Freitag, 7. Juni 2013

Hartz 5 - Ein Hartz IV-Roman [die Leseanempfehlung via scharf-links.de]


Hartz 5 - Ein Hartz IV-Roman
 

von Peter Hetzler

 

[via scharf-links.de]

 

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So einen Hartz IV-Roman gab es noch nie. Hier lernt man nicht nur die kafkaesk anmutenden und teilweise entwürdigenden Bedingungen kennen, denen Hartz IV-Bezieher unterworfen sind. Hier gibt es auch die Erwerbsloseninitiative „Hartz 5", deren Mitglieder die Jobcenterbürokratie mit unkonventionellen Methoden und anarchischem Witz aufmischen.

Ein informativer, authentischer und unterhaltsamer Roman über eines der großen sozialen Probleme unserer Zeit – und ein diebisches Lesevergnügen. Der 1955 geborene Autor ist Journalist (Schwerpunkt Sozialpolitik) und Mitarbeiter einer Erwerbslosengruppe. Viele der geschilderten Situationen haben sich so oder ähnlich tatsächlich zugetragen.

Leseprobe Peter Hetzler | Hartz 5 – Ein Hartz IV-Roman | Kapitel 1 1 Sie kamen am frühen Morgen und klingelten sich in ihren Schlaf. SanSan drehte sich um, aber sie klingelten weiter. Es nervte. Es drängte. Es klingelte Sturm. Wer konnte das sein? Um diese Uhrzeit??? Gefühlsmäßig schätzte sie die Zeit auf fünf. Maximal. Aber die Zeiger des Weckers, den sie anblinzelte, standen auf zehn nach sieben. Es klingelte wieder. Scheiße, dachte sie, als sie in Pulli und Jeans krabbelte: Wer, verdammt, konnte das sein?

Ihren Anblick im Spiegel ignorierte sie. Mit ihren schulterlangen braunen Haaren, die ihr ungekämmt ins Gesicht fielen, sah sie ziemlich verwuselt aus. Kaum hatte sie geöffnet, standen sie in der Wohnung. „Guten Tag, sind Sie Frau Sanders – Sandra Sanders?" fragte der Mann. SanSan blinzelte. Müde. „Steht an der Klingel, oder?" „Da steht SanSan." „Ist die Abkürzung." „Schön, Frau Sanders. Mein Name ist Winter, Bernhard Winter, und das", er zeigte auf das schüchterne kleine Ding, das irgendwie neben ihm zu verschwinden schien, „ist Frau Maiwald. Wir kommen vom Jobcenter und wollten sehen, ob bei Ihnen alles in Ordnung ist."

Er wedelte mit einem Ausweis, auf dem SanSan ohne Brille nichts erkennen konnte. Sie war noch halb in ihrem Traum. Da hatte sie gerade ein ziemlich gut aussehender Typ angegraben. Anscheinend stand er auf braunhaarige Frauen Anfang vierzig, die ein bisschen molliger um die Hüften waren, denn er hatte seine warmen Hände gerade mit sanftem Lächeln … „Ja, dann wollen wir mal." Winter war in der Küche, bevor SanSan in der Gegenwart angekommen war. Er sah nicht aus wie der feingliedrige Lover aus ihrem Traum. Mehr wie Masse ohne Profil. „Was soll das?" SanSan schlurfte unentschlossen hinter ihm und Maiwald her. „Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?" „Es ist schon nach sieben, und Sie sollten auf Arbeitssuche sein, statt untätig im Bett zu liegen." Winter hielt ein Glas mit Nussnougatcreme in der einen und ein Honigglas in der anderen Hand. „Nutella und Langnese-Honig. Können Sie sich von Ihrem Arbeitslosengeld Markenprodukte leisten, Frau Sanders?" SanSan lehnte sich gegen den Rahmen der Küchentür. Sie schüttelte den Kopf.

