»Das hat mit Rechtsprechung nicht viel zu tun«
Vorwurf eines Anwalts:
Jobcenter will unbequemen Hartz-IV-Bezieher in die Klappse stecken.
Ein Gespräch mit Jens Kadner
Interview: Gitta Düperthal
[via Junge Welt]
Jens Kadner ist Rechtsanwalt in Frankfurt am Main
Als Anwalt vertreten Sie einen Hartz-IV-Bezieher, dessen Rechte vom Jobcenter des Landkreises Mayen-Koblenz in Rheinland-Pfalz angeblich beschnitten wurden. Eine Hexenjagd »à la Mollath« sei gegen ihn betrieben worden, sagen Sie. Was ist vorgefallen?
Immer neue Schikanen gab es: Er muß fünf Bewerbungen monatlich abliefern, hat dafür aber nach einem Jahr noch immer keine Kosten erstattet bekommen. 25 Cent pro Bewerbung ein Witz! Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seines Hausarztes wurden nicht anerkannt, Energiekosten nicht übernommen; Umzugskosten auch nicht. Und das, obwohl er gezwungen war, die Wohnung zu wechseln die ehemals mit seiner Frau bewohnte war mit etwa 80 Quadratmetern zu groß, sie hätte nur 50 haben dürfen. Argumentiert wurde: Es hätte zuvor einer Genehmigung bedurft.
All das hat das Sozialgericht ausgesessen; ein von mir gegen den Richter gestellter Befangenheitsantrag wurde abgeschmettert. Indes kreieren Jobcenter-Mitarbeiter ständig neue Streitpunkte. »Sie müssen ihre Unterkunftskosten weiter senken«, hieß es, es gebe neue örtliche Richtlinien. Man legt es auf die Zwangspsychiatrisierung an. Mein Mandant ist mit den Nerven am Ende.
Ich habe erfahren, daß andere Anwälte ebenso ausgebremst wurden. Mit dem zuvor zuständigen Richter beim Sozialgericht Koblenz war alles ganz normal verlaufen. Gegen den für Koblenz-Mayen zuständigen Richter jedoch habe ich mittlerweile vier Befangenheitsanträge gestellt, einen Ablehnungsantrag an das Gericht; vor zehn Tagen eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den Präsidenten des Sozialgerichts Koblenz, mit Durchschrift an das Justizministerium Rheinland-Pfalz. Ich habe Mails von ähnlich betroffenen Bürgern erhalten. Erschreckend sei, heißt es darin, wie schnell man bei der Hand ist, Zwangspsychiatrisierung zu betreiben.
Der Richter hat eine große Unabhängigkeit. Ich suche die Öffentlichkeit, damit kein Gemauschel im kleinen Kreis entstehen kann. All das hat mit Rechtsprechung nicht mehr viel zu tun.
Wie ist die Situation eskaliert?
Das kann er doch auch gar nicht, wenn er Hausverbot hat oder?
Woran ist das zu merken?
Ich habe erfahren, daß andere Anwälte ebenso ausgebremst wurden. Mit dem zuvor zuständigen Richter beim Sozialgericht Koblenz war alles ganz normal verlaufen. Gegen den für Koblenz-Mayen zuständigen Richter jedoch habe ich mittlerweile vier Befangenheitsanträge gestellt, einen Ablehnungsantrag an das Gericht; vor zehn Tagen eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den Präsidenten des Sozialgerichts Koblenz, mit Durchschrift an das Justizministerium Rheinland-Pfalz. Ich habe Mails von ähnlich betroffenen Bürgern erhalten. Erschreckend sei, heißt es darin, wie schnell man bei der Hand ist, Zwangspsychiatrisierung zu betreiben.
Der Richter hat eine große Unabhängigkeit. Ich suche die Öffentlichkeit, damit kein Gemauschel im kleinen Kreis entstehen kann. All das hat mit Rechtsprechung nicht mehr viel zu tun.
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