Gedanken zur Zeit 1986 07-02-12:
Was ist eigentlich Ethik in unserem Wirtschaftssystem?
[via jjahnke.net]
http://jjahnke.net/gedanken63.html#1986
Auf diese Frage gibt es sicher viele Antworten. Diejenigen, die die "Soziale Marktwirtschaft" postulieren, wie die meisten deutschen Parteien, obwohl es nicht mehr viel von ihrem sozialen Gehalt gibt, müssen eigentlich ein besonders hohes ethisches Raster anlegen. Da verlangt für meinen Geschmack vor allem der Schutz der Schwächeren gegen die Auswüchse des Wettbewerbs eine besondere Betonung.
Nun hat just heute eine Konferenz mit dem anspruchsvollen Titel "Die Ethik der Sozialen Marktwirtschaft: Vertrauen - Regeln - Wettbewerb" stattgefunden. Gemeinsame Gastgeber der Konferenz waren das Bundeswirtschaftsministerium und das Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik in Berlin. Der Bundeswirtschaftsminister hat sie eröffnet. Doch wo sieht er die Ethik dieser angeblich noch bestehenden "Sozialen Marktwirtschaft"? Seine überraschende Antwort:
"In der Sozialen Marktwirtschaft übernimmt der Wettbewerb eine zentrale ethische Funktion. Er fördert das Wachstum, das Grundlage für Fortschritt und sozialen Ausgleich ist. Soziale Marktwirtschaft und Wachstum gehen Hand in Hand. Zu den Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft gehört ein verantwortlicher Umgang mit Freiheiten und Vertrauen in marktwirtschaftliche Prozesse. Soziale Marktwirtschaft kann nur erfolgreich sein, wenn alle aktiv an ihrem Gelingen mitwirken. Das gilt für Unternehmer, Beschäftigte, politische Gestalter und Verbraucher gleichermaßen."
Will die FDP und Ihr Vorsitzender als Bundeswirtschaftsminister wirklich die zentralen ethischen Funktionen ausgerechnet im Wettbewerb sehen, gegen dessen Auswüchse die Schwächeren der Gesellschaft eigentlich zu schützen sind, wenn man Ethik ernst meint? Zählt nur das von ihm eingeforderte und wohl blind erwartete Vertrauen in die marktwirtschaftlichen Prozesse als Ethik? Hängt die Bewahrung der Ethik wirklich von den Beschäftigten ab, die kaum Einfluß auf den Wirtschaftsprozeß haben?
Was sind denn die Rößler'schen "politischen Gestalter"? Sollen das die Politiker wie Rößler sein? Dann würde ich jedenfalls viel mehr erwarten, als nur eine Mitwirkung. Denn sie müssen die Prinzipien formulieren, nach denen der Prozeß ablaufen kann und sie dann auch kontrollierend durchsetzen. Viel war davon in der jüngeren Vergangenheit allerdings nicht zu bemerken.
So wie Ethik hier vorgeführt und an eine weitgehend abgewrackte "Soziale Marktwirtschaft" geklebt wird, bleibt sie ein Etikettenschwindel.
Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken
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