Montag, 22. Februar 2010

[idw] "Nur was wir kennen, können wir schätzen und schützen"

Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und
Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin, Dr.
Gesine Steiner, 22.02.2010 13:07

"Nur was wir kennen, können wir schätzen und schützen"

Das Konsortium Deutsche Naturwissenschaftliche Forschungssammlungen
(DNFS)
lädt zum bundesweiten Aktionstag Biodiversität am 27.2.2010 anlässlich
des Internationalen Jahres der biologischen Vielfalt

Am Samstag, den 27.2.2010, veranstalten die Einrichtungen der DNFS
deutschlandweit einen Aktionstag Biodiversität. Dieser soll die
vielfältigen Aspekte der Arbeit Naturkundlicher Forschungssammlungen
im Zusammenhang mit der Erforschung und dem Erhalt der biologischen
Vielfalt deutlich machen. Die einzelnen Häuser wollen ihre
wissenschaftlichen Aktivitäten mit Vorträgen, Infoständen,
Mitmachaktionen oder Führungen hinter die Kulissen transparent machen
und Interesse am Thema Biodiversität wecken. An diesem Aktionstag
beteiligt sind das Museum für Naturkunde Berlin, das
Forschungsinstitut und
Naturmuseum Senckenberg, Frankfurt a.M., das Staatliche Museum für
Naturkunde Stuttgart, das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe,
das Zoologische Museum Alexander König Bonn, die Staatlichen
Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (Museum Mensch und Natur
München, Botanischer Garten München-Nymphenburg), das Zoologische
Museum Hamburg sowie das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz.

Die Programme der beteiligten Institutionen finden Sie unter:
http://download.naturkundemuseumberlin.de/presse/AktionstagBiodiversität

Kontakt:
Dr. Gesine Steiner, Öffentlichkeitsarbeit, Tel. +49(0)30 2093 8917
Fax. +49(0)30 2093 8914, e-mail
gesine.steiner@mfn-berlin.de; www.naturkundemuseum-berlin.de

Für die Redaktionen:

Bedeutung Naturkundlicher Forschungssammlungen für den Schutz der
biologischen Vielfalt

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat das Jahr 2010 zum
"Internationalen Jahr der biologischen Vielfalt" erklärt. Damit soll
die Bedeutung der biologischen Vielfalt sowie die Folgen ihres
Verlustes stärker in das politische und öffentliche Bewusstsein
gerückt werden. Zudem soll das Jahr
genutzt werden, um zu bilanzieren, ob das weltweite Artensterben in
den vergangenen Jahren aufgehalten oder zumindest verlangsamt werden
konnte, wie das seit der ersten weltweiten Artenschutzkonferenz in Rio
(1992) gefordert und angestrebt wird.

Naturkundliche Forschungsmuseen wie die im Konsortium "Deutsche
Naturwissenschaftliche Forschungssammlungen" (DNFS)
zusammengeschlossenen Einrichtungen spielen bei einer solchen
Bilanzierung und beim Schutz der biologischen Vielfalt eine
entscheidende Rolle. Denn auch über 250 Jahre nachdem der schwedische
Biologe Carl von Linné das große Projekt der globalen Bestandsaufnahme
der Pflanzen- und Tierarten der Erde begonnnen hat, ist die
grundlegende Frage danach, mit wie vielen und welchen Mitgeschöpfen
wir unseren blauen Planeten teilen, noch nicht einmal annähernd
gelöst.

Zwar sind inzwischen etwa zwei Millionen verschiedene Arten von
Lebewesen beschrieben, aber die tatsächliche Artenzahl ist selbst in
ihrer Größenordnung weiterhin unbekannt. Untersuchungen in den
Baumkronen der tropischen Regenwälder, in Korallenriffen oder in der
Tiefsee, wo in den letzten Jahren
eine verblüffenden Anzahl vorher unbekannter Arten entdeckt wurde,
haben die Schätzungen auf 3,5 bis über 100 Millionen Arten
hochschnellen lassen, als wahrscheinlich gelten etwa 10-20 Millionen.
Das heißt, dass bislang wahrscheinlich nur etwa 10 bis 20 Prozent
aller Arten wissenschaftlich beschrieben und benannt werden konnte.
Eine wissenschaftliche Beschreibung ist aber Grundvoraussetzung, um
überhaupt feststellen zu können, dass eine Art durch Umweltzerstörung,
Klimaänderungen oder andere Faktoren in ihrem Bestand zurückgeht oder
vom Aussterben bedroht ist. Der nur scheinbar banal anmutende Satz
"Nur was wir kennen, können wir schätzen und schützen" bringt dies auf
den Punkt.

