Montag, 10. Januar 2011

Thilo #Sarrazin und #seine #Leser - Wer hat Angst vorm fremden Mann?


Thilo Sarrazin und seine Leser – Wer hat Angst vorm fremden Mann?

(Nachdenkseiten)

http://www.nachdenkseiten.de/?p=7938#h15
 

Fest steht, dass Thilo Sarrazins "Deutschland schafft sich ab" derzeit in der 16. Auflage gedruckt wird, dass bisher laut Verlag 1,2 Millionen Exemplare an den Buchhandel ausgeliefert wurden – und dass keine nationale Debatte im vergangenen Jahr höhere emotionale Wellen geschlagen hat.

Wer aber waren die Menschen, die dieses Buch gekauft und – wenigstens zum Teil – gelesen haben?

Um das zu erfahren, reicht es nicht, das Publikum diverser Sarrazin-Auftritte in Augenschein zu nehmen. Die Mischung aus bürgerlichem Habitus und geistiger Aggressivität, die bei diesen Anlässen zu beobachten war, kann bei einem solchen Breitenphänomen nicht als repräsentativ betrachtet werden.

Bleibt die Methodik, auf die sich ja auch Sarrazin selbst vor allem stützt, die Interpretation gesellschaftlicher Entwicklungen und Zusammenhänge anhand repräsentativ erhobener Daten (dass er anscheinend viele dieser Daten falsch oder tendenziös ausgewertet oder interpretiert hat, wie die Soziologin Naika Foroutan in einer aktuellen Untersuchung seiner Zahlen behauptet, kann hier nicht vertieft werden, es sei aber verwiesen auf ihre Studie: www.heymat.hu-berlin.de/dossier-sarrazin-2010).

Die erste zentrale Erkenntnis, die in dieser Klarheit doch überrascht, liefert der Blick auf das Geschlecht der Käufer: Die Angst vor dem Niedergang Deutschlands ist offenbar ein überwältigend männliches Phänomen.

Bekanntermaßen sind Frauen als Buchkäufer und Leser im Normalfall wesentlich aktiver als Männer, viele Bestseller verdanken sich dem Zuspruch eines explizit weiblichen Publikums.

Bei Sarrazin kehrt sich das Verhältnis um: 62 Prozent der Käufer sind männlich. Wenn man jene Frauen hinzurechnet, die das Buch nur für ihren Mann gekauft haben, steigt die Zahl der männlichen "Empfänger" des Buches sogar auf 69 Prozent.

Die Altersstruktur der Käufer weicht an drei Stellen deutlich von der Gesamtbevölkerung ab: Das Alter bis 19 Jahre ist schwächer vertreten, die über Sechzigjährigen dagegen überproportional stark. Das überrascht nicht. Interessant ist aber, dass das Buch auch bei der Altersgruppe 20 bis 29 Jahre auf überdurchschnittliches Interesse stieß.

Wo die Gesellschaft für Konsumforschung ihr Panel in sogenannte Lebenswelten unterteilt, die generell dazu dienen, das Kaufverhalten bestimmter Gruppen und Schichten besser vorhersagbar zu machen, trifft man immer wieder auf dasselbe Bild: Im jungen und mittleren Alter fühlten sich die Besserverdiener und Aufsteiger von Sarrazins Thesen überdurchschnittlich angesprochen, bei den Älteren ist es die Mittelschicht.

Was die generellen Lebenseinstellungen der Käufer betrifft, gruppiert sich ein interessanter Block recht kuschelig um eine geregelte Häuslichkeit: "Harmonisches Privatleben" und "Sauberkeit der Wohnung" stehen hoch im Kurs, und auch der Klassiker-Satz "Am wohlsten fühle ich mich zu Hause" findet Zuspruch.

Fast genauso hoch rangiert ein anderer konservativer Allgemeinplatz (Grafik 1): "In meiner Lebensführung mag ich keine Veränderungen, ich halte mich lieber an meine alten Gewohnheiten."


Quelle: SZ

http://www.sueddeutsche.de/kultur/thilo-sarrazin-und-seine-leser-wer-hat-angst-vorm-fremden-mann-1.1043753


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