Gesellschaftlicher Vorrat an Gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit
In der ökonomischen Sphäre scheint wei
terhin eine Mentalität bei Besserverdienenden vorzuherrschen, die von der grundgesetzlichen Maxime, laut der Eigentum verpflichtet (etwa zur Verhinderung sozialer Desintegration), wenig wissen will und der sozialen Spaltung so Vorschub leistet. Zu den Kennzeichen des entsicherten Jahrzehnts gehören auch die Krisenstadien wie Finanz-, Wirtschafts-, Fiskal- und jetzt Schuldenkrise und ihre Wahrnehmungen und Verarbeitungen durch die Menschen. In der politischen Sphäre gibt es mit der
Wahrnehmung einer Demokratieentleerung, also von Vertrauensverlusten und einem Gefühl der Machtlosigkeit, ernste Warnsignale, da die Anfälligkeit für rechtspopulistische Mobilisierungen auffällig ist. In der sozialen Sphäre haben die Ökonomisierung des Sozialen und die Statusun
sicherheit mit den verschiedenen Desintegrationsängsten und -erfahrungen eine Kernrelevanz für die steigenden Abwertungen der als nutzlos" und ineffizient" deklarierten Gruppen, also von Hartz-IV-Empfängern und Langzeitarbeitslosen. In der religiösen Sphäre ist das friedliche und vom Ideal der Gleichwertigkeit ge
prägte Zusammenleben der Menschen unterschiedlichen Glaubens latent gefährdet. Immer weniger urdeutsche" Menschen wollen in Gebieten mit vielen Muslimen leben. Auch die verschiedenen Varianten des Antisemitismus geben Grund zur Sorge, wie beispielweise der israelbezogene Antisemitismus. In der Sphäre der Lebensstile bleibt auch die Abwertung von Homosexuellen oder Obdachlosen auf der gesellschaftlichen Ta
gesordnung.
[Aus Politik und Zeitgeschichte - 18 / 19 - 2012 - Seite 25]
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