Sonntag, 5. Dezember 2010

Von der Leyen: #Der #Eis-Engel und die #Vereisung des #sozialen #Klimas


Gedanken zur Zeit 1900 03-12-10:

 Von der Leyen:

Der Eis-Engel und die Vereisung des sozialen Klimas

(jjahnke.net)

http://jjahnke.net/gedanken61.html#1900


Die Frau mit dem Engelsgesicht hat ein ganz kaltes Herz. Rechtskonservativ wie ihr Vater Ernst Albrecht, seinerseits ein Ururenkel des Bremer Großkaufmanns Baron Ludwig Knoop, scheint ihr die soziale Komponente fast total zu fehlen, abgesehen von theatralischen Gesten. Es ist die 5-Euro-Frau, die den sozial durch die Hartz-4-Gesetze an den Rand der Gesellschaft Gedrückten keinen Euro mehr gönnt und sich noch brüstet, die Förderung deren Kinder nicht verkürzt zu haben.

Sie paßt in die Vereisung des sozialen Klimas, wie sie der Soziologe Prof. Heitmeyer in der neuesten Fortschreibung seiner Langzeitstudie "Deutsche Zustände" feststellt. Die Bürgerlichkeit verroht ist das Fazit. Besonders beunruhigend ist dabei für Heitmeyer, wie sich Vorurteile und Abwertungen ihren Weg in die Politik und die so genannte Mitte der Gesellschaft bahnen.

Schon im vergangenen Jahr konstatierten Heitmeye, daß das Empfinden einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krise massive Auswirkungen auf Abwertungen und Ausgrenzungen hat. Wer sich bedroht fühlt, wertet andere ab, um sich besser zu fühlen.

Eine weitere unangenehme Erkenntnis des Jahres 2010 ist, daß ein deutlicher Anstieg aller Ausprägungen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit besonders in den höheren Einkommensgruppen (ab 2.500 Euro pro Person) zu verzeichnen ist - besonders aber in Bezug auf Islamfeindlichkeit und dem Pochen auf Etabliertenvorrechte.

In höheren Einkommensgruppen gibt es ebenfalls eine besonders hohe Abwertung von Langzeitarbeitslosen, Obdachlosen und Fremden - eine Folge der fortschreitenden Ökonomisierung der Gesellschaft, die Menschen nur noch nach einem wirtschaftlichen Nützlichkeitsprinzip beurteilt. Nun machen die höheren Einkommensgruppen zwar nur rund 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland aus, doch nehmen sie durch höhere Bildung und gute Jobs einen besonders großen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung und Politik.

Wenn diese Gruppe also demokratische Normen wie Liberalität, Pluralität, Solidarität fallen lässt oder etwa Gerechtigkeit nach eigenen Gutdünken modifiziert, hat dies fatale Folgen auch für den Rest der Gesellschaft.

Eine abwertende Haltung zeigt sich der Studie zufolge gerade gegenüber sozial Schwachen. Die Hälfte der Besserverdienenden wertet Langzeitarbeitslose ab. Es steigt der Anteil der Reichen, die glauben, weniger zu haben, als ihnen gerechterweise zustehe. Angesichts der Krise verlieren die offenbar mühsam gelernten Normen an Bedeutung. Vorurteile und Abwertungen kommen wieder offen hervor. Besonders gegenüber Armen und Muslimen steige die Aggressivität der Besserverdienenden. Dazu Professor Heitmeyer:

"Wir leben in einem Jahrzehnt sozialer und politischer Vergiftungen, einer entsicherten wie entkultivierten Bürgerlichkeit, die auch über angeblich liberale Tages- und Wochenzeitungen verbreitet wird. Die sozialpolitischen Kernansichten des Milieus lauten: Abbau des sozialsstaatlichen Unterstützungsanrechts, stattdessen Gnade durch Wohlhabende und Selbstverantwortung der sozial Schwachen.

Es ist eine rohe Bürgerlichkeit, die ihre demokratische Kultur preisgibt, um die eigenen Pfründe zu sichern. Wenn die Menschen, die sich als angebliche Liberale empfinden, reaktionäre Einstellungen verfolgten und verbreiteten, führt dies zu einer Vereisung des sozialen Klimas. Eine liberale und humane Gesellschaft sieht anders aus."

Viel problematischer als die Gefahr rechtspopulistische Parteien ist dabei, daß sich die Volksparteien an solche Argumentationen hängen, um das dort offenbar vorhandene Wählerpotenzial abzuschöpfen. Dadurch kommt es zu einer Radikalisierung der Mitte, die Normen dauerhaft verschiebt und es schwerer macht, gegen diese Vorurteile zu arbeiten.


Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

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