Gerd Bosbach: Demographische Horrorszenarien
[Nachdenkseiten]
http://www.nachdenkseiten.de/?p=11741#h01
Die Deutschen sterben aus, die Rente ist nicht sicher: Mit solch düsteren Ausblicken machen Politik und Wirtschaft den Menschen Angst und rechtfertigen soziale Einschnitte in der Gegenwart. Wir sollten kritischer mit den Zukunftsprognosen umgehen, die uns da vorgelegt werden. Das zeigt auch ein Blick in die Vergangenheit.
Im vergangenen Jahrhundert stieg die Lebenserwartung um mehr als 30 Jahre. Der Jugendanteil reduzierte sich von 44 auf 21 Prozent. War 1900 noch fast jeder Zweite unter 20 Jahre alt, war es 2000 nur noch jeder Fünfte; der Anteil der über 65-Jährigen verdreifachte sich in der gleichen Zeit. Die Zahlen klingen katastrophal doch die Katastrophe ist ausgeblieben. Offenbar war die demographische Entwicklung nicht der bestimmende Faktor des letzten Jahrhunderts. Wichtiger waren die enorme Entwicklung der Produktivität, die zunehmende Gesundheit der Älteren, die Wanderungen in einer mobilen Welt, die Zunahme der Bildung
Auch bei der Finanzierung der Renten ist das Hauptproblem also nicht die demographische Entwicklung. Die Umverteilung zugunsten der Unternehmer wirkt viel stärker Seit der Wiedervereinigung ist die wirtschaftliche Leistung Deutschlands nach Angaben des Statistischen Bundesamts um knapp 30 Prozent gestiegen. Nötig waren dazu vier Prozent weniger Arbeitsstunden. Und das alles innerhalb von 20 Jahren, bei vergleichsweise mäßiger Produktivitätsentwicklung Wenn diese 30 Prozent nicht im Portemonnaie angekommen sind, hat das offensichtlich nichts mit Demographie zu tun, sondern mit der Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmer. SZ http://www.sueddeutsche.de/politik/demographische-horroszenarien-warum-wir-positiv-in-die-zukunft-blicken-koennen-1.1248564
Nach vorläufigen Schätzungen auf Basis der Arbeitskräfteerhebung sank die Zahl der Erwerbslosen (nach international vergleichbarer Definition) im Jahresdurchschnitt 2011 in Deutschland um 446 000 Personen ( 15,1 %) auf 2,5 Millionen. Die Erwerbslosenquote ging im gleichen Zeitraum von 6,8 % auf 5,7 % zurück. Die Zahl der aktiv am Arbeitsmarkt verfügbaren Erwerbspersonen, definiert als Summe von Erwerbstätigen und Erwerbslosen, erhöhte sich damit im Vergleich zum Vorjahr um 89 000 Personen auf 43,54 Millionen.
Der günstige Konjunkturverlauf des vergangenen Jahres spiegelt sich sowohl in der Zahl der Selbstständigen als auch der Arbeitnehmer wider. So wuchs die Zahl der Arbeitnehmer mit Wohnort in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2011 um 478 000 Personen (+ 1,3 %) auf rund 36,50 Millionen. Die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger stieg im selben Zeitraum um 57 000 Personen
In der längerfristigen Betrachtung der Erwerbstätigkeit nach Wirtschaftsbereichen zeigt sich ein bemerkenswerter Strukturwandel. So hatten im Jahr 2011 weiterhin fast drei Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland ihren Arbeitsplatz in den Dienstleistungsbereichen. Der Anteil dieses so genannten tertiären Sektors an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen erhöhte sich von 60,9 % im Jahr 1991 auf 73,8 % im Jahr 2011. Spiegelbildlich dazu verringerten sich in diesem Zeitraum die Erwerbstätigenanteile des primären und des sekundären Sektors Am stärksten verminderte sich seit 1991 das Gewicht des Produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe) an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen, und zwar um fast zehn Prozentpunkte von 28,5 % im Jahr 1991 auf 18,7 % im Jahr 2011. Allein in den Jahren 2009 und 2010 war der Anteil der produzierenden Bereiche (ohne Bau) aufgrund der konjunkturbedingten Beschäftigungsverluste um insgesamt einen Prozentpunkt gesunken. Statistisches Bundesamt
Das Motiv der Regierungspropaganda springt schon aus dem dritten Satz, dass "diese positive Entwicklung im Zusammenhang mit dem seit zwei Jahren anhaltenden konjunkturellen Aufschwung" stehe. Haben die amtlichen Statistiker die Kompetenz eine solche arbeitsökonomische Aussage zu treffen? Ist es nicht mindestens genauso plausibel, dass mit immer niedrigeren Löhnen oder etwa mit den Kürzungen der Sozialleistungen immer weniger Familien mit ihrem Einkommen über die Runden kommen und zum Beispiel die Ehepartner in einen Teilzeitjob oder in eine Scheinselbständigkeit gezwungen werden?