Das war nicht wahr, oder? „Ich habe Ihnen eine Frage gestellt, Frau Sanders." Winter sah sie fordernd an. „Und ich habe Ihnen keine Antwort gegeben." SanSan wollte es nicht glauben. „Es geht Sie doch wohl nichts an, was ich mir morgens aufs Brot schmiere, oder?" „Da irren Sie sich, Frau Sanders." Winter öffnete den Kühlschrank. „Eier von freilaufenden Hühnern. Wovon bezahlen Sie das, Frau Sanders? Sie wissen, dass Sie jeden Verdienst angeben müssen?" „Ich weiß vor allem, dass ich diese Nummer hier gerade ziemlich widerlich finde." Langsam kroch Wut in ihr hoch. „Was soll das?" „Wie ich schon sagte, Frau Sanders." Winter schloss die Kühlschranktür. „Wir sind Sozial-Detektive und besuchen im Auftrag des Jobcenters Hartz IV-Empfänger, um Sozialbetrug aufzudecken." „Ach – und wieso kommen Sie da zu mir?" „Routine, Frau Sanders, reine Routine. Wir schauen überall mal rein." Er deutete auf Litschi-und Pitahayafrüchte in der Obstschale. „Die sehen auch nicht billig aus. Wo haben Sie die denn her?" „Die wachsen bei mir im Garten." „Die wachsen in Ihrem Garten?" echote Winter. „Diese Früchte?"

Er hielt eine Pitahaya hoch und drehte sie prüfend hin und her. „Wie heißen die denn?" „Die heißen Werdummfragtkriegtdummeantworten, und ich habe sie geschenkt bekommen. Und jetzt möchte ich Sie bitten, meine Wohnung zu verlassen. Das ist mir echt zu blöd, hier." „So geht das nicht, Frau Sanders." Winter legte die Pitahaya in die Schale zurück. „Wenn Sie Nebeneinkünfte haben, muss das angegeben werden. Frau Maiwald", er drehte sich zu seiner Kollegin, „notieren Sie: Frau Sanders wird aufgefordert, Ihrem Fallmanager eine Liste mit allen im vergangenen Monat geschenkt bekommenen Lebensmittel aufzustellen.

Und wir", wandte er sich wieder an SanSan, „sind noch nicht fertig. Wir müssen auch die anderen Räume ansehen." „Aber ich bin mit Ihnen fertig." SanSan war jetzt wach. „Also raus, oder ich erstatte Anzeige wegen Hausfriedensbruch." Winter war schon auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer. „Wir haben das Recht, Ihre Wohnung zu inspizieren, Frau Sanders, das können Sie uns nicht verbieten", tönte er aus dem Flur. SanSan war schneller. Sie drückte sich an ihm vorbei, zog die Schlafzimmertür, die er öffnete, so schnell wieder zu, dass sie Winter, der den Kopf bereits halb im Zimmer hatte, gegen die Stirn knallte.

Er schrie. Maiwald starrte SanSan erschrocken an. „Und jetzt raus hier. Alle beide. Sofort." SanSan hatte den Flur durchquert und hielt die Wohnungstür auf.

Einen Moment lang passierte nichts. Maiwald starrte Winter an. Winter starrte SanSan an.

Dann schob sich Winter, mit der linken Hand die Stirn reibend, in den Flur, Maiwald folgte, und als SanSan die Tür hinter ihnen ins Schloss fallen ließ, hörte sie Winter im Hausflur krakeelen: „Das wird Ihnen noch leid tun, Frau Sanders. Das wird Ihnen noch sehr leid tun."

Copyright: © Peter Hetzler 2013 Weiterlesen in: Peter Hetzler: Hartz 5 – Ein Hartz IV-Roman Printausgabe: 153 Seiten, Paperback, 9,90 Euro, ISBN 978-3-7322-3790-6, Books on Demand E-Book: 5,49 Euro, ISBN 9783848282784

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VON: PETER HETZLER



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