Freitag, 27. Juli 2012

aus meinem mailarchiv - Veranstaltung von 2004 - 2011 genauso aktuell - Die Legenden vom "unbezahlbaren Sozialstaat"

 
 
Die Legenden vom "unbezahlbaren Sozialstaat"

 Deutsche Besonderheiten: Arbeitsmarkt und Sozialstaat in vergleichender
 europäischer Perspektive

 mit Professor Heiner Ganssmann, Freie Universität Berlin

 25.Februar 2004 , 19:30 Uhr, Umweltzentrum Dresden, Schützengasse 18

 Wir können es täglich auf allen Kanälen hören: Deutschland gilt seit
 einiger Zeit als der kranke Mann Europas. Die Symptome: hohe
 Arbeitslosigkeit, stagnierende Wirtschaft. Niedriges Wachstum und
 niedrige Beschäftigung, und Alterungsprozesse zehren den Sozialstaat
 aus. Das schrumpfende Umverteilungspotential wiederum bedroht die
 relativ egalitäre Einkommensverteilung, durch die sich die
 Bundesrepublik lange Zeit auszeichnete.

 Zudem gilt die Seuche, die den kranken Mann Europas heimsucht, auch noch
 als infektiös: Wenn der deutschen Wirtschaftslokomotive der Dampf
 ausgeht, bleibt der ganze Euro-Zonen-Zug stehen. Für dieses Elend muss
 es Schuldige geben. Alljährlich treiben Experten, voran der
 Sachverstän-digenrat, die üblichen Verdächtigen zusammen: die
 unbewegliche, vom Sozialstaat verwöhnte Gesellschaft, den unflexiblen
 Arbeitsmarkt und natürlich die Gewerkschaften.

 Heiner Ganssmann widerspricht dem neoliberalen Credo, die einzig
 richtige Medizin sei Deregulierung und weitere Entstaatlichung. Er sucht
 zunächst die Wurzeln der deutschen Krankheit und ihre Besonderheiten -
 um Klarheit für die Differenz zu den allgemeinen Herausforderungen wie
 Globalisierung und Strukturwandel zur Wissensgesellschaft zu gewinnen.

 Im Vergleich lässt sich dann auch die Frage verständlicher beantworten,
 warum es anderen Ländern bisher besser gelungen ist, den Strukturwandel
 zu organisieren.

 Heiner Ganssmann arbeitet die Voraussetzungen und Formen von
 Sozialstaatlichkeit heraus. Dabei zeigt er, dass - wenn man die Probleme
 des Sozialstaates in den Strukturzusammenhängen der kapitalistischen
 Entwicklung sieht - von einer wirklichen Krise kaum die Rede sein kann.
 Dem interessierten Gejammer, wonach der Sozialstaat nicht mehr bezahlbar
 sei, stellt er entgegen, dass es gerade unter den Bedingungen der
 ökonomischen Globalisierung keine wirklichen Alternativen zu einer
 politisch organisierten kollektiven Daseinsvorsorge gibt, die auf die
 von kapitalistischen Ökonomien produzierten sozialen Brüche und Probleme
 reagiert.

 Heiner Ganssmann ist Professor für Soziologie an der Freien Universität
 Berlin. Wir freuen uns, ihn - den selten als Referent auftretenden
 Experten - für die Veranstaltung gewonnen zu haben.


 Veröffentlichungen u.a.:

 Soziale Sicherheit und Kapitalmobilität. Hat der Sozialstaat ein
 Standortproblem? in: Appelt, E., Weiss, A. (2001) (Hrsg.),
 Globalisierung und der Angriff auf die westeuropäischen
 Wohlfahrtsstaaten,

 Arbeitsmärkte im Vergleich: Flexibilität und Rigidität der Arbeitsmärkte
 in den Niederlanden, Dänemark und Schweden (mit Michael Haas), 2001

 Wirtschaftliche Grenzen des Wohlfahrtsstaats? in: Honegger, C. et al.
 (Hrsg.), Gesellschaft ohne Grenzen?, 1999
 Jens Hommel
 Bildungswerk Weiterdenken in der Heinrich-Böll-Stiftung
 Schützengasse 18
 01067 Dresden
 Fon: 0351-4943311
 Fax: 0351-4943411
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