Wie sich die Sarrazins als Opfer inszenieren
(Tagesspiegel)
Erst er, jetzt sie: Die Sarrazins können erfreut feststellen, dass derselbe Trick gleich zweimal funktioniert, und so machen sie sich daran, ihre Millionen noch zu vermehren – nach dem gleichen Muster wie beim ersten Mal. Lorenz Maroldt beschreibt in seinem Kontrapunkt, wie die Familie Sarrazin eine Kampagne startet, um sich gewinnbringend als Opfer zu inszenieren
Einige Leute finden "die Kampagne" gegen die Sarrazins "zum K*****", wie sie uns schreiben. Sie sind dabei vornehm genug, das ausgeschriebene Wort Kotzen zu vermeiden, gehen ansonsten allerdings wenig zimperlich um mit Abschaum und Gesocks, also vor allem Ausländern und Journalisten, obwohl ja, darauf vergisst kaum einer hinzuweisen, es in Deutschland von der Kanzlerin persönlich angeordnete, politisch korrekte Lese-, Rede- und sogar Denkverbote gibt. Sarrazins können also hoch erfreut feststellen, dass derselbe Trick auch zweimal funktioniert, und so machen sie sich dran, ihre ersten Millionen zu vermehren, nach dem gleichen Muster wie beim ersten Mal:
Punkt 1: Sich möglichst schnell und massenwirksam, also aggressiv, zu einem vermeintlichen Opfer stilisieren.
So wird jede Kritik diese Rolle immer mehr schützen und der Eindruck entstehen, hier erleide jemand ein Martyrium im Dienst einer guten Sache.
Punkt 2: Dazu eine Kampagne lostreten, in deren Mittelpunkt die Behauptung steht, man sei Opfer einer Kampagne. Im Fall von Ursula Sarrazin ging das so: Weil die vielen, seit Jahren immer wieder neuen Beschwerden von Eltern und Kollegen über die Lehrerin Sarrazin, egal, wo sie auch auftauchte, nur geringe öffentliche Aufmerksamkeit brachten, ging Thilo Sarrazin in die Offensive. Er behauptete in der Bild, seine Frau werde gemobbt – und zwar wegen ihm, wegen seiner Thesen, wegen seines Auftretens, und vor allem: aus Neid.
Punk 5: Massenwirksam neue, einfache, perfide, radikale Behauptungen aufstellen, deren Gegenteil zu beweisen kompliziert und deshalb per se weniger massenwirksam ist, selbst wenn unbewiesene Behauptung gegen unbewiesene Gegenbehauptung steht (diese Strategie hat Thilo S. bereitwillig und selbstbewusst erläutert, noch bevor er mit seinem Buch die Charts stürmte).
Punkt 6: Falsche Fährten legen, um Punkt 3 noch stärker zu machen, hier durch die Behauptung: Die einzigen, die sich beschwert haben, waren Türken. Dadurch massenwirksame Bestätigung von Vorurteilen und Ablenkung von eigenen Schwachpunkten.
Mal sehen, wie oft sich mit derselben Masche das immergleiche noch stricken lässt.
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