Die IG-Metall hat bereits deutlich gemacht, dass sie bereit ist, umfassende Angriffe auf die Arbeiter durchzusetzen. Mit dem Argument, die deutschen Standorte zu stärken, hat sie massiven Lohnkürzungen und dem Abbau von Arbeitsplätzen zugestimmt. Mit neuen Kürzungen will sie erreichen, dass die deutschen Werke Modelle herstellen dürfen, die zurzeit in anderen Ländern produziert werden.
Um etwa die Produktion des Kleinwagens Mokka aus Südkorea nach Deutschland zu holen, will die Gewerkschaft die deutschen Löhne und Arbeitsbedingungen denen Asiens annähern. Die Logik dieser Standort-Politik führt unweigerlich zu chinesischen Bedingungen auf der ganzen Welt. Sie wird lang- und mittelfristig aber keine Arbeitsplätze sichern.
Im Juni hatte die IG-Metall mit dem sogenannten "Deutschlandplan" ein eigenes Sanierungskonzept für Opel vorgelegt, das umfassende Rationalisierungsmaßnahmen einschließlich Arbeitsplatzabbau, Sozialkürzungen und Lohnsenkung vorsieht. Als ersten Schritt setzte die Gewerkschaft die geplante Lohnerhöhung von 4,3 Prozent aus, was dem Konzern mindestens 19 Millionen Euro einspart.
Am 28. Juni hat der Aufsichtsrat das offizielle Sanierungskonzept von Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke abgesegnet. Der Beschluss fiel einstimmig, also mit den Stimmen der Gewerkschaftsvertreter und der Betriebsräte der europäischen Standorte, darunter der Bochumer Betriebsräte Rainer Einenkel und Dirk Bresser.
Strackes Sanierungsplan enthält ausdrücklich keine Formulierung zur Sicherung von Standorten nach 2016. Die Produktion im Bochumer Werk soll dann nämlich auslaufen.
Opel-Aufsichtsratsvize und Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug lobte den von Stracke vorgelegten "Geschäftsplan 2012 bis 2016". "Die Unterstützung von GM zeigt, wie wichtig für den Konzern das europäische Engineering und die europäischen Standorte von Opel/Vauxhall sind."
Nichts davon entspricht der Wahrheit. Die angekündigten "erheblichen" Investitionen in neue Modelle, Getriebe und Motoren dienen einzig und allein dem Zweck, der Opel-Belegschaft Sand in die Augen zu streuen und sie ruhig zu stellen. Tatsächlich arbeiten IG-Metall und Geschäftsführung an brutalen Angriffen auf die Beschäftigten.
Die im Februar angekündigte Kooperation mit dem größten französischen Autohersteller PSA Peugeot-Citroën, an dem Opel-Mutter General Motors (GM) sich vor wenigen Monaten sieben Prozent der Anteile gesichert hat, soll Einsparungen "im mehrstelligen Millionen-Euro-Bereich" bei Entwicklungs-, Material- und Produktionskosten schaffen auf Kosten der Belegschaft.
So kündigte GM letzte Woche an, beinahe seine gesamte Logistik in Europa an den PSA-Konzern zu übergeben. Dem "langfristigen, exklusiven Abkommen" zufolge soll die PSA-Tochter Gefco Material- und Komponentenlieferungen zu den Autofabriken, den Transport von Fahrzeugen zu den Händlern sowie von Ersatzteilen zu den Verteilzentren übernehmen. Die Betriebsräte verhandeln derzeit darüber, was mit den rund 300 betroffenen Beschäftigten geschieht.
"Dies ist der erste Schritt, um Vorteile aus der umfassenden Allianz mit PSA Peugeot Citroen zu ziehen", sagte Stephen Girsky, Vizevorsitzender von GM und Aufsichtsratschef von Opel. Die nächsten Schritte der "Synergieeffekte", sprich des Arbeitsplatzabbaus, werden beim Einkauf und durch gemeinsame Fahrzeugentwicklung gesetzt.
Doch der Arbeitsplatzabbau durch die Allianz von PSA und GM ist nur ein kleiner Teil der Pläne, die beide Autohersteller verfolgen. Zwar werden die Opel-Arbeiter mit dem Sanierungskonzept einmal mehr hingehalten und im Unklaren gelassen. Aber es ist klar, dass beide Konzerne einen massiven Arbeitsplatzabbau inklusive Werksschließungen vorbereiten.
