keineswegs trivial. Den harten
Anschlag auf einem Klavier kann der Computer noch einigermaßen leicht
erkennen. Doch der auf einer Geige gespielte Ton ist eine Mischung von
Oberschwingungen, von Vibrationen, ein Geräusch des langsam
anschwillt, dessen Anfang und Ende kaum zu erkennen ist. Noch
schwieriger ist es für Maschinen, den Klangteppich eines Orchesters zu
interpretieren, in dem einzelne Töne kaum mehr auseinanderzuhalten
sind.

Müllers mathematische Verfahren aber sind in der Lage, musikalische
Themen in einem Musikstück wiederzufinden. Beim Audiomatching, einem
akustischen Abgleich, werden Musikstücke auf Basis von Charakteristika
wie etwa Harmonien oder Rhythmen miteinander verglichen. Damit kann
der Computer dann unterschiedliche Versionen eines Musikstücks oder
sogar Coverversionen finden. Derzeit arbeiten die Forscher unter
anderem daran, den akustischen Datenstrom in leicht verdauliche
Abschnitte zu zerlegen, um darin zum Beispiel sogar einzelne Akkorde
zu erkennen. In Zusammenarbeit mit der Universität Bonn und dem
Beethovenhaus in Bonn ist bereits ein akustischer Musikkatalog
entstanden, in dem man seit einigen Wochen mit Hilfe des Multimodal
Music Player in verschiedenen Aufnahmen navigieren kann; dem
Musikliebhaber stehen 27 verschiedene Varianten von Musikstücken zur
Verfügung. In Kürze werden Nutzer gleichzeitig in der zugehörigen
Partitur navigieren können. Auch mit der "Hochschule für Musik Saar"
in Saarbrücken besteht eine Kooperation. "Derzeit entwickeln wir
gemeinsam Ideen, um die Musiksuche für die Ausbildung von Pianisten zu
nutzen", sagt Müller. So können die Studenten künftig quasi synchron
eigene Tonaufnahmen mit denen von Profis vergleichen, einzelne Takte,
Triolen oder Crescendi im Detail analysieren. Müller will die
Ergebnisse seiner Arbeit aber nicht als exklusive musikalische
Suchmaschine missverstanden wissen. "Letztlich arbeiten wir allgemein
an mathematischen Verfahren, um akustische Inhalte gezielt
identifizieren zu können - das ähnelt der Suche nach Bildern, in denen
man nach charakteristischen Ausschnitten wie etwa dem Umriss einer
Kirche sucht."

Originalveröffentlichung:

Meinard Müller
Information Retrieval
Springer, 2007

Weitere Informationen erhalten Sie von:

Priv.-Doz. Dr. Meinard Müller
Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken
Tel.: +49 681 9325-405
E-Mail:
meinard@mpi-inf.mpg.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Forschungs- / Wissenstransfer

Sachgebiete:
Informationstechnik
Medien- und Kommunikationswissenschaften
Musik / Theater

Weitere Informationen finden Sie unter


http://www.cebit.de/homepage_d - Die CeBIT in Hannover

http://www.uni-saarland.de/aktuelles/presse/pressefotos-speziell.html - Pressebilder zum Herunterladen

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:


Der Multimodal Musik Player eröffnet eine neue Dimension des Umgangs mit Musik im Internet.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news356830


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution207

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