Das Infoportal hat eine Menge von Lehrern unter seinen Besuchern. Einige haben mir gegenüber beklagt, daß das Unterrichtsmaterial für den Sozialkundeunterricht nicht besonders geeignet ist. Da hat nun der Bundeswirtschaftsminister die Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT gegründet. Eine Jury, bestehend aus Vertretern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, aus Schule und Wirtschaft sowie dem Verband Bildungsmedien, ermittelte die Preisträger. Wahrscheinlich haben hier der Bundeswirtschaftsminister mit seinen Mitarbeitern und die Vertreter der Wirtschaft das Sagen. Arbeitnehmervertreter scheinen jedenfalls unerwünscht zu sein. Dagegen hat die Arbeitsgemeinschaft so qualifizierte Partner, wie Bertelsmann Stiftung, Deutsche Kreditbank AG, McDonald's, Stiftung der Deutschen Wirtschaft und Siemens. Heute wurden nun erstmals Verlage und Schulbuchautoren mit dem Preis "Schulbuch des Jahres - ökonomische Bildung" ausgezeichnet. In der Kategorie "Sekundarstufe II Allgemeinbildende Schule" gewann der C.C. Buchners Verlag mit dem Titel "Grundlagen der Volkswirtschaft" den Preis.
Ich habe in dem gepriesenen Schulbuch nachgeschlagen, soweit es über die Internetseite des Verlags zugänglich ist. Erschreckend ist vor allem, wie schwarz-weiß die Wirtschaftsordnung dargestellt wird:
"Eine Gesellschaft, in der die Produktionsmittel Privaten gehören, bezeichnet man als kapitalistisches Wirtschaftssystem. Eine Gesellschaft, in der die Produktionsmittel Gemeineigentum sind, nennt man ein sozialistisches Wirtschaftssystem."
Da gibt es dann nur die Gegensatzpaare: Privateigentum oder Staatseigentum (zur Eigentumsform), Gewinnprinzip oder Planerfüllungsprinzip (zur Unternehmensform), Preisbildung auf Märkten oder Preisbildung durch staatliche Preisfestsetzung, Planungs- und Lenkungsform durch zentrale Herrschaft oder dezentrale Selbstkoordination. Sollen die Schüler wirklich glauben, daß dies heute noch die Alternativen auch unserer Wirtschaftsordnung sind? Hier taucht nicht einmal die Soziale Marktwirtschaft mit der sozialen Bindung des Eigentums auf (siehe Abb.).
"Kann sie (die EZB) mit ihrer klassischen Geldpolitik einen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten, oder sind die Währungshüter zu einer strategischen Neuausrichtung gezwungen, ohne daß sie vom heiligen Prinzip ihrer Unabhängigkeit von politischer Einflußnahme abrücken?".
Hier wird also suggeriert, die EZB könne für die Eurorettung zu einer neuen strategischen Ausrichtung finden, ohne ihre Unabhängigkeit zu verlieren, obwohl sie die längst verloren hat. Unter den Aufgaben des Unterrichts heißt es dann angeblich ergebnisoffen:
"Befürworten Sie eine Rückkehr zur DM? Begründen Sie Ihre Meinung; erstellen Sie in Ihrem Kurs ein Meinungsbild zur Abschaffung des Euro. Halten Sie das Ergebnis fest und überprüfen Sie es am Ende der Unterrichtseinheit zur Geld- und Währungspolitik."
Doch das erwartete Ergebnis der Überprüfung kann man sich leicht vorstellen.
Zur Staatsverschuldung kommt die Financial Times Deutschland zu Wort:
"Eine höchst profitable Investition in die Zukunft nicht zu tätigen, bloß weil man dafür (billigen) Kredit aufnehmen müsste, ist betriebswirtschaftlich wie volkswirtschaftlich Unfug. In den USA haben sogar die Bürger diese Logik verinnerlicht. Dort ist es ganz normal, für das Hochschulstudium hohe Kredite aufzunehmen - weil sich die Bildung später auszahlt."
Sollen die deutschen Schüler darauf vorbereitet werden, wie in USA ihr Hochschulstudium qua Kredit zu finanzieren?
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