Angesichts des Rückgangs der Autoverkäufe in Europa und hier insbesondere in Südeuropa, sind gerade PSA und Opel, die fast ausschließlich hier präsent sind, betroffen. Der europäische Branchenverband ACEA teilte Mitte Juni in Brüssel für die ersten fünf Monate 2012 einen Absatzrückgang auf dem europäischen Automarkt von insgesamt 7,7 Prozent mit. Während in Griechenland der Absatz um fast die Hälfte einbrach, verlor der französische Automarkt immerhin noch 16,2 Prozent. Selbst der deutsche Automarkt, der mit Abstand größte in der EU, verlor 4,8 Prozent.
Dabei waren vor allem PSA-Peugeot-Citroën und Opel/Vauxhall die Verlierer. Beim französischen Autohersteller schlug in diesem Zeitraum ein Absatzrückgang von insgesamt 19,5 Prozent zu Buche, bei der europäischen GM-Tochter ein Minus von 12,3 Prozent.
In den vergangenen Wochen und Monaten hatten daher sowohl Opel als auch PSA in einigen Werken Kurzarbeit verordnet. Experten gehen davon aus, dass PSA und GM derzeit "Überkapazitäten" von fast 30 Prozent besitzen. Für die beiden Konzernetagen heißt das, Produktionskapazitäten abzubauen und Werke zu schließen, um mindestens ein Drittel der Kosten einzusparen.
Das PSA-Management unter Leitung von Unternehmenschef Philippe Varin hat die Zahl der abzubauenden Arbeitsplätze von ursprünglich 6.000 auf bis zu 10.000 erhöht. Damit würde jeder zehnte Job wegfallen. Die Fabrik in Aulnay-sous-Bois nordöstlich von Paris steht vor der Schließung.
Dass mit der Schließung des Opel-Werks in Bochum auch bei Opel/Vauxhall nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein wird, macht die Ankündigung GMs deutlich, die Produktion in Russland drastisch zu erhöhen. Im GM-Werk in St. Petersburg und in einer gemeinsam mit dem russischen Hersteller Avtovaz in Togliatti betriebenen Fabrik soll die Produktion mehr als verdreifacht werden, auf 350.000 Autos pro Jahr. Zum Vergleich: Insgesamt strebt Opel an, bis zum Jahresende eine Million Autos zu bauen.
Gebaut werden soll in Russland auch der Opel Astra, der derzeit hauptsächlich in Ellesmere Port und Gliwice gebaut wird. Erst im Mai hatten Betriebsrat und Gewerkschaft in Ellesmere Port Lohnkürzungen und eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durchgesetzt, angeblich um den Standort und seine Arbeitsplätze zu sichern.
Der Bochumer Betriebsrat stimmt seine Belegschaft schon einmal auf die nächsten Angriffe ein. In einem Flugblatt vom 5. Juli heißt es, man habe durch den von Stracke vorgelegten Sanierungsplan Zeit gewonnen "mehr nicht". Weiterhin verlange GM "drastische Kapazitätsanpassungen und Kostensenkungen". Der Betriebsrat rechtfertigt in dem Flugblatt auch noch einmal die mit Opel vereinbarte Einbehaltung der aktuellen Tariferhöhung von 4,3 Prozent zunächst bis Oktober. Dadurch habe man Zeit gewonnen, um über den Erhalt des Werks zu verhandeln.
Erneute Lohnkürzungen und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen werden keine Arbeitsplätze sichern, sondern weiter an der Abwärtsspirale der Löhne auf der ganzen Welt drehen und dem Konzern auf diese Weise Traumprofite bescheren. In den USA hat GM die Löhne bereits um bis zu 50 Prozent gesenkt.
Die Gewerkschaften und Betriebsräte haben die Aufgabe übernommen, diesen Prozess zu organisieren und die Angriffe gegen die Beschäftigten durchzusetzen. Sie werden dafür fürstlich entlohnt.
Die Verteidigung der Arbeitsplätze bei Opel/Vauxhall, bei PSA-Peugeot-Citroen und in der gesamten Autoindustrie erfordert deshalb einen Bruch mit der IG Metall und ihren Betriebsräten. Die Autoarbeiter müssen sich dem Würgegriff der Gewerkschaften und Betriebsräte entziehen und ihnen das Recht absprechen, "im Namen der Belegschaft" immer neue Angriffe auszuarbeiten.
Diese Offensive muss zum Ausgangspunkt für einen gemeinsamen internationalen Kampf zur Verteidigung aller Arbeitsplätze und sozialen Errungenschaften gemacht werden. Dazu müssen die nationalistische Standortlogik zurückgewiesen und unabhängige Aktionskomitees aufgebaut werden, die mit den Beschäftigten an allen europäischen Standorten, den GM-Arbeitern in den USA und weltweit Kontakt aufnehmen und gemeinsame Kampfmaßnahmen organisieren.
http://www.wsws.org/de/2012/jul2012/opel-j12.shtml
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