Besonders verwirrend ist diese Statistik, wenn man sie mit der Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit vergleicht. Dort wurde für den November 2011 die Zahl der Arbeitslosen noch mit 2.713.000 und die Arbeitslosenquote mit 6,4 Prozent angegeben. Und schon diese Angaben sind höchst umstritten, so musste gerade dieser Tage die Bundesregierung zugeben, dass einfach 100.000 Menschen im Alter von über 58 Jahren aus der Statistik herausgefallen sind.
Im Kleingedruckten erfährt man natürlich auch vom Statistischen Bundesamt, warum die Werte in dieser neuesten Statistik so "positiv" ausfallen. Hier wird das Labour-Force-Konzept der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zugrunde gelegt. Dabei wird jede Person im erwerbsfähigen Alter, die in einem einwöchigenBerichtszeitraum mindestens eine Stunde lang gegen Entgelt oder im Rahmen einer selbstständigen oder mithelfenden Tätigkeit gearbeitet hat. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/abisz/ILO-Arbeitsmarktstatistik,templateId=renderPrint.psml
Schon diese Berechnungsweise macht deutlich, dass diese Statistik natürlich nur wenig über die Art und vor allem nichts über die Qualität der Erwerbstätigkeit aussagt. Schon wer eine Stunde Nachhilfe in der Woche gibt, gilt danach als erwerbstätig. Bezeichnenderweise wird z.B. die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nicht ausgewiesen. niedrigsten Tarifverdienste".
Die Deutschen sterben aus, die Rente ist nicht sicher: Mit solch düsteren Ausblicken machen Politik und Wirtschaft den Menschen Angst und rechtfertigen soziale Einschnitte in der Gegenwart. Wir sollten kritischer mit den Zukunftsprognosen umgehen, die uns da vorgelegt werden. Das zeigt auch ein Blick in die Vergangenheit.
Im vergangenen Jahrhundert stieg die Lebenserwartung um mehr als 30 Jahre. Der Jugendanteil reduzierte sich von 44 auf 21 Prozent. War 1900 noch fast jeder Zweite unter 20 Jahre alt, war es 2000 nur noch jeder Fünfte; der Anteil der über 65-Jährigen verdreifachte sich in der gleichen Zeit. Die Zahlen klingen katastrophal doch die Katastrophe ist ausgeblieben. Offenbar war die demographische Entwicklung nicht der bestimmende Faktor des letzten Jahrhunderts. Wichtiger waren die enorme Entwicklung der Produktivität, die zunehmende Gesundheit der Älteren, die Wanderungen in einer mobilen Welt, die Zunahme der Bildung
Auch bei der Finanzierung der Renten ist das Hauptproblem also nicht die demographische Entwicklung. Die Umverteilung zugunsten der Unternehmer wirkt viel stärker Seit der Wiedervereinigung ist die wirtschaftliche Leistung Deutschlands nach Angaben des Statistischen Bundesamts um knapp 30 Prozent gestiegen. Nötig waren dazu vier Prozent weniger Arbeitsstunden. Und das alles innerhalb von 20 Jahren, bei vergleichsweise mäßiger Produktivitätsentwicklung Wenn diese 30 Prozent nicht im Portemonnaie angekommen sind, hat das offensichtlich nichts mit Demographie zu tun, sondern mit der Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmer.
Zur Manipulation mit Statistiken passt:
Im Jahr 2011 erstmals mehr als 41 Millionen Erwerbstätige
Im Jahr 2011 waren durchschnittlich rund 41,04 Millionen Personen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig. Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wurde mit dem erstmaligen Überschreiten der 41-Millionen-Marke im Jahr 2011 der bisherige Höchststand der Erwerbstätigkeit des Vorjahres nochmals deutlich übertroffen, und zwar um 535 000 Personen oder 1,3 %. Diese positive Entwicklung steht im Zusammenhang mit dem seit zwei Jahren anhaltenden konjunkturellen Aufschwung und wurde zudem dadurch begünstigt, dass die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2009 trotz des durch die Finanzkrise ausgelösten Einbruchs der Wirtschaftsleistung in Deutschland stabil geblieben war.
Im Jahr 2011 waren durchschnittlich rund 41,04 Millionen Personen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig. Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wurde mit dem erstmaligen Überschreiten der 41-Millionen-Marke im Jahr 2011 der bisherige Höchststand der Erwerbstätigkeit des Vorjahres nochmals deutlich übertroffen, und zwar um 535 000 Personen oder 1,3 %. Diese positive Entwicklung steht im Zusammenhang mit dem seit zwei Jahren anhaltenden konjunkturellen Aufschwung und wurde zudem dadurch begünstigt, dass die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2009 trotz des durch die Finanzkrise ausgelösten Einbruchs der Wirtschaftsleistung in Deutschland stabil geblieben war.
Nach vorläufigen Schätzungen auf Basis der Arbeitskräfteerhebung sank die Zahl der Erwerbslosen (nach international vergleichbarer Definition) im Jahresdurchschnitt 2011 in Deutschland um 446 000 Personen ( 15,1 %) auf 2,5 Millionen. Die Erwerbslosenquote ging im gleichen Zeitraum von 6,8 % auf 5,7 % zurück. Die Zahl der aktiv am Arbeitsmarkt verfügbaren Erwerbspersonen, definiert als Summe von Erwerbstätigen und Erwerbslosen, erhöhte sich damit im Vergleich zum Vorjahr um 89 000 Personen auf 43,54 Millionen.