Hier kommt den Naturkundemuseen eine besondere Bedeutung und
Verantwortung zu. Ihre biologischen Sammlungen - allein in Deutschland
über 100 Millionen Objekte - sind Archive des Lebens und die Grundlage
aller Biodiversitätsforschung. Die Beschreibung unbekannter Arten und
ihre Einordnung in ein System, das die Evolution der Lebewesen
widerspiegelt, gehören zu den zentralen Forschungsaufgaben der Museen
und geben ihnen damit eine Alleinstellung in der
Wissenschaftslandschaft. Von besonderer Bedeutung sind die
umfangreichen historisch gewachsenen Sammlungen, denn nur der direkte
Vergleich liefert den Beleg dafür, dass eine Tier- oder Pflanzenart
tatsächlich "neu" ist und worin sie sich von anderen unterscheidet.
Naturkundemuseen sind darüber hinaus Kompetenzzentren der
Biosystematik, einer wissenschaftlichen Grundlagendisziplin, die an
deutschen Universitäten sowohl in Forschung als auch Lehre kaum noch
eine Rolle spielt. Den Naturkundlichen Forschungssammlungen kommt
deshalb besondere Bedeutung und Verantwortung zu, die sich auch daran
festmachen lässt, dass Wissenschaftler aus diesen Einrichtungen eine
großen Teil der systematisch orientierten Lehrveranstaltungen an den
Universitäten anbieten.

Naturkundliche Forschungssammlungen sind aber auch Orte aktiver und
moderner wissenschaftlicher Forschung. Zunehmend wird dabei auf
Methoden der molekularen Genetik, elaborierte statistische Verfahren
sowie Ergebnisse der Ultrastrukturforschung und modernste 3D-
Rekonstruktionen zurückgegriffen. Zugleich haben schnelle
Datenbanksysteme und Vernetzung gänzlich neue Möglichkeiten des
Informationsaustauschs und der gemeinsamen Ressourcennutzung eröffnet.
Viele Museen haben deshalb in den letzten Jahren massiv in
entsprechende Infrastruktur investiert; der Prozess einer globalen
virtuellen Gesamtsammlung nimmt bereits konkrete Gestalt an.

Neben diesem im Bereich der Wissenschaft angesiedelten
Aufgabenspektrum, tragen Naturkundliche Forschungseinrichtungen an
zwei weiteren entscheidenden Stellen zum Schutz der biologischen
Vielfalt bei. Zum einen sind Fachleute naturkundlicher Museen weltweit
an unzähligen Projekten im Bereich des angewandten Naturschutzes
beteiligt. Mit ihrer wissenschaftlichen Expertise tragen sie unter
anderem dazu
bei, Areale für Naturschutzgebiete sinnvoll auszuwählen,
Schutzkonzepte zu entwickeln und den illegalen Handel mit bedrohten
Arten zu bekämpfen.

Zum anderen besteht eine der Hauptaufgaben naturkundlicher Museen
darin, das Thema biologische Vielfalt und deren Gefährdung breiten
Bevölkerungsschichten zu vermitteln und sie dafür zu sensibilisieren.
Hierfür bieten Naturkundemuseen nicht zuletzt deshalb eine ideale
Plattform, weil sie mit
ihren Ausstellungen und ihrer aktiven Museumspädagogik trotz der
Möglichkeiten, die Bücher, Fernsehen, Internet und andere Medien
bieten, auch heute zu den beliebtesten und meistbesuchten
Kultureineinrichtungen überhaupt zählen.

Weitere Informationen unter: www.dnfs.de; www.biodiversitaet2010.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungs- / Wissenstransfer
Kooperationen

Sachgebiete:
Biologie
Geowissenschaften
Umwelt / Ökologie

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/image109881
Logo DNFS

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news356582

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution1323

Posted via email from Beiträge von Andreas Rudolf

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen