Freitag, 8. Februar 2013

Guttenberg und Schavan: die Doktoren der Herzen (via Nachdenkseiten)

Guttenberg und Schavan: die Doktoren der Herzen

http://www.nachdenkseiten.de/?p=16119

(via Nachdenkseiten)

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Promotion und Honorarprofessuren als Spielwiesen für Politiker
Chapeau für die Philosophische Fakultät der Universität Düsseldorf!

Nachdem die noch amtierende Bildungsministerin ihre Untergebenen in der Allianz der
Wissenschaftsorganisationen und befreundeten Medien auf die Heinrich-Heine-Universität losließ, hatte ich befürchtet, dass die Universität letztendlich einknicken würde.

Wer will sich mit der Bildungsministerin anlegen, nur um minimale wissenschaftliche Standards zu halten? Wer will die Rage der CDU herausfordern, nur weil jemand bei der Doktorarbeit geschummelt hat?

Jetzt wissen wir es: In Düsseldorf gibt es Wissenschaftler mit Charakter.
Quelle: Telepolis

Anmerkung unseres Lesers H.M.:

Moderator Claus Kleber lag im Heute Journal vom 6. Januar 2013 lag ziemlich daneben. „Wenn Annette Schavan ihren Doktorvater damals vor
33 Jahren im Affekt umgebracht hätte, statt fragwürdige Zitate in ihre Doktorarbeit zu mogeln, dann wäre das Verbrechen inzwischen verjährt“, begann Kleber seine Moderation
und legte nach: „Das Weglassen von Gänsefüßchen verjährt nie.“ Wollte Kleber mit seinem fragwürdigen Vergleich (der nicht von ihm stamme, wie er bemerkte) die Deutungshoheit über deutsche Stammtische erobern und Stimmung machen?

Auch im Interview mit Prof. Bernhard Kempen, Präsident Deutscher Hochschulverband, wirkte Kleber dünnhäutig und aggressiv, versuchte durch seine Fragen u. a. der Universität
Düsseldorf den Schwarzen Peter zuzuschieben, weil sie bzw. der Doktorvater vor 33 Jahren nicht aufgepasst habe. Kempen blieb sachlich, damit bekleckere sich keine Institution mit Ruhm, doch technische Hilfsmittel erleichtern heute das Aufspüren solcher Plagiate, so seine Replik.

Die jetzt aufgeflogene Täuschung des Doktorvaters wird vermutlich das jähe Ende der politischen Karriere der Bildungsministerin einleiten.

Einmal unterstellt, der Mo(r)derator hat sich sachkundig gemacht über den Fall Schavan – dann dient sein hinkender Vergleich – Mord versus Weglassen von Gänsefüßchen – nur einem Ziel: Die offensichtlichen Mogeleien von Bildungsministerin Annette Schavan gegenüber einer breiten
Öffentlichkeit zu bagatellisieren.

Damit liegt der ZDF-Moderator ganz auf der Linie der
CDU-Bildungsministerin, die wenige vor der Entscheidung in Düsseldorf ein paar
„Flüchtigkeitsfehler“ einräumte, damit Fehler oder Fehlverhalten ebenfalls unter den Teppich zu kehren versuchte.

Fest steht: Eine Mogelei ist nach 33 Jahren immer noch eine Mogelei, auch bei Prominenten. Die Promotionsordnung enthält klare Vorgaben zum Erstellen einer Doktorarbeit, das Einhalten wissenschaftlicher Standards (dazu gehören „Gänsefüßchen“)
und Sanktionen bei Verstößen.

Die Universität Düsseldorf musste prüfen. Sie hat nach
meiner Beobachtung die Ministerin behandelt wie jeden promovierten Akademiker, dem
Fehler unterlaufen sind oder der beim Schummeln erwischt wurde. Sie hat der Bildungsministerin keine Extrawurst gebraten (kein gefordertes Zweitgutachten erstellen lassen), vielmehr ihre Dissertation ohne Rücksicht auf das Ansehen und Namen der
Person geprüft.

Das Ergebnis ist eindeutig, der Gutachter stellte eine „täuschende Absicht“ fest, jetzt hat der Fakultätsrat mit großer Mehrheit einen Beschluss zum Entzug der Doktorwürde gefällt.

Wenn Claus Kleber durch seinen fragwürdigen Vergleich und seinen Interviewstil den
Eindruck vermittelt, nach 33 Jahren sei eine solche Entscheidung nicht mehr zulässig,
auch angesichts der tatsächlichen oder vermeintlichen Verdienste der CDU-Ministerin
(auch daran gibt es Zweifel), dann unterliegt der Moderator einem ähnlichen Irrtum wie
Angela Merkel im Fall KT zu Guttenberg („Ich habe keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter
eingestellt“). Die Universität hat die wissenschaftliche Leistung geprüft, nicht das politische Wirken.

Und: Annette Schavan hat ihren Doktortitel trotz und nicht wegen
ihres Ministeramtes verloren.

Respekt, Universität Düsseldorf.
b. Leserbrief unseres Lesers A.G.

Liebes Team der NachDenkSeiten,
in der Presse finden sich zum Fall von Ministerin Schavan nahezu ausschließlich oberflächliche Diskussionsansätze.

Dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit wissenschaftsrechtlichen Fragen der Täuschung weitgehend ausbleibt, ist nur die eine Sache.
Daneben müsste Fall weit mehr Anlass geben, grundsätzliche Fragen zur Doktorandenbetreuung an deutschen Universitäten zu stellen.

Schavan ist offenbar ein Beispiel für Betreuungsversagen auf allen Ebenen der Erstellung
einer Dissertation:

1. Die Themenauswahl.

Dass ein Betreuer in den Erziehungswissenschaften, dazu noch in einem Direktpromotionsverfahren einer Mittzwanzigerin, eine Arbeit “zu
Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung” (vgl.
den Untertitel der Arbeit) annimmt, muss zumindest arg verwundern.

Dieses Thema wäre selbst für eine Habilitationsschrift zu breit, ist aber für eine Dissertation gänzlich ungeeignet. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einmal muss die schiere Masse der Literatur,
mit der sich der Doktorand auseinandersetzen muss, bereits den zeitlichen Rahmen
sprengen, der für eine Dissertation zur Verfügung steht.

Auch ist das Thema zu schwierig, ist doch “die Gewissensbildung” in dieser allgemeinen Fragestellung ein so
komplexer, die Grenzen gleich mehrerer Fachdisziplinen (z.B. allgemeine Psychologie,
Enwicklungspsychologie, Neuropsycholgie, diverse Teildisziplinen der pädagogischen
Wissenschaften, vielleicht der Philosophie, insbesondere der Ethik) berührerender
Gegenstand, dass ein Doktarand ihn selbst bei Hochbegabung kaum voll erfassen und
dann in einer eigenständigen Bearbeitung (!) nicht nur darstellen, sondern ihm auch noch eigene Thesen hinzufügen kann, die wiederum dem kritischen Auge gleich mehrerer
“Fachwelten” standhalten müssen. [...]

Quelle: Leserbrief

c. Person und Gewissen – Schnelle Worte zu einem langen Abschied

Das dümmste Argument des Schavanismus ist das der Zeit: In den frühen 70er Jahren
hätte es nicht so klare Regeln wie heute gegeben. Da lachen nicht nur die linken Hühner
– zu einer Zeit, als der Bund Freiheit der Wissenschaft den Qualitätsverfall der deutschen
Universität als Folge von „68“ beklagte, will eine junge, aufstrebende Christdemokratin
von der Laxheit akademischer Regelauslegung profitiert haben! Umgekehrt wird ein
Schuh draus: Die Korruption der Universität durch Macht und akademisch-politische
Kumpanei ist viel älter als Frau Schavan. Noch in den 20er und frühen 30er Jahren konnte
man in Westeuropa mit dünnen Arbeiten promovieren und habilitieren, die heute kaum
angenommen würden. Von 1933 bis 1945 haben an deutschen Universitäten Leute
promoviert und habilitiert, die in ihren Arbeiten mit der nationalsozialistischen
Weltanschauung konform gingen.

Diese akademischen Respektspersonen durften im
nachnationalsozialistischen Deutschland nicht nur ihre Titel behalten, sondern in überwältigender Mehrheit auch ihre Lehrstühle.

Ohne die Rückendeckung der Politik wäre die Restauration der deutschen Hochschulen nach 1945 nicht möglich gewesen.
Unter den Politikern des durch Kollaboration oder gar aktiv am Nationalsozialismus
beschädigten Bürgertums wurde es Mode, sich mit akademischen Doktortiteln zu schmücken: Gern ließ sich ein Herr Dr. Strauß und später ein Herr Dr. Kohl ankündigen.

Kohl hatte in Heidelberg die um Renommee bemühte junge Politikwissenschaft studiert
und auch promoviert.

Seine 1958 angenommene und inzwischen verschwundene Arbeit
„Die politische Entwicklung in der Pfalz und das Wiedererstehen der Parteien nach 1945“,
ist so dünn, dass sie sich kaum heften lässt.

Quelle: faust

d. Schavan ist ein spätes Opfer des SPD-Bildungswahns
In den Siebzigerjahren wurden Pädagogische Hochschulen zu Universitäten erklärt. So
war der Zeitgeist. Annette Schavan ist auch Opfer sozialdemokratischer Bildungspolitik
und ihrer Wahnvorstellungen.

Quelle: Die Welt

Anmerkung WL: Die Welt hat endlich die ultimative Begründung für den Freispruch von
Schavan gefunden: Sie ist unschuldiges Opfer der Sozialdemokraten. Sie haben ihr mit
ihrer Bildungspolitik eine böse Falle gestellt und üben damit späte Rache an ihr.

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Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

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