Der günstige Konjunkturverlauf des vergangenen Jahres spiegelt sich sowohl in der Zahl der Selbstständigen als auch der Arbeitnehmer wider. So wuchs die Zahl der Arbeitnehmer mit Wohnort in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2011 um 478 000 Personen (+ 1,3 %) auf rund 36,50 Millionen. Die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger stieg im selben Zeitraum um 57 000 Personen
In der längerfristigen Betrachtung der Erwerbstätigkeit nach Wirtschaftsbereichen zeigt sich ein bemerkenswerter Strukturwandel. So hatten im Jahr 2011 weiterhin fast drei Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland ihren Arbeitsplatz in den Dienstleistungsbereichen. Der Anteil dieses so genannten tertiären Sektors an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen erhöhte sich von 60,9 % im Jahr 1991 auf 73,8 % im Jahr 2011. Spiegelbildlich dazu verringerten sich in diesem Zeitraum die Erwerbstätigenanteile des primären und des sekundären Sektors Am stärksten verminderte sich seit 1991 das Gewicht des Produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe) an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen, und zwar um fast zehn Prozentpunkte von 28,5 % im Jahr 1991 auf 18,7 % im Jahr 2011. Allein in den Jahren 2009 und 2010 war der Anteil der produzierenden Bereiche (ohne Bau) aufgrund der konjunkturbedingten Beschäftigungsverluste um insgesamt einen Prozentpunkt gesunken.
Anmerkung WL:
Das Zitat ist zwar abgestanden, aber es trifft halt zu: Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast. Nun sind die Zahlen des Statistischen Bundesamtes natürlich nicht gefälscht, aber es ist mit Händen zu greifen, dass hier ein Rekordwert zu Propagandazwecken ermittelt wurde. Und diese Propaganda hatte Erfolg. Gestern lief keine Nachrichtensendung ohne diese Topmeldung.
Das Motiv der Regierungspropaganda springt schon aus dem dritten Satz, dass "diese positive Entwicklung im Zusammenhang mit dem seit zwei Jahren anhaltenden konjunkturellen Aufschwung" stehe. Haben die amtlichen Statistiker die Kompetenz eine solche arbeitsökonomische Aussage zu treffen? Ist es nicht mindestens genauso plausibel, dass mit immer niedrigeren Löhnen oder etwa mit den Kürzungen der Sozialleistungen immer weniger Familien mit ihrem Einkommen über die Runden kommen und zum Beispiel die Ehepartner in einen Teilzeitjob oder in eine Scheinselbständigkeit gezwungen werden?
Besonders verwirrend ist diese Statistik, wenn man sie mit der Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit vergleicht. Dort wurde für den November 2011 die Zahl der Arbeitslosen noch mit 2.713.000 und die Arbeitslosenquote mit 6,4 Prozent angegeben. Und schon diese Angaben sind höchst umstritten, so musste gerade dieser Tage die Bundesregierung zugeben, dass einfach 100.000 Menschen im Alter von über 58 Jahren aus der Statistik herausgefallen sind.
Im Kleingedruckten erfährt man natürlich auch vom Statistischen Bundesamt, warum die Werte in dieser neuesten Statistik so "positiv" ausfallen. Hier wird das Labour-Force-Konzept der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zugrunde gelegt. Dabei wird jede Person im erwerbsfähigen Alter, die in einem einwöchigen
Schon diese Berechnungsweise macht deutlich, dass diese Statistik natürlich nur wenig über die Art und vor allem nichts über die Qualität der Erwerbstätigkeit aussagt. Schon wer eine Stunde Nachhilfe in der Woche gibt, gilt danach als erwerbstätig. Bezeichnenderweise wird z.B. die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nicht ausgewiesen.
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2011/12/PD11__488__621.psml
Wie wenig diese Statistik über die tatsächliche Situation auf dem Arbeitsmarkt aussagt, hat gleichfalls das Statistische Bundesamt erhoben. rund achteinhalb Millionen Menschen zwischen 15 und 74 Jahren gern mehr arbeiten, als sie es derzeit tun können.
Wie wenig diese Statistik über die tatsächliche Situation auf dem Arbeitsmarkt aussagt, hat gleichfalls das Statistische Bundesamt erhoben.
Dazu gehören nicht nur die 2,7 Millionen statistisch ausgewiesenen Arbeitslosen und eine Million nicht gezählte Arbeitslose, sondern auch noch knapp 4 Millionen Unterbeschäftigte.
Sicher man kann in einer Statistik nicht immer alle Daten gleichzeitig veröffentlichen, aber das heißt noch lange nicht, dass man sich die Statistiker des Bundesamtes als Propagandamittel missbrauchen lassen müssten.
Sicher man kann in einer Statistik nicht immer alle Daten gleichzeitig veröffentlichen, aber das heißt noch lange nicht, dass man sich die Statistiker des Bundesamtes als Propagandamittel missbrauchen lassen müssten.
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